Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-600069/23/BMa/RSt

Linz, 26.09.2008

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Mag. Gerda Bergmayr-Mann                                                                              3A02, Tel. Kl. 15585

B E S C H L U S S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 11. Kammer (Vorsitzender: Dr. Wolfgang Weiß, Berichterin: Mag. Gerda Bergmayr-Mann, Beisitzer: Mag. Dr. Bernhard Pree) aus Anlass des Devolutionsantrages des M M, geb. am    , Staatsangehöriger der russischen Förderation, vom 23. Oktober 2007, vertreten durch Mag. Dr. W F, Mag. Dr. B G, Mag. U N-K, Rechtsanwälte in L, beschlossen:

 

 

Der Antrag wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

Art. 129a Abs.1 Bundes-Verfassungsgesetz (im Folgenden: B-VG), BGBl. 1930/1 idgF iVm §§ 67a Abs.1, 67c Abs.3, 73 Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 AVG 1991

 

 


Begründung:

 

1. Mit Eingabe vom 9. Juli 2007 hat der rechtsfreundlich vertretene Antragsteller erstmals am 13. August 2007 einen Devolutionsantrag beim Unabhängigen Verwaltungssenat für Oberösterreich in einer die Einschränkung der Grundversorgung, die nach dem Oö. Grundversorgungsgesetz gewährt wurde, betreffenden Angelegenheit eingebracht. Über den mit Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof bekämpften, in dieser Angelegenheit ergangenen Beschluss des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 12. September 2007, VwSen-600066/6/BMa/Be, wies der Verfassungsgerichtshof die dagegen erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 11. Juni 2008, B2024/07-18, zurück.

 

Begründend wurde ua. ausgeführt:

 

"1. Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung den Standpunkt eingenommen, dass die Beschwerdelegitimation nach Art.144 Abs.1 B-VG nur dann gegeben ist, wenn durch den bekämpften Bescheid irgendein subjektives Recht der beschwerdeführenden Partei verletzt worden sein kann, das heißt, wenn die bescheidmäßigen Anordnungen oder Feststellungen die subjektive Rechtssphäre der beschwerdeführenden Partei berühren, der Bescheid demgemäß subjektive Rechte begründet (verändert) oder feststellt (vgl. VfSlg. 17.840/2006 und die dort zitierte Vorjudikatur).

 

2. Nach Art.16 Abs.5 Aufnahme RL gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass Grundversorgungsleistungen nicht entzogen oder eingeschränkt werden, bevor eine abschlägige Entscheidung ergeht.

 

Demgegenüber sieht § 4 Abs.1 Oö. GVG vor, dass eine bescheidmäßige Feststellung der Einschränkung oder Entziehung von Grundversorgungsleistungen ergeht, wenn der betreffende Fremde dies binnen vier Wochen nach der faktischen Einschränkung bzw. Entziehung verlangt hat. Eine derartige Regelung, die lediglich eine ex post-Feststellung ermöglicht, widerspricht offenkundig dem Gemeinschaftsrecht. Da der Verfassungsgerichtshof im Rahmen der von ihm zu besorgenden Aufgaben den Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts zu beachten hat (vgl. VfSlg. 15.215/1998-Bgld. TourismusG; 15.488/1999 – pharmazeutische Gehaltskasse), geht er davon aus, dass § 4 Abs.1 Oö. GVG im Anwendungsbereich des Art.16 Abs.5 Aufnahme RL unangewendet zu lassen ist.

 

Dies hat zur Folge, dass die Grundversorgung nur in Folge eines rechtsgestaltenden Bescheides entzogen oder eingeschränkt werden darf.

 

2. [gemeint wohl: 3.]Da im vorliegenden Fall kein Bescheid erlassen wurde, der die Einschränkung bzw. Entziehung der Grundversorgungsleistung gegenüber dem Beschwerdeführer anordnet, sind diese Leistungen weiterhin zu gewähren. Der Umstand, dass noch kein Bescheid erlassen wurde, und die Zurückweisung des Devolutionsantrages greifen somit nicht in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers ein.

…………

Um dem gemeinschaftsrechtlichen Gebot im Rahmen des österreichischen Rechtsschutzsystems zu entsprechen, könnte der Beschwerdeführer bei faktischer Vorenthaltung der Grundversorgung eine Klage nach Art.137 B-VG erheben, solange oder insoweit die Entziehung der Grundversorgung noch nicht durch Bescheid verfügt wurde."

 

Am 17. Oktober 2007 wurde vom Beschwerdeführer in Anwesenheit von zwei Bediensteten der Sozialabteilung des Amtes der Oö. Landesregierung eine Niederschrift unterzeichnet, wonach er die Einstellung seiner Grundversorgungsleistung (Verpflegungsgeld von monatlich 180 Euro und Mietzuschuss) für die Zeit von April bis einschließlich September 2007 akzeptierte und seinen mit rechtsfreundlicher Vertretung eingebrachten Antrag auf bescheidmäßige Feststellung der Einstellung zurückgezogen hat.

