Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163126/7/Zo/Jo

Linz, 29.09.2008

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn C M, geb. , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W S, A vom 01.04.2008, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 20.03.2008, Zl. VerkR96-1955-2008, wegen einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19.08.2008 zu Recht erkannt:

 

I.                   Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.                 Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag In Höhe von 43,60 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 19.01.2008 um 21.40 Uhr in Kematen am Innbach auf der A8 auf Höhe Strkm. 24,900 das Sattelzugfahrzeug  mit dem Sattelanhänger  mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t gelenkt habe, obwohl an Samstagen von 15.00 Uhr bis 24.00 Uhr sowie an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten ist und das verwendete Fahrzeug bzw. die durchgeführte Beförderung nicht unter eine gesetzliche Ausnahme gefallen ist. Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 42 Abs.2 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.2a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 218 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 21,80 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass der gegenständliche Transport unter die Ausnahmebestimmungen des § 42 Abs.3 StVO 1960 gefallen sei. Es habe sich um Pflanzenöl gehandelt, welches eine leicht verderbliches Lebensmittel sei. Dazu wurde die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet Lebensmitteltechnik beantragt. Hätte bereits die Erstinstanz dieses Gutachten eingeholt, so wäre sie zum Schluss gekommen, dass die Ausnahmebestimmung des § 42 Abs.3 StVO anzuwenden gewesen sei. Das von ihm vorgelegte Beweismittel, die Bestätigung der Firma N GmbH sei ebenfalls nicht berücksichtigt worden, auch daraus würde sich ergeben, dass er ein leicht verderbliches Lebensmittel transportiert habe.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Grieskirchen hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19.08.2008. Vom Berufungswerber wurden noch ergänzende Unterlagen vorgelegt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 19.01.2008 um 21.40 Uhr an einem Samstag das im Spruch angeführte Sattelkraftfahrzeug auf der A8. Bei einer Kontrolle bei km 24,900 wurde festgestellt, dass er 23.840 kg Palmöl geladen hatte. Er transportierte dieses Palmöl von H kommend in Richtung W. Entsprechend einer Bestätigung der N GmbH handelt es sich um hydriertes Palmöl, welches bei Temperaturen von – 50 bis + 55 ° transportiert werden kann. Dieses Unternehmen bezeichnete das Palmöl als leicht verderbliches Produkt für die menschliche Ernährung, welches nicht länger als 40 Stunden im Tankzug / auf dem LKW verweilen darf. Eine längere Verweildauer habe eine geruchliche und geschmackliche Beeinträchtigung der Ware zur Folge und mache das Produkt für die Herstellung von Lebensmittel ungeeignet. Das Palmöl war bereits vor dem gegenständlichen Transport von der Firma N GmbH in H raffiniert worden und wurde entsprechend dem Frachtbrief zur S GmbH & Co KG in W befördert.

 

Bei der mündlichen Verhandlung am 19.08.2008 wurden auch Informationen zu Palmöl von der Internetseite www.de.wikipedia sowie eine Stellungnahme der Landessanitätsdirektion vom 14.05.2003, welche aus einem anderen Verfahren der Erstinstanz stammt, erörtert. Demnach sei gereinigtes, raffiniertes, gehärtetes Palmöl ein bereits gut haltbar gemachter Lebensmittelrohstoff.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der unbedenklichen Aktenlage bzw. den vom Berufungswerber selbst vorgelegten Unterlagen. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich Lebensmitteltechnik war nicht erforderlich, weil die Frage, ob ein bestimmtes Produkt ein leicht verderbliches Lebensmittel darstellt oder nicht, eine Rechtsfrage ist. Vom Sachverständigen könnten lediglich die Eigenschaften des Produktes sowie die beim Transport einzuhaltenden Bedingungen, insbesondere die Temperatur und die zulässige Dauer des Transportes bestimmt werden, bis zu welcher keine Veränderungen des Produktes eintreten. Der Sachverständige könnte weiters festhalten, ab welcher Dauer bzw. bei welchen Transportbedingungen mit Veränderungen des Produktes zu rechnen ist, welche eine weitere Verwendung für die vorgesehene Lebensmittelerzeugung ausschließen. All diese Fragen sind aber durch die Stellungnahme der Firma N GmbH bereits gelöst. Ob das Produkt aufgrund dieser Eigenschaften als leicht verderblich anzusehen ist oder nicht, ist hingegen eine Rechtsfrage. Es war daher das beantragte Sachverständigengutachten nicht mehr einzuholen.

