Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150690/2/Lg/Hue

Linz, 12.09.2008

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des D K, G, D, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F H K, W, P, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 25. Juli 2008, Zl. BauR96-134-2008, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Geldstrafe wird auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt.

II.              Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 15 Euro.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm.  § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von
120 Stunden verhängt, weil er am 17. Dezember 2007, 12.53 Uhr, als Lenker eines Kfz mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen die A8 bei km 74.293, Gemeinde St. Marienkirchen bei Schärding, in Fahrtrichtung Knoten Voralpenkreuz benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benutzung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Fahrzeugen, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliege. Es sei festgestellt worden, dass die Achsenzahl des gegenständlichen Kfz (4) höher gewesen sei als die mit 3 eingestellte Kategorie/Achsenzahl. 

 

2. In der Berufung brachte der Bw vor, dass es richtig sei, dass er am 17. Dezember 2007 mit einem Sattelaufleger nach Wels gefahren sei und am Tag darauf beim Grenzübergang Suben Österreich wieder verlassen habe. Zu diesem Zweck habe er eine entsprechende GO-Box "besorgt". Vor Fahrtantritt habe sich der Bw von der Funktionsfähigkeit dieser GO-Box informiert. Auf der GO-Box befinde sich eine optische Gebrauchsanleitung, an der sich der Bw orientiert habe. Darauf sei "ein kleines Auto abgebildet, was ein Zweiachsfahrzeug signalisiert. Zusätzlich ist ein dreiachsiger LKW mit einem zweiachsigen Anhänger und weiters ein dreiachsiger LKW abgebildet. Ein Sattelaufleger scheint nicht auf. Da mein Fahrzeug keinen Anhänger hat, habe ich die Go-Box für diese Fahrzeugart ohne Anhänger in Betrieb genommen. Für mich war aus dieser Gebrauchsanleitung nicht entnehmbar, dass dieser Knopf des Gerätes nicht für Sattelaufleger dient, für diese ein anderer Knopf am Gerät – für LKW mit Anhänger – zuständig ist". Es habe sich somit um eine entschuldbare Fehlbedienung der GO-Box gehandelt, die auf mangelhafte Kennzeichnung der ASFINAG zurückzuführen sei.

Bis zur Strafverfügung sei der Bw über diesen Irrtum nicht in Kenntnis gesetzt worden. Die ASFINAG hätte den Bw vor Einleitung eines Strafverfahrens auf seinen Irrtum aufmerksam machen und eine Ersatzmaut anbieten müssen. Dass gem. § 19 BStMG lediglich der Zulassungsbesitzer zur Zahlung einer Ersatzmaut aufgefordert werden müsse, müsse ein "redaktionelles Versehen" des Gesetzgebers sein, zumal es im Ermessen des Dienstgebers stehe, ob er die angebotene Ersatzmaut bezahlt. Mit § 19 Abs. 6 leg.cit. bestehe kein subjektiver Anspruch auf eine schriftliche Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut. Damit stehe es im willkürlichen Ermessen der ASFINAG, ob ein Strafaufhebungsgrund zum Tragen kommen könne oder nicht. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber der ASFINAG ein derart weitgehendes Ermessen einzuräumen beabsichtigte. § 19 Abs. 4 und 6 würden Art. 6 MRK und verfassungsmäßig geschützte Rechte verletzen.  

Die dem angefochtenen Straferkenntnis als Beilage in Kopie angeschlossene "Erklärung der Funktionsweise der GO-Box" sei keinesfalls so formuliert, dass ein "normaler" LKW-Fahrer daraus die richtige Bedienung ableiten könne. 

Bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land sei unter der Zl. BauR96-40-2008 ein weiteres Verwaltungsstrafverfahren wegen einer Übertretung des BStMG am 18. Dezember 2007, 7.03 Uhr, anhängig. Dabei habe es sich um die Rückfahrt von Österreich nach Deutschland gehandelt. Das gegenständliche Verfahren betreffe die Einreise nach Österreich. Damit werde eine Anlieferung nach Österreich unter gleichzeitiger Benützung der Autobahn mit zwei Strafverfahren verfolgt, was eine Doppelbestrafung bei einem fortgesetzten Delikt darstelle.

 

Beantragt wurde die ersatzlose Behebung des Straferkenntnisses.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 13. März 2008 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges mit 4 höher gewesen sei als die mit 3 eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät. Gem. § 19 Abs. 4 BStMG sei dem Zulassungsbesitzer am 17. Jänner 2008 die Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht entsprochen worden. 

 

Nach Strafverfügung vom 17. April 2008 äußerte sich der Bw im Wesentlichen zum Verfahrengegenstand wie in Teilen der später eingebrachten Berufung und ergänzte, dass die verhängte Strafe aufgrund der Tatsache, dass er die Autobahn nur sehr kurz benützt habe, unverhältnismäßig hoch sei.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.  

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden, die Anzahl der Achsen ihres Fahrzeuges und des von diesem gezogenen Anhängers auf dem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut einzustellen und Nachweise mitzuführen, die eine Zuordnung zu einer Tarifgruppe gem. § 9 Abs. 5 und 6 ermöglichen.

