Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550425/3/Kl/Rd/RSt

Linz, 14.10.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über den Antrag der B H & F B mbH & Co KG, T-A AG,  vertreten durch W/K & Partner Rechtsanwälte GmbH, L, vom 8.10.2008 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren des Landes Oberösterreich betreffend das Vorhaben "Umfahrung L, L  Ler Straße, km  bis ", zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird stattgegeben und dem Auftraggeber Land Oberösterreich die Erteilung des Zuschlags bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis  8. Dezember 2008, untersagt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 8.10.2008  hat die B H & F B mbH & Co KG, T-A AG (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, dem Auftraggeber die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von  600 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass es sich gegenständlich um einen Bauauftrag im Unterschwellenbereich, welcher in einem Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung ausgeschrieben worden sei, handle. Angefochten werde die mit 1.10.2008 bekannt gegebene Zuschlagsentscheidung.

Auftraggeber sei das Land Oberösterreich, obwohl dies aus den Ausschreibungsunterlagen nicht ausdrücklich hervorgehe. Dies ergebe sich im Übrigen aus dem Schreiben des Amtes der Oö. Landesregierung vom 27.6.2008, mit welchem mitgeteilt wurde, dass das "Land , Landesstraßenverwaltung, die Durchführung der Straßen-, Kanal- und Wasserleitungsbauarbeiten für den Neubau der L  Ler Straße, km  bis , Baulos 'Umfahrung L', im Gemeindegebiet von L in einem Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung zu vergeben", beabsichtige.

 

Die Antragstellerin habe sich am Verfahren beteiligt und am 31.7.2008 ein Hauptangebot (4.640.801,87 Euro) und vier Abänderungsangebote (1.) 4.621.762,68 Euro, 2.) 4.581.304,41 Euro, 3.) 4.581.304,41 Euro, 4.) 4.521.806,95 Euro) gelegt.

Am 5.9.2008 habe die Antragstellerin ihr letztgültiges Angebot gelegt. Die Antragstellerin habe ihr Interesse am Vertragsabschluss durch die Legung dieser ausschreibungskonformen Angebote und durch die bisherige Korrespondenz mit dem Auftraggeber dargetan. Das Interesse der Antragstellerin stehe daher jedenfalls außer Zweifel.

 

Die Vorbemerkungen zum Leistungsverzeichnis haben ua folgende Festlegungen enthalten:

Gemäß Pkt E.01. der Vorbemerkungen habe der Bieter zum Nachweis der finanziellen, wirtschaftlichen und technischen Leistungsfähigkeit folgende Mindesteignungskriterien zu erfüllen:

"Als Mindesteignungskriterium zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit hat der Bieter eine Referenz im Sinne des § 75 Abs.1 bis 3 des BVergG idgF über ein in den letzten fünf Jahren vertragsgemäß erbrachtes Bauvorhaben ähnlichen Umfangs und Komplexität nachzuweisen". Darüber hinaus müssen auch die für die Ausführung der Arbeiten verantwortlichen Personen (Bauleiter und Polier) mindestens ein Bauvorhaben ähnlichen Umfangs und Komplexität in den letzten fünf Jahren vertragsgemäß abgewickelt haben.

 

Laut Vorbemerkungen zum Leistungsverzeichnis erfolge die Vergabe nach dem Bestbieterprinzip. Zur Ermittlung des Bestbieters seien folgende Zuschlagskriterien mit den nachfolgend jeweils angeführten und maximal erreichbaren Punkten je Kriterium festgelegt worden:

 

 

Kriterium

Gewichtung

 

Ausschreibungsprojekt

Alternativangebot

Geprüfter Gesamtpreis (ohne USt)

92

92

Gewährleistungsfristverlängerung

5

5

Verkürzung der Bauzeit bis zum

vertraglichen Zwischentermin der

Verkehrsfreigabe

3

3

Minimierung der Abwicklungskosten

auf Seiten des AG

0

3

maximum

Minimierung des Auftraggeber­risikos

0

3

maximum

Technischer Mehrwert für den Erhalter

0

-3

minimum

10

maximum

Summe

100

116

maximum

 

Die Ermittlung der Punkte für das jeweilige Kriterium sind unter Pkt. E.01.  der Vorbemerkungen zum Leistungsverzeichnis näher ausgeführt worden. Die Bewertung der Zuschlagskriterien werde, sofern sie nicht rein "mathematisch" ermittelbar sind, mittels kommissioneller Punktebewertung vorgenommen.

 

Nach einem Verhandlungsgespräch mit dem Auftraggeber vom 19.8.2008 sei der Antragstellerin mitgeteilt worden, dass ein Bieter bei der Bestbieterermittlung 103,00 Punkte erreicht habe, wohingegen das beste Angebot der Antragstellerin nur 98,598 Punkte erreicht haben soll, weshalb die Antragstellerin am Vergabeverfahren nicht weiter berücksichtigt werde.

Am 29.8.2008 sei die Nichtigerklärung der Auftraggeberentscheidung beim Oö. Verwaltungssenat beantragt worden.

Aufgrund des Nachprüfungsantrages habe der Auftraggeber seine Entscheidung vom 22.8.2008, die Angebote der Antragstellerin nicht weiter zu berücksichtigen, zurückgezogen und festgelegt, dass das Vergabeverfahren in die Prüfungsphase zurücktrete.

Weiters sei die Antragstellerin am 1.9.2008 aufgefordert worden, unter Berücksichtigung der in diesem Telefax enthaltenen Informationen ein letztgültiges Angebot bis spätestens 5.9.2008, 11.00 Uhr, abzugeben. Das erwähnte Telefax vom 1.9.2008 habe in der Folge verschiedene Festlegungen für Pauschalpreisangebote enthalten.

 

Die Antragstellerin habe am 5.9.2008 fristgerecht ein Pauschalangebot in der Höhe von 4.704.000,00 Euro (inkl. 20 % USt)  abgegeben und dabei auch die Gewährleistungsfristverlängerung von einem Jahr auf drei Jahre verlängert, sodass die Gewährleistung insgesamt 8 Jahre betrage.

 

Mit Telefax vom 1.10.2008 habe der Auftraggeber mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, der Firma Bmstr. K F, H- und T GesmbH, A, mit einer Auftragssumme von 4.752.000,00 Euro (inkl. USt)  und mit einer Punktezahl von 104,12 den Auftrag zu erteilen. Das Angebot der Antragstellerin habe bei der Bestbieterermittlung 103,39 Punkte erreicht.

 

Nach den der Antragstellerin bekannten Informationen haben weder der präsumtive Zuschlagsempfänger noch die für die Ausführung des gegenständlichen Bauvorhabens in Betracht kommenden Bauleiter und Poliere in den letzten fünf Jahren ein im Sinne der in Pkt. E.01. der Vorbemerkungen zum Leistungsverzeichnis vorgegebenen Mindesteignungskriterien vergleichbares Bauvorhaben ähnlichen Umfangs und Komplexität ausgeführt.

Laut KSV-Auskunft vom 7.10.2008 habe die präsumtive Zuschlagsempfängerin Umsätze in den Jahren 2005 (6.495.476,87 Euro [genau]), 2006 (8.109.213,11 Euro [genau]), 2007 (8.200.000,00 Euro [eingeschätzt]) erzielt.

 

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin erfülle die in den Ausschreibungsbedingungen in Pkt E.01. vorgegebenen Mindestkriterien zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit nicht, da weder sie noch ihre Bauleiter und Poliere in den letzten fünf Jahren ein vergleichbares Bauvorhaben ähnlichen Umfangs und Komplexität ausgeführt haben. Darüber hinaus fehle der präsumtiven Zuschlagsempfängerin auch die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe in den letzten drei Jahren im Durchschnitt einen Umsatz in Höhe von ca 7,6 Mio Euro erwirtschaftet. Gemessen an der angebotenen Nettoauftragssumme in Höhe von 3.960.000,00 Euro ergebe dies eine Verhältniszahl von 0,52, welche deutlich über dem gerade noch als akzeptabel anerkannten Schwellenwert von 0,33 liege. Im Übrigen sei in den Umsätzen der letzten drei Jahre nach Kenntnis der Antragstellerin kein Straßenbauprojekt beinhaltet.

Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass der präsumtiven Zuschlagsempfängerin auch die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit fehle, weshalb ihre Angebote auch aus diesem Grund gemäß § 129 Abs.1 Z2 BVergG ausgeschieden hätten werden müssen und der Antragstellerin der Zuschlag zu erteilen wäre. Die Zuschlagsentscheidung sei im Übrigen auch deshalb rechtswidrig, da der Auftraggeber die Eignungskriterien offenkundig unzureichend überprüft habe.

 

Schließlich sei für die Antragstellerin nicht nachvollziehbar, warum sie im Zuge der vom Auftraggeber vorgenommenen Bewertung nicht die Punktehöchstzahl erhalten habe.

 

Mit dem letzten Pauschalangebot vom 5.9.2008 sei jedenfalls der günstigste Preis und die höchste, im Rahmen der festgelegten Zuschlagskriterien noch relevante Gewährleistungsdauer, weiters auch die maximale Bauzeitverkürzung angeboten und darüber hinaus das Angebot genau nach den Vorgaben des Schreibens des Auftraggebers vom 1.9.2008 erstellt worden. Auch gehe die Antragstellerin in technischer Hinsicht davon aus, dass ihr Angebot demjenigen des präsumtiven Zuschlagsempfängers zumindest gleichwertig, wenn nicht sogar überlegen sei. Das Angebot der Antragstellerin hätte daher bei sämtlichen Kriterien die Punktehöchstzahl oder zumindest eine höhere Punktezahl als die präsumtive Zuschlagsempfängerin erhalten müssen. Es sei daher davon auszugehen, dass der Auftraggeber bei der Bewertung der Angebote von den von  ihm in den Ausschreibungsbedingungen festgelegten Zuschlagskriterien und Bewertungsgrundsätzen abgewichen sei, sodass die Zuschlagsentscheidung auch aus diesem Grund rechtswidrig sei.

