Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251936/2/Gf/Mu/Ga

Linz, 03.10.2008

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof aus Anlass der Berufung der K A, vertreten durch RA Dr. T M,  gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 29. Juli 2008, GZ 16632/2008, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungs­gesetzes zu Recht erkannt:

I.     Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Höhe der Geldstrafe mit 400 Euro und jene der Ersatzfreiheitsstrafe mit 60 Stunden festgesetzt wird.

II.   Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 40 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kosten­beitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 29. Juli 2008, GZ 16632/2008, wurde über die Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe in der Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 112 Stunden) verhängt, weil sie vom 31. Jänner 2008 bis zum 15. Februar 2008 eine Person als Aushilfskraft in einem von ihr betriebenen Wettbüro beschäftigt gehabt habe, ohne diese vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger zur Pflichtver­sicherung aus der Krankenversicherung anzumelden. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 33 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 31/2007 (im Folgenden: ASVG), begangen, weshalb sie nach § 111 ASVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der ihr zur Last gelegte Sachverhalt auf Grund entsprechender Wahrnehmungen eines Ermittlungsorganes im Zuge einer Lokalkontrolle als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei ihre bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihr am 14. August 2008 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 27. August 2008 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin wird vorgebracht, dass die von der belangten Behörde vorgenommene Schätzung ihrer Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse insofern unrichtig sei, als sie nicht ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000,- Euro habe, sondern als Abwäscherin in einem Gasthof lediglich 960 Euro im Monat verdiene.

Daher wird beantragt, die Höhe der Geldstrafe herabzusetzen.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Linz zu GZ 16632/2008; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – nachdem hier eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 33 Abs. 1 ASVG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungs­übertretung und ist nach § 111 Abs. 2 ASVG mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro zu bestrafen, der als Dienstgeber eine von ihm beschäftigte, in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anmeldet.

3.2. Im gegenständlichen Fall wurde im angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro, also die Mindeststrafe für eine Tatbegehung im Erstfall verhängt.

3.2.1. Aus der einleitenden Formulierung "unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes" in § 111 Abs. 2 ASVG ergibt ist grundsätzlich, dass auch für jene nach § 111 Abs. 1 ASVG zu ahndenden Übertretungen im Erstfall die Vorschriften über die außerordentliche Milderung der Strafe (§ 20 VStG: Unterschreiten der Strafuntergrenze bis zur Hälfte) bzw. über ein Absehen von der Strafe unter allfälliger gleichzeitiger Ermahnung (§ 21 VStG) in vollem Umfang zum Tragen kommen sollen, d.h. bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen im Zuge der Strafbemessung auch zwingend berücksichtigt werden müssen. Konträr dazu ordnet jedoch diese Vorschrift im Weiteren an, dass die Geldstrafe im Falle eines geringfügigen Verschuldens und unbe­deuten­der Tatfolgen bis auf 365 Euro herabgesetzt, damit also die Strafuntergrenze bis zur Hälfte unterschritten werden kann. Insgesamt würde dies systematisch bedeuten, dass selbst dann, wenn die Voraussetzungen des § 21 VStG vorliegen, nicht vollständig von der Verhängung einer Strafe abgesehen, sondern lediglich eine außerordentliche Strafmilderung vorgenommen werden könnte. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien (77 BlgNR, 23. GP, S. 4) einerseits sowie unter offenkundig gleichzeitig gebotener Zugrundelegung einer im Hinblick auf die Bedarfskompetenz des Art. 11 Abs. 2 B-VG (von der nur bei einer entsprechend begründeten Erforderlichkeit abgewichen werden könnte) verfassungskonformen Interpretation insgesamt ergibt, ist diese Anordnung jedoch nicht im Sinne eines echten Widerspruches – der im Ergebnis die Anwendbarkeit der §§ 20 und 21 VStG ausschließen würde – gemeint, sondern vielmehr dahin zu verstehen, dass der Strafbehörde hiedurch (in überflüssiger Weise, weil bei geringfügigem Verschulden und unbedeutenden Tatfolgen schon gemäß § 21 VStG nicht bloß die Strafuntergrenze zu unterschreiten, sondern vielmehr zwingend [vgl. z.B. VwGH v. 21. Oktober 1998, Zl. 96/09/0163; v. 19. September 2001, Zl. 99/09/0264] überhaupt von der Verhängung einer Strafe abzusehen ist) lediglich eine dritte Handlungsalternative eingeräumt werden sollte.

Aus all dem folgt, dass im Ergebnis auch im Falle einer Übertretung gemäß § 111 Abs. 1 ASVG im Zuge der Strafbemessung zunächst zu prüfen ist, ob gemäß § 21 VStG die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe vorliegen; wenn dies nicht zutrifft, so ist noch darüber hinaus zu untersuchen, ob nach § 20 VStG eine Unterschreitung der Strafuntergrenze geboten ist.

3.2.2. Im gegenständlichen Fall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass die Folgen der Übertretung angesichts des damit verbundenen volks­wirtschaft­lichen Schadens nicht unbedeutend sind. Dem ist die Rechtsmittel­werberin nicht entgegengetreten.

Auch der Oö. Verwaltungssenat ist der Auffassung, dass die Straflosigkeit einer Missachtung der in § 33 Abs. 1 ASVG positivierten Meldepflicht eine weit­reichende Beispielswirkung nach sich ziehen könnte, die in Dienstgeberkreisen zu einer generellen Gleichgültigkeit bis hin zu einer prinzipiellen Missachtung dieser Obliegenheit solange, bis eine behördliche Beanstandung erfolgt, führen könnte. Unter diesem Gesichtspunkt kann daher nicht die Rede davon sein, dass die hier über mehr als 14 Tage währende Nichtanmeldung eines Dienstnehmers – wobei hinzukommt, dass der gesetzwidrige Zustand offenkundig ohnehin nur aus Anlass der behördlichen Kontrolle beendet wurde – keine oder lediglich unbedeutende Folgen nach sich gezogen hätte.

3.2.3. Im Zuge der Prüfung der Frage, ob gemäß § 20 VStG eine Unterschreitung der gesetzlichen Strafuntergrenze in Betracht kommt, sind die Milderungs- gegenüber den Erschwerungsgründen abzuwägen, wobei Erstere die Letzteren beträchtlich überwiegen müssen.

Im vorliegenden Fall ist die Beschuldigte 38 Jahre alt und nach Ausweis des von der belangten Behörde vorgelegten Aktes bislang verwaltungsstrafrechtlich völlig unbescholten. Sonstige Milderungsgründe liegen nicht vor und wurden auch von der Rechtsmittelwerberin nicht geltend gemacht. Umgekehrt geht die belangte Behörde hinsichtlich der Erschwerungsgründe aber auch selbst davon aus, dass solche nicht vorliegen.

Bei dieser Sachlage ist daher gesamthaft betrachtet eine außerordentliche Strafmilderung grundsätzlich gerechtfertigt.

Im Besonderen war weiters darauf Bedacht zu nehmen, dass das monatliche Nettoeinkommen der Rechtsmittelwerberin – von der Erstbehörde unwider­sprochen – um mehr als die Hälfte unter dem Betrag liegt, den die belangte Behörde ihrer Strafbemessung zu Grunde gelegt hat.

All dies berücksichtigend findet es der Oö. Verwaltungssenat daher im vor­liegenden Fall als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, die Höhe der Geldstrafe mit 400 Euro und jene der Ersatzfreiheitsstrafe mit 60 Stunden festzusetzen.

3.3. Insoweit war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 40 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war hingegen gemäß § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

Rechtssatz:

 

VwSen-251936/2/Gf/Mu/Ga vom 3. Oktober 2008

 

§ 111 ASVG; § 20 VStG; § 21 VStG

 

Aus der einleitenden Formulierung des § 111 Abs. 2 ASVG ergibt ist grundsätzlich, dass auch für jene nach § 111 Abs. 1 ASVG zu ahndenden Übertretungen im Erstfall die Vorschriften über die außerordentliche Milderung der Strafe (§ 20 VStG) bzw. über ein Absehen von der Strafe unter allfälliger gleichzeitiger Ermahnung (§ 21 VStG) in vollem Umfang zum Tragen kommen sollen. Konträr dazu ordnet jedoch diese Vorschrift weiters an, dass im Falle eines geringfügigen Verschuldens und unbedeutender Tatfolgen die Strafhöhe bis auf 365 Euro herabgesetzt, also die Strafuntergrenze bis zur Hälfte unterschritten werden kann. Insgesamt würde dies bedeuten, dass selbst dann, wenn die Voraussetzungen des § 21 VStG vorliegen, nicht vollständig von der Verhängung einer Strafe abgesehen, sondern lediglich eine außerordentliche Strafmilderung vorgenommen werden könnte. Aus den Gesetzesmaterialien folgt jedoch, dass diese Anordnung insgesamt nicht im Sinne eines echten Widerspruches – der im Ergebnis die Anwendbarkeit der §§ 20 und 21 VStG ausschließen würde –, sondern vielmehr dahin zu verstehen ist, dass der Strafbehörde hiedurch lediglich eine dritte Handlungsalternative eingeräumt werden sollte.

 

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