 

Der Antrag auf Durchführung einer weiteren mündlichen Berufungsverhandlung stützt sich insbesondere auf dieses beantragte Sachverständigengutachten, sonstige Gründe, welche eine weitere Verhandlung erforderlich machen würden, wurden vom Berufungswerber nicht angegeben. Im Hinblick darauf, dass eben das Sachverständigengutachten nicht notwendig ist und bereits eine mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt wurde, in welcher der Berufungswerber sowohl zur Sach- als auch zur Rechtslage umfassend Stellung nehmen konnte, war eine weitere mündliche Berufungsverhandlung nicht mehr erforderlich.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 42 Abs.2 StVO ist an Samstagen von 15.00 Uhr bis 24.00 Uhr und an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten.

 

Gemäß § 42 Abs.3 StVO sind von dem in Abs.2 angeführten Verbot Fahrten ausgenommen, die ausschließlich der Beförderung von Schlacht- oder Stechvieh oder leicht verderblichen Lebensmitteln, der Getränkeversorgung in Ausflugsgebieten, unaufschiebbaren Reparaturen an Kühlanlagen, dem Abschleppdienst, der Pannenhilfe, dem Einsatz in Katastrophenfällen, dem Einsatz von Fahrzeugen des Straßenerhalters zur Aufrechterhaltung des Straßenverkehrs, dem Einsatz von Fahrzeugen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der Müllabfuhr oder dem Einsatz von Fahrzeugen eines Linienverkehrsunternehmens zur Aufrechterhaltung des regelmäßigen Linienverkehrs dienen, sowie unaufschiebbare Fahrten mit Lastkraftwagen des Bundesheeres und mit selbstfahrenden landwirtschaftlichen Arbeitsmaschinen und Fahrten im Ortsgebiet an den letzten beiden Samstagen vor dem 24. Dezember. Diese Ausnahme gilt jedoch nicht für die Beförderung von Großvieh auf Autobahnen.

 

5.2. Es ist zu prüfen, ob das vom Berufungswerber beförderte hydrierte Palmöl ein leicht verderbliches Lebensmittel iSd § 42 Abs.3 StVO darstellt. Als leicht verderblich sind solche Lebensmittel anzusehen, deren Genießbarkeit durch Verfaulen, Frieren, Austrocknen und dergleichen leicht beeinträchtigt werden kann. Das gegenständliche Palmöl kann bei Temperaturen von – 50 ° bis + 55 ° transportiert werden, also praktisch bei allen in Europa vorkommenden klimatischen Verhältnissen. Die Transportdauer darf dabei nach der Stellungnahme des Bearbeitungsbetriebes 40 Stunden nicht überschreiten, weil es sonst zu geruchlichen und geschmacklichen Beeinträchtigungen des Palmöls kommen könne. Als leicht verderblich sind nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des UVS nur solche Lebensmittel anzusehen, welche entweder innerhalb sehr kurzer Zeit verderben oder für deren Transport bzw. Lagerung besondere Bedingungen (z.B. Kühlen) erforderlich sind. Ein Produkt, welches 40 Stunden lang bei Temperaturen von – 50 bis + 55 ° Celsius in einem Tankwagen transportiert bzw. gelagert werden kann, ohne dass es dabei zu Beeinträchtigungen kommt, ist nicht mehr als leicht verderblich anzusehen. Hydriertes Palmöl stellt daher kein leicht verderbliches Lebensmittel dar und fällt unter das Wochenendfahrverbot. Der Berufungswerber hat damit die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Das Verfahren hat keine Umstände ergeben, welche das Verschulden des Berufungswerbers ausschließen würden, weshalb gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 99 Abs.2a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 218 Euro bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 48 Stunden bis 6 Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Fahrverbote des § 42 oder einer aufgrund des § 42 erlassenen Fahrverbotsverordnung verstößt.

 

Die Erstinstanz hat zutreffend die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers als strafmildernd gewertet, während keine Straferschwerungsgründe vorliegen. Sie hat auch zutreffend begründet, weshalb die Bestimmungen der §§ 20 und 21 VStG nicht anzuwenden sind, weshalb insoweit auf die Begründung im erstinstanzlichen Straferkenntnis verwiesen werden kann. Es wurde lediglich die gesetzliche Mindeststrafe verhängt, diese erscheint ausreichend, um den Berufungswerber in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten. Sie entspricht auch seinen persönlichen Verhältnissen, wobei davon auszugehen ist, dass der Berufungswerber bei einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.200 Euro Sorgepflichten für seine Gattin und zwei Kinder hat. Die Berufung war daher auch hinsichtlich der Strafhöhe abzuweisen.

 


Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

Beschlagwortung:

Wochenendfahrverbot; hydriertes Palmöl; kein leicht verderbliches Lebensmittel

 

 

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