Insbesondere werde zu prüfen sein, ob der Auftraggeber das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nach den gleichen Maßstäben und Grundsätzen wie dasjenige der Antragstellerin bewertet habe. Da die Antragstellerin auf der Basis ihres derzeitigen Informationsstandes eine Ungleichbehandlung nicht ausschließen könne, werde der gegenständliche Antrag aus Gründen der rechtlichen Vorsicht auch auf eine Ungleichbehandlung der Bieter bei der Bewertung ihrer Angebote und die daraus folgende Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung gestützt.

 

Zum drohenden oder bereits eingetretenen Schaden wurde weiters dargelegt, dass bei Nichterhalt des Zuschlags der Verlust des einkalkulierten Gewinns drohe und zudem Kosten für die Erstellung des Angebots, ein Personal- und Materialaufwand von insgesamt 40.000 Euro entstanden seien. Auch wären die Kosten für die rechtsfreundliche Vertretung in Höhe von ca. 10.000 Euro frustriert und drohe weiters der Verlust eines Referenzprojekts.

 

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf

-        Zuschlagserteilung

-        Ausscheidung der Angebote von Bietern, deren finanzielle, wirtschaftliche     oder technische Leistungsfähigkeit nicht gegeben ist

-        Nicht-Vergabe an solche Bieter

-        Abwicklung eines vergaberechtskonformen Vergabeverfahrens

-        Bewertung der Angebote nach den in den Ausschreibungsunterlagen   vorgegebenen Zuschlagskriterien und Bewertungsmaßstäben

-        Gleichbehandlung im Vergabeverfahren, insbesondere auch bei der     Bewertung der Angebote

-        darauf, dass der Zuschlag nicht entgegen den im Vergabeverfahren    geltenden fundamentalen Grundsätzen des fairen Wettbewerbs, der         Gleichbehandlung und der Transparenz an einen anderen Bieter erteilt wird

-        vergaberechtskonforme Beendigung des Vergabeverfahrens

         verletzt.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist die Antragstellerin auf die Ausführungen im Hauptantrag.

Im Zuge der vorzunehmenden Interessensabwägung sei zu berücksichtigen, dass im Fall der Zuschlagserteilung an die präsumtive Zuschlagsempfängerin der Antragstellerin zumindest der vorläufig ermittelte Schaden erwachse. Aus den eingangs dargelegten Gründen wäre eine allfällige Zuschlagserteilung an die präsumtive Zuschlagsempfängerin rechtswidrig und sei es daher unbedingt erforderlich, der durch die rechtswidrige Zuschlagsentscheidung der Antragstellerin unmittelbar drohenden Schädigung durch die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung vorzubeugen.

 

Demgegenüber würden keine besonderen öffentlichen Interessen an der Fortführung des Vergabeverfahrens bestehen, die über die bei jedem Vergabeverfahren bestehenden öffentlichen Interesse an deren Durchführung hinausgehen. Eine so große Dringlichkeit an der Durchführung des gegenständlichen Bauvorhabens, die die Interessen der Antragstellerin an der Erlassung der einstweiligen Verfügung überwiegen lassen, sei nicht erkennbar. Durch die mit dem Nachprüfungsverfahren verbundene Verzögerung würden die Interessen des Auftraggebers nicht nachhaltig beeinträchtigen. Ganz abgesehen davon, sei der Auftraggeber nach ständiger Judikatur verpflichtet, bei der Durchführung einer Ausschreibung allfällige Verzögerungen im Zusammenhang mit Nachprüfungsverfahren einzuplanen. 

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat das Land Oberösterreich als Auftraggeber am Nachprüfungs­verfahren beteiligt. Eine Stellungnahme zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist nicht eingelangt.

 

3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz (Oö. VergRSG) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art.14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch das Land. Das gegenständliche Nachprüfungsverfahren unterliegt daher den Bestimmungen des Oö. VergRSG.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Bauauftrages sind die Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

3.3.   Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG hat der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat der Unabhängige Verwaltungssenat vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4.  Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabe­gesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

3.5. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft den Auftraggeber im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Der Auftraggeber hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch den Auftraggeber vorgebracht worden noch dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG.

Gemäß § 20 Abs.1 Oö. VergRSG ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für den  Unabhängigen Verwaltungssenat somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlags­erteilung für zwei Monate, auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

  

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt 

 

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