Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-720223/2/BP/DR

Linz, 10.09.2008

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Mag. Dr. Bernhard Pree                                                                                     4A13, Tel. Kl. 15685

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des T F, vertreten durch Dr. S E, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Urfahr-Umgebung vom 11. Juli 2008, GZ: Sich40-7690, zu Recht erkannt:

 

 

 

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als die Befristung des gegen den Berufungswerber auf 10 Jahre verhängten Aufenthaltsverbotes für das Bundesgebiet der Republik Österreich auf 5 Jahre herabgesetzt wird.

II. Im Spruch des bekämpften Bescheides werden unter Rechtsgrundlagen die "§ 60 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 1, § 61 und § 63 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. 99/2006" durch "§ 86 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl I Nr. 4/2008" ersetzt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Urfahr-Umgebung vom 11. Juli 2008, GZ: Sich40-7690, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) ein auf Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen. Als Rechtsgrundlagen werden § 60 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 1, § 61 und 63 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. 99/2006 genannt.

 

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass der Bw slowakischer Staatsangehöriger und somit Fremder im Sinn des § 2 Abs. 4 FPG sei.

Mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 25. Jänner 2008, Zl: 23 Hv 3/08a, sei der Bw wegen des Verbrechens des Suchtmittelhandels nach § 28a Abs. 1, 5. Fall SMG und des Vergehens nach § 27 Abs. 1, 1. und 2. Fall und Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten, davon 10 Monate bedingt mit einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt worden. Mit Schreiben vom 3. Juni 2008 sei dem Bw zur Kenntnis gebracht worden, dass auf Grund dieser Verurteilung beabsichtigt sei, über ihn ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von 10 Jahren zu erlassen. In seiner Stellungnahme vom 19. Juni 2008 habe der Bw ersucht von der Verhängung eines Aufenthaltsverbots abzusehen, da er mit Suchtgift nichts mehr zu tun habe und beruflich wieder gefestigt sei. Er würde mittlerweile auch eine eigene Wohnung haben. Auch seine Mutter würde in Österreich leben.

 

Unter Angabe des § 60 Abs. 1 und 2 FPG führt die belangte Behörde in ihrer rechtlichen Beurteilung aus, dass gerade der Handel mit Suchtgift eine der größten Gefährdungen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstelle. Besonders verwerflich sei auch die Tatsache, dass der Bw das Suchtgift sogar an Minderjährige verkauft habe, weshalb er auch vom Landesgericht Linz zu der oben angeführten Freiheitsstrafe verurteilt worden sei. Der Bw habe daher sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 60 Abs. 2 Z 1 FPG erfüllt, weshalb die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltverbotes gegeben seien.

 

Im Zusammenhang mit dem im Art. 8 EMRK gewährten Grundrecht auf Schutz des Privat- und Familienlebens hält die belangte Behörde fest, dass mit der verhängten Maßnahme nicht in das Grundrecht des Bw eingegriffen werde. Er sei ledig und habe außer seiner Mutter keine familiären Beziehungen in Österreich. Die Erlassung des Aufenthaltverbotes sei zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, nämlich für die öffentliche Ruhe und Ordnung, zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Gesundheit, der Rechte und Freiheiten anderer aus Sicht der belangten Behörde unbedingt notwendig. Die vom Bw gesetzte Verhaltensweise, die zur oben bezeichneten Verurteilung geführt habe, zeige eindeutig und klar nachvollziehbar auf, dass er nicht gewillt sei sich an die in Österreich geltenden Rechtsnormen zu halten. Es sei in der Vergangenheit und auch jetzt die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch das Verhalten des Bw gefährdet. Es stehe außer Zweifel, dass die Erlassung eines Aufenthaltverbotes dringend geboten sei, da die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme schwerer wögen, als die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Bw.

 

Die Dauer des Aufenthaltverbotes werde mit 10 Jahren bemessen, da nach Ablauf dieser Zeit erwartet werden könne, dass der Bw sich bis dorthin an die im Bundesgebiet geltenden Normen halten werde bzw die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltverbotes geführt hätten, weggefallen seien.

 

 

1.2. Mit Schriftsatz vom 4. August 2008 erhob der Bw durch rechtsfreundliche Vertretung gegen diesen Bescheid, der dem Bw am 22. Juli 2008 durch Hinterlegung zugestellt wurde, rechtzeitig Berufung.

Darin verweist der Bw darauf, dass das LG Linz den § 43 StGB angewandt und einen erheblichen Teil der Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen habe, und zwar ohne Auflagen. Somit sei davon auszugehen, dass allein die Androhung des Vollzugs der Freiheitsstrafe nach Ansicht des Gerichts ausreichen würde, ihn hinkünftig von der Begehung gleichgelagerter Delikte abzuhalten. Nachdem das Urteil des LG Linz präjudiziell sei, sei die BH Urfahr-Umgebung an die Beurteilung des Sachverhalts durch das LG Linz gebunden, und damit in der Beurteilung der Lage, auf welche Art und Weise der Berufungswerber von weiteren strafbaren Handlungen abgehalten werden könne. Allein durch das "Tätigwerden" des LG Linz sei die öffentliche Ruhe und Ordnung wiederhergestellt und daher die Verhängung eines Aufenthaltsverbots im vorliegenden Ausmaß weder statthaft noch notwendig. Die Annahme, die im angefochtenen Bescheid getroffen worden sei, nämlich dass der Bw der geschützten Rechtsgeltung in Österreich negativ bzw gleichgültig gegenüberstehe, finde keinerlei Begründung im Sachverhalt.

Der Bw sei EU-Staatesangehöriger und habe daher schon aus diesem Grund ein Recht darauf, mit einem Inländer gleichgestellt zu werden. Nachdem auch für einen Inländer die Frage der Gefahr durch die Republik Österreich durch das Strafgesetz abschließend beurteilt werde, bedeute es für einen Bürger der EU anders behandelt zu werden als ein Bürger des eigenen Landes, wenn über ihn ein Aufenthaltsverbot verhängt werde. Es sei überdies die Verhängung des Aufenthaltsverbotes in einem Ausmaß von 10 Monaten (gemeint wohl 10 Jahre) nicht verhältnismäßig.

Insgesamt werde daher der Antrag an die sachlich und örtlich zuständige Behörde zweiter Instanz (gemeint wohl der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich) gestellt, den angefochtenen Bescheid der "BH Urfahr-Umgebung" vom 11. Juli 2008, Sich40-7690, ersatzlos zu beheben.

 

 

2. Mit Schreiben vom 4. September 2008 wurde der gegenständliche Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat von der belangten Behörde vorgelegt.

 

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der Sachverhalt zweifelsfrei - und vom Bw im Übrigen auch nicht substantiell widersprochen - aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt. Im Übrigen liegt kein darauf gerichteter Parteienantrag vor (§ 67d AVG).

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt 1 dargestellten Sachverhalt aus. Zusätzlich ist anzumerken, dass der Bw laut ZMR-Auszug zum ersten Mal in Österreich am 24. Februar 2004 polizeilich gemeldet war. In der Zeit von 5. Juni 2004 bis 7. September 2007 verfügte der Bw über keinen Hauptwohnsitz in Österreich. Dem oben zitierten Urteil vom LG Linz ist zu entnehmen, dass der Bw in einem mehrmonatigen Zeitraum knapp 2.000 Ecstasy Tabletten von slowakischen Staatsangehörigen zum Stückpreis von 3 Euro erworben hatte und diese gewinnbringend zu einem Stückpreis von 7 bis 10 Euro an Dritte (auch minderjährige Personen) weitergab.

 

2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder zuständig (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 86 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) BGBl I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl I Nr. 4/2008 ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige dann zulässig, wenn aufgrund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

 

Beim Bw handelt es sich um einen Staatsangehörigen der Slowakischen Republik, die am 1. Mai 2004 der Europäischen Union bzw in der Folge dem Europäischen Wirtschaftsraum beigetreten ist. Auch wenn in den Anhängen zum Beitrittsvertrag gewisse befristete Einschränkungen der Arbeitnehmer- bzw Dienstleistungsfreiheit für Staatsangehörige auch der Slowakischen Republik enthalten sind, ist das Vorliegen der Freizügigkeitsberechtigung für slowakische Staatsangehörige im Sinne des § 86 Abs. 1 FPG zu bejahen, weshalb diese Bestimmung zur Anwendung kommt.

 

3.2. § 86 FPG enthält Sonderbestimmungen für die Erlassung von Aufenthaltsverboten für EWR-Bürger. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtslage vor dem 1. Jänner 2006 durfte gegen einen EWR-Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltsverbot nämlich nur erlassen werden, wenn die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Z 1 FrG erfüllt waren. Dabei war § 36 Abs. 2 FrG als "Orientierungsmaßstab" heranzuziehen (vgl. Verwaltungsgerichtshof vom 13. Oktober 2000, 2000/18/0013).

 

Demgemäß sind auch die – von der belangten Behörde herangezogenen - §§ 60 ff FPG als bloßer Orientierungsmaßstab für § 86 FPG anzusehen. Die belangte Behörde hatte als Gründe für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes § 60 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 1 angegeben, weil der Bw von einem inländischen Gericht zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten, davon 10 Monate bedingt, mit einer Probezeit von drei Jahren verurteilt wurde.

 

Grundsätzlich ist somit § 60 Abs. 2 Z 1 FPG erfüllt, was im Übrigen auch vom Bw nicht in Abrede gestellt wird.

 

3.3. Wie oben angeführt, muss das persönliche Verhalten des Bw die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden und eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

 

Die Verhinderung von Straftaten gerade im so sensiblen Bereich des Suchtmittelhandels, insbesondere wenn das Wohl von Minderjährigen berührt ist, zählt unbestritten zum Grundinteresse der Gesellschaft, auf dem die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit basieren.

 

Im vorliegenden Fall ist jedoch zu überprüfen, ob das Verhalten des Bw eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefährdung dieses Grundinteresses darstellt. In der Berufung wird vorgebracht, dass mit dem strafgerichtlichen Urteil die vom Bw ausgehende Gefahr per se schon konsumiert sei. Würde man dieser Ansicht folgen, würden sich sowohl § 60 Abs. 2 FPG als auch § 86 Abs. 1 letzter Satz FPG ad absurdum führen, da gemäß dieser Auslegung eine strafgerichtliche Verurteilung niemals Grundlage der Verhängung eines Aufenthaltsverbots sein könnte. Maßgeblich ist vielmehr nicht so sehr, dass eine strafgerichtliche Verurteilung ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte einer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird. Dabei sind die Umstände der von ihm begangenen Tat zu beleuchten.

 

Wie im Sachverhalt dargestellt, wurde der Bw wegen eines mehrere Monate währenden Suchtmittelhandels verurteilt. Dabei ist besonders zu betonen, dass der Bw knapp 2.000 Ecstasy Tabletten an Dritte, darunter auch an Jugendliche, verkaufte. Durch den längeren Zeitraum kann also nicht davon ausgegangen werden, dass die kriminelle Motivation bloß punktuell und kurzfristig bestand, sondern von ihm bewusst gewählt wurde. Auch ist darauf hinzuweisen, dass der Bw durch seine kriminellen Handlungen im genannten Zeitraum einen Reinerlös von rund 10.000 Euro erwirtschaftete. Ohne den Grundsatz in dubio pro reo außer Acht zu lassen, folgt das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates der Ansicht der belangten Behörde, dass das Verhalten des Bw auch zum jetzigen Zeitpunkt eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefährdung des Grundinteresses der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, der Verhinderung von Straftaten sowie des Schutzes der Gesundheit von Menschen bildet. Es ist dem Bw nicht ausreichend gelungen darzulegen, dass das oben beschriebene Gefährdungspotential gegenwärtig und auch zukünftig nicht von ihm ausgehen werde.

 

In der Berufung wird eine Inländergleichbehandlung des Bw auf Grund seiner Staatszugehörigkeit zur Slowakischen Republik somit auf Grund seiner EU-Bürgerrechte gefordert. Diese Argumentation geht zweifach ins Leere. Zum einen liegt dem Gemeinschaftsrecht nicht der Grundsatz der Inländergleichbehandlung sondern der der Nichtdiskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit zu Grunde; zum anderen ist gerade im Bereich von Aufenthaltsverboten eine Inländergleichbehandlung nicht adäquat, da auf eigene Staatsangehörige diese fremdenpolizeiliche Maßnahme wohl schwerlich Anwendung finden wird.

