Linz, 22.09.2008
Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in: Zimmer, Rückfragen:
Hermann Bleier, Mag. Dr. 3B09, Tel. Kl. 15695
E R K E N N T N I S
I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 30,-- Euro auferlegt.
Rechtsgrundlagen:
Zu I. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 5/2008 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 5/2008 - VStG;
Zu II. § 66 Abs.1 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Über den Berufungswerber hat die Bezirkshauptmannschaft Gmunden mit dem oben angeführten Straferkenntnis wegen Übertretungen nach § 18 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 150 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 85 Stunden verhängt. Es wurde ihm zur Last gelegt,
1.1. In der Begründung des Schuldspruches traf die Behörde erster Instanz nachfolgende Erwägungen:
"Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat den im Spruch angeführten Sachverhalt ergeben. Die im Verwaltungsverfahren untersuchten Übertretungen wurden der Bezirkshauptmannschaft Gmunden am 13.02.2008 von der Landesverkehrsabteilung für OÖ angezeigt. Von dieser wurde die Übertretung mittels Videomesssystem VKS 3.0, A 11 festgestellt.
2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung tritt der Berufungswerber dem Schuldspruch mit folgenden Ausführungen entgegen:
"
Berufung
3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung der Inhalte der erstbehördlichen Verfahrensakte im Rahmen der Berufungsverhandlung. In Vorbereitung der Berufungsverhandlung wurde die Videosequenz der mit der Anzeige übermittelten Fotos und eine Stellungnahme des Amtssachverständigen Ing. H beigeschafft und im Rahmen der Berufungsverhandlung gesichtet. Der Berufungswerber nahm an der Berufungsverhandlung unentschuldigt nicht teil. Die Behörde erster Instanz war bei der Berufungsverhandlung durch deren Abteilungsleiter vertreten.
3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung war hier trotz einer 500 Euro nicht übersteigenden Geldstrafe in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte geboten.
4. Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:
4.1. Dem Berufungswerber konnte in seiner bestreitenden Verantwortung nicht gefolgt werden. Unstrittig ist die Präsenz des Fahrzeuges des Berufungswerbers auf dem fraglichen Autobahnabschnitt. Dieses Fahrzeug ist zumindest für die Zeitspanne von zehn Sekunden in einem augenscheinlich gleichbleibenden Abstand hinter einem anderen Fahrzeug fahrend erkennbar, wobei er den Fahrstreifenwechsel von der Überholspur auf die rechte Spur des Vorderfahrzeuges synchron durchführt, obwohl hierfür auf dem Video keine Veranlassung erkennbar ist, warum er den schon auf der Überholspur offenbar gleich knappen Abstand noch immer nicht vergrößerte. Unstrittig ist der mit 0,49 Sekunden errechnete Sicherheitsabstand der jedenfalls nicht auf ein Bremsmanöver des Vorderfahrzeuges rückführbar ist. Dieser Abstand lässt sich auch aus der Videodokumentation in visueller Beurteilung logisch nachvollziehen.
Als unerfindlich ist anzumerken, dass der Berufungswerber ohne eine Reaktion den mit der Kanzlei vorweg koordinierten Verhandlungstermin letztlich unbeachtet ließ (Aktenvermerk v. 28.8.2008).
Am technischen Messergebnis vermag hier kein Anhaltspunkt für Zweifel erblickt werden. Das Video belegt den offenkundig knappen Sicherheitsabstand und lässt diesen selbst unter visueller Beurteilung von etwa drei Fahrzeuglängen die Knappheit des Nachfahrabstandes mit nur einen halben Sekunde klar nachvollziehen. Offenbar scheint sich der Berufungswerber der Problematik eines zu knappen Sicherheitsabstandes und die Nützlichkeit eines angemessenen Sicherheitsabstandes nicht bewusst zu sein. Wie sonst wäre sein offenbar unbedachtes Nachfahren und Umspuren mit dem Vorderfahrzeug und seine Verantwortung sonst erklärbar. Auch die Stellungnahme des Sachverständigen ergänzt die sachliche Begründung des Tatvorwurfes.
5.1. Gemäß § 18 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Zur Messung an sich ist zu sagen, dass es sich hierbei um ein anerkanntes Messverfahren handelt (vgl. VwGH 21.9.2006, 2006/02/0074, womit etwa ein h. Erk. v. 31.1.2006, Zl. VwSen-161056/6/Br/Se, als rechtmäßig festgestellt wurde).
Es bedarf keiner weiteren Ausführung, dass bei einer Fahrgeschwindigkeit von zumindest 111 km/h ein Abstand von 15 m nur einer Wegzeit von 0,49 Sekunden entspricht. Die oben angeführten Werte wurden bereits zu Gunsten des Berufungswerbers verkehrsfehlerkorrigiert. Ein plötzliches Abbremsen eines Vorderfahrzeuges führt angesichts einer solchen Situation wohl mit höchster Wahrscheinlichkeit zu einem Auffahrunfall, weil selbst bei der vom Berufungswerber reklamierten Reaktionszeit von einer halben Sekunde wohl kaum mehr in einer der Verkehrssicherheit gerecht werdenden Wahrscheinlichkeit unfallvermeidend reagiert werden könnte (unter vielen VwGH 30.9.1999, 98/02/0443). Die vom Berufungswerber reklamierte Reaktionszeit von nur 0,5 Sekunden ist unter Hinweis auf diesbezüglich gesicherte sachverständige Erkenntnisse nur als theoretisch mögliche, in der Verkehrsrealität gilt jedoch unter 0,7 Sekunden eine Reaktionshandlung nicht realistisch (s. unten vielen h. Erk. v. 26.2.2008, VwSen-162603/8/Fra/Sta u. vom 16.2.2004, VwSen-109509/7/Br/Be).
Die Darstellung des Berufungswerbers ist sohin nur als Zweckbehauptung zu werten.
Beim Hintereinanderfahren im Sinne des § 18 Abs.1 StVO genügt "in der Regel" ein dem mit einer Sekunde anzunehmenden Reaktionsweg entsprechender Sicherheitsabstand; dies aber nur wenn nicht besondere Umstände einen größeren Abstand geboten erscheinen lassen. Der Reaktionsweg beträgt in Metern drei Zehntel der Höhe der eingehaltenen Geschwindigkeit in km/h (VwGH 5.5.2006, 2003/03/0299 mit Hinweis auf VwGH 23.10.1986, 86/02/0081). In der zum Vorfallszeitpunkt herrschenden Verkehrsdichte müssten hier vielmehr Umstände für einen noch größeren Sicherheitsabstand erblickt werden (VwGH 9.11.1984, 84/02B/0064 mit Hinweis auf OGH 16.3.1967,11 Os 5/67 = ZVR 1968/50).
Nach der o.a. Formel hätte demnach der Sicherheitsabstand zumindest 31 m zu betragen gehabt.
6. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
6.1. Betreffend die auf den Tatvorwurf nach § 18 Abs.1 StVO getätigte Strafzumessung kann gesagt werden, dass angesichts des hohen abstrakten Gefährdungspotenzials eines zu knappen Sicherheitsabstandes, was empirisch belegt vielfach unfallursächlich ist, einer empfindlichen Geldstrafe geboten ist. Zutreffend stellte die Behörde erster Instanz auch fest, dass in Ahndung dieser Deliktsart insbesondere präventiven Überlegungen und der Tatschuld entsprechend spürbare Strafen zu verhängen sind. Unter Bedachtnahme auf das beim Berufungswerber als Rechtsanwalt anzunehmenden überdurchschnittliche Einkommens, ist unter Bedachtnahme auf den Milderungsgrund der für dieses Verfahren anzunehmenden verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit die hier verhängte Geldstrafe dennoch innerhalb des gesetzlichen Ermessensspielraumes gelegen zu erachten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
H i n w e i s:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r