Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522056/2/Kof/Jo

Linz, 17.09.2008

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn S M, geb. , R, P gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 04.08.2008, VerkR21-213-2008 betreffend  Entziehung der Lenkberechtigung,  Lenkverbot,  Aberkennung des Rechts von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen,  Verpflichtung sich amtsärztlich untersuchen zu lassen  und  Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung,  zu Recht erkannt:

 

 

I.       

Der  Berufung  wird  insofern  stattgegeben,  als  die/das

-         Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung

-         Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen   sowie   Invalidenkraftfahrzeugen

-         Aberkennung des Rechts von einem allfällig ausgestellten ausländischen  Führerschein  in  Österreich  Gebrauch  zu  machen

vom 18. April 2008 (=  Zustellung des erstinstanzlichen Mandatsbescheides)                 bis  einschließlich   31. Oktober 2009   herab- bzw. festgesetzt  wird.        

Im  Übrigen  wird  der  erstinstanzliche  Bescheid  bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1, 25 Abs.3  iVm  §§ 7 Abs.1 Z2, 7 Abs.3 Z11  und

    7 Abs.4 FSG,  BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2008

§ 32 Abs.1 Z1 FSG

§ 30 Abs.1 FSG

§ 64 Abs.2 AVG


II.   

Betreffend die Verpflichtung, sich vor Ablauf der Entziehungsdauer auf eigene Kosten amtsärztlich untersuchen zu lassen, ist der erstinstanzliche Bescheid – mangels Anfechtung – in  Rechtskraft  erwachsen.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG

-         die Lenkberechtigung für die Klasse B für den Zeitraum von 28 Monaten            – gerechnet ab Bescheidzustellung (= 18.04.2008) – entzogen und ausgesprochen, dass vor Ablauf der Entziehungsdauer keine Lenkberechtigung  erteilt  werden  darf

-         für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken                       von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichkraftfahrzeugen sowie Invalidenkraftfahrzeugen  verboten

-         für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch  zu  machen

-         verpflichtet, vor Ablauf der Entziehungsdauer sich auf eigene Kosten amtsärztlich  untersuchen  zu  lassen.

Einer Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 11.08.2008 erhoben und – im Ergebnis – die Herabsetzung der Entziehungsdauer beantragt.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Die im erstinstanzlichen Bescheid enthaltene Verpflichtung

"sich vor Ablauf der Entziehungsdauer auf eigene Kosten amtsärztlich untersuchen  zu  lassen"   wurde  vom  Bw  in  der  Berufung  nicht  bekämpft.

In diesem Punkt ist der erstinstanzliche Bescheid – mangels Anfechtung –                  in  Rechtskraft  erwachsen.

 

 

 

Der Bw wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 13.06.2008, 28 Hv 67/08z wegen der Verbrechen

-         des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1 2. und 3. Fall, Abs.2 Z1 und 3 SMG und § 15 Abs.1 StGB

-         des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1 5. Fall, Abs.2 Z3 SMG

-         des Suchtgifthandels nach § 28 Abs.1 5. Fall, Abs.2 Z1 SMG

-         der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15 Abs.1, 105 Abs.1,

      106 Abs.1 Z1 StGB

zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 21 Monaten – davon 7 Monate unbedingt und 14 Monate bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren – verurteilt.

 

Grund für dies Verurteilung war, dass der Bw

-         im Zeitraum Anfang 2007 bis 20.02.2008 insgesamt 2,5 kg Speed (Amphetamin) im Auftrag des Herrn M. K. von Polen aus und via Tschechien nach Österreich eingeführt hat, wobei er die Straftaten gewerbsmäßig beging und schon einmal wegen einer Straftat nach Abs.1, nämlich wegen § 28 Abs.2 4. Fall, Abs.3 1. Fall SMG verurteilt worden ist.

-         im Zeitraum Anfang 2007 bis Spätherherbst/Winter 2007 insgesamt                    2 kg Speed (Amphetamin) einem anderen überlassen hat, indem er im Anschluss an die oben angeführten Schmuggelfahrten jeweils das nach Österreich eingeführte Suchtgift in L. Herrn M. K. in dessen Wohnung vereinbarungsgemäß  übergab.

-         im Zeitraum April/Mai 2006 bis Ende Februar/Anfang März 2008 vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge näher bezeichneten Personen durch gewinn-bringenden Verkauf überlassen hat, wobei er die Straftaten gewerbsmäßig beging und schon einmal wegen einer Straftat nach Abs.1, nämlich wegen § 28 Abs.2 4. Fall, Abs.3 1. Fall SMG verurteilt worden ist und

-         Ende Dezember 2007/Anfang Jänner 2008 in L. im Zusammenwirken mit Herrn M. K. den Herrn H. E., welcher bei M. K. aus zurückliegenden Suchtgiftgeschäften offene Schulden in einer näher bezeichneten Höhe hatte,  durch  gefährliche  Drohung  mit  dem  Tode  bedroht  hat.

 

Der Bw hat die Begehung der im oa Urteil angeführten Straftaten nicht bestritten.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von KFZ sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z11 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg.cit. zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß § 28 SMG begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur uva.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;

VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;

vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 22.2.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur uva.

 

Die Entziehung der Lenkberechtigung erfolgt insbesondere wegen der vom Bw begangenen Verbrechen nach § 28a SMG.

 

Die Begehung derartiger Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz wird durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen typischerweise erleichtert.

VwGH vom 07.10.1997, 96/11/0357 mit zahlreichen Judikaturhinweisen.

 

Bei der Festsetzung der Entziehungsdauer ist zu berücksichtigen:

-         der lange Tatbegehungszeitraum (April/Mai 2006 bis Februar/März 2008)

-         die enorme Menge an Suchtmittel: in einer das 15-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge (§ 28a Abs.2 Z3 SMG)  und

-         eine einschlägige Vorstrafe.

 

Als mildernd ist zu werten:

-         das Geständnis sowie

-         die Tatsache, dass zwei Drittel der Strafe bedingt nachgesehen wurden.

 

Der VwGH hat – in vergleichbaren Fällen – mit Erkenntnisse vom 06.07.2004, 2002/11/0171; vom 23.03.2004, 2002/11/0121; vom 23.04.2002, 2002/11/0012; vom 4.10.2000, 2000/11/0129; vom 23.4.2002, 2001/11/0389; vom 12.4.1999, 98/11/0053 und vom 09.02.1999, 97/11/0283 eine Dauer der Verkehrs-unzuverlässigkeit von – zum Teil auch länger als – zwei Jahren als rechtmäßig bestätigt  bzw.  die dagegen erhobenen Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

 

Von Kraftfahrzeuglenkern muss wegen der im Straßenverkehr häufig auftretenden Konfliktfälle eine nicht zu Gewalttätigkeiten neigende Sinnesart verlangt werden;  VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062 mit Vorjudikatur.

 

Die vom Bw an Herrn H. E. begangene schwere Nötigung (§ 106 Abs.1 Z1 StGB) – wo Herr H. E. von Herrn M. K. unter Vorhalt eines Springmessers zum Einsteigen in den vom Bw gelenkten PKW gezwungen wurde – ist ebenfalls als nachteilig zu werten, insbesondere da der Bw bei Begehung dieses Verbrechens einen PKW – und somit seinen Führerschein – verwendet hat!

 

Die jahrzehntelange Rechtsprechung des VwGH, wonach Haftzeiten in die Entziehungsdauer  nicht  einzurechnen  sind,  ist  mittlerweile  überholt.

In den letzten Jahren hat der VwGH wiederholt im Ergebnis ausgesprochen,              dass  Haftzeiten  in  die  Entziehungsdauer  mit  einzubeziehen  sind;

Erkenntnisse vom 29.4.2003, 2002/11/0161; vom 21.2.2006, 2003/11/0025;

vom 21.2.2006, 2004/11/0129; vom 21.11.2006, 2005/11/0168;

vom 21.3.2006, 2005/11/0196;  vom 18.12.2006, 2006/11/0076.

 

Die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ist ab Tathandlung bzw.                  Beendigung  des  strafbaren  Verhaltens  zu  bemessen;

VwGH vom 17.10.2006, 2006/11/0120;  vom 21.3.2006, 2005/11/0196;

               vom 22.2.2007,  2005/11/0190;  vom 21.11.2006, 2005/11/0168;

               vom 21.3.2006, 2005/11/0153;    vom 27.3.2007, 2005/11/0115;

               vom 18.12.2007, 2007/11/0194.

 

Es ist im gegenständlichen Fall gerade noch gerechtfertigt und vertretbar, die                        Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit mit 20 Monaten – beginnend ab Beendigung des strafbaren Verhaltens (= Ende Februar/Anfang März 2008) – zu bemessen und  die  Entziehungsdauer  bis  einschließlich  31. Oktober 2009  festzusetzen.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG ist Personen, welche nicht iSd § 7 leg.cit verkehrszuverlässig sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, das Lenken eines derartigen KFZ ausdrücklich zu verbieten.

 

Dem Bw war daher für die Dauer der – nunmehr neu festgesetzten – Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen  sowie  Invalidenkraftfahrzeugen  zu  verbieten.

 

Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von – allfällig bestehenden – ausländischen Lenkberechtigungen das Recht aberkannt werden, von ihrem Führerschein                      in Österreich Gebrauch zu machen, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung  vorliegen;  VwGH vom 17.3.2005, 2005/11/0057.

 

Dem Bw war daher für die Dauer der – nunmehr neu festgesetzten – Entziehung der Lenkberechtigung das Recht abzuerkennen, von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen.

 

Die Behörde kann iSd § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird; 

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG                     (Seite 1222f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen;

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Verbrechen nach dem SMG – Entziehungsdauer

 

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