 

Diese Niederschrift wurde in Kopie mit einem ergänzenden Vorbringen vom 8. November 2007, ergänzend zum Devolutionsantrag vorgelegt und es wurde mitgeteilt, der Rechtsmittelwerber sei hinsichtlich des nach dem Wortlaut der Niederschrift erklärten Verzichts für den Zeitraum April bis September 2007 und hinsichtlich der Zurückziehung seines Antrages vom 14. April 2007 in Irrtum geführt worden. Ein derartiger Irrtum sei beachtlich. Über seinen am 16. April 2007 gestellten Antrag sei immer noch nicht entschieden worden, sein (nunmehr gestellter) Devolutionsantrag sei daher berechtigt.

 

Nachdem vom Unabhängigen Verwaltungssenat eruiert wurde, dass bei der Staatsanwaltschaft Linz zu 5St ein Verfahren gegen die handelnden Organe der Sozialabteilung des Amtes der Oö. Landesregierung anhängig ist und die Sachverhaltsdarstellung zur Erhebung des Sachverhalts an das Landespolizeikommando geschickt worden ist, wurde das gegenständliche Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Strafverfahren oder dessen Einstellung ausgesetzt, weil der Ausgang des Strafverfahrens eine Vorfrage für das Verfahren zur Entscheidung über den Devolutionsantrag darstellt, denn die Frage, ob der Antrag rechtswirksam zurückgezogen wurde, wurde als entscheidungsrelevant angesehen.

 

Mit einer Benachrichtigung vom 1. Februar 2008 wurde der Unabhängige Verwaltungssenat von der Staatsanwaltschaft Linz von der Einstellung des gerichtsanhängigen Verfahrens in Kenntnis gesetzt.

 

Gegen die Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft Linz wurde Beschwerde beim Oberlandesgericht Linz erhoben.

 

In der Folge wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat eruiert, dass diesem Rechtsmittel am 7. März 2008 Folge gegeben wurde und die Fortführung des Verfahrens vom OLG aufgetragen wurde.

 

Mit Schreiben vom 12. August 2008 wurde der Unabhängige Verwaltungssenat von der Staatsanwaltschaft Linz von der (neuerlichen) Einstellung des Verfahrens gegen die beiden Beamten der Sozialabteilung benachrichtigt, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung besteht.

 

2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Devolutionsantrag, dem vorgelegten Akt der Sozialabteilung des Amtes der Oö. Landesregierung und den ergänzenden Ermittlungen durch den Unabhängigen Verwaltungssenat.

 

3. Über den Devolutionsantrag hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich durch seine lt. Geschäftsverteilung zuständige 11. Kammer zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG).

 

Gemäß § 67d Abs.2 Z1 AVG konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen, weil nach der Aktenlage erkennbar ist, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt und das Begehren der Partei zurückzuweisen ist.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen.

 

4.1. Nach § 73 Abs.1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

 

Gemäß § 2 leg.cit. geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über, wenn der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen wird. Wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, geht die Zuständigkeit zur Entscheidung auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim Unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

 

Für die Oberbehörde (den Unabhängigen Verwaltungssenat) beginnt die Entscheidungsfrist mit dem Tag des Einlangen des Devolutionsantrages zu laufen (Abs.3 leg.cit.).

 

Aus dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2008, B2024/07-18, geht hervor, dass § 4 Abs.1 Oö. GVG im Anwendungsbereich des Art.16 Abs.5 Aufnahme RL unangewendet zu lassen ist, solange kein einschränkender oder einstellender Bescheid nach dem Oö. Grundversorgungsgesetz ergangen ist. Die Grundversorgung  ist in diesem Fall weiter zu gewähren und darf daher nur in Folge eines rechtsgestaltenden Bescheides entzogen oder eingeschränkt werden. Demgemäß greift auch der Umstand, dass noch kein Bescheid erlassen wurde, nicht in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers ein, dieser kann vielmehr bei faktischer Vorenthaltung der Grundversorgung eine Klage nach Art.137 B-VG erheben, solange und insoweit die Entziehung der Grundversorgung noch nicht durch Bescheid verfügt wurde.

 

Damit aber besteht auch keine Grundlage für den Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung über den Devolutionsantrag vom 23. Oktober 2007. Dieser war daher als unzulässig zurückzuweisen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220  Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. W e i ß

 

 

Rechtssatz:

 

VwSen – 600069/23/BMa/RSt vom 26. September 2008

 

Aus dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2008, B2024/07-18, geht hervor, dass, solange kein einschränkender oder einstellender Bescheid nach dem Oö. Grundversorgungsgesetz ergangen ist, die Grundversorgung  weiter zu gewähren ist. Diese darf daher nur in Folge eines rechtsgestaltenden Bescheides entzogen oder eingeschränkt werden. Demgemäß greift auch der Umstand, dass noch kein Bescheid erlassen wurde, nicht in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers ein, dieser kann vielmehr bei faktischer Vorenthaltung der Grundversorgung eine Klage nach Art.137 B-VG erheben, solange und insoweit die Entziehung der Grundversorgung noch nicht durch Bescheid verfügt wurde.

 

 

 

 

Normen:

 

§ 73 AVG

§ 4 Abs.1 Oö. Grundversorgungsgesetz (Oö. GVG)

Art. 16 Abs.5 Aufnahme RL

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum