Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280909/28/Wim/Ps

Linz, 21.10.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn S F, B, A, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. B H, Mag. C E, Mag. E H, Dr. H P W, S, L, vom 24. April 2006, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 7. April 2006, Zl. Ge96-13-2005, wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 7. Oktober 2008, zu Recht erkannt:

 

 

I.            Die Berufung wird abgewiesen und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt.

 

II.        Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungs­verfahrens 40 Euro zu leisten, das sind 20 % der verhängten Strafe.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.      Mit dem gegenständlichen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber wegen näherer im Spruch konkretisierter Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes (Überschreitung der täglichen Lenkzeit) mit einer Geldstrafe von 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag, gemäß § 28 Abs.1a Arbeitszeitgesetz bestraft und er zu einem 10%igen Verfahrenskostenbeitrag verpflichtet.

 

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen:

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und verwaltungs­straf­rechtlich Verantwortlicher und somit als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der T F GmbH mit dem Sitz in A, die wiederum persönlich haftender Gesellschafter der T F GmbH & Co OHG mit dem Sitz in A ist und die Gewerbeberechtigung für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit 20 Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs im grenzüberschreitenden Güterverkehr im Standort  A, B besitzt, zu verantworten, dass der im Betrieb in  A, B, beschäftigte Lenker, Herrn J R, als Lenker eines Kraftfahrzeuges (Kz: ) im internationalen Straßenverkehr (innergemeinschaftlich oder Fahrten von bzw. nach Drittländer; Fahrtstrecke: Schiphol – Nürnberg – Anhalteort A8 Kematen am Innbach), das der Güterbeförderung dient, und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, vom 21.2.2005, 14.00 Uhr bis 22.2.2005, 13:15 Uhr mit einer Lenkzeit (Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten) von 12 Stunden 20 Minuten eingesetzt war, obwohl diese nur 10 Stunden betragen hätte dürfen."

 

 

2.      Dagegen hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben und darin zusammengefasst im Wesentlichen vorgebracht, dass der Lenker Herr J R kein Arbeitnehmer sondern selbstständiger Gesellschafter der T F GmbH & Co OHG ist und daher die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes auf ihn nicht anwendbar seien. Dies wurde umfassend unter Verweis auf die einzelnen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages begründet.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat mit Erkenntnis vom 14. August 2007, Zl. VwSen-280909/4/Wim/Be, der Berufung Folge gegeben.

 

Aufgrund einer dagegen vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit eingebrachten Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 18. Juni 2008, Zlen. 2007/11/0196, 0197-5, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

 

In der Folge wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat das Ermittlungs­verfahren ergänzt.

 

 

3.1.   Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt einschließlich der darin vorhandenen Gesellschaftsverträge und Auszüge aus dem Firmenbuch und dem Gewerberegister und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7. Oktober 2008, bei der neben dem Berufungswerber auch ein zur Zeit der Übertretung angeführter persönlich haftender Gesellschafter der OHG, Herr A B als Zeuge einvernommen wurde. Die Einvernahme des im Straferkenntnis angeführten Lenkers J R konnte nicht erfolgen, da dieser in Österreich nicht mehr gemeldet war.

 

Darüber hinaus wurde ein Sozialversicherungsdatenauszug für den Lenker eingeholt. Daraus ergibt sich, dass Herr J R seit 1. Juli 2004 als gewerblich selbständiger Erwerbstätiger bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft durchgehend versichert war und dies seine einzige Sozialversicherung darstellt.

 

Überdies wurde auch Einsicht genommen in den Bezugsakt des Unabhängigen Verwaltungssenates VwSen-251353, in welchem der Berufungswerber rechts­kräftig wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes wegen Beschäftigung desselben Lenkers am 11. November 2004 bestraft worden ist.

 

3.2.   Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungs­wesentlichen Sachverhalt aus (sämtliche Feststellungen beziehen sich, sofern nicht anders erwähnt, auf den vorgeworfenen Tatzeitraum):

 

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der T F GmbH und auch der F T GmbH.

