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des Landes Oberösterreich
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VwSen-100067/1/Kl/Kf

Linz, 10.07.1991

VwSen - 100067/1/Kl/Kf Linz, am 10. Juli 1991 DVR.0690392 M C, M; Übertretung des EGVG - Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Einzelmitglied LRR. Dr. Ilse Klempt über die Berufung des C M, M, R, vertreten durch Dr. T W, Rechtsanwalt in M, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 10. April 1991, Sich 96/5500/1990/B, wegen Übertretung des Art. IX Abs.1 Z.1 EGVG zu Recht:

I. Die Berufung vom 26. April 1991 wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich des Schuldspruches als auch hinsichtlich der verhängten Strafe dahingehend bestätigt, daß die im Spruch zitierte verletzte Rechtsvorschrift zu lauten hat: "Art. IX Abs.1 Z.1 Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 - EGVG".

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24 und 51 Abs.1 VStG.

II. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 400 S zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Über den Beschuldigten wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 10. April 1991, Sich 96/5500/1990/B, wegen Verwaltungsübertretung nach Art. IX Abs.1 Z.1 EGVG eine Geldstrafe von 2.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt, weil er die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört hat und das Verhalten objektiv geeignet war, Ärgernis zu erregen, indem er am 24. August 1990 gegen 24.00 Uhr im Vorraum der Diskothek K in M, M, mit G N vorerst in eine wörtliche und in weiterer Folge in eine tätliche Auseinandersetzung verwickelt war, in deren Verlauf er N in den "Schwitzkasten" nahm. Das Verhalten konnte auch von anderen unbeteiligten Personen wahrgenommen werden und fühlten sich diese durch diesen Vorfall erheblich gestört.

1.2. Die belangte Behörde stützt sich im wesentlichen auf die Anzeige des Meldungslegers sowie die am 18. September 1990 beim GPK M niederschriftlich festgehaltenen Angaben des Beschuldigten. Da der Beschuldigte im ordentlichen Ermittlungsverfahren einer schriftlichen Aufforderung zur Rechtfertigung nicht nachgekommen ist, wurde der Sachverhalt von der belangten Behörde als unbestritten und erwiesen angenommen.

2. Der Beschuldigte hat mit Eingabe vom 26. April 1991 rechtzeitig Berufung gegen das Straferkenntnis erhoben und diese damit begründet, daß die Voraussetzung, daß sich andere unbeteiligte Personen erheblich gestört fühlten, nicht erfüllt sei, und weiters der Diskothekbetrieb nicht beeinträchtigt worden sei, da die Rauferei im Vorraum stattgefunden habe. Auch hätten die vernommenen Personen keine Angaben gemacht, daß sie sich gestört gefühlt hätten. Zum Sachverhalt wird ausgeführt, daß der Beschuldigte den Kontrahenten N nicht in den "Schwitzkasten" genommen habe, sondern ihn lediglich im Handgemenge festzuhalten versucht habe. Da N den Beschuldigten angegriffen und ihm ein Bierglas über den Kopf geschlagen habe, habe nur N den vorgeworfenen Tatbestand erfüllt und sei daher das Straferkenntnis aufzuheben.

3. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Da durch das angefochtene Straferkenntnis weder eine primäre Freiheitsstrafe noch ein 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden.

3.2. In der Berufung wird ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet (nämlich, daß die vernommenen Zeugen nicht Ärgernis am Verhalten des Beschuldigten genommen haben und der Diskothekbetrieb nicht gestört wurde und daher die Verwaltungsübertretung nicht begangen wurde), und eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt, weshalb gemäß § 51e Abs.2 VStG eine Verhandlung nicht anzuberaumen war. Die Angaben, ob der Beschuldigte den Kontrahenten in den Schwitzkasten genommen oder lediglich festgehalten hat, stellen hingegen keinen entscheidungsrelevanten Sachverhalt dar.

3.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Akt der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn Einsicht genommen und stellte im wesentlichen als entscheidungserheblichen und erwiesenen Sachverhalt fest, daß der Beschuldigte am 24. August 1990 gegen 24.00 Uhr im Vorraum der Diskothek K in M in Anwesenheit von mehreren (mindestens vier) weiteren Personen bzw. Diskothekbesuchern zunächst in eine wörtliche und in weiterer Folge in eine tätliche Auseinandersetzung mit G N verwickelt war, welche in eine Rauferei ausartete. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Angaben der vernommenen Zeugen, die zum Tatzeitpunkt am Tatort anwesend waren, sowie des Beschuldigten und des Beteiligten N selbst. Auch leistete der Beschuldigte der Aufforderung zur Rechtfertigung durch die belangte Behörde nicht Folge und ließ den Sachverhalt unbestritten. Auch in seiner Berufung ließ der Beschuldigte die Beteiligung an einer Rauferei unbestritten.

3.4. Gemäß Art. IX Abs.1 Z.1 EGVG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer durch ein Verhalten, das Ärgernis zu erregen geeignet ist, die Ordnung an öffentlichen Orten stört, und ist mit Geldstrafe bis zu 3.000 S zu bestrafen.

3.4.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 9.7.1984, 84/10/0080, 30.9.1985, 85/10/0027) ist das Tatbild der "Ordnungsstörung" durch zwei Elemente gekennzeichnet: Zum ersten muß der Täter ein Verhalten gesetzt haben, das objektiv geeignet ist, Ärgernis zu erregen. Zum zweiten muß durch dieses Verhalten die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört worden sein. Die Beurteilung, ob einem Verhalten die objektive Eignung der Ärgerniserregung zukommt, ist nicht nach dem Empfinden der durch das Verhalten besonders betroffenen Personen vorzunehmen, sondern unter der Vorstellung, wie unbefangene Menschen auf ein solches Verhalten reagieren würden; von einem Ärgernis wird man dann sprechen können, wenn eine Handlung bei anderen die lebhafte Empfindung des Unerlaubten und Schändlichen hervorzurufen geeignet ist.

Eine tätliche Auseinandersetzung bzw. Rauferei ruft nach dem anzulegenden Maßstab der guten Sitten aber jedenfalls das Empfinden des Unerlaubten und Schändlichen hervor und ist daher objektiv zur Ärgerniserregung geeignet. Auch waren zum Tatzeitpunkt mehrere Personen am Tatort anwesend, die die Rauferei wahrnehmen und dadurch Ärgernis nehmen konnten. Eine vernommene Person hat ausdrücklich ihr Ärgernis bekundet. Die subjektive Empfindung der besonders betroffenen Personen, wie z.B. des Beschuldigten, daß die Rauferei kein besonderes Ärgernis erregt hat, ist entgegen den Berufungsbehauptungen nicht maßgeblich.

Weiters muß durch das Verhalten die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört werden, wobei es aber nach der Judikatur nicht erforderlich ist, daß das Verhalten zu Aufsehen, einem Zusammenlauf von Personen führt, sondern es muß vielmehr nur unmittelbar oder mittelbar zur Folge haben, daß ein Zustand geschaffen wird, der geordneten Verhältnissen an einem öffentlichen Ort widerspricht (VwGH 24.11.1986, 86/10/0131). Da der Vorraum einer Diskothek keinen Zugangsbeschränkungen unterworfen ist bzw. grundsätzlich für jedermann zugänglich ist, handelt es sich um einen öffentlichen Ort. Im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - dieser hat entschieden, daß die Ordnung an einem öffentlichen Ort stört, wer in einem Gastlokal jemandem eine Ohrfeige gibt (VwGH 24.11.1986, 86/10/0131) - stellt auch die gegenständliche tätliche Auseinandersetzung bzw. Rauferei mit anschließenden körperlichen Verletzungen einen Zustand dar, der den geordneten Verhältnissen an öffentlichen Orten widerspricht, und ist daher als Ordnungsstörung anzusehen. Eine Beeinträchtigung des Diskothekbetriebes hingegen ist entgegen dem Berufungsvorbringen nicht tatbildrelevant.

3.4.2. Eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Sachverhaltsvorbringen ist nicht erforderlich, zumal einerseits der Beschuldigte bereits im Verfahren vor der Erstbehörde eine Mitwirkung an der Sachverhaltsermittlung aus eigenem Verschulden unterlassen hat, und andererseits diese nunmehrige Bestreitung einer Handlung während der gesamten Rauferei nicht entscheidungswesentlich für die Beurteilung des gesamten Verhaltens als Ordnungsstörung zu werten ist.

Es konnte daher der Berufung nicht zum Erfolg verholfen werden.

3.5. Hinsichtlich der Strafzumessung wurde in der Berufung nichts vorgebracht; die belangte Behörde hat bereits im Sinn des § 19 VStG auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sowie die Erschwerungs- und Milderungsgründe Bedacht genommen. Angesichts der wiederholten Begehung derselben Verwaltungsübertretung durch den Beschuldigten erscheint die festgesetzte Strafhöhe gerechtfertigt.

3.6. Da das EGVG zuletzt durch das Bundesgesetz BGBl.Nr. 356/1990 mit Wirkung vom 1.1.1991 geändert und in weiterer Folge wiederverlautbart wurde (BGBl.Nr. 50/1991) war die Zitierung der übertretenen Rechtsvorschrift spruchgemäß zu ändern.

3.7. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch zitierten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K l e m p t

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