Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522091/7/Ki/Jo

Linz, 21.10.2008

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn D S, L, B, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. W B und Mag. P M B, W, M, vom 24. September 2008 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 10. September 2008, FE-794/2008, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und weiterer Anordnungen nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 17. Oktober 2008 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, dass die Dauer des Entzuges der Lenkberechtigung bzw. des Verbotes des Lenkens eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraft-fahrzeuges bis zum 6. November 2008 festgelegt wird. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm §§ 7, 24, 25, 29, 30 und 32 FSG; § 64 Abs.2 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Mandatsbescheid vom 10. Juli 2008, FE-794/2008, hat die Bundespolizeidirektion Linz dem Berufungswerber die von der Bundespolizeidirektion Linz am 28. Jänner 2008 unter Zl. 07493222 für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 6 Monaten gerechnet ab Zustellung des Bescheides (laut RSa-Rückschein 15. Juli 2007) entzogen, ihm ausdrücklich das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges für die Dauer von 6 Monaten gerechnet ab Zustellung des Bescheides verboten, die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker angeordnet, wobei festgestellt wurde, dass die Nachschulung bis spätestens zum Ablauf der Dauer der Entziehung zu absolvieren ist, weiters das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen und letztendlich angeordnet, dass der Führerschein unverzüglich der Behörde abzuliefern sei.

 

Nach einer dagegen erhobenen Vorstellung vom 28. Juli 2007 hat die Bundespolizeidirektion Linz das Ermittlungsverfahren eingeleitet und letztlich den nunmehr angefochtenen Bescheid erlassen.

 

Mit diesem Bescheid wurde die Entziehungs- bzw. Verbotsdauer auf 5 Monate herabgesetzt, die angeordnete begleitende Maßnahme (Nachschulung) bestätigt und einer Berufung gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung versagt.

 

1.2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz vom 24. September 2008 Berufung erhoben und die vollinhaltliche Aufhebung des angefochtenen Bescheides bzw. die Wiederausfolgung der entzogenen Lenkberechtigung beantragt.

 

Im Wesentlichen tritt der Rechtsmittelwerber der Annahme entgegen, er habe zum Lenkzeitpunkt einen Atemluftalkoholgehalt von mehr als 0,4 mg/l bzw. Blutalkoholgehalt von mehr als 0,8 ‰ aufgewiesen. Der von ihm zuletzt aufgenommene Alkohol sei noch nicht in dem Maße resorbiert worden, dass die angeführten Werte erreicht worden wären.

 

Zum Beleg für dieses Vorbringen wurde überdies ein internistischer Befund und Gutachten des Facharztes für Innere Medizin, Dr. D N, vom 26. August 2008 vorgelegt.

 

2.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom  26. September 2008 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 35 Abs.1 FSG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bundespolizeidirektion Linz eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer – vom Rechtsmittelwerber ausdrücklich beantragten – mündlichen Berufungsverhandlung am 17. Oktober 2008. An dieser Verhandlung nahmen eine Rechtsvertreterin des Berufungswerbers sowie ein Vertreter der Bundespolizeidirektion Linz teil, der Berufungswerber selbst ließ durch seine Rechtsvertreterin mitteilen, dass er aus beruflichen Gründen verhindert sei. Weiters nahm an der Verhandlung die Amtsärztin der Bundespolizeidirektion Linz, Dr. M P C, teil.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Verfahrensakt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Der Berufungswerber verursachte – unbestritten – am 6. Juni 2008 einen Verkehrsunfall mit Sach- und Personenschaden. Er lenkte an diesem Tag um 22:38 Uhr in Linz, Kreuzung Schörgenhubstraße – Am Langen Zaun ein Kraftfahrzeug und es ergab eine um 23:28 Uhr durchgeführte Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt einen Wert von 0,39 mg/l Atemluftalkoholgehalt.

 

Laut vorliegendem Protokoll zur Atemluftuntersuchung vom 14. Juni 2008, welches im Laufe der mündlichen Berufungsverhandlung mit Zustimmung der Verfahrensparteien verlesen wurde, gab der Rechtsmittelwerber zunächst an, er habe am 6. Juni 2008 von 19:00 bis 22:15 Uhr 7 Whisky/Red-Bull (Mischgetränk) getrunken. Nach einer handschriftlichen Notiz auf diesem Protokoll hat dann Herr S eine Änderung am 25. Juni 2008 dahingehend abgegeben, dass der Trinkbeginn um 15:00 Uhr erfolgt sein soll. Bei den Angaben über Essenseinnahme findet sich der Vermerk "kein Essen".

 

Als Messergebnis ist hinsichtlich einer ersten Messung um 23:27 Uhr ein Atemluftalkoholgehalt von 0,43 mg/l vermerkt, die zweite und verfahrensrelevante Messung um 23:28 Uhr ergab einen Atemluftalkoholgehalt von 0,39 mg/l.

 

Mit Zustimmung der Verfahrensparteien wurde weiters zur Verlesung gebracht, dass dem Rechtsmittelwerber bereits im Jahre 2007 (7. Juni bis 7. Juli) die Lenkberechtigung offensichtlich wegen eines Alkoholdeliktes entzogen werden musste.

 

Über Ersuchen der Erstbehörde hat in der Folge die Amtsärztin unter Berücksichtigung der relevanten Berechnungsgrundlagen hinsichtlich Tatzeit, Atemalkoholuntersuchung, Körpergröße, Körpergewicht den Alkoholisierungsgrad zur Tatzeit (Lenkzeit) berechnet und festgestellt, dass sich im günstigsten Fall eine Atemluftalkoholkonzentration von 0,444 mg/l ergibt.

 

In der Vorstellung gegen den zunächst ergangenen Mandatsbescheid trat der Rechtsmittelwerber der Rückrechnung durch die Amtsärztin entgegen und er führte im Wesentlichen aus, dass am besagten 6. Juni 2008 im Garten gegrillt worden sei. Er habe den ganzen Tag über sehr fetthaltige Nahrungsmittel (Bauchfleisch, Grillwürstchen und Cevapcici) zu sich genommen, den letzten Happen habe er ca. um 18:45 Uhr zu sich genommen. Um 22:15 Uhr habe er das letzte alkoholische Getränk konsumiert und sei im Anschluss vom Gasthaus Lindbauer losgefahren. Um 22:38 Uhr sei es zum Unfall gekommen, rund 50 min später habe er den Alkotest gemacht. Hinsichtlich der Tatsache, dass die Aufnahme von Alkohol nach Trinkende einen Zeitraum von zumindest 80 min in Anspruch nehme, könne es zwischen 22:15 Uhr (Trinkende) und 23:28 Uhr (Alkotest) zu keinem Abbau von Alkohol-Werten gekommen sein. Vielmehr habe er sich noch in der sogenannten Resorptionsphase befunden, sodass er zum Zeitpunkt des Lenkens seines PKW einen tatsächlich niedrigeren Wert als 0,39 mg/l (0,78 ‰), jedenfalls aber keinen höheren als diesen zu verantworten habe.

 

Die Amtsärztin führte dazu in einer Stellungnahme vom 8. August 2008 im Wesentlichen aus, dass die Alkoholresorption in der Regel 60 min nach Trinkende abgeschlossen sei. Im gegenständlichen Falle sei die Alkomattestung 73 min nach angegebenem Trinkende erfolgt, die Resorption sei zu diesem Zeitpunkt bereits völlig abgeschlossen und die Elimination alleine vorliegend gewesen. Unter Berücksichtigung der Aktenlage, der wissenschaftlichen Grundlagen zum Nachweis der Bestimmung der Umwandlung und der Berechnung von Alkohol im Blut und/oder in der Atemluft sei das medizinische Sachverständigengutachten vom 9. Juli 2008 hinsichtlich des Alkoholisierungsgrades zum Lenkzeitpunkt vollinhaltlich aufrecht zu erhalten.

 

Im Berufungsschriftsatz vom 24. September 2008 wird diesen Angaben wiederum entgegengetreten und überdies bemängelt, dass sich aus dem amtsärztlichen Gutachten ergibt, dass der Erstellung zum einen keine Untersuchung der Person des Berufungswerbers vorangegangen sei, zum anderen würden sich auch nicht die seitens des Amtsarztes für maßgeblich angenommen Werte, wie beispielsweise zur Körpergröße oder dem Körpergewicht, entnehmen lassen.

 

Im dem Berufungsschriftsatz beigelegten internistischen Befund und Gutachten des Facharztes für Innere Medizin wird zunächst in der internistischen Stellungnahme ausgeführt, dass der zu Grunde gelegten Alkoholabbaurate der Amtsärztin grundsätzlich nichts hinzuzufügen sei, was den Abbau des bereits in den Körper aufgenommenen (resorbierten) Alkohols betreffe. Es sei aber im vorliegenden Falle davon auszugehen, dass die Resorption des Alkohols zum Zeitpunkt des Alkotests noch nicht längst abgeschlossen gewesen sei, die Alkoholaufnahme im Magen-Darmtrakt bzw. der Übertritt des Alkohols in die Blutbahn bei Genuss von fetten Speisen sei stark verzögert, es komme oft zu einer Resorptionsverzögerung von mehreren Stunden, weiters benötige die Alkoholaufnahme in die Blutbahn auch ohne gleichzeitige Zufuhr von fetter Nahrung ca. 80 min (bis maximal 120 min) ab Trinkende.

 

In der Zusammenfassung führte der Facharzt aus, dass aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Alkoholresorptionsphase zum Zeitpunkt der Blutabnahme die Anwendung der Rückrechnungsmethode in diesem Fall als unstatthaft bezeichnet werden müsse. Erst frühestens zwei Stunden nach Abschluss der Alkoholaufnahme sei diese Methode zur Errechnung der Blutalkoholkonzentration anerkannt bzw. erlaubt. Der somit von amtsärztlicher Seite errechnete Blutalkoholwert (gemeint wohl Atemluftalkoholwert) von 0,444 mg/l zum Unfallzeitpunkt sei daher zu hoch, da die noch anhaltende Resorptionsphase überhaupt nicht berücksichtigt worden sei. Über den tatsächlich zum Unfallzeitpunkt vorliegenden Wert könne nur spekuliert werden, er liege aber aufgrund des geschilderten Sachverhaltes sicher niedriger als der errechnete Wert, wahrscheinlich im Bereich des um 23:38 Uhr gemessenen Wertes, da sich in diesem Zeitbereich höchstwahrscheinlich Alkoholabbau und Alkoholresorption die Waage gehalten hätten.

 

Im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung, in der seitens der Rechtsvertreterin weitere Unterlagen hinsichtlich medizinischer Fragen im Zusammenhang mit Alkohol vorgelegt wurden, wurden sämtliche vorliegende Unterlagern erörtert. Die Amtsärztin erklärte, dass die von ihr festgestellte Resorptionszeit von 60 min einen Regelfall darstelle. Ausnahmsweise könne es auch zu kürzeren oder längeren Resorptionsphasen, letztlich bis zu 120 min, kommen. Bei der Rückrechnung wurde von ihr entsprechend der anerkannten Rückrechnungsformel ohnedies der für den Rechtsmittelwerber günstigste Wert herangezogen und es sei überdies im vorliegenden konkreten Falle bei einem Blutalkoholgehalt von 0,88 ‰, welcher doch wesentlich über dem Grenzwert von 0,8 ‰ liegt, auszuschließen, dass zum Lenkzeitpunkt ein darunter liegender Wert gegeben war. Die tatsächliche Berechnung erfolgte unter Zugrundelegung der vorliegenden Daten durch ein Computerprogramm, welches vom Bundesministerium für Inneres zur Verfügung gestellt wurde.

 

2.6. In freier Beweiswürdigung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass die amtsärztlichen Feststellungen schlüssig sind und nicht im Widerspruch zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen stehen. Die Rückrechnung durch die Amtsärztin wurde letztlich durch den Facharzt für Interne Medizin bestätigt, ebenso gibt es auch keine Differenzen hinsichtlich der Aussagen bezüglich Resorptionszeit. Die von der Amtsärztin angenommene Dauer von 60 min stellt einen Regelfall dar, zu berücksichtigen ist jedoch ferner, dass ohnedies ein für den Berufungswerber günstigster Wert der Berechnung zugrunde gelegt wurde bzw. dass trotzdem ein wesentlich über den Grenzwert liegender Wert errechnet wurde.

 

Dazu kommt, dass den Angaben des Rechtsmittelwerbers hinsichtlich Nahrungsaufnahme nicht Glauben geschenkt wird. Aus dem im Akt aufliegenden Protokoll zur Atemluftuntersuchung, welches mit Zustimmung der Verfahrensparteien zur Verlesung gebracht wurde, findet sich einerseits eine Änderung der Trinkangaben, welche der Berufungswerber erst am 25. Juni 2008 bekannt gegeben hat, darüber hinaus ist in der Rubrik "Angaben über Esseneinnahme" vermerkt "kein Essen". Die Rechtfertigung des Berufungswerbers, er habe diverse fette Speisen zu sich genommen, wurde erst in der Vorstellung gegen den Mandatsbescheid vorgetragen. Nachdem es sich bei dem Protokoll zur Atemalkoholuntersuchung um eine Urkunde handelt, erachtet das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich, dass die zu einem späteren Zeitpunkt vorgebrachte Rechtfertigung hinsichtlich der Nahrungsaufnahme eine bloße Schutzbehauptung darstellt.

 

Resümierend geht der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich davon aus, dass Herr S zum Lenkzeitpunkt einen Atemluftalkoholgehalt von 0,44 mg/l, das sind 0,88 ‰ Blutalkoholgehalt, aufgewiesen hat.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2-4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg.cit. insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen hat und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs.3 Z14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

 

Gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

 

Gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 darf, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 ‰) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

 

Der Rechtsmittelwerber lenkte am 6. Juni 2008 um 22:38 Uhr in Linz ein Kraftfahrzeug und verursachte dabei einen Verkehrsunfall mit Sach- und Personenschaden. Eine durchgeführte Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt um 23:28 Uhr ergab einen relevanten Wert von 0,39 mg/l Atemluftalkoholgehalt, laut Rückrechnung durch eine amtsärztliche Sachverständige lag jedoch der Alkoholisierungsgrad zum Lenkzeitpunkt bei 0,444 mg/l Atemluftalkoholgehalt. Wenn nun dagegen vorgebracht wird, der konsumierte Alkohol sei zum Lenkzeitpunkt noch nicht zur Gänze resorbiert gewesen, so wird dem, ungeachtet der oben dargelegten Unglaubwürdigkeit der Angaben hinsichtlich Nahrungsaufnahme, entgegen gehalten, dass der Verwaltungsgerichtshof unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse bisher in ständiger Rechtsprechung judiziert, dass eine nachträgliche Feststellung des maßgebenden Wertes des Atemluftalkoholgehaltes bzw. Blutalkoholgehaltes auch dann zu berücksichtigen ist, wenn sich der Lenker im Lenkzeitpunkt noch in der Anflutungsphase befunden hat (VwGH 2007/02/0068 vom 30. März 2007 u.a.).

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht daher im vorliegenden Falle vom Vorliegen einer die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierenden bestimmten Tatsache iSd § 7 Abs.1 iVm § 7 Abs.3 FSG aus.

 

Was die gemäß § 7 Abs.4 vorzunehmende Wertung dieser bestimmten Tatsache betrifft, so wird zunächst darauf hingewiesen, dass die Verkehrszuverlässigkeit ein charakterlicher Wertbegriff ist. Bei der Beurteilung werden jene Handlungen der Person, die nach außen hin in Erscheinung getreten und der Behörde zur Kenntnis gekommen sind, dahingehend analysiert und gewertet, ob in näherer oder fernerer Zukunft gleiche oder ähnliche Handlungen mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet bzw. befürchtet werden können und ob diese Handlungen für die allgemeine Verkehrssicherheit eine Gefahr darstellen.

 

Die Begehung von Alkoholdelikten ist grundsätzlich schon für sich alleine in hohem Maße verwerflich, dazu kommt, dass den Berufungswerber bereits einmal im Jahr 2007 wegen eines Alkoholdeliktes die Lenkberechtigung entzogen werden musste. Dass er nun trotzdem wiederum eine entsprechende Übertretung begangen hat, muss bei der Wertung Berücksichtigung finden.

 

Allgemein muss weiters festgestellt werden, dass durch Alkohol beeinträchtigte Lenker für sich alleine schon eine hohe potentielle Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs darstellen, weil diese Lenker in Folge ihrer herabgesetzten Konzentrations-, Beobachtungs- und Reaktionsfähigkeit nicht in der Lage sind, die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen zufriedenstellend auszuführen. Zu Recht hat demnach die Erstbehörde bei der Wertung auch berücksichtigt, dass in dem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Verkehrsunfall mit Sach- und Personenschaden verursacht wurde.

 

Was das Wertungskriterium der verstrichenen Zeit und das Verhalten während dieser Zeit anbelangt, so wird festgestellt, dass sich der Berufungswerber der Aktenlage nunmehr wohl verhalten hat. Einem Wohlverhalten während eines bei der Behörde anhängigen Verwaltungsverfahrens kann jedoch grundsätzlich nur geringe Bedeutung beigemessen werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Erstbehörde von einer Verkehrsunzuverlässigkeit des Berufungswerbers in der Dauer von 5 Monaten ausgegangen ist. Grundsätzlich schließt sich der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich dieser Prognose an. Es ist jedoch entsprechend der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die bestimmte Tatsache bereits am 6. Juni 2008 verwirklicht wurde und somit in Anbetracht des Beginnes der Entziehung ab Zustellung des Vorstellungsbescheides sich eine 5 Monate übersteigende Verkehrsunzuverlässigkeit ergeben würde. Aus diesem Grunde war die Entziehungsdauer (wie auch die Verbotsdauer gemäß § 32 FSG – siehe unten) entsprechend herabzusetzen.

 

3.2.1. Gemäß § 32 Abs.1 FSG ist Personen, die nicht iSd § 7 FSG verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.4, 25 Abs.1, 26 und 29 Abs.1 bis 3 FSG entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten oder nur zu gestatten, wenn bestimmte Bedingungen eingehalten oder nur für eine bestimmte Zeit oder nur unter zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen zu gestatten.

 

3.2.2. Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen das Recht, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt werden, wenn Gründe für die Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung des Rechts, vom Führerschein Gebrauch zu machen, ist durch ein Lenkverbot entsprechend § 32 auszusprechen.

 

3.2.3. In Anbetracht der unter Punkt 3.1. festgestellten Verkehrsunzuverlässigkeit des Berufungswerbers waren auch diese Maßnahmen auszusprechen, er wurde somit hiedurch nicht in seinen Rechten verletzt.

 

3.3. Gemäß § 24 Abs.3 FSG kann die Behörde unter anderem begleitende Maßnahmen (Nachschulung udgl.) anordnen.

 

In Anbetracht dessen, dass Herr S bereits nach rund einem Jahr (nach Entziehung der Lenkberechtigung) neuerlich ein Alkoholdelikt im Straßenverkehr begangen hat, kann der Auffassung der Erstbehörde, es sei eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker erforderlich, nicht entgegen getreten werden. Durch die Anordnung wurde der Berufungswerber somit nicht in seinen Rechten verletzt. Im gegenständlichen Falle ist entsprechend der Nachschulungsverordnung (FSG-NV) eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker gemäß § 2 der zitierten Verordnung zu absolvieren.

 

3.4. Gemäß § 29 Abs.3 FSG ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungs­bescheides der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern.

 

Auch diese Anordnung ergibt sich in Anbetracht der festgestellten Verkehrsunzuverlässigkeit des Berufungswerbers. Nachdem der Führerschein zunächst nicht vorläufig abgenommen wurde, war die Anordnung durch die Erstbehörde gesetzlich zwingend geboten.

 

3.5. Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung (einer Berufung) ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit aufgrund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer geboten (VwGH 89/11/0252 vom 20. Februar 1990 u.a.).

 

Der Berufungswerber wurde sohin auch durch diese Anordnung nicht in seinen Rechten verletzt.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Mag. Alfred Kisch

 

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