 

Die T F GmbH war neben 24 natürlichen Personen persönlich haftende Gesellschafterin der T F GmbH & Co OHG. Diese GmbH besitzt keinen Gewerbeschein und wurde als reine Beteiligungsgesellschaft gegründet.

 

Die F T GmbH übte früher das Transportgewerbe aus und hatte Lenker mit Werkvertrag beschäftigt. Nachdem 2004 derartige Beschäftigungen als nicht selbständig anerkannt wurden, wurde in der Folge die nunmehrige Firmenkonstruktion gewählt und es waren ein Großteil der dazumals quasi selbständigen Lenker nunmehr als Gesellschafter in der OHG vertreten. Auch die Konzession für das Güterbeförderungsgewerbe liegt bei der OHG.

 

Die F T GmbH ist Eigentümerin von Lastkraftfahrzeugen und vermietet diese vorwiegend bzw. fast ausschließlich an die nunmehrige OHG. Sie übt aber kein Güterbeförderungsgewerbe mehr aus. Die OHG hat fallweise, sofern zusätzliche Kapazitäten erforderlich waren, auch Fahrzeuge von anderen Firmen gemietet. Der Fahrzeugstamm stammte jedoch ausschließlich von der F T GmbH. Die Gesellschafter haben keine eigenen Fahrzeuge in die Gesellschaft bzw. in deren Vermögen eingebracht.

 

Gemäß § 3 Abs.1 des Gesellschaftsvertrages über die Errichtung einer offenen Handelsgesellschaft leisten die in § 1 angeführten Gesellschafter jeweils eine Bareinlage von 1.000 Euro.

Die Gesellschafter, die als natürliche Personen beteiligt waren, haben praktisch für die Gesellschaft nur Lenkertätigkeiten ausgeübt und diese grundsätzlich selbst erbracht. Ein Konkurrenzverbot in der Form, dass sie nicht auch Tätigkeiten für andere Firmen oder in selbständiger Form ausüben durften, bestand nicht. Sämtliche Verwaltungstätigkeiten wurden durch die T F GmbH durchgeführt.

 

Die persönlich haftenden Gesellschafter waren gemäß § 3 Abs.3 verpflichtet, ihre Arbeitskraft zur Erfüllung der von der Gesellschaft übernommenen Aufträge und Arbeiten in der Weise einzubringen, dass sie jeweils in einem Zeitraum von drei Wochen zumindest zwei Wochen für die Gesellschaft tätig sein werden. Die T F GmbH war vorwiegend für die Administration und Verwaltung der von der Gesellschaft übernommenen Aufträge zuständig.

 

Gemäß § 5 Abs.2 sind an der Substanz und am Gewinn und Verlust der Gesellschaft die Gesellschafter – unter der Voraussetzung der nachweislichen Erbringung der Arbeitsleistung im in § 3 Abs.3 bestimmten Ausmaß unter Berücksichtigung der Entnahmen nach § 6 dieses Vertrages – im Verhältnis ihrer festgelegten Kapitalkonten beteiligt. Kommen einzelne Gesellschafter den gesellschaftsvertraglichen Verpflichtungen nicht oder nicht ausreichend nach, wird das Ergebnis dementsprechend anders aufgeteilt.

 

Nach § 6 Abs.1 werden die Kapitaleinlagen der Gesellschafter auf festen Kapitalkonten gebucht. Einzahlungen auf die Kapitalkonten sind nicht zulässig. Der Gewinn- oder Verlustanteil eines jeden Gesellschafters wird auf einem Verrechnungskonto (Privatkonto) verbucht.

 

Gemäß § 6 Abs.2 sind die Gesellschafter für die Erbringung ihrer Arbeitsleistung im in § 3 Abs.3 definierten Ausmaß berechtigt, monatliche Entnahmen in der Höhe von 0,2181 Euro pro nachweislich gefahrenem und von der Gesellschaft verrechneten Kilometer (das entspricht in etwa 25 % des vom Gesellschafter dadurch für die Gesellschaft erwirtschafteten Umsatz) vorzunehmen. Die T F GmbH ist für die Erbringung ihrer Arbeitsleistungen im in § 3 Abs.3 definierten Ausmaß berechtigt, monatliche Entnahmen in der Höhe von 0,0346 Euro pro von der Gesellschaft insgesamt verrechneten Kilometer vorzunehmen. Die vereinbarten Beträge können jährlich einvernehmlich entsprechend angepasst werden.

Es besteht Einvernehmen darüber, dass über den vereinbarten Vorweggewinnbezug hinaus – ausgenommen bei entsprechender einstimmiger Beschlussfassung durch die Gesellschafter – weitere Entnahmen nur zulässig sind, soweit das Verrechnungskonto (Privatkonto) des jeweiligen Gesellschafters ein Guthaben ausweist.

 

Sämtliche Transporte wurden vorwiegend im Auftrag einer einzigen Spedition (J) abgewickelt. Anfänglich wurden auch teilweise für andere Speditionen Aufträge übernommen, dies hat sich aber als nicht sinnvoll erwiesen und wurde dann eingestellt. Der jeweilige Fahrer hat den Auftrag direkt vom Disponenten von J erhalten und konnte diesen annehmen oder ablehnen. Die Abrechnung erfolgte über die OHG mit der jeweiligen Spedition. Auch die entsprechenden Rahmenverträge wurden von der OHG mit der Spedition abgeschlossen, wobei von den Fahrern, wenn sie Kenntnis über mögliche interessante Transporte für andere Firmen erhalten haben, diese ebenfalls an die OHG weitergaben, die dann die Details vereinbarte und aushandelte. Es gab praktisch kaum bzw. überhaupt keine sonstigen Gewinnsausschüttungen bis auf die Kilometergeldauszahlungen. Es wurden auch keine Verlustnachschüsse bisher eingehoben.

 

Es gab in der Regel einmal im Jahr eine Jahreshauptversammlung und dazwischen einige Gesellschafterbesprechungen. In den Gesellschafterver­sammlungen wurde auch über eine mögliche Gewinnverteilung gesprochen sowie über das Ausscheiden von Mitgliedern von Gesellschaftern Beschlüsse gefasst. Sämtliche Gesellschafter waren bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft versichert und mussten selbständig für die Bezahlung der Einkommensteuer sorgen.

 

Die Kosten für die Erhaltung der Fahrzeuge (Treibstoffkosten, Service- und Wartungskosten und dergleichen) wurden von der Gesellschaft übernommen. Strafen, sofern sie persönlich dem Lenker anzulasten waren, waren von diesem zu bezahlen, sofern sie jedoch eher dem Unternehmen zuzurechnen waren, wurden sie von der Gesellschaft übernommen. Eine Kontrolle der Arbeitszeiten durch die OHG erfolgte kaum. Die Fahrtenschreiberblätter verblieben bei den Lenkern.

 

Die Kilometergeldzahlungen wurden einmal im Monat an die Gesellschafter überwiesen. Sie konnten von sich aus keine Entnahmen tätigen.

 

Die Überschreitungen der Lenkzeit sind in dem im Spruch angeführten Umfang erfolgt.

 

Der Berufungswerber wurde mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 10. April 2007, Zl. VwSen-251353, rechts­kräftig wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes wegen Beschäftigung desselben Lenkers am 11. November 2004 bestraft.

 

3.3.   Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, den beigeschafften Unterlagen sowie vor allem auch aus den Aussagen des vernommenen Zeugen A B. Dieser hat sehr glaubwürdig und zum größten Teil auch übereinstimmend mit den Aussagen des Berufungswerbers den Zustand und auch das Prozedere in der Gesellschaft beschrieben. Dort, wo seine Aussagen von denen des Berufungswerbers abgewichen sind, wurde ihnen mehr Glauben geschenkt, da Herr B sehr anschaulich und authentisch die Vorgänge in der Gesellschaft geschildert hat und überdies bereits seit einiger Zeit nicht mehr dieser Konstruktion angehört und daher seinerseits auch kein Interesse an Schutzbehauptungen gesehen wird, was die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen nochmals erhöht.

 

Auf die beantragte Einvernahme der Steuerberaterin der OHG konnte verzichtet werden, da für den Unabhängigen Verwaltungssenat die Tatsache, dass an die Gesellschafter in der Regel nur die Kilometergeldentschädigungen ausbezahlt wurden und sie selbst Steuererklärungen abgeben mussten, durchaus glaubwürdig erscheint. Auch die Frage der Gewinnverteilung, die es offensichtlich praktisch nicht in einem überhaupt nennenswerten Umfang gab, wurde vom Zeugen B als auch vom Berufungswerber glaubwürdig geschildert. Dass Verlustanteile bisher noch nicht eingezogen wurden, hat auch der Berufungswerber zugestanden.

 

Die objektiven Überschreitungen der Lenkzeit wurden im gesamten Verfahren nicht in Abrede gestellt und sind nach der Aktenlage als erwiesen anzusehen.

 

 

4.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1.   Gemäß § 1 Abs.1 AZG gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes für die Beschäftigung von Arbeitnehmern (Lehrlingen), die das 18. Lebensjahr vollendet haben.

Mangels Arbeitnehmereigenschaft findet das Gesetz zum Beispiel keine Anwendung auf Familienangehörige des Arbeitgebers, wenn diese aufgrund familienrechtlicher Pflichten mitarbeiten. Auch freie Dienstverträge unterliegen nicht dem AZG (OGH DRdA 1998, 36). Dies gilt selbst dann, wenn der Beschäftigte als arbeitnehmerähnliche Person zu bewerten ist. Das sind Personen, die wirtschaftlich von ihrem Vertragspartner abhängig aber in persönlicher Selbständigkeit tätig sind (siehe dazu Grillberger, Kommentar zum Arbeitszeitgesetz, 2. Auflage, Punkt 1.1.3. zu § 1; ebenso Zeller, Kommentar zum Arbeitsrecht, RZ 6 zu § 1 AZG).

 

Das Arbeitszeitgesetz enthält keine eigenständige Definition des Begriffs Arbeitnehmer. Wer Arbeitnehmer ist, richtet sich daher nach den Regeln des Arbeitsvertragsrechtes. Der zentrale Begriff des Arbeitsvertrages für das gesamte Arbeitsrecht findet sich in den Bestimmungen der §§ 1151 ff ABGB über den Dienstvertrag. Nach Lehre und Rechtsprechung ist dabei insbesondere für den Dienstvertrag kennzeichnend, dass die Arbeit vom Dienstnehmer in persönlicher Abhängigkeit vom Dienstgeber verrichtet wird. Dies wird vor allem dadurch charakterisiert, dass der Dienstnehmer in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten dem Weisungs- und Kontrollrecht des Dienstgebers unterworfen ist – sofern das Verhalten im Arbeitsvertrag bereits vorausbestimmt oder unter Heranziehung anderer Regel bestimmbar ist, dessen laufender Kontrolle unterliegt.

 

Die ausschließliche Tätigkeit für einen Arbeitgeber zählt nicht zu den Wesensmerkmalen des Arbeitsvertrages. Bei der Beurteilung, ob ein Arbeits­vertrag vorliegt, kommt es nicht auf die Rechtsnatur der Vertragsbeziehung oder auf die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes an, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt. Insbesondere kann nicht durch bloße Umgehungen anstelle eines Arbeitsverhältnisses von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen werden.

 

4.2.   Im ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahren hat sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat gezeigt, dass die gewählte Konstruktion gerade deshalb gewählt wurde, um die früher mittels Werkvertrages beschäftigten "selbständigen Fahrer" weiterhin als Selbständige arbeiten lassen zu können. Bezüglich der selbständigen Fahrer mittels Werkvertrag gibt es nunmehr eine gefestigte Judikatur, dass diese trotzdem einem Arbeitsverhältnis unterliegen.

Auch der Umstand, dass praktisch der Großteil der ehemaligen selbständigen Lenker der F T GmbH nunmehr auch Gesellschafter in der OHG waren, bestätigt diese Absicht. Schon daraus ist abzuleiten, dass diese Konstruktion auch deshalb gewählt wurde, um Vorschriften des Arbeitsrechtes, zu denen auch das Arbeitszeitgesetz zählt, aber auch zum Beispiel der Ausländerbeschäftigung und dergleichen zu umgehen.

 

Wenngleich zugestanden werden muss, dass nach den Schilderungen des Berufungswerbers und des Zeugen und nach dem Gesellschaftsvertrag den Lenkern durchaus ein großes Maß an Selbständigkeit zukam, liegen doch auch maßgebliche Merkmale vor, die für ein Arbeitsverhältnis sprechen. So ist zunächst der Umstand zu sehen, dass die natürlichen Personen der Gesellschafter nur als Lenker beschäftigt waren und eine persönliche Arbeitsleistung gemäß § 3 Abs.3 des Gesellschaftsvertrages zu erbringen hatten. Durch diese Regelung erfolgte auch eine Festlegung des Ausmaßes der zu erbringenden Arbeitszeit. Wenn die Kontrolle durch die OHG und auch durch die T F GmbH hier nach den eigenen Angaben nicht bzw. in nur geringem Umfang erfolgt ist, so ändert dies nichts an dieser grundlegenden Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung. Auch die Abrechnungsmodalitäten, nämlich nach gefahrenem Kilometer, entspricht durchaus auch der Praxis für angestellte Fernfahrer. Ebenso kommt der Umstand hinzu, dass praktisch keine Gewinnbeteiligungen ausbezahlt wurden und auch keine Verlustnachschüsse durch die Gesellschafter erfolgt sind. Auch bei ausgeschiedenen Gesellschaftern, insbesondere wie Herr B von sich selbst glaubwürdig angab, gab es praktisch keine Nachforderungen oder Ausschüttungen. Auch dies spricht in besonderem Maß dafür, dass er eben nur eine quasi selbständige Tätigkeit, aber im eigentlichen Kern doch eine Arbeitsleistung erbracht hat. Generell hat sich auch die Beteiligung am Gewinn und Verlust bzw. das Entnahmerecht an der Erbringung der Arbeitsleistung orientiert.

 

Die einzige Gesellschafterin in Form einer juristischen Person hat sämtliche Verwaltungsangelegenheiten wie Abwicklung und Verrechung der Aufträge, Fixierung von Rahmenvereinbarungen mit Speditionen,  Organisation von Werkstattterminen, Bezahlung von Rechungen für den Betrieb von Fahrzeugen und sogar zum Teil von Strafen sowie überhaupt den gesamten Zahlungsverkehr durchgeführt.

 

Auch die starren Regelungen in § 6 des Gesellschaftsvertrages, wonach keine Einzahlungen auf Kapitalkonten durch die Gesellschafter erfolgen konnten, weitere Entnahmen nur bei Guthaben erfolgten und diese darüber hinaus auch nicht durch die Gesellschafter selbst vorgenommen werden konnten, sondern ihnen diese lediglich angewiesen wurden, sprechen für ein umgangenes Arbeitsverhältnis.

 

Auch der Umstand, dass der Großteil der Fahrzeuge von der F T GmbH, einer Gesellschaft, bei der ebenfalls der Berufungswerber Geschäftsführer ist und die früher die illegale Beschäftigung von quasi selbständigen Lenkern und die Durchführung der Transporte übernommen hat, spricht dafür, dass es sich ebenfalls um eine Umgehung handelt.

In ihrem Arbeitsalltag waren die Gesellschafter in Form von natürlichen Personen weitestgehend angestellten Fernfahrern größtenteils gleichgestellt und wurden auch kilometergeldabhängig entlohnt, wobei das Entgelt wie in Arbeitsverhältnissen typisch monatsweise ausbezahlt wurde. Sie erhielten praktisch nur für typische Fahrertätigkeiten, dh. nur für gefahrene Kilometer eine noch dazu vom Intervall her monatliche und damit regelmäßige Entlohnung.

 

Nach den strengen Umgehungsregeln und Kriterien für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit war daher im konkreten Fall doch von einer Arbeitsleistung auszugehen. Diese Arbeitsleistung ist auch der T F GmbH, die die Verwaltung in der OHG durchgeführt hat und somit auch die Auszahlungen, zum Beispiel der Kilometerentschädigungen, vorgenommen hat, als Arbeitgeberin zuzurechnen, da diese in der damaligen Konstruktion auch die einzige juristische Person der Gesellschaft (neben 24 Fernfahrern) war, was ebenfalls für eine Umgehung der arbeitsvertraglichen Bestimmungen spricht. Der Berufungswerber als Geschäftsführer ist somit auch strafrechtlich verantwortlich.

 

Dass der Gesellschafter als Lenker Verwaltungsstrafen aufgrund von ihm begangener Übertretungen zu tragen hatte, entspricht auch im Falle von als Dienstnehmern beschäftigten Kraftfahrern der Rechtslage und Praxis, sodass daraus kein zwingendes Argument für das Vorliegen eines Werkvertrages abgeleitet werden kann. Auch dass allfällig Dienstleistungen nicht ausschließlich für die Gesellschaft zu erbringen sind, ändert nichts am Wesen eines Arbeitsvertrages, da auch die meisten Arbeitsverhältnisse keine Konkurrenzklauseln vorsehen, insbesondere bei Tätigkeiten als Lastkraftwagenlenker.

 

Dass die Lenker einzelne Transportaufträge auch ablehnen konnten, ändert nichts an der Annahme eines Arbeitsverhältnisses, da sie durch die kilometerabhängige Entlohnung zur Erzielung eines entsprechenden Einkommens gezwungen waren, im Normalfall diese Aufträge überwiegend anzunehmen. Dass im Falle von geplanten Urlauben solche Aufträge nicht angenommen werden, kommt auch in reinen Beschäftigungsverhältnissen vor.

Auch der Umstand, dass diese Aufträge direkt von der Spedition J gekommen sind und nicht von der Gesellschaft, ist insofern verständlich, als diese ja der Hauptauftraggeber war und es im Frächtergeschäft durchaus bzw. nachvollziehbar erscheint, dass solche Aufträge zur vereinfachten Abwicklung direkt an die Fahrer ohne Dazwischenschaltung des Dienstgebers erteilt werden, zumal ja ein von der T F GmbH ausgehandelter Rahmenvertrag bestand.

 

Auch die Anmeldung zur Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft und selbständige Einkommensteuererklärungen der Lenker sind nicht maßgeblich und kommt es nicht darauf an, ob Arbeitgeber oder Arbeitnehmer die Rechtsfolgen des Arbeitsvertrages vermeiden wollten. Da ein Arbeitsvertrag vorliegt, sind die zwingenden Vorschriften des Arbeitsrechts und darunter auch des Arbeitszeitgesetzes anzuwenden.

 

Wie rechtskräftig entschieden wurde, hat der Berufungswerber den Lenker auch im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes am 11. November 2004 beschäftigt.

 

4.3.   Zur Übertretung selbst kann auf die Rechtsausführungen der Erstinstanz verwiesen werden.

Die Überschreitungen der Lenkzeit wurden im gesamten Verfahren nicht in Abrede gestellt und sind nach der Aktenlage als erwiesen anzusehen. Der objektive Tatbestand ist somit als erfüllt anzusehen. Auch zu einem allfälligen Kontrollsystem wurde vom Berufungswerber nichts angeführt, sodass er die Übertretung auch in subjektiver Hinsicht gemäß § 5 Abs.1 VStG zu verantworten hat. Die Strafbemessung ist entsprechend den Vorgaben des § 19 VStG erfolgt. In Anbetracht des Ausmaßes der Übertretung und mangels Fehlens der sonstigen Voraussetzungen kamen eine Strafherabsetzung aus general- und spezialpräventiven Gründen sowie eine außerordentliche Strafmilderung oder ein Absehen von der Strafe nicht in Betracht.

Es war daher nach dem nunmehrigen ergänzten Ermittlungs­verfahren spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

5.      Der zusätzliche Verfahrenskostenbeitrag ergibt sich aus den angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 01.12.2009, Zl.: B 1969/08-12

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt;

VwGH vm 23.11.2011, Zl. 2009/11/0258 und 2009/11/0259-7

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