Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162806/13/Bi/Se

Linz, 25.09.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau B R, M E, vertreten durch DDr. R Rechts­anwalts GmbH, M, vom 19. Dezember 2007 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Linz-Land vom 6. Dezember 2008, VerkR96-9216-2007/Ni/Pos, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 7. Februar 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und weiterer Erhebungen zu Recht erkannt:

 

I.             Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straf­erkenntnis vollinhaltlich bestätigt. 

II.         Die Rechtsmittelwerberin hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 66,20 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte we­gen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52 lit.a Z10 lit.a iVm 99 Abs.2c Z9 StVO 1960 eine Geldstrafe von 331 Euro (120 Stunden EFS) verhängt, weil sie am 29. Jänner 2007, 16.26 Uhr, in Ansfelden auf der A1 bei km 170.000, Fahrt­richtung Wien, mit dem Pkw die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kund­ge­mach­te zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 56 km/h über­schritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu ihren Gunsten abgezogen worden. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass diese Verwaltungsübertretung einen Führerscheinentzug zur Folge habe.

Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 33,10 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Ge­schäfts­­ver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 7. Februar 2008 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwe­sen­heit des Rechtsvertreters der Bw Mag. S B und des Meldungs­legers CI G B durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz war wie die Bw entschuldigt. Anschließend wurde das technische Gut­achten des Amtssachver­ständigen Dipl-HTL.-Ing. R H vom 1. Juli 2008, Verk-210002/4-2008-Hag, eingeholt und Parteiengehör gewahrt. Auch nach Frist­verlängerung wurde keine Äußerung erstattet, sodass nunmehr ankündi­gungs­gemäß zu entscheiden war.

 

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe bereits vor Ab­schluss des Ermittlungsverfahrens den Bescheid der Führerscheinbehörde über­mittelt und die Tat als erwiesen festgestellt, weshalb seitens der BH Mödling ein überraschender Führerscheinentzug über sie verfügt und erst nach Inter­vention der Führerschein wieder ausgefolgt worden sei.

Inhaltlich wird eingewendet, dass das Radarfoto mit der Zeugenvernehmung des Ml in unauflöslichem Widerspruch stehe, weil als Zeuge eine "Kabine" angeführt sei, dh die Messung könne nicht durch ein Polizeiorgan, sondern müsse mittels Auto­mat erfolgt sein. Bei einem Überkopfwegweiser scheide eine Anwesenheit der ein­ver­nommenen Person au, daher habe sich auch die Zeugeneinvernahme erübrigt und hätte sich das Straferkenntnis darauf nicht stützen dürfen. Auch  hin­­sichtlich notwendiger sachverständiger Fertigkeiten und Kenntnisse dieser Per­son werde nichts ausgeführt. Auch hinsichtlich der ordnungsgemäßen Kund­machung hätte die Erstinstanz Zweifel nach den Ausführungen des Ml, die Tafeln seien "mehrmals" aufgestellt, haben müssen; in der Verordnung sei nur eine durch­gehende Strecke festgelegt, daher sei die Kundmachung nicht ordnungsge­mäß. Nach Stellung weiterer Beweisanträge wird gerügt, die Erstinstanz sei auf mögliche Störungsquellen des Radargerätes nicht eingegangen. Beantragt wird Verfahrenseinstellung, in eventu Strafreduktion wegen "Vorliegen von Milder­ungs­gründen". 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen münd­­lichen Berufungsverhandlung, in der der Rechtsvertreter der Bw gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Strafer­kennt­nisses berücksichtigt und der Ml nochmals zum Berufungsvorbringen zeu­ge­n­schaftlich einvernommen wurde. Da beide Radarfotos vorliegen und damit eine Zeit-Weg-Auswertung möglich war, wurden diese dem technischen Amts-SV vorgelegt und das SV-Gutachten dem Rechtsvertreter der Bw zur Kenntnis gebracht. Da trotz Fristerstreckung eine Stellungnahme des Rechtsver­treters nicht erging, war ankündigungsgemäß zu entscheiden.   

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Die Bw lenkte unbestritten am 29. Jänner 2007 gegen 16.26 Uhr den angeführ­ten Pkw auf der A1 Richtung Wien, wobei dessen Geschwindigkeit  bei Passieren des km 170.000 mit dem dort befindlichen Überkopfradar mit 165 km/h ge­messen wurde. Dort befindet sich eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h, die von der Bw laut Anzeige nach Abzug der vorgeschriebenen Toleranzen um 56 km/h überschritten wurde.

Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens erfolgte die ggst. Geschwindigkeits­messung mittels Radar MUVR 6 FA 1401, das laut Eichschein zuletzt vorher am 29.9.2005 mit Nacheichfrist bis 31.12.2008 vom Bundesamt für Eich- und Ver­messungswesen geeicht wurde. Der zeugenschaftlich einvernommene Ml ist der für technische Belange zuständige – beim UVS "amtsbekannte" – Beamte des Landesverkehrskommandos Oö., der die gespeicherten Daten zur Auswertung und Anzeigeerstattung übernimmt und auch die technische Funktionstüchtigkeit des Radargerätes überwacht, wie er in der Verhandlung am 7.2.2008 ausführlich schilderte. Demnach arbeitet das Radargerät vollautomatisch, dh es ist auch keine Einflussnahme technischer Art durch den Zeugen möglich. Aufgrund der Aufnahme zweier Lichtbilder vom gemessenen und vom Gerät für zu schnell befundenen Fahrzeug im Abstand von 0,5 Sekunden aus derselben Position ist nach fotogrammetrischer Auswertung eine Zeit-Weg-Geschwindigkeitsbestimm­ung unabhängig von der Radarmessung mittels spezieller Software möglich, die laut Gutachtendes technischen Amtssachverständigen vom 1. Juli 2008 einen Wert ergab, der den der Bw zur Last gelegten Wert zweifelsohne zu ihren Gunsten stützt. Dagegen hat die Bw letztlich nichts einzuwenden vermocht.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 52 lit.a Z10 lit.a StVO 1960 zeigt das Vorschriftzeichen "Geschwindig­keits­beschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

Gemäß § 99 Abs.2c Z9 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb des Orts­gebietes um mehr als 50 km/h überschreitet.

 

Auf der RFB Wien war zum Vorfallszeitpunkt im Bereich zwischen km 176.040 und km 167.850 eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h kundge­macht, beruhend auf der Verordnung des BMVIT vom 5. Dezember 2001, GZ-314.501/61-III/10-01. Nachvollziehbarer Grund für die 100 km/h-Beschränkung ist das starke Verkehrsaufkommen auf der A1 im Bereich Linz, zumal sich im dortigen Abschnitt, allein bezogen auf die RFB Wien nicht nur die Einbindung der A25 aus Richtung Wels sondern in weiterer Folge die Ab- und Auffahrten Traun und Ansfelden und zur/von der Raststätte Ansfelden Süd sowie die Einbindung der A7 Mühlkreisautobahn in/aus Richtung Linz befinden. Die RFB Wien ist im gesamten dortigen Bereich dreispurig, im Bereich der Autobahneinbindungen fünf­spurig, allerdings befinden sich zwischen der Abfahrt Traun und der Auffahrt Ansfelden zahlreiche Betriebe. Die 100 km/h-Beschränkung ist ohne Rücksicht auf Uhrzeiten und Wochentage schon zur Bewältigung der dort ständig stattfin­den­den Fahrstreifenwechsel bzw Einordnungsvorgänge unab­dingbar – ebenso un­ab­ding­bar wie die Einhaltung der 100 km/h-Beschränkung durch die Bw. Speziell vor der Abfahrt zur A7, wo sich bei km 170.000 das Überkopfradar befindet, mündet die doppelt geführte Auffahrt Ansfelden/Rasthaus Ansfelden-Süd in die A1 und finden im dortigen Bereich ständig Fahrstreifenwechsel vor der doppelt geführten Abfahrt zur A7 statt, wobei auch der massive Lkw- bzw Schwer­verkehr, bei dem es bei einem Fahrstreifenwechsel aufgrund der Fahr­zeug­länge und der langsameren Geschwindigkeit zu schwierigen Verkehrssitua­tionen kommen kann, ohne Geschwindigkeitsbeschränkung nicht auskäme. Bei Pass­ieren des km 170.000 befand sich die Bw im übrigen bereits auf einer Länge von ca 6 km im Beschränkungsbereich.

 

Die ordnungsgemäße Kundmachung der oben zitierten Verordnung auf eine Strecke von ca 8 km, die gemäß § 48 Abs.2 StVO auf Autobahnen beidseitig und mit Angabe der restlichen Strecke auf einer Zusatztafel gemäß § 54 Abs.5 lit.b StVO zu erfolgen hat und naturgemäß nach jeder Auffahrt wiederholt wird, wurde vom Auto­bahnmeister A L im Aktenvermerk vom 19. Dezember 2001 fest­ge­halten. Konkrete Mängel bei der Kundmachung wurden von der Bw nicht einmal behauptet und ein Ortsaugenschein auch in der Verhandlung dezidiert nicht beantragt.  

Zur Richtigkeit des vorgeworfenen Messwertes ist zu sagen, dass bei Radargerä­ten dieser Bauart laut Zulassung eine Toleranz von 5 % vom Messwert abzu­ziehen ist, ds bei 165 km/h aufgerundet 9 km/h – der vorgeworfene Wert von 156 km/h entspricht somit auch rechnerisch der Richtigkeit.

Wie der SV im oben zitierten Gutachten ausgeführt hat, war das Radargerät bei der Messung auf die Spur 4 eingestellt, dh die Bw hat den äußerst linken Fahr­streifen der RFB Wien benützt. Das Kennzeichen wurde aus dem Radarfoto her­aus­vergrößert und ist einwandfrei ablesbar, wobei die Bw auch nie bestritten hat, den Pkw zur Vorfallszeit dort gelenkt zu haben (Lenkerauskunft vom 21.2.2007).  

Die fotogrammetrische Auswertung der beiden Radarfotos durch den SV hat er­ge­ben, dass die anderen auf dem Foto erkennbaren Fahrzeuge mit ca 90 km/h fuhren – der von der Bw gelenkte Pkw war mit einer Geschwindigkeit von jeden­falls 156 + ca 2,65 % (somit ca 160 km/h, wobei der Tacho einen noch höheren Wert angezeigt haben muss, was im übrigen auch mit dem Messwert des Radar­gerätes übereinstimmt) unterwegs. Die gutachterlichen Ausführ­ungen sind nicht nur schlüssig und nachvollziehbar; auch die Bw vermochte ihnen nichts entge­gen­zuhalten, sodass der UVS davon ausgeht, dass diese den ihr zur Last geleg­ten Tatbestand erfüllt und, da ihr die Glaubhaftmachung mangelnden Ver­schuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, ihr Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.2c StVO 1960 von 72 Euro bis 2.180 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit von 24 Stunden bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, reicht.

 

Die Erstinstanz hat laut Begründung des Straferkenntnisses den hohen Ge­schwin­digkeitswert als erschwerend gewertet, was insofern zu korrigieren ist, als dieser Wert den Unrechtsgehalt erhöht, aber keinen straferschwerenden Um­stand darstellt. Mildernd war die im Zuständigkeitsbereich der Erstinstanz beste­hende Unbescholtenheit der Bw. Kein Zweifel besteht aber an einer vorsätzlichen Begehung in Form von zumindest dolus eventualis (gemäß § 5 Abs.1 StGB "handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetz­lichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet."), weil die Geschwindigkeit aus der Tachoanzeige analog zum Druck auf das Gaspedal abzulesen ist und die Bw damit sogar das Ausmaß ihrer Geschwindigkeitsüberschreitung mitverfolgen konnte. Ansatzpunkte für die (ohne jegliche Begründung) beantragte Strafher­absetzung ergeben sich nicht, der Einkommensschätzung der Erstinstanz (1.200 Euro netto monatlich, keine Sorgepflichten, kein Vermögen) wurde nicht entge­gen­getreten.

Der UVS kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die verhängte Strafe entspricht den Kriterien des § 19 VStG, liegt im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll die Bw in Zukunft zur genauesten Beachtung von Geschwindigkeitsbeschrän­kungen anhalten.     

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Radarmessung durch fotogrammetrische Auswertung bestätigt -> Bestätigung

 

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