Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100038/28/Weg/<< Ri>>

Linz, 05.12.1991

VwSen 100038/28/Weg/Ri                        Linz, am 5.Dezember 1991

DVR.0690392

H G, V; Straferkenntnis wegen Übertretung der StVO 1960 Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des H G,V; vertreten durch Rechtsanwalt Dr.G G,V, vom 22. Mai 1991 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 2. Mai 1991, VerkR-323/1991, auf Grund des Ergebnisses der am 14. August 1991 und 24. Oktober 1991 stattgefundenen öffentlichen mündlichen Verhandlungen zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr. 51/1991 i.V.m. §§ 24, 45 Abs.1 Z.1 und § 51 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.Nr. 52/1991.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 lit.a i.V.m. § 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 10.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt, weil dieser am 28. März 1991 gegen 22.15 Uhr den PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (1,34 mg/l zum Zeitpunkt der Messungen um 23.24 Uhr und 23.33 Uhr) auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Gemeindegebiet von V, unter anderem auf der V Bezirksstraße (=Bahnhofstraße), aus Richtung E kommend in Richtung V/Ortsmitte (bis zur Dienststelle des Gendarmeriepostenkommandos V) gelenkt hat. Außerdem wurde er zum Ersatz des Strafkostenbeitrages in der Höhe von 1.000 S und zum Ersatz der Kosten für das Alkomatenmundstück in der Höhe von 10 S verpflichtet.

2. Diesem Straferkenntnis liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens V vom 29. März 1991 zugrunde, wonach der Beschuldigte um 22.15 Uhr in alkoholisiertem Zustand auf dem Posten erschien, um gegen seine Gattin Anzeige wegen Körperverletzung und gefährlicher Drohung zu erstatten. Da der PKW des Beschuldigten am Parkplatz vor dem Gendarmeriepostenkommando abgestellt war, lag die Vermutung nahe, daß der Beschuldigte kurz zuvor den PKW dorthin gelenkt hat. Aus diesem Grunde wurde der Beschuldigte zu einer Alkomatenprobe aufgefordert, der er auch nachkam. Die Messung erbrachte einen Alkoholgehalt der Atemluft von 1,34 mg/l.

3. In der rechtzeitig eingebrachten Berufung wird bestritten, daß der Beschuldigte den PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat. Die Annahme, daß er das Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, beruhe ausschließlich auf der unrichtigen Vermutung der erhebenden Gendarmeriebeamten. Der Beschuldigte beantragt daher, das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn einzustellen.

4. Von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht, sodaß mit der Vorlage der Berufungsschrift die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben ist, der - weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde - durch ein Einzelmitglied zu entscheiden hat. Ein Verzicht auf die Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von den Parteien des Verfahrens nicht abgegeben, sodaß in Befolgung des § 51e VStG eine solche anzuberaumen war.

5. Auf Grund des Ergebnisses der am 14. August 1991 und am 24. Oktober 1991 stattgefundenen öffentlichen mündlichen Verhandlungen sowie auf Grund der in schriftlicher Form übermittelten Aussage des Journalbeamten Rev.Insp. H W vom 11.Juli 1991 und der daraufhin ergangenen Äußerung des Beschuldigten vom 28.November 1991 ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevante Sachverhalt:

Der Beschuldigte hatte am Abend des 28.März 1991 eine tätliche Auseinandersetzung mit seiner Gattin. Er verließ daraufhin sein Haus, um mit dem ihm gut bekannten Gendarmeriebeamten Sp darüber zu sprechen, ob er gegen seine Frau eine Anzeige wegen Körperverletzung und gefährlicher Drohung erstatten solle. Nach Aussage des als Zeuge vernommenen Gendarmeriebeamten Sp ist der Beschuldigte um ca. 18.00 Uhr zu ihm gekommen. Nachdem noch anwesende Bekannte weggegangen sind, sei dann ca. ab 19.00 Uhr die Angelegenheit besprochen worden. Dabei hat Herr G zwei Bier getrunken und zwar von ihm selbst mitgebrachtes Bier (er hatte im Auto eine Bierkiste). Um ca. 20.30 Uhr ist dann der Beschuldigte weggefahren. Bezüglich dieser Uhrzeit führte der Zeuge aus, daß es gefühlsmäßig nicht später war, daß er jedenfalls aber mit absoluter Sicherheit sagen könne, daß der Berufungswerber vor 21.00 Uhr weggefahren ist. Dabei machte der Beschuldigte nicht den Eindruck, daß er infolge einer Alkoholisierung sein Kraftfahrzeug nicht mehr zu lenken imstande ist. Wohin der Beschuldigte daraufhin fuhr, hat der Zeuge nicht gesehen. Sicher ist nur, daß um 22.15 Uhr sein Auto auf dem Parkplatz auf dem Gendarmerieposten in Vorchdorf abgestellt war. Gesichert ist auf Grund der Ermittlungen auch, daß der Berufungswerber selbst dorthin gefahren ist. Für die Strecke vom Haus des Zeugen Sp bis zum Gendarmeriepostenkommando V benötigt man maximal 10 Minuten Fahrzeit. Es ist durchaus möglich, daß der Berufungswerber nicht direkt zum Gendarmeriepostenkommando V fuhr, sondern noch irgendwo einkehrte und alkoholische Getränke zu sich nahm und dann in weiterer Folge (dann schon alkoholisiert) zum Parkplatz fuhr. Es ist aber genauso möglich und das behauptet der Berufungswerber nunmehr, daß er vom Zeugen Sp auf direktem Wege zum Gendarmeriepostenkommando fuhr und dort das Auto abstellte. Bei dieser Fahrt war er in Anbetracht der zwei getrunkenen Biere (Lagerbier) noch nicht im Sinne des § 5 StVO 1960 alkoholisiert bzw. ist eine Alkoholisierung zu diesem Zeitpunkt nicht nachweisbar. In der Zeitspanne von einer Stunde bis eineinhalb Stunden hat nun der Berufungswerber möglicherweise auf dem Parkplatz des Gendarmeriepostens im Auto sitzend über den Streit mit seiner Frau nachgedacht und hat, bevor er letztlich doch die Anzeige erstattete, einige Flaschen des im Kofferraum mitgeführten Bieres getrunken. Diese Möglichkeit ist ebenso wahrscheinlich, wie die dem Berufungswerber belastende Denkvariante, daß er nämlich auf der Fahrt von S zum Gendarmerieposten (beispielsweise in einem Gasthaus) alkoholische Getränke zu sich genommen hat.

Da den Berufungswerber nach dem Wegfahren vom Zeugen Sp um ca. 20.30 bis 22.15 Uhr (Erscheinen bei Gendarmerie) niemand gesehen hat, ob und wie er seinen PKW lenkte und weil die nun vorgebrachte Behauptung, er habe die alkoholischen Getränke auf dem Parkplatz vor dem Gendarmerieposten V im Auto sitzend zu sich genommen, nicht denkunmöglich ist, wird ihm Zweifel für den Beschuldigten die günstigere Möglichkeit dieser Entscheidung zugrundegelegt.

6. Der unabhängige Verwaltungssenat hat über diesen Sachverhalt erwogen:

Gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG hat die Behörde von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Es kann dem Beschuldigten nicht mit einer für das Strafverfahren hinreichenden Sicherheit nachgewiesen werden, daß er am 28.März 1991 knapp vor 22.15 Uhr seinen PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat, sodaß das Verfahren einzustellen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Dr. Wegschaider