Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-420471/21/WEI/Ga

Linz, 14.10.2008

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des M K, vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft M & S OEG in S, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 19. April 2006 durch dem Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis zurechenbare Polizeiorgane anlässlich einer Unfall- und Lenkererhebung auf der B 143 bei der AVIA-Tankstelle nahe F zu Recht erkannt:

 

 

I.        Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

II.    Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich (Verfahrens­partei Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis) den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 271,80 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

Art 129a Abs 1 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG iVm § 67 Abs 1 Z 2 Allgemeines Verwaltungs­verfahrensgesetz 1991 - AVG; §§ 67c und 79a AVG iVm UVS-Aufwandersatz­ver­ordnung 2003 (BGBl II Nr. 334/2003).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Beschwerde vom 31. Mai 2006, eingelangt per Telefax am 31. Mai 2006 um 15:26 Uhr und im Postweg am 6. Juni 2006, hat der Beschwerdeführer (Bf) durch seine Rechtsvertreter noch rechtzeitig Beschwerde wegen Ausübung von unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt betreffend
einen Vorfall vom 19. April 2006 beim Oö. Verwaltungssenat erhoben und wie folgt vorgebracht:

"M K, selbständiger Transportunterneh­mer aus F, erhebt hiermit durch die Rechtsanwaltsgemein­schaft M & S OEG, Sachbearbeiter RA Dr. G M, gegen die Bundespolizeidirektion Linz, Oberösterreich, als belangte Be­hörde gem. § 67c AVG gegenständliche

 

B e s c h w e r d e

 

wegen rechtswidriger Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördli­cher Befehls- und Zwangsgewalt:

 

 

A) Sachverhalt:

 

I.       Sachverhaltsschilderung des Beschwerdeführers:

 

Grundlage dieser Beschwerde ist die Sachverhaltsschilderung, welche der Beschwerdeführer (Bf.) M K am 25.4.2006 im anwaltli­chen Informationsgespräch mit dem gefertigten Anwalt gegeben hat. Gemäß dieser Sachverhaltsschilderung des Herrn M K hat sich am Mittwoch, den 19.4.2006, Beginn ca. 19.30 Uhr oder auch 20.00 Uhr, im Bereich der Ortschaft F bei R iI, folgen­des zugetragen:

 

„ 1. zu meiner Person:

 

Ich bin seit 1998 als Berufskraftfahrer tätig. Selbständiger Trans­port­unter­nehmer bin ich seit eineinhalb Jahren, ich habe bisher keinerlei Probleme mit Verkehrsvorschriften gehabt und glaube, dass ich in Bezug auf Verkehrs­delikte als vorstrafenfrei und „unbe­scholten" betrachtet werden kann.

 

Am 19.4.2006 war ich mit Freunden bei einem t Lands­mann, Herrn H C in F zu einem kleinen privaten Grillfest eingeladen.

 

Ich erlitt einige Tage vorher im Bereich des linken Daumens eine knöcherne Verletzung, welche es notwendig gemacht hat, dass mir glaublich vier Tage vor dem gegenständlichen Ereignis ein Gips im Bereich des linken Unterarms angelegt wurde. Da ich mit diesem Gipsverband kein KFZ lenken durfte und konnte, überließ ich seit Freitag vor dem Ereignis meinen PKW, Marke Audi A4 Kombi, Kennzeichen, meinem Freund V G, wohnhaft in St. G.

Es war von vornherein mit meinem Freund vereinbart, dass dieser mich am besagten Mittwoch am Abend zwischen 19 und 20 Uhr von Herrn C abholen und nach Hause führen wird.

 

Bei der privaten Zusammenkunft in der Wohnung des H C waren weiters noch anwesend Herr H B, Herr H C, Herr O C und mein Cousin M K.

 

Wir aßen und nahmen auch Alkohol zu uns, auch ich, der ich ansonsten wenig Alkohol trinke - ich bin Moslem - habe damals ge­trunken. Ich stand auch unter mittelgradigem Alkoholeinfluss.

 

Als dann mein Freund V kam und mich abholte, habe ich ihm nicht gleich gesagt, dass wir zuvor noch mit meinen Freunden ver­einbart hatten, noch einen Kaffee gemeinsam einzunehmen. Wir waren gut drauf und ich wollte eigentlich noch nicht nach Hause. Anders verhielt es sich bei meinem Freund V, der nach Hause wollte und als Freundschaftsdienst gekommen war, um mich ab­zuholen.

 

Als wir nun im Auto saßen - ich fuhr gemeinsam mit V, wäh­rend die anderen Freunde in einem anderen PKW fuhren - näher­ten wir uns der Ortschaft F, wo sich - aus unserer Fahrt­richtung gesehen - an der linken Seite der Straße, eine Tankstelle befand.

 

Als wir an dieser vorbeifuhren erklärte ich meinem Freund, dass ich eigentlich noch gemeinsam mit meinen Freunden einen Kaffee in dieser Tankstelle trinken wolle, an der wir vorbeigefahren sind.

 

Mein Freund war damit nicht einverstanden, da er nach Hause wollte, er beugte sich aber letztendlich meinem Wunsch und wendete das Fahrzeug in der Ortschaft und fuhr wiederum in die Gegenrichtung Richtung Tankstelle. Dabei beschleunigte er, zu­mal er nicht wusste, um welche Tankstelle es sich handelt und wo sich diese befindet.

 

Als wir der Tankstellenzufahrt, welche rechtwinkelig von der Straße abbiegt, bereits ziemlich nahe gekommen waren, sagte ich ihm, dass dies die Tankstelle sei, daraufhin beging mein Freund einen Fahrfehler. Anstatt einfach stehen zu bleiben und zu reversieren oder zurückzustoßen, versuchte er, noch in die Einfahrt hinein zu fahren, hat dabei offenbar übersehen, dass es sich um eine rechtwinkelige Einfahrt handelt und kam dabei von der Fahrbahn ab, überfuhr die Stange eines Verkehrszeichens und die Halterung einer Fahnenstange (eine Art Stempen) und kollidierte schließlich mit einem dort in Tankstellenbereich geparkten, alten Fahrzeug, welches mit der Front gegen uns gerichtet war, sodass es zu ei­nem Frontalzusammenstoß zwischen beiden Fahrzeugen kam, bei welchem auch mein ca. DM 30.000,- Geldwert darstellender PKW Audio Kombi massiv beschädigt wurde.

 

2.

Durch meine mittelgradige Alkoholisierung und den von meinem Freund verursachten Unfall mit beträchtlichem Sachschaden war ich aufgebracht. Wir saßen noch im Auto und waren noch nicht einmal ausgestiegen, als ich bereits begann, mit meinem Freund zu schimpfen. Ich tat einen Schrei. Mein Freund, dem die ganze Si­tuation ohnehin von vornherein nicht gepasst hat wurde sauer, reagierte in Zorn und war außerdem beleidigt.

 

Schließlich hat er mir einen Freundschaftsdienst getan und jetzt ist das Ganze geschehen.

 

Er stieg aus, schlug die Autotür heftig zu und verließ im Zorn den Unfallsort.

 

Ich war auf ihn auch in diesem Moment und an diesem Abend so böse und so sauer, dass ich keinen Anlass sah, mit ihm telefoni­schen Kontakt aufzunehmen.

 

 

3.

Obwohl mein PKW kasko-versichert ist, war ich über den Unfall ziemlich schockiert, wobei wohl auch meine mittelgradige Alko­holisierung eine Rolle gespielt haben dürfte.

 

Meine Freunde, welche unterdessen auch bereits im Tankstellenareal zugegen waren (H B, H und O C so­wie M K) versuchten, mich zu beruhigen.

 

Sie brachten mir Wasser. Ich setzte mich neben der Tankstelle in die Wiese.

 

Nach einigen Minuten kamen einige Personen aus der Tankstelle heraus zu uns.

 

Es verging nicht lange, da kam ein Polizeiauto mit zwei männli­chen Sicherheitsorganen an, davon einer blond und groß ge­wachsen, der andere dunkel und kleiner, ich würde schätzen, dass sich beide im mittleren Alter befunden haben.

 

Die eigentliche, meine Person betreffende beschwerdegegen­ständliche „Amtshandlung" wurde vom großgewachsenen blon­den Sicherheitsorgan durchgeführt.

 

4.

