Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200318/3/BMa/Mu/Se

Linz, 22.09.2008

 

 

 

 

B e s c h l u s s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung der F A GmbH, H, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. H H, Mag. W B, Dr. G L, M, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Linz-Land vom 11. Juni 2008, GZ Agrar96-75-2006/Pl, betreffend Übertretung des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997 zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004, iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid hat die belangte Behörde auf der Rechtsgrundlage des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 60/1007 idF BGBl. I Nr. 83/2004, gegenüber Mag. K F wie folgt abgesprochen:

"Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma F A GmbH, H, und somit als Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG der Firma F A GmbH, Mühlbachstr. 151, 4063 Hörsching, zu vertreten, dass am 8.6.2006 – wie von einem Organ des Bundesamtes für Ernährungssicherheit am 8.6.2006 festgestellt wurde – 1 x 1 Liter des Präparates Furore Super mit der Pfl.Reg.Nr. 2694, dessen Zulassung mit 31.12.2000 aufgehoben wurde und dessen Abverkaufsfrist mit 31.12.2001 endete, im PSM-Lager/LKW-Werkstätte am Standort der F A GmbH., 4063 Hörsching, Mühlbach­straße 151, zum Verkauf vorrätig gehalten wurde, und somit 1 x 1 Liter des nicht mehr zugelassenen Präparates Furore Super mit der Pfl.Reg.Nr. 2694 in verbotener Weise in Verkehr gebracht wurde.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 3 Abs. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 Ziffer 1 lit. a Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, BGBl. I Nr. 60/1997 i.d.g.F.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von: 2.000,00 Euro

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag

gemäß § 34 Abs. 1 Ziffer 1 lit. a Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, BGBl. I Nr. 60/1997 i.d.g.F.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

200,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

393,68 Euro als Ersatz der Barauslagen für anfallende Gebühren gemäß § 32 Abs. 2 Pflanzenschutzmittelgesetz i.V.m. § 6 Abs. 1 Ziffer 4 und Abs. 6 des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz – GESG

310,80 Euro als Ersatz der Barauslagen für anfallende Gebühren gemäß § 32 Abs. 2 Pflanzenschutzmittelgesetz i.V.m. § 6 Abs. 1 Ziffer 4 und Abs. 6 des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz – GESG (Code-Nr. 12014)

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher: 2.904,48 Euro."

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, es liege ein Inverkehrbringen des nicht mehr zugelassenen Präparates Furore Super mit der Pfl. Reg. Nr. 2694 vor.

Nach Ausführungen zur Strafbemessung wurden die nach dem Bundesgesetz, mit dem die Österreichische Agentur Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH errichtet und das Bundesamt für Ernährungssicherheit sowie das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen eingerichtet werden (Gesundheits- und Ernährungssicher­heitsgesetz – GESG, BGBl. I Nr. 63/2002 idF BGBl. I Nr. 25/2007), vorge­schriebenen Gebühren begründet.

1.2. Dieser Bescheid wurde Mag. K F zu Handen seiner Rechts­vertreter am 13. Juni 2008 zugestellt. Der Bescheid ist auch an die öster­reichische Agentur für Gesundheit- und Ernährungssicherheit GmbH übermittelt worden.

1.3. Mit Schriftsatz vom 27. Juni 2008 wurde die Berufung von Mag. K F und der F A GmbH, beide vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. H H, Mag. W B, Dr. G L, M, innerhalb offener Rechts­mittelfrist eingebracht. [Dem erstinstanzlichen Akt ist kein Kuvert, auf dem das Aufgabedatum ersichtlich ist, beigeschlossen, telefonische Ermittlungen haben aber ergeben, dass mehrere Berufungen und offensichtlich auch diese, mit nur einem Kuvert (rechtzeitig) zur Post gegeben und innerhalb offener Frist eingebracht wurden.]

1.4. Die Berufung beantragt die Aufhebung des angefochtenen Straferkennt­nisses und die Einstellung des anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens. Begrün­dend wird auf die Bestimmungen der Art. 28, 29 und 30 des EG-Vertrages, sowie auf mehrere Urteile des EuGH und Art. 3 Abs.2 der Richtlinie 91/414/EWG hingewiesen.

Zusammenfassend wurde ausgeführt, der Beschuldigte habe die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen. Selbst wenn man davon ausgehen würde, es läge eine Verwaltungsübertretung vor, so wäre dem Beschuldigten ein entschuldbarer Rechtsirrtum zugute zu halten. Außerdem würden alle Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 VStG vorliegen, weil die Tat keinerlei Folgen nach sich gezogen und ein allfälliges Verschulden als minimal zu bezeichnen sei. Jedenfalls sei die verhängte Strafe bei weitem zu hoch bemessen.

Für die Vorschreibung von Gebühren bestehe keine ordnungsgemäße gesetzliche Grundlage.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt dem bezug­habenden Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat hatte durch ein Einzelmitglied zu entschei­den, weil weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde (§51c erster Satz VStG).

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Agrar96-75-2006/Pl und unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, dass der entscheidungs­wesentliche Sachverhalt zur Beurteilung der Berufung der F A GmbH nach der Aktenlage hinlänglich geklärt erscheint und zur Lösung des Falls im Wesent­lichen Rechtsfragen zu beurteilen sind.

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem vorgelegten Akt:

Das Straferkenntnis vom 11. Juni 2008 wurde Herrn Mag. K F zu Handen seiner Rechtsvertreter zugestellt. Im gesamten erstinstanzlichen Straf­verfahren wurde die F A GmbH nicht beigezogen und das Erkenntnis wurde ihr auch nicht zugestellt. Im Straferkenntnis vom 11. Juni 2008 erfolgte auch kein Abspruch über die Haftung der juristischen Person, diese ist nicht einmal in der Begründung des Bescheids erwähnt.

3.2. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Die Berufung der F A GmbH wurde – erschließbar – wegen der in § 9 Abs.7 VStG normierten Solidarhaftung erhoben. Gemäß dieser Bestimmung haften juristische Personen, Personengesellschaften des Handels­rechts und eingetragene Erwerbsgesellschaften, sowie die im Abs.3 genannten natürlichen Personen, für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

Der VwGH vertritt im Erkenntnis vom 21. November 2000, 99/09/0002, die Rechtsauffassung, dass die Partei als Haftungspflichtiger voll in jenes Verfahren einzubinden sei, in welchem die Grundlage und der Umfang seiner Haftung ermittelt und festgesetzt wird. Der Erlassung eines eigenen Haftungsbescheides in einem besonderen Verfahren bedarf es nicht. Vergleichbare Lösungen finden sich etwa im Mediengesetz und im Finanzstrafgesetz.

Eine Berufung ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn die als Berufungswerber auftretende Person zur Einbringung der Berufung nicht legitimiert ist. Das Straferkenntnis vom 11. Juni 2008 ist an Mag. K F als handels­rechtlicher Geschäftsführer und somit als nach außen zur Vertretung befugtes Organ der F A GmbH gerichtet. Diesem wird aufgrund seiner in § 9 Abs.1 VStG verankerten verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit für die Nichteinhaltung von Verwaltungsbestimmungen eine Übertretung des Pflanzenschutzmittelsgesetzes 1997 zur Last gelegt.

Aus einem Bescheid aber muss hervorgehen, an wen er sich richtet, da jede individuelle Norm an eine bestimmte Person gerichtet sein muss. (Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8 (2003) Rz 411/1).

Der Strafbescheid wurde nicht gegenüber der juristischen Person erlassen.

Dadurch kann das Straferkenntnis keine Wirkung gegenüber der juristischen Partei gemäß § 9 Abs.7 VStG entfalten und diese ist mangels Beschwer nicht rechtsmittellegitimiert.

Dieser Fall unterscheidet sich von jenem der übergangenen Partei, die im Rechts­mittelweg noch alle Einwendungen erheben kann, die von der Berufungs­behörde ihrem Verfahren beizuziehen ist, und der gegenüber der Bescheid der Berufungs­behörde zu erlassen ist (Rudolf Thienel2 Verwaltungsverfahrensrecht S 268) dadurch, dass im konkreten Fall die juristische Person nicht beschwert und in keinen Rechten verletzt ist.

Aus der gesetzlichen Bestimmung ergibt sich auch kein Recht der strafrechtlich verantwortlichen natürlichen Person auf Solidarhaftung durch die juristische Person.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Bergmayr-Mann

Rechtssatz:

VwSen-200318/2/BMa/Mu/Se vom 22. September 2008:

 

(wie VwSen- 200269/2/BMa/Se vom 22. Oktober 2007)

 

Keine Solidarhaftung einer juristischen Person gem. § 9 Abs. 7 VStG wenn diese als Haftungspflichtiger nicht voll in jenes Verfahren eingebunden wurde, in welchem die Grundlage und der Umfang seiner Haftung ermittelt und festgesetzt wird. Der Erlassung eines eigenen Haftungsbescheides in einem besonderen Verfahren bedarf es nicht.

Wurde der Strafbescheid wurde nicht gegenüber der juristischen Person erlassen, kann das Straferkenntnis keine Wirkung gegenüber der juristischen Partei gemäß § 9 Abs.7 VStG entfalten und diese ist mangels Beschwer nicht rechtsmittellegitimiert.

Ist die juristische Person nicht beschwert und in keinen Rechten verletzt, so ist sie auch nicht übergangene Partei, die im Rechts­mittelweg noch alle Einwendungen erheben kann, die von der Berufungs­behörde ihrem Verfahren beizuziehen ist, und der gegenüber der Bescheid der Berufungs­behörde zu erlassen ist.

Aus § 9 Abs.7 VStG ergibt sich kein Recht der strafrechtlich verantwortlichen natürlichen Person auf Solidarhaftung durch die juristische Person.

 

Norm:  § 9 Abs.7 VStG

Beachte:


Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.


VfGH vom 08.06.2010, Zl.: B 1921-1926/08-4

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