Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163454/2/Zo/Jo

Linz, 08.09.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn A B, geb. , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, M vom 06.08.2008, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf an der Krems vom 21.07.2008, Zl. VerkR96-4834-2008, wegen einer Übertretung der Verordnung (EWG) 3821/85 zu Recht erkannt:

 

 

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

  1. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z1 VStG;

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 10.02.2008 um ca. 09.46 Uhr den LKW-Zug ,  auf der A8 bei km 19,855 gelenkt habe, wobei er als Lenker des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur Güterbeförderung im innerstaatlichen Straßenverkehr eingesetzt war und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger 3,5 t überstieg, bei der Kontrolle nicht die Fahrerkarte vorgelegt habe, obwohl der Fahrer, welcher ein Fahrzeug lenkt, das mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang IB ausgerüstet ist, dem Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit die Fahrerkarte, falls er Inhaber einer solchen ist oder alle während der laufenden Woche und der vorausgehenden 28 Tage erstellten handschriftlichen Aufzeichnungen und Ausdrucke, die gemäß der vorliegenden Verordnung und der Verordnung (EG) 561/2006 vorgeschrieben sind und die Schaublätter für den Zeitraum gemäß dem vorigen Unterabschnitt, falls er in dieser Zeit ein Fahrzeug gelenkt hat, das mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang I ausgerüstet ist, vorzulegen hat.

 

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach Art.15 Abs.7 lit.b (der Verordnung EWG 3821/85) iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 15 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber geltend, dass er die Fahrerkarte deshalb nicht habe vorlegen können, weil er nicht Inhaber einer solchen Karte sei. Die entsprechende Verordnung gelte für Güterbeförderungen mit Fahrzeugen, deren zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt, sie gelte jedoch nicht für Beförderungen im Straßenverkehr mit Fahrzeugen oder Fahrzeugkombinationen mit einer zulässigen Höchstmasse von nicht mehr als 7,5 t, die zur nichtgewerblichen Güterbeförderung verwendet werden.

 

Er betreibe kein Güterbeförderungsunternehmen und die gegenständliche Fahrt wurde nicht zur gewerbsmäßigen Güterbeförderung unternommen, weshalb er davon ausgegangen sei, dass diese nicht unter die Bestimmungen der entsprechenden EG-Verordnung falle. Er habe aus der Steiermark Lämmer geholt, um diese zu ihm nach Hause nach Lochen zu fahren. Selbst wenn der UVS der Meinung sei, dass seine Rechtsmeinung verfehlt ist, so könne ihm nur ein geringes Verschulden in Form von Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, weil er sich nicht über die anzuwendende Rechtslage erkundigt habe. Es sei daher die über ihn verhängte Geldstrafe jedenfalls zu streng.

 

Das Straferkenntnis verletze ihn in seinem Recht auf eine wirksame Beschwerde nach Artikel 13 EMRK, die Bestimmung des § 52b VStG und auch Artikel 129a Abs.1 Z4 B-VG seien verfassungswidrig. Dazu machte der Berufungswerber Ausführungen, welche dahingehend zusammengefasst werden können, dass er im Verwaltungsstrafverfahren kein effektives Rechtsmittel habe, um das Verfahren zu beschleunigen. Das Verfahren könnte daher übermäßig lange dauern, was ihn eben in den angeführten Rechten verletze.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Kirchdorf an der Krems hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht erforderlich, weil sich bereits aus dem Akt ergibt, dass das Straferkenntnis aufzuheben ist.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit seinen Klein-LKW, Kennzeichen  mit dem Anhänger, Kennzeichen . Die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte dieser beiden Fahrzeuge beträgt 6.100 kg. Das Fahrzeug ist mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang IB der Verordnung (EWG) 3821/85 ausgerüstet (einem sogenannten digitalen Tachographen). Er hatte bei der Kontrolle keine Fahrerkarte eingelegt und konnte diese dem Polizeibeamten trotz dessen Verlangen nicht vorlegen. Der Berufungswerber war auf der Fahrt in die Steiermark, wobei er nach seinen eigenen Angaben Lämmer geholt hatte, um diese zu ihm nach Hause zu bringen.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß Art.15 Abs.2 der Verordnung (EWG) 3821/85 benutzen die Fahrer für jeden Tag, an dem sie lenken, ab dem Zeitpunkt, an dem sie das Fahrzeug übernehmen, Schaublätter oder Fahrerkarten. Das Schaublatt oder die Fahrerkarte wird erst nach der täglichen Arbeitszeit entnommen, es sei denn, eine Entnahme ist auf andere Weise zulässig. Kein Schaublatt oder Fahrerkarte darf über den Zeitraum, für den es bestimmt ist, hinaus verwendet werden.

 

Art.15 Abs.7 lit.b sub lit.i der Verordnung (EWG) 3821/85 lautet:

Lenkt der Fahrer ein Fahrzeug, das mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang IB ausgerüstet ist, so muss er den Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit die Fahrerkarte vorlegen können, falls er Inhaber einer solchen Karte ist.

 

Gemäß Art.3 Abs.1 der Verordnung (EWG) 3821/85 muss das Kontrollgerät bei Fahrzeugen eingebaut und benutzt werden, die der Personen- oder Güterbeförderung im Straßenverkehr dienen und in einem Mitgliedsstaat zugelassen sind; ausgenommen sind die in Art.3 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 genannten Fahrzeuge.

 

Gemäß Art.3 lit.h der Verordnung (EG) 561/2006 gilt diese Verordnung nicht für Beförderung im Straßenverkehr mit Fahrzeugen oder Fahrzeugkombinationen mit einer zulässigen Höchstmasse von nicht mehr als 7,5 t, die zur nichtgewerblichen Güterbeförderung verwendet werden.

 

5.2. Eine Auskunft der ASFINAG (diese ist in Österreich zentral für die Ausgabe der Fahrerkarten zuständig) ergab, dass die Behauptung des Berufungswerbers, keine Fahrerkarte zu besitzen, richtig ist. Er konnte daher den Polizeibeamten bei der Kontrolle auch keine Fahrerkarte vorweisen. Art.15 Abs.7 lit.b der Verordnung (EWG) 3821/85 verlangt nichts Unmögliches. Nur jene Fahrer, welche Inhaber einer Fahrerkarte sind, müssen diese dem Polizeibeamten auf Verlangen vorlegen. Da der Berufungswerber nicht Inhaber einer Fahrerkarte ist, bildet das ihm vorgeworfene Verhalten (nämlich das mangelnde Vorlegen der Fahrerkarte) keine Verwaltungsübertretung. Ein anderer Tatvorwurf wurde dem Berufungswerber innerhalb der Verjährungsfrist nicht gemacht, sodass das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

Der Vollständigkeit halber ist zum Berufungsvorbringen noch festzuhalten, dass Art.15 Abs.2 der angeführten Verordnung den Berufungswerber bei jeder gewerbsmäßigen Güterbeförderung mit der gegenständlichen Fahrzeugkombination zum Verwenden einer Fahrerkarte verpflichtet. Unter einer gewerblichen Güterbeförderung sind dabei nicht nur Fahrten im Rahmen des Güterbeförderungsgewerbes zu verstehen sondern alle Fahrten, welche der Beförderung von Gütern im Rahmen eines Gewerbebetriebes dienen. Der Berufungswerber hat daher – zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit – gegen Art.15 Abs.2 der VO (EWG) 3821/85 verstoßen, diese Übertretung ist aber verjährt. Sofern der Berufungswerber beabsichtigt, auch in Zukunft mit der gegenständlichen Fahrzeugkombination Güter für seinen Gewerbebetrieb zu transportieren, wird ihm dringend nahegelegt, die Ausstellung einer Fahrerkarte zu beantragen.

 

Das Vorbringen hinsichtlich der fehlenden Beschwerdemöglichkeit nach Art.13 EMRK wegen der langen Verfahrensdauer ist im gegenständlichen Verfahren nicht relevant, weil das konkrete Verfahren ohnedies nur ca. sieben Monate gedauert hat.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Fahrzeugkombination mit Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte über 3.500 kg; Beförderung von Gütern im Rahmen eines Gewerbebetriebes; Verpflichtung zum Einbau und zur Verwendung eines Kontrollgerätes; Wer keine Fahrerkarte hat, braucht sie auch nicht vorlegen.

 

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