Ich befand mich mit den Freunden auf dem Tankstellenareal hin­ter dem Tankstellengebäude, als der blonde Polizist auf mich zu­kam und fragte, ob ich der Autobesitzer bin. Er dürfte vorher schon mit meinen Freunden gesprochen haben und wusste daher schon, dass ich der Autobesitzer bin.

 

Als ich dies bejahte erklärte er, ich müsse mit ihm mitkommen. Ich leistete dieser Aufforderung Folge und ging mit ihm Richtung Polizeifahrzeug, welches nahe der Unfallsstelle im Tankstellenbereich geparkt war.

 

Der Polizist forderte mich nunmehr auf, den Alkotest zu machen und zu blasen.

 

Ich sah das nicht ein und erklärte, wieso ich denn „blasen müsse", da ich doch nicht gefahren sei. Ich sei nicht der Fahrer.

 

Hier muss ich ergänzen, dass der Polizist schon von meinen Freun­den gehört hatte, dass nicht ich, sondern mein Freund gefahren war. Auch hatte er gesehen, dass ich im Bereich des linken Unter­arms
eine Bandage trug: Es war mir nämlich am gleichen Tag, wenige Stunden vorher, der Unterarmgips abgenommen worden und habe ich auch erklärt, dass ich deshalb eine Bandage trage.

 

Der Polizist war jedoch nicht bereit, diese Erklärung zur Kenntnis zu nehmen.

 

Er klärte mich auch nicht darüber auf, dass ich dennoch zur Vor­nahme des Alko-Tests verpflichtet sei, weil ich in Verdacht stünde, ein an einem Unfall beteiligtes Fahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt zu haben, sondern wurde plötzlich tätlich. Er wurde tätlich, indem er mich im Bereich des rechten Oberarms erfasste und an meinem Oberarm zog.

 

Er zog heftig an meinem Oberarm, worauf ich versuchte, meinen Oberarm zurückzuziehen, um ihn aus der Umklammerung zu be­freien.

 

Es dürfte ein- bis zweimal so hin und her gegangen sein.

 

In weiterer Folge erfasste mich der blonde Polizist an meinen Schultern und stieß mich heftig nach rückwärts, wodurch ich nach hinten taumelte und mit dem Rücken am Polizeidienstauto touchierte, jedoch nicht zu Sturz kam.

 

Dazu ist zu sagen, dass mein Anstoßen am Polizeiauto einen Sturz verhindert hat.

 

Nunmehr entwickelte sich ein kurzer Wortwechsel. Im Zuge dieses Wortwechsels erklärte ich ihm, dass ich acht Jahre lang bei der Polizei als Türkisch-Dolmetscher tätig gewesen sei und sehr wohl wissen würde, zu welchen Maßnahmen die Polizei berechtigt sei und zu welchen nicht.

 

Dies brachte den Polizisten noch zusätzlich in Rage. Er erfasste mich nunmehr und warf mich zu Boden. Dies ging so schnell, dass ich es fast übersehen habe. Plötzlich sah ich mich mit dem Ge­sicht auf dem Boden liegend.

 

Nunmehr drückte der Polizist mit seinem Knie meinen Kopf gegen den Boden. Er fasste mich an meinen Haaren und zog mich mit dem Gesicht über die Fahrbahnoberfläche (es dürfte sich um As­phalt mit darüber befindlichen grobschottrigen Anteilen oder Kies gehandelt haben), wodurch ich heftige Schmerzen erlitt. Er rieb mich geradezu auf dem Boden im Sand „ein".

 

Durch dieses Hin- und Herschleifen erlitt ich im Bereich der linken Gesichtshälfte oberhalb des linken Auges und links neben der lin­ken Augenhöhle eine blutende Wunde.

 

Ich schaute fürchterlich aus, weil das Gesicht im linken Bereich voller Blut war, auch das Auge war blutig und schwoll an.

 

Unmittelbar nachdem ich zu Sturz gekommen war und mit dem Gesicht Richtung Boden lag, versetzte er mir einen heftigen Fußtritt gegen den Unken Rippenbogen, wodurch mir die Luft wegblieb. Dann erst kniete er auf mir und drückte mit einem seiner Knie mei­nen Kopf zu Boden.

 

Dann erfolgte das Hin- und Herschleifen meiner linken Gesichts­hälfte am Boden.

 

Die brutale Attacke hatte damit noch kein Ende gefunden. Nun­mehr riss er meine beiden Hände nach hinten, um mir die Hand­schellen anzulegen. Er verdrehte meine Hände dabei auch, was mich besonders schmerzte, da mir ja am gleichen Tag einige Stunden vorher im Bereich des Unken Unterarms der Gipsverband wegen der Daumenverletzung erst abgenommen worden war. Die Handschellen legte er sehr eng an. Diese musste ich sodann über einen längeren Zeitraum - ich würde schätzen es waren ca. 40 min. - tragen. Wiederholte Bitten meinerseits, doch die Hand­schellen abzunehmen oder zu lockern, weil es sehr schmerzte, wurden ignoriert.

 

Ich war inzwischen völlig fertig, dies durch die Schmerzen, wohl auch den Schock dieser für mich schockierenden Vorgangsweise und durch meine mittelgradige Alkoholisierung sowie den vorher erlebten „Schock" wegen des Unfalls.

 

Ich hätte auch nicht mehr alleine aufstehen können, er musste mich hochheben und brachte mich nunmehr zu seinem Kollegen zum Zwecke der Durchführung des Alko-Tests.

 

Beim Alko-Test wurde mir das Testgerät bzw. das Röhrchen hin­gehalten, da ich ja selbst meine Hände am Rücken gefesselt hat­te.

 

Diesen Alko-Test führte sein Kollege durch.

 

Dabei fiel mir auf, dass nach dem ersten, misslungenen Blasver­such der blonde Polizist seinem Kollegen sagte, dass dies ja ohne­hin schon genug sei und dies als Verweigerung zu werten sei und man den Führerschein ohnehin schon abnehmen könne, was je­doch der zweite Polizist nicht akzeptiert hat. Er erklärte seinem Kol­legen, dass drei Versuche notwendig sind.

 

Beim zweiten Versuch hat es dann geklappt und man konnte auf­grund eines ordnungsgemäßen Blasversuchs den Alkoholgehalt der Atemluft feststellen.

 

5.

Es wurde sodann eine Identitätsfeststellung betreffend meiner Per­son durchgeführt. Ich kann jetzt nicht mehr sicher sagen, ob ein Freund meinen Führerschein der Polizei gegeben hat oder ich das selbst noch getan habe, bevor die ganze Amtshandlung „eska­liert" ist.

 

Jedenfalls wurden meine Personalien aufgenommen und war damit die Amtshandlung beendet.

 

Nachzutragen ist, dass Freunde von mir auch - nachdem ich Ver­letzungen erlitten hatte - weitere Freunde von uns verständigt hat­ten, die mit zwei PKWs gleichfalls zur Tankstelle gekommen waren.

 

6.

Mein Freund, Herr V G, hat sich mit mir am Abend nicht mehr telefonisch in Verbindung gesetzt. Er hat mir später er­zählt, dass er per
Autostopp nach Ried i.I. und von dort auch per Autostopp nach Hause gefahren ist.

 

Erst am nächsten Tag um ca. 11 Uhr kontaktierte er die Polizeiin­spektion in St. G und legte dort eine Aussage ab, wobei er wahrheitsgemäß angab, dass er das Fahrzeug gelenkt hat.

Mein Freund hat in der bereits geschilderten emotionalen Kurzschlussreak­tion die Unfallstelle verlassen und war über das Ge­schehen auch danach noch so sehr erregt, dass er es bis zum nächsten Tag unterlassen hat, sich mit der Polizei in Verbindung zu setzen."

 

 

II.     Beweisantrag und Erklärung, dass die Sachverhaltsdarstellung unter I. zum Beschwerdevorbringen erhoben wird:

 

Der Beschwerdeführer erhebt hiermit seine eigene, in der ersten Person gehaltene Sachverhaltsschilderung gemäß Punkt I. dieses Schriftsatzes zum Inhalt des Beschwerdevorbringens.

 

Zum Beweis für die Richtigkeit dieser Tatsachenbehauptung beantragt er die Vornahme von Beweisaufnahmen:

 

1.    seine eigene Einvernahme als Beteiligter;

 

2.    die Einvernahme folgender Zeugen:

 

            des V G, wohnhaft in St. G, sowie der weiteren Zeugen

            H B

            H C

            O C

            M K,

 

jeweils unter Beiziehung eines Dolmetschers für die türkische Spra­che.

 

 

III.    Zu den Verletzungsfolgen und den Beweisen dafür:

 

Durch die beschwerdegegenständliche Gewaltanwendung, wie sie unter I. beschrieben wurde, erlitt der Bf. eine Kopfprellung sowie weiters offene Hautabschürfungen im Bereich links und oberhalb des linken Auges ein Hämatom sowie die weiteren in der Ambulanzkarte des Landeskrankenhauses Vöcklabruck in medizinischer Fachsprache be­zeichneten Verletzungsfolgen.

 

Beweis:   Einvernahme des Bf.;

              4 Fotografien, welche einige Tage nach dem Vorfall aufgenommen wurden; Ambulanzkarte des Krankenhauses Vöcklabruck

 

 

IV.     Beschwerdegründe und Rechtswidrigkeitsbehauptungen:

 

Der Bf. macht geltend, durch die unter I. aufgezeigte behördliche Vor­gangsweise, welche als faktische Amtshandlung zu werten, aus den nachstehend dargelegten Gründen in den nachstehend dargelegten Rechten verletzt worden zu sein:

 

Es wurde dadurch in die körperliche Unversehrtheit und in die persönli­che Freiheit des Bf. eingegriffen.

 

Dieses Vorgehen ist rechtswidrig, was sich von selbst versteht.

 

Beweis:       wie bisher

 

 

 

 

V.      Beschwerdeanträge:

 

Der Bf. stellt hiermit folgende

 

 

B e s c h w e r d e a n tr ä g e :

 

 

1.  Festgestellt wird, dass das von im Wirkungskreis der BPD Oberöster­reich, Bundespolizeidirektion Linz, tätig werdenden Polizeiorganen (Sicherheits­organen) am Abend des 19.04.2006 um ca. 20 Uhr in der Ortschaft F bei R iI entfaltete behördliche Vorgehen gegenüber dem Bf., insbesondere

    

-         die dabei angewendete körperliche Gewalt gegen den Bf.;

-         die Fesselung des Bf.;

-         das Zubodenstoßen des Bf.;

-         die Misshandlung bzw. Verletzung des Bf.;

-         die Aufrechthaltung der Handfesselung über einen längeren Zeitraum (von zumindest einer halben Stunde),

 

rechtswidrig war.

 

2.  Der Rechtsträger der belangten Behörde ist schuldig, die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu ersetzen.

 

 

An Kosten werden verzeichnet:

Verfasse Beschwerde – Aufwandersatz              €        660,80

zzgl. Eingabengebühr                             €          13,00

Beilagengebühren, ca.                                    €          20,00

 

 

S, am 31.05.2006                                      RA Dr. G M

                                                                           für M K"

 

2. Mit Schreiben vom 13. Juni 2006 hat der Oö. Verwaltungssenat der örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft R iI eine Ablichtung der Beschwerde samt Beilagen übermittelt, um Aktenvorlage ersucht sowie Gelegenheit zur Erstattung einer Gegenschrift binnen sechs Wochen eingeräumt.

 

Mit Gegenschrift vom 31. Juli 2006, Sich01-241-2006, legte die Bezirksver­waltungsbehörde den Unfall Befund des AKH Vöcklabruck zu UZ …  Unf.Amb vom 24. Juli 2006 betreffend eine ambulante Behandlung des Bf am 20. April 2006 und den Bericht des Bezirkspolizeikommandos R vom 30. Juni 2006, Zl., über den gegenständlichen Vorfall an das Landespolizeikommando für Oberösterreich vor. Weiters wurden unmittelbar nach der Amtshandlung gemachte polizeiliche Farbfotos vom Bf mit dem Bemerken vorgelegt, dass ihn diese nicht in einem der Beschwerdedarstellung entsprechenden Zustand zeigten. Auf den Fotos lächle er und seine Bekleidung weise keine sichtbare Verunreinigung auf. Auch die Abschürfungen im Gesicht seien nicht verunreinigt. Den Verband an der linken Hand habe er schon vor der Amtshandlung getragen. Auch die Gesichtsverletzungen könnte er schon vorher gehabt haben. Die Fragen der Polizeibeamten, ob er verletzt worden sei und ärztliche Hilfe benötige, habe der Bf am Ende der Amtshandlung verneint. Auch die Handschellen wären ihm nicht 40 sondern nur 7 Minuten angelegt worden.

 

Zum Sachverhalt ging die belangte Behörde vom oben zitierten Bericht des Bezirkspolizeikommandos R an das Landespolizeikommando aus. Danach sei der alkoholisierte (0,81 mg/l) Bf am 19. April 2006 um ca. 20:00 Uhr beim Einbiegen zur A-T auf der B 143 von der Fahrbahn abgekommen, habe einen Fahnenmast und ein Verkehrszeichen umgefahren und sei anschließend gegen zwei auf dem Tankstellenareal abgestellte Fahrzeuge gestoßen. Dabei entstand erheblicher Sachschaden. Der Tankwart C G habe den Bf aus der Fahrertür des Pkws herausfallen sehen und habe dann ein Ölbindemittel geholt. Der Bf sei nach drei bis vier Minuten verschwunden, habe das Tankstellenareal verlassen und sich hinter einem von der Unfallstelle ca. 100 m entfernten Altmetallcontainer versteckt. Unmittelbar nach dem Unfall habe er die Fahrzeugschlüssel seinem vermutlichen Beifahrer O C überlassen und die Angelegenheit mit G H, dem Besitzer eines Pkws, "privat zu regeln" versucht.

 

Beim Eintreffen der Sektorstreife "O 1" mit den Polizeibeamten W und A sei O C im Besitz der Fahrzeugschlüssel gewesen und habe angegeben, der Bf sei der Lenker und vollkommen nüchtern gewesen. Er wäre mit einer unbekannten Person weggefahren.

 

Der von Zeugen auf das Versteck aufmerksam gemachte RI A traf beim Altmetallcontainer zwei Männer an. Der eine war der Bf, welcher telefonierte. Auf Befragen hätte der Bf angegeben, vom Unfall nichts zu wissen. Seinen Namen hätte er nicht preis gegeben, wäre aber der Aufforderung zur Unfallstelle mitzukommen gefolgt. Dort sei er von G H eindeutig als Lenker identifiziert und dann von RI A zum Alkotest aufgefordert worden. Der Bf habe dann immer wieder zu telefonieren begonnen und versucht, sich von der Unfallstelle zu entfernen. Da er sich nicht auswies, wäre ihm mehrfach die Festnahme angedroht und diese schließlich um 20:40 Uhr auch ausgesprochen worden. Im Zuge der Festnahme hätte er geschimpft und versucht, auf die Beamten einzuschlagen. Diese hätten ihn an den Armen ergriffen und wären auf Grund der Gegenwehr des Bf gemeinsam mit diesem zu Sturz gekommen, worauf ihm die Handschellen am Rücken angelegt wurden. Da sich der Bf daraufhin beruhigte und seine Identität bekannt gab, wären ihm die Handschellen um 20:47 Uhr wieder abgenommen und die Festnahme um 21:00 Uhr aufgehoben worden.

 

3. Mit Schreiben vom 17. August 2006 hat der Oö. Verwaltungssenat auf Grund eines Rechtshilfeersuchens des Landesgerichts R iI zur Zahl 11 Ur … die Beschwerdeschrift vom 31. Mai 2006 und die Gegenschrift der belangten Behörde samt Beilagen in Ablichtung übermittelt und mitgeteilt, dass aus prozessökonomischen Gründen das h. Beschwerdeverfahren bis zum Ausgang der präjudiziellen gerichtlichen Strafverfahren ausgesetzt werde, zumal der Bf den widerrechtlichen Freiheitsentzug und seine vorsätzliche Körperverletzung iSd §§ 83, 313 StGB durch Polizeibeamte während der Amtshandlung als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt geltend machte. Das Landesgericht R iI wurde um Mitteilung zum Fortgang des Strafverfahrens, insbesondere ob und gegen wen Strafantrag erhoben wurde, ersucht.

 

Mit dem den Parteien zugestellten Beschluss vom 23. August 2006, Zl. VwSen-420471/8/WEI/Ps, hat der Oö. Verwaltungssenat das Beschwerdeverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Strafverfahren gegen die Polizeibeamten GI A W und RI G A ausgesetzt.

 

Mit Schreiben vom 8. März 2007 an das Landesgericht R iI hat der Oö. Verwaltungssenat sein Schreiben vom 23. August 2006 in Erinnerung gerufen und dringend um Information über den Stand des Strafverfahrens gegen die Polizeibeamten sowie über den Stand von allfälligen weiteren Strafverfahren im gegebenen Zusammenhang ersucht. Daraufhin hat Staatsanwalt Mag. E am 15. März 2007 telefonisch mitgeteilt, dass das Strafverfahren gegen die Polizeibeamten zwar noch nicht eingestellt, jedoch gegen den Bf Strafantrag vom
28. September 2006 wegen Verleumdung und versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt sowie Gefährdung der körperlichen Sicherheit erhoben worden sei. Im Hauptverfahren zur Zahl 7 Hv … sei mittlerweile schon die dritte Hauptverhandlungen für 3. Mai 2007 anberaumt worden. Der Herr Staatsanwalt versprach den Oö. Verwaltungssenat vom Ausgang des Strafverfahrens zu informieren.

                           

Mit weiterem Beschluss vom 16. März 2007, Zl. VwSen-420471/13/WEI/Ps, setzte der Oö. Verwaltungssenat das Beschwerdeverfahren bis zur rechtkräftigen Entscheidung im Strafverfahren gegen den Bf zur Zahl 7 Hv … aus.

 

Mit Benachrichtigung vom 1. Juni 2007, 3 St …, verständigte die Staatsanwalt­schaft R iI den Oö. Verwaltungssenat von der Zurücklegung der Anzeige des Landespolizeikommandos Oberösterreich vom 5. Juli 2006, Zl. …, gemäß § 90 Abs 1 StPO (alt) gegen die Polizeibeamten A W und G A.

 

In weiterer Folge erhielt der Oö. Verwaltungssenat weder von der Staatsanwalt­schaft noch vom Landesgericht R iI, noch von den Parteien des gegenständlichen Verfahrens eine Nachricht vom Ausgang des Strafverfahrens gegen den Bf.

 

3.2. Mit Schreiben vom 8. September 2008 wurde das Landesgericht R iI neuerlich um Information zum Verfahrensstand und gegebenenfalls um Aktenübersendung ersucht. Daraufhin langte am 15. September 2008 der Strafakt 7 Hv ... beim Oö. Verwaltungssenat ein, aus dem sich ergibt, dass das auf Grund des Strafantrags der Staatsanwaltschaft R iI vom 28. September 2006, Zl. 3 St ..., gegen den Bf angestrengte Strafverfahren nach insgesamt vier Hauptverhandlungen (vom 07.11.2006, 14.12.2006, 03.05.2007 und 22.05.2007) mit Schuldspruch wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und wegen Verleumdung endete. Gegen das mündlich verkündete Urteil des Einzelrichters vom 22. Mai 2007 wurde kein Rechtsmittel angemeldet, weshalb nur eine gekürzte Urteilsausfertigung vorliegt.

 

In der Hauptverhandlung vom 22. Mai 2007 wurde verkündet folgendes

 

"U r t e i l:

 

                   A. M K ist schuldig, er hat

 

                   1) am 19.4.2006 in A versucht, Beamte an einer Amts­handlung, nämlich seiner Festnahme zu hindern, indem er RI A einen Stoß gegen die Schulter versetzte, sich gewaltsam von GI W losriss und wild um sich schlug,

 

                   2) am 31.5.2006 in Linz in einer durch seine Rechtsanwälte M & S verfassten Beschwerde nach § 67 c AVG an den Unabhängigen Verwaltungssenat für das Bundesland Oberösterreich, worin er behauptete, die Polizei habe die Tätlichkeiten begonnen und ihn zu Boden geworfen, ein Polizist hätte seinen Kopf mit dem Knie gegen den Boden gedrückt, ihn anschließend an den Haaren erfasst und mit dem Gesicht über die Asphaltoberfläche mit grobschottrigen Anteilen oder Kies gezogen, der Polizist habe ihn geradezu auf dem Boden mit Sand eingerieben, ein Polizist habe ihm, als er auf dem Boden gelegen sei, einen heftigen Tritt gegen den linken Rippenbogen versetzt, er habe die Handschellen sehr eng über einen Zeitraum von 40 Minuten tragen müssen, was starke Schmerzen hervorgerufen habe, er habe durch diese Misshandlung nicht mehr alleine aufstehen können, RI A und GI W einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB falsch verdächtigt, wobei er wusste, dass die Verdächtigungen falsch waren.

 

                   Er hat hiedurch

zu 1)  das Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 Abs. 1 StGB und

zu 2)  das Vergehen der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 StGB

                   begangen.

 

                   Er wird hiefür unter Anwendung des § 28 StGB nach § 269 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von

 

6 (sechs) Monaten

 

                   und gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens

 

v e r u r t e i l t.

 

                   Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

 

                    Gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 StGB wird die in Vorhaft zugebrachte Zeit von 19.4.2006, 20.40 Uhr bis 20.47 Uhr auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.

 

                   B. Hingegen wird der Beschuldigte von dem weiters wider ihn erhobenen Strafantrag, er habe am 19.4.2006 in A als Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen ... auf der B 143 aus Richtung Ortszentrum A kommend in Richtung F fahrend, dadurch, dass er infolge Unachtsamkeit rechts von der Fahrbahn abkam und gegen einen Fahnenmast der dort befindlichen AVIA-Tankstelle sowie in weiterer Folge gegen zwei dort abgestellte Pkw prallte, fahrlässig eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder körperliche Sicherheit von O C und H C herbeigeführt,

 

                   und er habe sich vor der Tat, wenn auch nur fahrlässig durch den Genuss von Alkohol (1,62 Promille) in einen die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand versetzt, obwohl er vorhergesehen habe, dass ihm die Lenkung seines Kraftfahrzeuges, sohin eine Tätigkeit bevorstehe, deren Vornahme in diesem Zustand geeignet sei, eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit eines anderen herbeizuführen oder zu vergrößern

 

                   und er habe hiedurch das Vergehen der Gefährdung der körperlichen
Sicherheit nach den §§ 89 (81 Abs. 1 Z 2) StGB begangen

 

                   gemäß § 259 Z 3 StPO

 

f r e i g e s p r o c h e n."

 

In der gekürzten Urteilsausfertigung wird der Spruch des Urteils wiedergegeben und zum Grund des Freispruches angemerkt, dass kein Nachweis darüber möglich war, dass sich Mitfahrer im Auto befanden.

 

3.3. Das zitierte Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts R iI beruht auf dem Sachverhalt, der sich aus den im Folgenden zusammenfassend dargestellten Zeugenaussagen im gerichtlichen Strafverfahren ergibt. Für das gegenständliche Beschwerdeverfahren ist die Festnahme des Bf und tätliche Auseinandersetzung mit der Polizei, die den Schuldsprüchen zugrunde liegt, entscheidungswesentlich. Darauf wurde bei der Zusammenfassung das Augen­merk gelegt. Ob der Bf nun selbst der Unfalllenker war oder nicht, wovon der Einzel­richter trotz Freispruchs vom Vergehen nach § 89 StGB offenbar nach der stich­wortartigen Begründung im Urteilsvermerk (arg.: kein Nachweis möglich, dass sich Mitfahrern im Auto befunden haben) ausging, erscheint hier nicht wesentlich.

 

3.3.1. Die in der ersten Hauptverhandlung einvernommenen Zeugen G H, F P, G S, W H (HV-Prot. v 7.11.2006, Seiten 12 ff, 19 ff, 24 ff, 32 ff) sagten im Wesentlichen übereinstimmend aus, dass sich der alkoholisierte Bf, der von den Containern hinter der Tankstelle zur Unfallstelle geholt werden musste, schimpfend und aggressiv gegenüber den Polizisten verhalten hatte. Er wollte seine Personalien nicht bekanntgeben und keinen Alkotest machen. Er habe sich immer wieder vom Polizeiauto entfernt und telefoniert. Die Polizisten hätten ihm wiederholt nachgehen und ihn zurückholen müssen. Schließlich sei es zu einer Rangelei gekommen, weil sich der Bf körperlich wehrte und losriss. Er stieß die Polizisten weg und wehrte sich gegen die Festnahme. Deshalb hätten ihn die Polizisten auch niedergerungen und ihm am Boden Handschellen angelegt. Der Bf wäre aber nur kurz am Boden gewesen und schon nach wenigen Minuten hätte man ihm die Handschellen wieder abgenommen. Die Polizisten hätten auch nicht zugeschlagen und dem Bf weder einen Fußtritt versetzt, noch ihn am Boden über den Asphalt gezogen.

 

Der Zeuge GI W berichtete (HV-Prot v 7.11.2006, Seiten 36 ff), dass er am Unfallort mit dem Fotografieren beschäftigt war und sein Kollege A mit einem jungen Burschen wegging und bald darauf den Bf von einem Ort hinter dem Gebäude zur Unfallstelle holte. Dann habe ihn der Kollege zum Alkotest aufgefordert und man habe den Bf ersucht, sein Nationale anzugeben, was er absolut nicht machen wollte. Er hätte immer telefoniert. Man hätte ihn des Öfteren aufgefordert sich auszuweisen. Dann sei ihm die Festnahme angedroht worden, wenn er seine Identität nicht preisgebe. Daraufhin sei der Bf ausfällig geworden und hätte dem Kollegen, der ihn zum Auto bringen wollte, einen Stoß versetzt. Weil der Bf einfach nicht kooperativ war, forderte der Zeuge Unterstützung an und kam seinem Kollegen zu Hilfe. Der Bf ließ sich nicht beruhigen und hätte wild um sich geschlagen. Auf Grund der heftigen Gegenwehr des Bf wären sie alle zu Boden gekommen. Dort legten sie ihm die Handfesseln an, die er lediglich zwischen fünf und zehn Minuten tragen hätte müssen. Denn als er sich beruhigt hatte und den Alkotest machen wollte, hätte man ihm die Handschellen wieder abgenommen.

 

Der Zeuge RI A berichtete (HV-Prot v 7.11.2006, Seiten 43 ff), dass der Bf zunächst am Unfallort nicht anwesend und O C, ein Freund des Bf, im Besitz der Autoschlüssel war. Dieser bezeichnete den Bf als den Lenker, der Angst bekommen und sich abholen lassen hätte. Getrunken hätte er angeblich nichts. Der Zeuge H habe von einem Fahrer mit einer weißen Strickjacke gesprochen. Auf Hinweis des Herrn F, dass er Stimmen hinter einem Blechcontainer auf dem Nachbargelände gehört habe, begab sich der Zeuge dort hin und fand den Bf und H C, den Vater des O C, vor. RI A war sich auf Grund der Beschreibung und, weil sich der Bf hinter den Blechcontainern versteckt aufhielt, sicher, dass er es mit dem Lenker zu tun hätte. Der Polizeibeamte forderte dann zum Mitkommen auf und der Bf ging auch bis zum Streifenwagen mit. Auf die Frage, wer er sei und ob er gefahren wäre, hätte er gemeint, dass das die Polizei nichts angehe. Kurz vor dem Streifenwagen forderte ihn RI A zum Alkotest auf. Der Bf wäre auch mehrmals aufgefordert worden sich auszuweisen, hätte sich aber immer wieder entfernt und mit seinem Handy telefoniert. Nachdem ihm schon drei oder vier Mal die Festnahme angedroht worden war, wenn er seine Identität nicht bekannt gibt, sprach RI A die Festnahme aus. Daraufhin hätte der Bf geschrien.

 

Bei der Durchsetzung der Festnahme gegen den Widerstand des Bf wären alle drei gestolpert und zu Boden gestürzt. Die Polizeibeamten hätten den Bf an den Händen gehalten. Am Boden legte ihm der Zeuge W die Handschellen an, die er dann sieben Minuten oben hatte. Dem Bf seien weder Schläge oder Fußtritte versetzt worden, noch habe man ihn über den Asphalt gezogen.

Am Ende der Amtshandlung habe man die Fotos vom Bf aufgenommen und ihn vor Zeugen auch zu den Verletzungen befragt. Dabei habe er gesagt, dass er die Verletzungen schon vorher hatte. Der konkrete Festnahmegrund (§ 35 VStG) sei Verkehrsunfall mit Fahrerflucht - der Bf habe sich ja bei Aufgriff hinter Containern am Nachbargrund versteckt gehalten - und Nichtbekanntgabe der Identität gewesen. Der Bf hätte keinen Ausweis dabei gehabt und wäre dem Zeugen nicht bekannt gewesen. Der O C hätte schon zuvor gelogen, als er meinte, dass der Bf schon abgeholt worden und weg wäre. Man habe den Zulassungsschein und O C die Autoschlüssel gehabt, aber keinen Identitäts­nachweis.

 

3.3.2. Der in der Hauptverhandlung vom 14. Dezember 2006 als Zeuge einvernommene Tankwart C G (vgl HV-Prot. v 14.12.2006, Seiten 2 ff) meinte, den Fahrer, einen Südländertyp, der mit einem weißen Pullover oder Ähnlichem bekleidet war und nach seiner Ansicht offensichtlich getrunken hatte, gesehen zu haben. Er hätte sich auf der Fahrerseite irgendwie rausgelassen. Wegen des Ölaustritts habe er dann einen Ölbinder geholt und als er wieder zur Unfallstelle kam, wäre der Fahrer weg gewesen. Später hätte man den Fahrer, der etwas Weißes anhatte, von einem Ort hinter der Tankstelle wieder zum Polizeiauto gebracht. Der Zeuge hatte dann immer wieder in der Tankstelle zu tun und daher die weiteren Ereignisse nicht genau beobachten können. Aufgefallen sei ihm aber, dass sich der Bf gegen die Polizisten, die ihn links und rechts am Arm nahmen, gewehrt habe. Dies wäre ein offensichtlicher Widerstand gewesen (vgl HV-Prot., Seiten 7 und 15).

 

Der Zeuge V G (HV-Prot. v 14.12.2006, Seiten 19 ff) gab im Wesentlichen an, dass er den Bf mit dessen Auto, das er schon einige Tage zur Verfügung gehabt hätte, am Vorfallstag abholte. Der Bf hätte erst kurz vor der Tankstelle gesagt "rechts rein". Der Zeuge wäre ein bisschen zu schnell gewesen, hätte die scharfe Rechtskurve nicht mehr geschafft und wäre in die abgestellten Autos gefahren. Der Bf hätte dann zum Schreien angefangen und er wäre sofort gegangen, um einen Streit mit dem Bf zu vermeiden. Es hätte ihn nichts mehr interessiert und er wäre per Autostopp nach Hause.

 

3.3.3. Der zur Unterstützung gerufene Insp. F R gab in der Hauptverhandlung vom 3. Mai 2007 an (vgl HV-Prot. 2 ff), dass bei seinem Eintreffen der Bf keine Handschellen mehr hatte und viel redete, zB dass er viele Polizeibeamte gut kenne. Befragt nach Verletzungen hätte er gesagt, dass er diese schon vor dem gehabt Unfall hätte. Mit Sicherheit konnte dies der Zeuge aber nur für die Verletzungen an der Hand sagen. Der Zeuge C G wurde abermals einvernommen, wobei es im Wesentlichen darum ging, wer der Unfalllenker gewesen ist. Den Zeugen V G habe er nicht gesehen. Auch Verletzungen im Gesicht des Bf wären ihm nicht aufgefallen. Er habe ihn auch nicht angeschaut.

 

Der Zeuge M K (vgl HV-Prot. v 3.05.2007, Seiten 16 ff), ein Cousin des Bf, kam zu einem Zeitpunkt zur AVIA-Tankstelle, als die Polizisten schon eingetroffen waren. Er habe aus weiter Entfernung den Bf am Boden gesehen und dass sich ein Polizist über ihn beugte. Mehr habe er nicht gesehen, weil er gleich ins Gasthaus (Cafe) gegangen wäre.

 

3.3.4. In der Hauptverhandlung vom 22. Mai 2007 wurde zunächst der Bf als Beschuldigter ergänzend vernommen. Dabei schwächte er seine bisherigen Angaben merklich ab. Er gab an, nicht zu Boden geschlagen worden zu sein. Durch Reißereien wäre man gemeinsam auf den Boden gefallen und dort habe man ihm Handschellen angelegt und ihn wieder hochgezogen. Dann hätte er eine Viertelstunde oder 20 oder 25 Minuten gewartet. Über Vorhalt, dass er die Handschellen laut Akt nur sieben Minuten oben gehabt hätte, meinte er, dass das zu kurz wäre. Aber wenn er nachdenke, wären 40 Minuten, so wie bisher behauptet, zu viel. Er schätze eher nur 20 bis 25 Minuten. Auch die Behauptung, dass er mit dem Kopf über den Asphalt gezogen worden wäre, hielt der Bf nicht aufrecht. Er habe sich am Boden gewehrt und wäre bei den Haaren gehalten worden. Warum es in seiner Anzeige gegen die Beamten anders stünde, wollte er auf ein Missverständnis zurückführen. Alles hätte sich innerhalb eines Quadratmeters ereignet. Nachdem er hochgezogen worden war, wäre alles vorbei gewesen.

 

Der Bf blieb aber dabei, dass ihm der Polizist, nachdem er zu Sturz gekommen war, einen Fußtritt gegen den linken Rippenbogen versetzt, mit dem Knie auf seinen Nacken gedrückt und ihn an den Haaren hin und her gerissen hätte. Zum Vorhalt, dass die bisher vernommenen Zeugen davon nichts gesehen haben, meinte der Bf, dass sie weggeschaut oder dies nicht sehen hätten wollen (HV-Prot. v 22.05.2007, Seite 7).

 

Der zur Verstärkung angeforderte Insp. R W (HV-Prot. v 22.05.2007, Seiten 8 ff) erklärte, die Auseinandersetzung sei schon beendet gewesen und er könne sich an keine Handschellen beim Bf erinnern. Zu den Verletzungen im Gesicht und an der Hand sei der Bf vom Zeugen befragt worden, woher er diese habe und ob diese von der Auseinandersetzung mit den Beamten stamme. Daraufhin habe der Bf klipp und klar "nein" gesagt. Die Verletzungen habe er wo anders her. Der Zeuge habe seinen Kollegen noch gesagt, sie sollten die Verletzungen auf jeden Fall fotografisch festhalten, was dann auch gemacht wurde.

 

Auch von den weiteren Zeugen hat lediglich O C, der schon 13 Jahre in Österreich gelebt hat und hier zur Schule ging, tendenziell zugunsten des Bf ausgesagt. Er bestritt, dem Polizeibeamten A gesagt zu haben, dass der Bf der Unfalllenker gewesen sei. Über Vorhalt, dass Verständigungsprobleme unwahrscheinlich wären, meinte er, dass der Polizist ein bisschen etwas gegen ihn gehabt hätte. Die Auseinandersetzung hätte er gesehen. Der Bf wäre gestoßen, getreten und am Kopf gezerrt worden. Außerdem wären ihm Handschellen angelegt worden. Ein Polizist wäre auf dem Bf gekniet. Fußtritte hätte er aber nicht gesehen. Ob der Bf beim Anlagen der Handschellen am Boden lag oder gestanden ist, könne er nicht mehr sagen. Er hätte dies aber 15 bis 20 Minuten oben gehabt.

 

Der Zeuge C F (HV-Prot. v 22.05.2007, Seiten 17 ff) gab an dass er im Tankstellenrestaurant war und zum Fenster hinaus schaute, als er den
Tuscher vom Unfall hörte. Er glaubte den Bf als den Fahrer zu erkennen und dass noch andere Personen im Auto saßen, konnte aber keine genauen Angaben mehr machen. Er habe dann später auch den Bf beim Polizeiauto in Handschellen gesehen. Dieser hätte die Beamten beschimpft und gesagt, dass die Handschellen zu fest wären. Die Polizisten hätten ihm gesagt, dass sie ihm die Handschellen abnehmen, wenn er sich wieder ordentlich benehme. Dies habe er zugesagt und daraufhin hätten sie die Handschellen abgenommen. Danach hätten ihn die Polizisten drei oder vier Mal blasen lassen, weil es nicht gleich zu einem Ergebnis kam.

 

Der Zeuge H C gab an, das er mit seinem Sohn O C, der seinen Audi A6 lenkte, und weiteren Mitfahrern (M und H) wenige Minuten nach dem Unfall bei der AVIA-Tankstelle in A eintraf. Der Bf hätte wegen seinem Auto geweint und der Zeuge ihn beruhigt und ihm das Gesicht gewaschen. Über Vorhalt von Lichtbildern (vgl ON 9) bestätigte er, dass sie bei den Containern am Nachbargrundstück waren. Der Zeuge betonte in der Folge dass er betrunken war und nicht lügen möchte. Er könnte auch nicht Deutsch und deshalb hätte er nichts mitbekommen von der Unterhaltung mit der Polizei (HV-Prot., Seite 27). Auf die Frage, ob der Bf zu Sturz kam, meinte er nur, es hätte schon ein Stoßen gegeben, soweit er sich erinnern könnte. Ob er am Boden gelegen wäre, daran könnte er sich nicht genau erinnern. Warum sollte er lügen. Vielleicht habe es sein Sohn gesehen.

 

Der Zeuge A S (HV-Prot. v 22.05.2007, Seiten 28 ff) beobachtete den H C, der die ganze Zeit telefonierte und immer wieder hinter die Tankstelle gegangen wäre. Dort habe man dann nachgeschaut und jemanden telefonieren gehört, was dem Polizisten gemeldet wurde. Dieser hätte dann den Bf gestellt. Der Zeuge habe nicht viel gesehen, weil er wieder ins Cafe ging. Einmal habe er gesehen, dass der Bf kurz Handschellen oben hatte. Er habe den Bf nicht am Boden liegen und auch keine Tritte der Polizisten gesehen.

 

Der Zeuge H B, Cousin des Bf, gab an, dass er am Unfalltag mit dem O C mitfuhr und erst nach dem Unfall bei der AVIA-Tankstelle eintraf. Er wusste nicht mehr, wann die Polizei gekommen ist. Er wäre betrunken gewesen und hineingegangen, um Kaffee zu trinken. Er habe nicht aus der Nähe sondern nur vom Eingang Beobachtungen gemacht. Er habe schon bemerkt, dass der Bf einmal zu Boden stürzte, wüsste aber nicht wie das passierte. Ein normales Gespräch hätte sie nicht geführt. Er sei dann wieder ins Lokal gegangen und habe nichts gesehen. Er hätte weder Fußtritte gesehen, noch wüsste er, ob der Bf Handschellen oben hatte.

 

Der Zeuge A C, der jüngere Sohn von H C, war zu Hause geblieben und habe nur gesehen, dass der Bf mit einem fremden blonden Mann wegfuhr. Drei oder fünf Minuten später wären dann sein Vater und sein ältere Bruder sowie H und M losgefahren.

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes
Oberösterreich erwogen:

 

4.1. Zulässigkeit der Beschwerde

 

Gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist im Allgemeinen ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd
§ 863 ABGB bestehen (vgl O, Die österreichische Verwaltungs­gerichts­barkeit, 1983, 74).

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles droht (vgl mwN Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 [2007] Rz 610).

 

Mit der vorliegenden Beschwerde werden physische Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit (Kopfprellung, Hautabschürfungen im Bereich des linken Auges) und die persönliche Freiheit des Bf (Festnahme mit Handfesselung von schätzungsweise 40 Minuten, zumindest aber eine halbe Stunde) durch Polizeiorgane anlässlich der Unfallaufnahme am 19. April 2006 am Areal einer Tankstelle (AVIA-Tankstelle an der B 143) im Bereich der Ortschaft F (richtig: A) bekämpft und damit eindeutig die Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt gegenüber dem Bf durch Polizeibeamte geltend gemacht.

 

4.2. Eingriffe in verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte

 

4.2.1. Eingriff in die persönliche Freiheit

 

Nach Art 5 Abs 1 EMRK hat jedermann ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den Fällen des Absatz 1 lit a) bis f) und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden.

 

Art 1 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit (PersFrSchG), BGBl
Nr. 684/1988, gewährleistet dieses Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) ebenfalls. Nach Art 1 Abs 2 PersFrSchG darf niemand aus anderen als den in diesem BVG genannten Gründen oder auf andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nach Art 1 Abs 3 PersFrSchG nur vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist. Er ist nur zulässig, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.