 

Es ist also festzuhalten, dass die Verhängung des Aufenthaltsverbotes gegen den Bw in § 86 Abs. 1 FPG durchaus Deckung findet. Darüber hinaus ist diese Maßnahme jedoch auch unter den Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit und des gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Grundrechts auf den Schutz des Privat- und Familienlebens zu beurteilen.

 

3.4. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist allerdings ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Es geht aus dem Sachverhalt nicht hervor, dass der Bw außer zu seiner Mutter, die sich offensichtlich nunmehr in Österreich aufhält, irgendeinen familiären Bezug in Österreich besitzt. Auch, dass er seiner Mutter gegenüber wie auch immer geartete Sorgepflichten hat, wird von ihm nicht behauptet. Im Gegenteil ist anzunehmen, dass der weitaus überwiegende Teil seiner familiären Bindungen noch in seinem Heimatland aufrecht ist. Zu diesem Schluss kommt man auch deshalb, wenn man in Betracht zieht, dass der Bw im Jahr 2004 bloß für einige Monate und erst wieder ab September 2007 – also seit knapp einem Jahr – in Österreich aufhältig war. Vier Monate im vergangenen Jahr verbrachte er in Haft, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass die soziale Integration in Österreich noch nicht allzu weit fortgeschritten ist. Aus diesen Überlegungen lässt sich auch die Verhältnismäßigkeit der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes bejahen, da dem Interesse des Einzelnen das dieses überwiegende Interesse der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, der Verhinderung von Straftaten sowie des Schutzes der Gesundheit insbesondere von Minderjährigen gegenübersteht.

 

3.5. Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ist jedoch auch die Dauer der Befristung der verhängten Maßnahme rechtlich zu würdigen. Gemäß § 63 Abs. 1 FPG kann ein Aufenthaltsverbot u.a. in den Fällen des § 60 Abs. 2 Z 1 FPG unbefristet und sonst für die Dauer von höchstens 10 Jahren erlassen werden.

 

Aus immanent zu berücksichtigenden gemeinschaftsrechtlichen Überlegungen ist eine Beschränkung der Grundfreiheiten von Unionsbürgern möglichst maß- und zurückhaltend vorzunehmen. In diesem Sinn erachtet das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates die von der belangten Behörde ausgesprochene Dauer des Aufenthaltsverbotes von 10 Jahren als zu hoch bemessen und angesichts des prognostizierten Verhaltens als unverhältnismäßig. Ein "Beobachtungszeitraum" von fünf Jahren dürfte ausreichen um den Schutz der Rechtsgüter des § 86 Abs. 1 FPG zu gewährleisten.

 

 

3.6. Von der belangten Behörde wurde im bekämpften Bescheid als Rechtsgrundlage für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes nicht auf den hier einschlägigen § 86 Abs. 1 FPG Bezug genommen, weshalb der Spruch diesbezüglich zu berichtigen war.

 

3.7. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Hinweis: Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro (Eingabegebühr) angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Bernhard Pree

Rechtssatz:

VwSen-720223/2/BP/DR vom 10. September 2008

Fremdenpolizeigesetz, § 86 Abs. 1

Aufenthaltsverbot

 

Eine strafgerichtliche Verurteilung wegen eines mehrere Monate währenden Suchtmittelhandels bei dem der Bw knapp 2.000 Ecstasy-Tabletten an Dritte, darunter auch Jugendliche, verkauft hat und bei dem er einen Reinerlös von etwa 10.000 Euro erwirtschaftete lässt darauf schließen, dass das Verhalten des Bw auch zum jetzigen Zeitpunkt eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefährdung des Grundinteresses der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, der Verhinderung von Straftaten sowie des Schutzes der Gesundheit von Menschen darstellt, zumal er eine Änderung seiner Gesinnung auch nicht ausreichend darlegen konnte.

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum