Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300839/2/Gf/Mu/Ga

Linz, 23.09.2008

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof aus Anlass der Berufung des A B, vertreten durch RA Mag. R S,  gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Schärding vom 7. Juli 2008, GZ Sich96-279-2007, wegen einer Übertretung des Glücksspielgesetzes zu Recht erkannt:

I.     Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.   Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kosten­beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; 45 Abs. 1 Z. 1; § 66 Abs. 1 VStG.

Begründung:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Schärding vom 7. Juli 2008, GZ Sich96-279-2007, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 400 Stunden) verhängt, weil er zumindest vom 15. bis zum 17. Februar 2008 als Betreiber bzw. Gewerbeinhaber eine Veranstaltung durchgeführt und dabei Glücksspiele (Poker-Varianten) angeboten habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 1 Abs. 1 i.V.m. § 3 und i.V.m. § 52 Abs. 1 Z. 1 des Glückspielgesetzes, BGBl.Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 145/2006 (im Folgenden: GSpG), begangen, weshalb er nach der letztgenannten Vorschrift zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der ihm zur Last gelegte Sachverhalt auf Grund einer Anzeige des Bundesministeriums für Finanzen (im Folgenden: BMinF) und entsprechender Wahrnehmungen von Polizeibeamten sowie der von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungen als erwiesen anzusehen sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 9. Juli 2008 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 18. Juli 2008 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin bringt der Beschwerdeführer vor, dass die belangte Behörde sich mit der Art der angelasteten Glücksspiele nicht konkret auseinander gesetzt habe, weil sie im Straferkenntnis lediglich pauschal angeführt habe, dass es sich bei den Glücksspielen um Poker-Varianten gehandelt habe. Vielmehr wäre die Erstbehörde dazu verpflichtet gewesen, den Straftatbestand im Spruch ihres Straferkenntnisses so konkret wie möglich darzustellen, indem sie genau hätte angeben müssen, um welche speziellen Poker-Varianten es sich im gegenständlichen Fall gehandelt habe. Indem die belangte Behörde dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei, habe sie gegen das verwaltungsstrafrechtliche Bestimmtheitsgebot verstoßen, sodass der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grund aufzuheben sei. Darüber hinaus habe es die Erstbehörde zudem unterlassen, festzustellen, welche Sachpreise vom Beschuldigten tatsächlich ausgeteilt worden seien und welche Unternehmereigen­schaften er de facto aufgewiesen habe. Außerdem  sei nicht ermittelt worden, ob es sich bei den gegenständlichen Varianten überhaupt um Glücksspiele bzw. nicht vielmehr um bloße Geschicklichkeitsspiele gehandelt habe. Hätte die Behörde dazu Ermittlungen getätigt, dann hätte sie nämlich zum Ergebnis kommen müssen, dass im gegenständlichen Fall in Wirklichkeit lediglich Geschicklichkeitsspiele vorgelegen seien, welche keiner Strafbarkeit nach dem Glücksspielgesetz unterliegen. Abschließend wird eingewendet, dass die verhängte Strafe bei weitem zu hoch sei, weil der Umstand der Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers bei der Strafbemessung überhaupt nicht berücksichtigt worden sei.

Aus diesen Gründen wird daher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu eine Herabsetzung der Strafe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Schärding zu GZ Sich96-279-2007; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Aus § 50 GSpG ergibt sich, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate u.a. für Strafverfahren nach dem Glücksspielgesetz "gemäß § 51 Abs. 1 VStG" zuständig sind und i.V.m. § 51c VStG – wenn (wie hier) weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch ein Einzelmitglied zu entscheiden haben.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungs­übertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, der Glücks­spiele entgegen den Vorschriften des GSpG veranstaltet, diese bewirbt oder deren Bewerbung ermöglicht.

Nach § 1 Abs. 1 GSpG, sind Glücksspiele solche Spiele, bei denen Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen. Das Recht zur Durchführung von derartigen Glücksspielen ist gemäß § 3 GSpG dem Bund vorbehalten (Glücksspielmonopol).

Nach § 4 Abs. 1 GSpG unterliegen Glücksspiele dann nicht dem Glücksspielmonopol, wenn kein Bankhalter mitwirkt oder der Einsatz 0,50 Euro nicht übersteigt.