 

Punkt 8.2.2 der Mautordnung besagt, dass bei Ausgabe der GO-Box eine Basiskategorie entsprechend der vorhandenen Achsenanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt wird (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Nutzer dar). Der Kraftzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2 zu überprüfen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung besteht für ordnungsgemäß zum Mautsystem und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraftfahrzeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf ein technisches Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel oder die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie zurückzuführen ist; dies jedoch ausnahmslos nur wenn alle in der Mautordnung näher definierten Bedingungen erfüllt werden.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG werden Übertretung gem. Abs. 1 und Abs. 2 straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6).

 

4.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw der Lenker war und er eine falsche Einstellung der Kategorie/Achsenzahl bei der GO-Box vorgenommen hat. Unstrittig ist ferner, dass gem. § 19 Abs. 4 BStMG dem Zulassungsbesitzer die Zahlung einer Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht entsprochen worden ist.

 

Der Bw bringt zunächst vor, er habe die Bedienungshinweise auf dem Aufkleber auf der GO-Box nicht richtig zu deuten gewusst. Dazu ist festzuhalten, dass jeder GO-Box zusätzlich eine ausführliche Gebrauchsanleitung ("GO-Box Guide") in 12 Sprachen beiliegt, in der unter Punkt "G" die Notwendigkeit und der konkrete Vorgang einer Einstellung der entsprechenden Achsen-Kategorie – auch mit einer Unterscheidung von LKWs mit Anhängern oder Auflegern – beschrieben wird. Sowohl durch diese Gebrauchsanleitung als auch durch die in diesem Bescheid zitierten Passagen des § 8 Abs. 2 BStMG und von Punkt 8.2.2 der Mautordnung muss für den durchschnittlichen Normunterworfenen (als Maßstabsfigur) die Handhabung der GO-Box in Bezug auf die korrekte Einstellung der Kategorie klar sein. Falls dennoch Unklarheiten oder Zweifel seitens des Bw hinsichtlich der ordnungsgemäßen Mautentrichtung bestanden haben sollten, hätte er diese vor Benützung einer Mautstrecke (z.B. durch Nachfragen bei der ASFINAG-Telefon-Hotline oder bei einer GO-Box-Vertriebsstelle) ausräumen müssen.

 

Der Bw moniert, dass im BStMG normiert sei, dass lediglich dem Zulassungsbesitzer die Ersatzmaut anzubieten sei und es sich hiebei um ein "redaktionelles Versehen" des Gesetzgebers handeln müsse, zumal es alleine im Ermessen des Zulassungsbesitzers liege, die Ersatzmaut einzuzahlen. Weiters sei die verhängte Geldstrafe für den Lenker bei Nichtbegleichung der Ersatzmaut überzogen. Dazu ist zu entgegnen, dass § 19 Abs. 4 BStMG – wie der Bw selbst in seiner Berufung anführt – ein schriftliches Ersatzmautangebot lediglich an den Zulassungsbesitzer vorsieht. Dies ist – unbestritten – am 17. Jänner 2008  erfolgt. Die Nichteinbezahlung der Ersatzmaut innerhalb von vier Wochen (durch den Zulassungsbesitzer) nach Ausstellung des Ersatzmautangebotes am 17. Jänner 2008 – aus welchen Gründen auch immer – ließ den Strafausschließungsgrund des § 20 Abs. 3 BStMG nicht zustande kommen. In diesem Zusammenhang ist auch auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 26.8.2006, Zl. B 1140/06-6, hinzuweisen, wonach es sachlich gerechtfertigt ist, lediglich den Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Überdies bestehen – auch darauf bezieht sich der Bw in seiner Berufung – gem. § 19 Abs. 6 BStMG keine subjektiven Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut.

Wenn der Bw – vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht geteilte – Bedenken gegen die Bestimmungen über die Ersatzmaut oder über die Höhe der gesetzlichen Mindestgeldsstrafe hegt, ist er auf den dafür vorgesehenen Rechtsweg zu verweisen. 

 

Der Bw geht von der Auffassung aus, dass es sich bei den (nach eigenen Angaben) beiden Fahrten am 17. und 18. Dezember 2007 um ein fortgesetztes Delikt handelt und diese deshalb zu einer Tateinheit zusammenzufassen sind.

Ein fortgesetztes Delikt ist dann gegeben, wenn eine Mehrheit von an sich selbständigen, nacheinander gesetzten Handlungen, deren jede für sich den Tatbestand desselben Delikts erfüllt, durch ein gemeinsames Band zu einer rechtlichen Einheit verbunden ist. Die Einzelhandlungen müssen in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, wobei sie nicht durch einen großen Zeitraum unterbrochen werden dürfen (vgl. VwGH 2003/05/0201 v. 18.3.2004).

 

Von einem fortgesetzten Delikt kann – abgesehen davon, dass diesfalls Vorsatz vorliegen müsste, was gegenständlich nicht anzunehmen ist – aber jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn der Bw – wie im gegenständlichen Fall – durch Abfahren vom mautpflichtigen Straßennetz das jeweilige Delikt abgeschlossen hat. Jedes Abfahren von der Autobahn ermöglicht nicht nur das An- bzw. Abhängen von Anhängern etc. sondern macht deshalb ggf. eine Umstellung (bzw. jedenfalls eine Kontrolle) der eingestellten Achsenzahl bei der GO-Box erforderlich. Mit jeder neuerlichen Auffahrt auf eine mautpflichtige Strecke beginnt somit eine neuerliche Deliktsverwirklichung. Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass der Lenker gem. § 8 Abs. 2 BStMG iVm Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung vor jeder Fahrt auf einer Mautstrecke u.a. die richtig eingestellte Kategorie (Achsenzahl) zu überprüfen hat.

Der Bw muss zwischen dem 17. und dem 18. Dezember 2007 die mautpflichtige Strecke verlassen haben bzw. auf eine solche wiederum aufgefahren sein. Dies ergibt sich nicht nur aus den Angaben des Bw, wonach er in Wels Ware angeliefert hat sondern auch daraus, dass er (klarerweise) bei der Rückreise nach Deutschland am 18. Dezember 2007 auf der Gegenfahrbahn der Autobahn unterwegs gewesen ist.    

 

Wenn durch die Begehung von gleichen Übertretungshandlungen zu verschiedenen Zeitpunkten jeweils eine Verwaltungsübertretung begangen wird (kein fortgesetztes Delikt vorliegt), hat die Behörde für jedes Delikt eine gesonderte Strafe auszusprechen. Bei Nichtbeachtung dieser Vorschrift ist der Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet (vgl. VwGH 2005/02/0015 v. 15.4.2005). Folgerichtig waren gegen den Bw unter Anwendung des Kumulationsprinzips (§ 22 VStG) für die von ihm angesprochenen Verwaltungsübertretungen am 17. und 18. Dezember 2007 mehrere Verwaltungsstrafverfahren durchzuführen. Es ist in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, dass auch bei der Annahme von Vorsatz die einzelnen Fahrten nicht als fortgesetztes Delikt zusammenzufassen wären, da – wie bereits ausgeführt wurde – vor jedem (neuerlichen) Befahren einer Mautstrecke die Lenkerverpflichtungen schlagend werden.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend würde eine allenfalls geltend gemachte Unkenntnis der österreichischen Rechtslage wirken, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch für ausländische Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten (vgl. u.a. VwGH 97/06/0224 v. 18.12.1997). Auch die vorgebrachte Unkenntnis der (konkreten) Gebrauchsvorschriften für die GO-Box wirkt nicht entschuldigend, da der Lenker verpflichtet ist, sich auch mit den faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken auf geeignete Weise vertraut zu machen. Im Zweifel ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er verabsäumt hat, sich über die Handhabung der GO-Box im ausreichendem Umfang in Kenntnis zu setzen. Damit ist auch klargestellt, dass keine Verpflichtung der ASFINAG besteht, eigeninitiativ einen Mautpreller vor Einleitung eines Strafverfahrens über die Verletzung seiner Lenkerpflichten zusätzlich aufzuklären.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Die gesetzliche Mindeststrafe ist aus dem bloßen Grund einer gegebenenfalls schlechten finanziellen Situation des Bw nicht unterschreitbar. Dass diese finanzielle Situation durch (vom Bw erwähnte) weitere drei einschlägige Verwaltungsstrafen mitbedingt ist, kann sich für den Bw nicht im Sinne eines Arguments für die Unterschreitung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe auswirken. Im Hinblick jedoch darauf, dass zur Unbescholtenheit zum Zeitpunkt der Tat als weiterer Milderungsgrund die wenigstens teilweise Mautentrichtung tritt (ein Umstand, der auch nach der Mautordnung die Höhe der Ersatzmaut beeinflusst und der regelmäßig zum Aufgriff der Täter führt), erscheint es vertretbar unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG) die Strafe auf die Hälfte herabzusetzen. Die Tat bleibt aber nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Der Unrechtsgehalt einer Fehleinstellung der Achsenzahl ist als deliktstypisch und der Schuldgehalt in Form der fahrlässigen Fehleinstellung der GO-Box als nicht geringfügig einzustufen, da die Vorsorge für die korrekte Einstellung der GO-Box im gegebenen Zusammenhang die zentrale Lenkerpflicht darstellt. Dazu kommt, dass nach eigenem Vorbringen des Bw das gegenständliche Delikt in mehreren vergleichbaren Fällen und an verschiedenen Tagen begangen wurde, was auf einen gewissen Mangel im Bemühen bei der Einhaltung der Sorgfaltspflicht schließen lässt und sohin den Grad des Verschuldens mitbestimmt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 24. Februar 2009, Zl.: B 1852/08-3, B 1878/08-3, B 1896/08-3 u.a.

Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde zurückgewiesen.
VwGH vom 28.04.2009, Zl.: 2009/06/0066 bis 0068-4 und 0069-5

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