Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251860/4/Fi/TD

Linz, 20.10.2008

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Vizepräsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die Berufung des F M, vertreten durch Mag. A W, Rechtsanwalt, N gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Steyr-Land vom 11. Juni 2008, GZ SV96-21-2006, wegen einer Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung (gegen die Strafhöhe) wird stattgegeben und das Strafausmaß auf 1000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 34 Stunden) herabgesetzt.

II.              Die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der I. Instanz betragen 100 Euro (das sind 10 % der verhängten Strafe).  Für das Verwaltungsstrafverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat hat der Berufungswerber keine Verfahrenskosten zu bezahlen.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG und § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis vom 11. Juni 2008, GZ: SV96-21-2006, wurde über den Berufungswerber (in der Folge Bw) gemäß § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG eine Geldstrafe in Höhe von 2000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 200 Stunden) verhängt, weil er es als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Fa. M T GmbH, mit Sitz in S, zu verantworten habe, dass er zumindest am 17. und 18. Juli 2006 den bulgarischen Staatsbürger P O V für Arbeiten auf einer Baustelle in Linz beschäftigt habe, ohne dass ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde und auch keine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder ein Niederlassungsnachweis gemäß § 3 AuslBG vorlag.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Verwaltungsübertretung durch die am 19. Juli 2006 stattgefundene Kontrolle des Stadtpolizeikommandos Steyr erwiesen sei und überdies der Bw selbst im Zuge einer Befragung am 20. Juli 2007 die Beschäftigung des Ausländers eingestanden habe.

Hinsichtlich der Strafbemessung ging die belangte Behörde unter Heranziehung des einschlägigen gesetzlichen Strafrahmens, welcher eine Mindeststrafhöhe von 1000 Euro vorsieht, insbesondere davon aus, dass der Bw die Übertretung fahrlässig begangen habe und Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz ganz allgemein einen schwerwiegenden Unrechtsgehalt aufweisen können. Nähere diesbezügliche Ausführungen, vor allem konkrete einzelfallspezifische Überlegungen zum vorliegenden Unrechtsgehalt, unterblieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis bzw. ausschließlich gegen die Strafhöhe richtet sich das am 24. Juni 2008 bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land rechtzeitig eingebrachte Rechtsmittel der Berufung. Darin beantragt der Bw das Strafausmaß auf 500 herabzusetzen, da gemäß § 20 VStG die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen würden bzw. lediglich Milderungsgründe vorlägen. Die Begründung der belangten Behörde zur verhängten Strafe von 2000 Euro stelle mangels konkreter Nachweise des schwerwiegenden Unrechtsgehaltes eine Scheinbegründung dar.

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 1. Juli 2008 dem oberösterreichischen Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

2.2. Der UVS hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsstrafakt sowie die Berufung des Bw. Dem Finanzamt Kirchdorf, Perg und Steyr wurde im Rahmen des Parteiengehörs Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben; wovon dieses aber keinen Gebrauch machte. Da sich bereits aus diesen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären lies und sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtete, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, da eine solche auch nicht beantragt wurde, gemäß § 51 e Abs 3 Z 2 VStG abgesehen werden.

 

2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus: 

Der Bw hat – was von ihm auch nicht bestritten wird - die genannte Verwaltungsübertretung fahrlässig begangen. Er verfügt über ein Monatseinkommen von rund 2000 Euro und eine Tischlerei und hat keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten. Es existieren keine einschlägigen Vormerkungen. Weitere besondere Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe wurden nicht vorgebracht bzw. liegen nicht vor.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Da keine 2000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war der UVS Oö. zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

3.2. Da sich die Berufung ausdrücklich nur gegen die Strafhöhe richtet, haben nähere Ausführungen zum objektiven Tatbestand zu unterbleiben. Es steht fest, dass der Bw am 17. und 18. Juli 2006 einen Ausländer entgegen § 3 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl 218/1975 in der zum Tatzeitpunkt anzuwendenden Fassung BGBl I  99/2006 (AuslBG) auch subjektiv vorwerfbar beschäftigt hat, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 1000 Euro bis zu 10000 Euro gemäß § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG zu verhängen ist.

3.3. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Entsprechend § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sind allerdings nur ausnahmsweise nach Maßgabe der einzelnen Milderungs- und Erschwerungsgründe nach den §§ 32 bis 35 StGB, wie etwa dem Milderungsgrund der drückenden Notlage iSd § 34 Abs 1 Z 10 StGB zu berücksichtigen. Eine solche „drückende Notlage“ wurde vom Bw selbst nicht behauptet. Im Übrigen haben die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse im Zusammenhang mit der Wertung der Milderungs- und Erschwerungsgründe außer Betracht zu bleiben (vgl. VwGH vom 3. November 2005, 2005/15/0106, vom 15. April 2005, 2005/02/0086 und vom 20. September 2000, 2000/03/0074).

3.4. Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

Voraussetzung für eine außerordentliche Milderung der Strafe nach § 20 VStG ist ein erhebliches Überwiegen der Milderungsgründe. Die Anwendung des § 20 VStG erfordert, dass die vorliegenden Milderungsgründe – und zwar nicht der Zahl nach, sondern dem Gewicht nach die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen. Hierzu ist es nötig, die zum Tragen kommenden Milderungs- und Erschwerungsgründe einander gegenüber zu stellen und deren Bedeutung im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhaltes zu bewerten (vgl. VwGH vom 16. Oktober 2001, 99/09/0058). 

Erschwerungsgründe liegen beim Bw nicht vor. Als Milderungsgrund kommt die verwaltungsrechtliche Unbescholtenheit zum Tragen. Darin, dass die Verwaltungsübertretung wie vom Bw ins Treffen geführt lediglich im Ausmaß von 2 Tagen nachgewiesen werden konnte und sie zudem fahrlässig begangen wurde – zur Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 3 iVm § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG reicht Fahrlässigkeit aus – liegen keine besonderen Milderungsgründe (vgl. VwGH vom 15. September 1997, 97/10/0154 und vom 20. September 2000, 2000/03/0074). Auch bilden die im Zuge der Erhebungen getätigten Angaben des Bw bzw. die auf die Strafhöhe reduzierte Berufung, wonach er die Beschäftigung des bulgarischen Staatsangehörigen bestätigt, keinen besonderen Milderungsgrund, da diese weder ein reumütiges Geständnis im Sinne des Gesetzes, noch einen wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung gemäß § 34 Abs 1 Z 17 StGB darstellen (vgl. VwGH vom 14.6.1996, 94/02/0492) und dies vom Bw auch gar nicht behauptet wird. Der einzige zu berücksichtigende Milderungsgrund der verwaltungsgerichtlichen Unbescholtenheit bedeutet jedoch selbst bei Fehlen von Erschwerungsgründen noch kein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG, sodass eine außerordentliche Milderung der Strafe nicht in Betracht kommt (vgl. VwGH vom 8. September 1998, 98/03/0159).

Eine – vom Bw auch gar nicht beantragte – Anwendung des § 21 VStG, somit ein Absehen von der Strafe zugunsten einer Ermahnung, scheitert nach Auffassung des zuständigen Mitglieds des Verwaltungssenates daran, dass die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend sind, da die illegale Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften insbesondere die Gefahr schwerer volkswirtschaftlicher Schäden (v.a. durch den Entfall von Steuern, Abgaben sowie Beiträgen zu den Systemen der sozialen Sicherheit) und die Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung birgt (vgl. VwGH vom 7. Februar 2008, 2007/09/0229) und ebenfalls aus spezialpräventiver Sicht eine Ermahnung nicht geeignet scheint, um den Bw vor der Begehung derartiger künftiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Hinzu kommt dass das tatbildgemäße Verhalten des Bw nicht in dem dafür erforderlichen Ausmaß hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt.

 

Folglich ist der belangten Behörde nicht entgegen zu treten, wenn sie bei der Strafbemessung die §§ 20 und 21 VStG, mangels Vorliegen der hierfür nötigen gesetzlichen Voraussetzungen, nicht zur Anwendung brachte und nach § 19 VStG die Strafe festsetzte.

 

3.5. Allerdings gelangt das zuständige Mitglied des Oö. Verwaltungssenates zur Auffassung, dass der von der Erstbehörde angeführte schwerwiegende Unrechtsgehalt nicht in dem dafür nötigen Ausmaß auf den Einzelfall bezogen konkretisiert wurde. Der Verweis auf das Vorliegen eines allgemeinen schwerwiegenden Unrechtsgehaltes im Ausländerbeschäftigungsgesetz, losgelöst vom konkreten Sachverhalt, vermag noch keinen solchen Unrechtsgehalt zu begründen. Auch ist der Oö. Verwaltungssenat der Ansicht, dass aufgrund der vorliegenden Verwaltungsübertretung – fahrlässige Übertretung, Beschäftigung eines Ausländers für die Dauer von 2 Tagen, verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bw sowie seine Angaben im Zuge der Ermittlungen – mit der Mindeststrafe in Höhe von 1000 Euro das Auslangen gefunden werden kann. Die verhängte Geldstrafe war daher auf 1000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 100 Stunden) herabzusetzen.

 

3.6. Gemäß § 16 Abs 1 VStG ist, wenn eine Geldstrafe verhängt wird, zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen. Diese darf das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist – wie im vorliegenden Fall – zwei Wochen nicht übersteigen. Sie ist ohne Bedachtnahme auf § 12 nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen (§ 16 Abs 2 VStG). Bei einer Herabsetzung der Strafe auf 1000 Euro einerseits und  der Wahrung des im Gesetz festgelegten Verhältnisses von Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe andererseits, war die Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden zu reduzieren.

4. Der Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren beträgt gemäß § 64 Abs 2 VStG 10 % der verhängten Strafe und ist daher mit 100 Euro anzusetzen. Hinsichtlich des Berufungsverfahrens erwachsen dem Bw gemäß § 65 VStG keine Kosten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Johannes Fischer

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Unbescholtenheit ist für sich kein Strafmilderungsgrund iSd § 20 VStG

 

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