Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163259/5/Fra/RSt

Linz, 03.10.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn P A, vertreten durch die Rechtsanwälte T & Partner, F-Straße, 60 I, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 4. März 2008, VerkR96-6238-2007, betreffend Übertretungen der StVO 1960 und des KFG 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15. September 2008, zu Recht erkannt:

 

 

I.       Die Berufung wird hinsichtlich des Faktums 1 (§ 18 Abs.1 StVO 1960) mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der letzte Halbsatz wie folgt zu lauten hat: "… weil sie bei einer Geschwindigkeit von ca. 120 km/h auf einen Abstand von ca. 5 m auffuhren."

 

Hinsichtlich des Faktums 2 (§ 100 KFG 1967) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis insofern behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat hinsichtlich des Faktums 1 einen Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe (14 Euro) zu entrichten.

 

Der Berufungswerber hat zum Verfahren hinsichtlich des Faktums 2 keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG; § 44a Z1 VStG, § 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw)

1. wegen Übertretung des § 18 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 70 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) und

2. wegen Übertretung des § 100 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 7 Stunden) verhängt, weil er

 

am 9.5.2007 gegen 7.00 Uhr im Gemeindegebiet Aistersheim, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich, auf der Innkreisautobahn A8 in Fahrtrichtung Wels das Kraftfahrzeug, VW, mit dem Kennzeichen TÖ (D) gelenkt und dabei

 

1. auf Höhe von Strkm 33,500 zu einem vor ihm fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten hat, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird, weil er bei einer Geschwindigkeit von ca. 130 km/h auf einen Abstand von ca. 5 m auffuhr (die Scheinwerfer waren im Innenspiegel nicht mehr sichtbar);

2. auf Höhe von Strkm 33,000 über einen längeren Zeitraum optische Warnzeichen (Lichthupe) abgegeben hat.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG jeweils ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 2.000 Euro nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat.

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15. September 2008 erwogen:

 

I.3.1. Unstrittig ist, dass der Bw das in Rede stehende Kraftfahrzeug an der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Örtlichkeit zum angeführten Zeitpunkt gelenkt hat. Der Bw bestreitet jedoch die Tatvorwürfe. Er bringt vor, zu jedem Zeitpunkt einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu den vor ihm fahrenden Fahrzeugen eingehalten zu haben. Als "Beweis" für die Tatvorwürfe gegen ihn liege lediglich die Aussage des Herrn M U vor. Diese Aussage sei jedoch derart unpräzise, dass diese nicht zu berücksichtigen gewesen wäre. Der Umstand, dass der Lenker eines Fahrzeuges die Lichter eines hinter sich befindlichen Fahrzeuges im Innenspiegel nicht feststelle, sei kein Indiz dafür, dass der Sicherheitsabstand zu gering ist. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die Behörde auf einen Messwert von 5 m Sicherheitsabstand gelange. Darüber hinaus sei weder der Zeugenaussage noch dem gesamten erstinstanzlichen Akt zu entnehmen, welche Geschwindigkeit er mit seinem Fahrzeug eingehalten habe, sodass auch aus diesem Grunde eine Berechnung des einzuhaltenden Sicherheitsabstandes nicht möglich sei. Bereits in der Stellungnahme vom 14.8.2007 habe er seine Einvernahme zum Beweis für die Unrichtigkeit der Behördenvorwürfe beantragt. Dieser Beweisantrag wurde in der Stellungnahme vom 3.12.2007 nochmals wiederholt und wurde darüber hinaus beantragt, ihn im Rechtshilfeweg einzuvernehmen. Diesem Beweisantrag sei die Behörde völlig unbegründet nicht nachgekommen, sondern stützte sich das Straferkenntnis einzig und allein auf die Aussage des Herrn M U. Aufgrund seines ausländischen Wohnsitzes beantragt der Bw seine Einvernahme im Rechtshilfeweg und stellt abschließend den Antrag, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge seiner Berufung Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis aufheben sowie das gegen ihn geführte Verwaltungsstrafverfahren einstellen, in eventu seiner Berufung Folge geben und die verhängte Geldstrafe schuld- und tatangemessen erheblich herabsetzen.

 

I.3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Bw die ihm im Faktum 1 des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen hat. Der Unabhängige Verwaltungssenat folgt insoweit den Aussagen des Zeugen M U, F, 49 A. Dieser führte im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung – nochmals – aus, wie er die dem Bw zur Last gelegte Übertretung wahrgenommen hat. Er sei zum gegenständlichen Zeitpunkt zum WIFI nach Linz gefahren zur einer Prüfungskommission betreffend Abhaltung der Berufskraftfahrerprüfung. Es habe an diesem Tag geregnet. An der Tatörtlichkeit habe eine ganze Reihe von Fahrzeugen auf dem linken Fahrstreifen eine Lkw-Kolonne überholt. Es sei dann ein Fahrzeug knapp hinten nachgekommen und habe der Lenker die Lichthupe betätigt. Dieser habe versucht, rechts zu überholen, sei jedoch auf den nächsten Lkw aufgelaufen, habe dann wieder auf den linken Fahrstreifen gewechselt und wiederum die Lichthupe betätigt. Er sei laut Tachometeranzeige ca. 120 bis 130 km/h gefahren. Der nachfahrende Lenker sei so knapp auf sein Fahrzeug aufgefahren, dass er die Nummerntafel des von ihm gelenkten Fahrzeuges im Rückspiegel nicht mehr sehen habe können. Er glaube, dass dieser ihm auf fünf Meter oder weniger aufgefahren sei. Die Kennzeichen habe er erst beim Überholen ablesen können. Auf Vorhalt, wonach der Zeuge laut Anzeige API Ried im Innkreis angab, dass ihm der nachfolgende Lenker auf einem Abstand von weniger als 5 m aufgefahren sei und für ihn die Scheinwerfer des betreffenden Pkws im Innenspiegel nicht mehr sichtbar gewesen seien, meinte der Zeuge bei der Berufungsverhandlung, nicht mehr angeben zu können, ob er das damals so gesagt habe. Er fügte jedoch hinzu, als langjährig erfahrener Fahrzeuglenker (Lkw-Lenker) feststellen zu können, ob ein Sicherheitsabstand ausreichend ist oder zu gering. Er traue sich auch zu, zu sagen, dass die 5 m plus minus 2 m im Rahmen liegen.

 

Bei der Berufungsverhandlung wurden auch die Fahrzeugpositionen wie vom Zeugen geschildert nachgestellt. Diese Nachstellung wurde wie folgt vorgenommen: Mit einem Nissan Qashqai hinter dem Zeugenfahrzeug wurde festgestellt, dass bei einem Abstand von ca. 5 m die Kennzeichen nicht mehr sichtbar waren. Die Scheinwerfer des Modelles Nissan Qashqai sind ca. 10 cm höher als die Scheinwerfer des Beschuldigtenfahrzeuges. Bei einem Abstand von ca. 3 m waren auch die Scheinwerfer nicht mehr sichtbar vom Fahrersitz des Zeugenfahrzeuges aus gesehen. Dieser Abstand wurde nicht exakt vermessen, sondern in Fußschritten ausgemessen.

 

Der Oö. Verwaltungssenat folgt den Aussagen des Zeugen U insoferne, als dieser zumindest eine Geschwindigkeit von 120 km/h gefahren ist und er an der Vorfallsörtlichkeit zumindest die Kennzeichen des nachfahrenden Beschuldigtenfahrzeuges nicht mehr gesehen hat. Festzustellen ist, dass es sich bei dem Zeugen um einen Berufskraftfahrer handelt, der laut eigener Angabe früher ca. 150.000 km und derzeit ca. 100.000 km im Jahr fährt. Der Zeuge hat die Lenkberechtigung für die Klassen C und E 1974 erworben. Einem derartig "gestandenen" Berufskraftfahrer muss die ungefähre Einschätzung des notwendigen Sicherheitsabstandes zumutbar sein.

 

Zu bedenken ist auch noch, dass der Zeuge laut eigenen Angaben noch nie jemanden anderen wegen eines Verkehrsvergehens angezeigt habe. Es ist daher davon auszugehen, dass es sich wahrlich um keine leichtfertige Anzeige handelt.

 

Der Zeuge wirkte bei der Verhandlung seriös und glaubwürdig und der Oö. Verwaltungssenat hat nicht den geringsten Zweifel, dass es sich hier um eine wahrheitswidrige und querulatorische Anzeige handelt.

 

Nicht mit Sicherheit steht fest, ob der Zeuge – wie dies die belangte Behörde noch im angefochtenen Straferkenntnis angenommen hat – sein Fahrzeug mit ca. 130 km/h lenkte, zumal der Zeuge bei der Berufungsverhandlung angab, sein Fahrzeug nur mit ca. 120 km/h gelenkt zu haben. Nicht mit Sicherheit steht auch fest – wie dies die belangte Behörde noch angenommen hat – dass für den Zeugen die Scheinwerfer des nachfahrenden Fahrzeuges im Spiegel nicht mehr sichtbar waren. Aufgrund der Zeugenaussage ist jedoch davon auszugehen, dass der Zeuge zumindest die Kennzeichen des nachfahrenden Fahrzeuges nicht mehr gesehen hat. Hier handelt es sich jedoch – wie die nachfolgende rechtliche Beurteilung ergibt – um unwesentliche Details. Der Vertreter des Bw bemängelte, dass der Zeuge in seiner Aussage nicht mit Sicherheit sagen konnte, ob das Nummernschild durch die Wetterbedingungen nicht mehr zu sehen war oder durch die Bauweise der Fahrzeuge, damit im Zusammenhang über den Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen. Dieses Argument kann nicht als stichhaltig angesehen werden, denn hätte der Zeuge tatsächlich die Kennzeichen als nachfolgenden Beschuldigtenfahrzeuges aufgrund der Wetterbedingungen nicht erkennen können, so wäre es ihm auch nicht möglich gewesen, dieses dann beim Überholen abzulesen.

 

Unverständlich ist für den Unabhängigen Verwaltungssenat auch der Antrag des Bw dahingehend, ihn im Rechtshilfewege einvernehmen zu lassen, gilt doch – wie dies sein rechtskundiger Vertreter wissen muss – für den Unabhängigen Verwaltungssenat der Unmittelbarkeitsgrundsatz.

 

I.3.3. In rechtlicher Hinsicht ist festzustellen, dass gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten hat, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Laut Judikatur des VwGH ist als Sicherheitsabstand mindestens der Reaktionsweg einzuhalten, der in Metern drei Zehntel der eingehaltenen Geschwindigkeit in km/h beträgt. Hat sohin der Zeuge sein Fahrzeug mit ca. 120 und nicht mit ca. 130 km/h gelenkt, hätte der Sicherheitsabstand immer noch 36 Meter betragen müssen. Würde man zudem eine Tachometervoreilung von ca. 10 km/h berücksichtigen und eine Geschwindigkeit von 110 km/h unterstellen, hätte der Sicherheitsabstand immer noch 332 Meter betragen müssen. Es kann sohin in rechtlicher Hinsicht dahingestellt bleiben, ob der Zeuge beim nachfolgenden Fahrzeug das Kennzeichen oder die Scheinwerfer nicht mehr gesehen hat, zumal im einen Fall von einem Sicherheitsabstand von ca. 5 m und im anderen Fall von einem Sicherheitsabstand von ca. 3 m auszugehen ist. Der Oö. Verwaltungssenat geht jedenfalls – wie sich aus oa. Beweiswürdigung ergibt – davon aus, dass der Bw eine Geschwindigkeit von ca. 120 km/h eingehalten und der Sicherheitsabstand zu dem ihm nachfolgenden Beschuldigtenfahrzeug ca. 5 m betragen hat.

 

Da sohin die dem Bw zur Last gelegte Verwaltungsübertretung erwiesen ist, war die Berufung als unbegründet abzuweisen. Was die Strafbemessung anlangt, wird zur Gänze auf die Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis verwiesen. Festzustellen ist, dass die Strafe bei einem bis zu 726 Euro reichenden Strafrahmen äußerst milde bemessen wurde.

 

Dem Bw wird im Faktum 2 des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfen, bei einer Geschwindigkeit von ca. 130 km/h auf der Höhe von Strkm 33,000 über einen längeren Zeitraum optische Warnzeichen abgegeben zu haben. Dazu ist festzustellen, dass bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h schon in einer Sekunde 36 m zurückgelegt werden. Es ist daher denkunmöglich, bei einem Meter über einen längeren Zeitraum optische Warnzeichen abgeben zu können. Dieser Vorwurf war daher zu beheben und es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. F r a g n e r

 

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