3.2. Im gegenständlichen Fall wurde dem Beschwerdeführer spruchmäßig lediglich undifferenziert angelastet, "Glücksspiele (Poker-Varianten) angeboten" zu haben.

In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof jüngst in seinem Erkenntnis vom 8. September 2005, Zl. 2000/17/0201, unter Bezugnahme auf seine Vorjudikatur wiederum betont hat, dass die Frage, ob eine konkret durchgeführte Spielvariante im Hinblick darauf, dass es zum einen sehr unterschiedliche Formen des Pokerspiels gibt und zum anderen auch eine bestimmt bezeichnete Variante nicht von jedem Veranstalter nach den gleichen, von vornherein feststehenden Regeln, sondern gelegentlich mit durchaus maßgeblichen Abweichungen angeboten wird, als Glücksspiel zu qualifizieren ist, grundsätzlich nur im Wege eines jeweils fallbezogenen Sachverständigengutachtens geklärt werden kann. Davon ausgehend hat der VwGH damals die Pokervarianten "Seven Card Stud Poker", "Texas Hold 'em" und "Five Card Draw" in der seiner vorangeführten Entscheidung konkret zu Grunde liegenden Form allein schon wegen der gutachtlich festgestellten, ausgesprochen kleinen mathematischen Wahrscheinlichkeit in Bezug auf die erfolgreichen Kartenkombinationen als vorwiegend vom Zufall abhängige Glücksspiele i.S.d. § 1 Abs. 1 GSpG qualifiziert.

Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet dies, dass die belangte Behörde zunächst nachvollziehbar eindeutig hätte klären müssen, das Anbieten welcher – und nach welchen Regeln tatsächlich gespielte(r) – Variante(n) des Spieles "Poker" dem Rechtsmittelwerber angelastet wird. Weiters hätte es für den Fall, dass sich ergeben hätte, dass es sich dabei nicht um deckungsgleiche zu jene dem vorerwähnten Erkenntnis zu Grunde liegende Poker-Varianten gehandelt hat, der Einholung eines entsprechenden Sachverständigengutachtens zur Feststellung darüber bedurft, ob die erfolgreichen Kartenvarianten eine derart (vergleichbar) geringe Wahrscheinlichkeit aufgewiesen haben, dass dadurch insgesamt ein vorwiegend vom Zufall abhängiges Glücksspiel resultiert.

Derartige Erhebungen wurden jedoch weder vorgenommen noch können diese nunmehr ex post nachgeholt werden, weil die Spielmöglichkeit vom Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt offenkundig ausschließlich über das Internet angeboten und in der Folge umgehend wieder von der Website des Rechtsmittelwerbers entfernt – und damit nicht nur einem weiteren öffentlichen Zugang, sondern auch einer (infolge der Unterlassung einer entsprechenden Sicherstellung durch das anzeigende BMinF notwendig gewordenen) aposteriorischen Beweiserhebungsmöglichkeit entzogen – wurde.

Somit entspricht im Ergebnis weder in formeller Hinsicht der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z. 1 VStG noch lässt sich in materieller Hinsicht aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens eine objektiv nachvollziehbare ausreichende inhaltliche Begründung für die Tatanlastung – deren Nachweis der Behörde obliegt (anders als z.B. bei bloßen Ordnungswidrigkeiten hinsichtlich der Schuld; vgl. § 5 VStG) – ableiten.

3.3. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Grof

 

Rechtssatz:

VwSen-300839/2/Gf/Mu/Ga vom 23. September 2008

§ 1 Abs.  1 GSpG; § 44a Z. 1 VStG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG:

– Um eine bestimmte Variante des Spieles "Poker" als Glücksspiel qualifizieren zu können, ist es zunächst erforderlich, zu ermitteln, nach welchen Regeln diese Variante im konkreten Fall gespielt wurde und sodann davon ausgehend im Wege eines Sachverständigengutachtens festzustellen, ob die Wahrscheinlichkeit der erfolgreichen Kartenkombinationen tatsächlich derart gering ist, dass damit das Spielergebnis insgesamt überwiegend vom Zufall i.S.d. § 1 Abs. 1 GSpG abhängig ist;

– Aufhebung wegen Spruchmangels und Einstellung wegen fehlender materieller Nachvollziehbarkeit der Tatanlastung, wenn Derartiges weder im Spruch des Straferkenntnisses noch in den behördlichen Ermittlung(sakt)en objektiv nachvollziehbar dokumentiert ist.  

 

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