 

Die Freiheitsentziehung im Sinne des PersFrSchG und der EMRK umfasst sowohl die Verhaftung (Festnahme) als auch die Anhaltung. Die Verhaftung (Festnahme) ist ein einmaliges Ereignis, sozusagen der Eintritt einer Freiheitsbeschränkung, der vom Willensakt eines Organs (Menschen) getragen wird. Dagegen stellt die Anhaltung die Fortdauer, die Aufrechterhaltung des einmal eingetretenen Zustands der Festgenommenheit dar (vgl Ermacora, Grundriss der Menschen­rechte in Österreich [1988] Rz 364 ff). Auch dieses Verhalten eines Organs muss von dessen Willen getragen sein. Damit müssen jeweils zwei Elemente vorliegen, nämlich ein tatsächliches Verhalten und der Wille zur Freiheitsbeschränkung. Dieser Wille, durch den das bloße Verhalten erst zum normativen Akt - hier: zum Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt - wird, kann etwa dadurch ausdrücklich erklärt werden, dass jemand durch ein Organ "für verhaftet erklärt" wird. Andererseits kann ein Organverhalten auch dann eine Freiheitsentziehung bedeuten, wenn das Organ den Willen nicht ausdrück­lich erklärt hat, dieser aber aus seinem Verhalten erschlossen werden muss.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann von
einem Eingriff in die persönliche Freiheit nur gesprochen werden, wenn der behördliche Wille primär auf eine Freiheitsbeschränkung gerichtet war, diese sich also nicht bloß als sekundäre Folge anderer Maßnahmen, mit denen Bewegungs­behinderungen verbunden sind, darstellt (vgl etwa VfSlg 5280/1966, 5570/1967, 8327/1978, 7298/1974, 12.017/1989, 12.792/1991). Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1998, B 1341/97, wurde in diesem Zusammenhang aber auch zum Ausdruck gebracht, dass eine nach Art und Umfang überschießende Amtshandlung eine einer Festnahme gleich­­kommende Beschränkung der persönlichen Freiheit darstellen kann.

 

4.2.2. Unmenschliche oder erniedrigende Behandlung gemäß Art 3 EMRK

 

Gemäß Art 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen werden.

 

Die Anwendung von Körperkraft kann gegen Art 3 EMRK verstoßen. Der Verfassungsgerichtshof hat dies für Ohrfeigen (VfSlg 8.296/1978, 10.052/1984), Fußtritte (VfSlg 10.250/1984, 11.095/1986, 11.144/1986, 11.230/1987, 11.687/1988), Schläge (VfSlg 8.645/1979, 10.250/1984, 11.096/1986, 11.170/1986, 11.328/1987, 11.421/1987, 12.603/1991) mehrfach ausge­sprochen. Eine den Rechtsgrundsätzen des Waffengebrauchsgesetz 1969 ent­sprechende verhältnismäßige und maßhaltende Zwangsausübung verstößt nicht gegen Art 3 EMRK (vgl VfSlg 9.298/1981, 10.250/1984, 10.321/1985, 10427/1985, 11.809/1988; 12.271/1990). Auch die Anwendung von Körperkraft ist daher nur dann gesetzmäßig, wenn die Zwangsausübung "notwendig und maßhaltend" ist (vgl Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar2 [2001], 927, Anm B.1. zu § 4 WaffGG).

 

Eine physische Zwangsmaßnahme verstößt gegen Art 3 EMRK, wenn ihr eine die Menschenwürde beeinträchtigende gröbliche Missachtung des Betroffenen als Person eigen ist (VfSlg 10.250/1984; VfGH 29.9.1992, B 590/98).

 

4.3. Im vorliegenden Beschwerdefall hatte der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich auf die präjudizielle Verurteilung des Bf vom 22. Mai 2007 durch den Einzelrichter des Landesgerichts R iI aus Anlass des gegenständlichen Vorfalls vom 19. April 2006 Bedacht zu nehmen. Da es zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen dem Bf und den Polizei­organen gekommen war und die nach den vorgebrachten Beschwerdegründen bekämpfte Maßnahme gleichzeitig ein strafbares Verhalten der eingeschrittenen Polizeibe­amten implizierte, hatte der Oö. Verwaltungssenat aus prozessöko­nomischen Gründen das Beschwerdeverfahren bis zur rechtskräftigen Ent­scheidung der zusammenhängenden Strafverfahren gemäß § 38 AVG ausgesetzt.

 

Eine präjudizielle Entscheidung entfaltet Bindungswirkung im Rahmen der Grenzen der Rechtskraft, weshalb eine eigenständige Vorfragenentscheidung nicht mehr in Betracht kommt. Die Behörde handelt vielmehr nur rechtmäßig, wenn sie die Bindung an die Entscheidung in der Hauptfrage beachtet. Dies gilt auch für rechtskräftige Entscheidungen von Strafgerichten (vgl näher Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] E 10a, E 10b und E 72c zu § 38 AVG; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrens­gesetze I2 [1998] E 48 ff zu § 38 AVG).

 

Im Hinblick auf den Strafausschließungsgrund des § 269 Abs. 4 StGB (zur strittigen Rechtsnatur näher Helmreich, Recht auf Widerstand?, ÖJZ 2006, 13 ff, 20 ff) setzt eine Verurteilung nach dem § 269 Abs 1 StGB auch die Prüfung durch das Strafgericht voraus, ob die Amtshandlung nicht von einem abstrakt unzuständigen Organ vorgenommen wurde oder gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen hat. Dabei kommen nur Tatbestände des StGB oder strafrechtlicher Nebengesetze in Betracht. In erster Linie ist an Missbrauch der Amtsgewalt (§ 302 StGB) und fahrlässige Verletzung der Freiheit der Person oder des Hausrechts (§ 303 StGB) zu denken. Bei Körperverletzungen anlässlich einer Amtshandlung wird von der hM etwa differenziert, dass sich der Widerstand nur gegen die strafbare Tat nach § 83 StGB nicht aber gegen die Amtshandlung als solche richten dürfe (strittig; zum Ganzen mwN Danek, Wiener Kommentar zum StGB, § 269 Rz 74 ff; aM dazu Helmreich, ÖJZ 2006, 19, der diese Differenzierung für praktisch undurchführbar hält). Aus der Verurteilung nach § 269 Abs 1 StGB ist daher jedenfalls auch abzuleiten, dass die einschreitenden Organe zur Amtshandlung ihrer Art nach berechtigt waren und dass diese nicht gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen hat. Auch eine bloß fahrlässige Freiheitsentziehung iSd § 303 StGB durch Polizeibeamte hätte zum Widerstand gegen die Amtshandlung berechtigt und dazu führen müssen, dass der Bf nicht wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt verurteilt hätte werden dürfen.

 

Im Zusammenhang mit der Berücksichtigung von strafrechtlichen Vorschriften geht es um die materielle Rechtmäßigkeit einer Amtshandlung. Die einschlägigen Verfassungsgesetze des Art 5 Abs 1 EMRK bzw Art 1 Abs 2 PersFrSchG betonen ausdrücklich, dass die Freiheit nur in der gesetzlich vorgesehenen Weise entzogen werden darf und verweisen damit auch auf die einfachen Verfahrensgesetze. Eine gesetzwidrige Festnahme verletzt damit auch das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit und betrifft damit das Grundrecht selbst. Wird eine Freiheitsentziehung durch fahrlässiges Verhalten eines Beamten herbeigeführt, ist der Betroffene auch in seiner grundrechtlichen Position geschädigt (vgl zum Ganzen mwN Stefan Seiler, § 303 StGB, eine Bestimmung ohne praktische Bedeutung?, ÖJZ 1995, 87 ff, 90 ff; Helmreich, ÖJZ 2006, 19).

 

4.4. Mit Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts R iI vom 22. Mai 2007, Zl. 7 Hv..., wurde der Bf im Spruchpunkt 1) des Schuldspruchs des Vergehens des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 19. April 2006 in A versucht habe, Beamte an einer Amtshandlung, nämlich seiner Festnahme zu hindern, indem er RI A einen Stoß gegen die Schulter versetzte sich gewaltsam von GI W losriss und wild um sich schlug. Damit folgte das Strafgericht offensichtlich den oben zu 3.3.1. dargestellten Zeugenaussagen und nicht der Verantwortung des beschuldigten Bf. Deshalb ist damit auch das gegenteilige Beschwerdevorbringen des Bf als widerlegt anzusehen.

 

Im vorliegenden Fall sind die Polizeibeamten weder wegen § 303 StGB noch
wegen §§ 83, 313 StGB, noch wegen eines anderen Verstoßes gegen strafgesetzliche Vorschriften verurteilt worden. Vielmehr hat die Staatsanwalt­schaft R iI nach der aktenkundigen Mitteilung vom 1. Juni 2007, Zl. 3 St, die aus dem gegenständlichen Anlass erstattete Anzeige des Landespolizeikommandos Oberösterreich vom 5. Juli 2007 gegen die Polizei­beamten A W und G A gemäß § 90 Abs 1 StPO (aF) zurückgelegt. Im Hinblick auf die strafgerichtliche Verurteilung des Bf wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt muss der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich davon ausgehen, dass der Einzelrichter des Landesgerichts R iI die Festnahme des Bf am 19. April 2006 für rechtmäßig erachtete und diesen daher auch nicht für berechtigt ansah, Widerstand gegen diese faktische Amtshandlung zu leisten. Nach den gegebenen Umständen (vgl insb Zeugenaussagen im Punkt 3.3.1.) war der Bf im Zeitpunkt der Amtshandlung durch RI A einer Verwaltungs­über­tretung nach § 4 Abs 1 iVm § 99 Abs 2 lit a) StVO wegen "Fahrerflucht" bzw "Nichtmitwirkung an der Feststellung des Sachverhalts" verdächtig. Da er nach den Schilderungen der Polizeibeamten und vieler anderer unbeteiligter Zeugen zunächst seine Identität nicht bekannt gegeben und sich auch nicht ausgewiesen hat, keinen Alkotest durchführen wollte und sich immer wieder vom Ort der Unfallaufnahme telefonierend entfernte, war auch an eine Festnahme im Grunde des § 35 Z 1 und Z 2 VStG zu denken. RI A hat sich in der Hauptver­handlung vom 7. November 2006 zum Festnahmegrund auch auf "Verkehrsunfall mit Fahrerflucht nach § 35 VStG" berufen (vgl HV-Prot.v 7.11.2006, Seite 47; ferner NS der PI A vom 2.05.2006 im Strafakt, Seiten 35 ff).

 

Schon im Hinblick auf diese Umstände und die entsprechende Bindungswirkung aus der rechtkräftigen Verurteilung war es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, die Rechtmäßigkeit der Festnahme und Anhaltung des Bf zu bezweifeln und einer neuerlichen Prüfung zu unterwerfen.

 

4.5. Mit Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts R iI vom 22. Mai 2007, Zl. 7 Hv..., wurde der Bf außerdem im Spruchpunkt 2) des Schuldspruchs des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er in der gegenständlichen Beschwerde vom 31. Mai 2006 die folgenden falschen Behauptungen, und zwar,

 

die Polizei habe die Tätlichkeiten begonnen und ihn zu Boden geworfen, ein Polizist hätte seinen Kopf mit dem Knie gegen den Boden gedrückt, ihn anschließend an den Haaren erfasst und mit dem Gesicht über die Asphalt­oberfläche mit grobschottrigen Anteilen oder Kies gezogen, der Polizist habe ihn geradezu auf dem Boden mit Sand eingerieben, ein Polizist habe ihm, als er auf dem Boden gelegen sei, einen heftigen Tritt gegen den linken Rippenbogen versetzt, er habe die Handschellen sehr eng über einen Zeitraum von 40 Minuten tragen müssen, was starke Schmerzen hervorgerufen habe, er habe durch diese Misshandlung nicht mehr alleine aufstehen können,

 

aufstellte und dadurch RI A und GI W einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs 1 StGB falsch verdächtigte, obwohl er wusste, dass die Verdächti­gun­gen falsch waren.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist auch an den Inhalt dieses rechtskräftigen Schuldspruches des Strafgerichts gebunden, wonach die Behauptungen des Bf in der gegenständlichen Beschwerde falsch waren und er wissentlich falsche Verdächtigungen gegen die Polizeibeamten iSd § 297 Abs 1 StGB aussprach. Mit diesem Schuldspruch folgte der Einzelrichter abermals den im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben der im Punkt 3.3.1. angeführten Zeugen. Der Oö. Verwaltungssenat hat daher anzunehmen, dass der Bf, der sich gegen seine Festnahme widerrechtlich zur Wehr setzte und um sich schlug, von den beiden Polizeibeamten zur Durchsetzung der Maßnahme mit angemessener Gewalt überwältigt wurde. Dabei haben ihn die Polizeibeamten beidseitig an Armen bzw Händen gefasst und kamen wegen des heftigen Widerstands des Bf mit ihm zu Boden, wo ihm aber schließlich Handschellen angelegt werden konnten, die er lediglich wenige Minuten (nach RI A nur sieben Minuten von 20.40 Uhr bis 20:47 Uhr), nämlich bis er sich wieder beruhigt hatte, tragen musste. Dem Bf wurden weder Schläge, noch Fußtritte versetzt. Er wurde auch nicht mit dem Gesicht bzw an den Haaren über den Asphaltboden gezogen.

 

Ob die im Gegensatz zur Beschwerdeschilderung optisch eher nur leichten Hautabschürfungen im Gesicht des Bf (vgl Farbfotobeilage zum HV-Prot. v 7.11.2006 im Strafakt, Seite 241) von der Auseinandersetzung mit den Polizeibeamten stammten oder schon vorher (zB.: von einer früheren Rauferei oder als Unfallfolge) vorhanden waren, wurde im Strafverfahren nicht mit letzter Sicherheit aufgeklärt. Auch wenn diese Verletzungen von der Amtshandlung stammen sollten, änderte dies aber nichts am Ergebnis. Der Bf hätte sich die Verletzungen selbst zuzuschreiben, zumal er sich entgegen seiner Duldungs­pflicht heftig gegen die be­rechtigte Festnahme durch die Polizeibeamten wehrte. Es sind auf der Tat­sachengrundlage des Urteils des Landesgerichts R iI und nach den Zeugenaussagen mit Ausnahme des O C, dem der Strafrichter aber offenkundig nicht folgte, keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Polizeibeamten nicht maßhaltend und dem Verhalten des Bf angemessen vorgegangen wären.

 

Im Ergebnis kann daher die bekämpfte Amtshandlung auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit und nach den Kriterien des Art 3 EMRK nicht als rechtswidrig angesehen werden.

 

5. Gemäß § 79a Abs 1 AVG hat die im Verfahren nach § 67c AVG obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird der angefochtene Verwaltungsakt für rechtwidrig erklärt, dann ist nach § 79a Abs 2 AVG der Beschwerdeführer die obsiegende Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen oder vom Beschwerdeführer zurückgezogen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs 3 AVG). Nach § 79a Abs 6 AVG 1991 ist Aufwandersatz nur auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

 

Als Aufwendungen gelten gemäß § 79a Abs 4 AVG neben Stempel- und Kommissionsgebühren sowie Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat, die durch Verordnung des Bundeskanzlers festgesetzten Pauschbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

 

Auf Antrag der belangten Behörde in der Gegenschrift war dem Land Ober­öster­reich als dem Rechtsträger, für den die belangte Behörde in Vollziehung der Straßen­verkehrsordnung funktionelle tätig geworden ist, Aufwandersatz für Akten­vorlage und Schriftsatzaufwand zuzusprechen. Für die Berechnung des pauschalierten Aufwandersatzes ist von der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 (BGBl II Nr. 334/2003), auszugehen. Danach beträgt der Pauschalbetrag für die belangte Behörde als obsiegende Partei für den Vorlageaufwand 51,50 Euro und für den Schriftsatzaufwand 220,30 Euro. Insgesamt war daher der Bf zum Ersatz des pauschalierten Verfahrensaufwandes in Höhe von 271,80 Euro zu ver­pflichten.

 

Analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl Erl zur RV, 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1.Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro für die Beschwerde (§ 14 TP 6 GebG) und für 3 Beilagen kurz (§ 14 TP 5 GebG: 3 x 3,60 = 10,80 Euro), insgesamt daher in Höhe von 24 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

 

Dr. W e i ß

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum