Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163481/6/Zo/Jo

Linz, 27.10.2008

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn H F, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. K H, S, L, vom 20.08.2008, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 04.08.2008, Zl. S-17596/08, wegen Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie Zurückweisung eines Einspruches als verspätet nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 16.10.2008 zu Recht erkannt:

 

I.                   Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattgegeben.

 

II.                 Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (Zurückweisung des Einspruches als verspätet) wird aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 iVm 67a Abs.1, 67d sowie 71 und 72 AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die BPD Linz den Antrag des Berufungswerbers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 25.07.2008 als unbegründet abgewiesen und den am 25.07.2008 per Telefax eingebrachten Einspruch gegen die Strafverfügung der BPD Linz vom 05.06.2008 als verspätet zurückgewiesen.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber geltend, dass sein Rechtsvertreter nicht damit habe rechnen können, dass der fristgerecht (nicht eingeschrieben) per Post abgesandte Einspruch nicht bei der Behörde einlangen würde. Der Verwaltungsgerichtshof habe bereits mehrfach ausgesprochen, dass auch bei einer Briefaufgabe ohne Einschreibenachweis im Hinblick auf die Zuverlässigkeit des Postverkehrs mit dem Einlangen des Schriftstückes bei der Adressatenbehörde gerechnet werden dürfe. Der Verlust seines Einspruches auf dem Postweg stelle daher ein unvorhergesehenes Ereignis dar und der Umstand, dass er den Einspruch nicht eingeschrieben zur Post gegeben habe, übersteige den minderen Grad des Versehens nicht, weil er wegen der Zuverlässigkeit des Postverkehrs mit dem Einlagen des Einspruches rechnen musste.

 

Im gegenständlichen Fall habe seine langjährige und zuverlässige Kanzleimitarbeiterin den Auftrag gehabt, den Einspruch per Telefax zu übermitteln, was diese irrtümlich unterlassen habe. Sie habe den Einspruch jedoch im normalen Postweg übermittelt. Es könne dem Rechtsanwalt nicht zugemutet werden, jeden Schritt der geschulten Sekretärin zu überwachen bzw. ihr noch beim Absenden des Telefaxes gleichsam über die Schulter zu blicken. Seine Mitarbeiterin habe über Jahre regelmäßig Schriftsätze im Zusammenhang mit Rechtsmittelfristen immer ordnungsgemäß eingebracht, weshalb eine derart überzogene Überwachung nicht notwendig und auch nicht zumutbar sei.

 

3. Der Polizeidirektor von Linz hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat
(§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 16.10.2008. An dieser haben der Rechtsvertreter des Berufungswerbers teilgenommen und es wurde jene Sekretärin, welche den gegenständlichen Einspruch zur Post gegeben hat, als Zeugin vernommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Gegen den Berufungswerber wurde wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung Anzeige erstattet, woraufhin ihm am 13.06.2008 eine Strafverfügung der BPD Linz zu Zl. S-17596/08 zugestellt wurde. Mit Schreiben vom 25.07.2008 beantragte der Berufungswerber, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. H, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob gleichzeitig Einspruch. Dies wurde damit begründet, dass sein Rechtsvertreter bei Durchsicht der kalendierten Akten festgestellt hatte, dass der von ihm unterfertigte und seiner Sekretärin zur Abfertigung übergebene Einspruch nicht wie angeordnet per Telefax, sondern per Post (ohne Zustellnachweis) abgesendet wurde. Daraufhin habe die Sekretärin seines Rechtsvertreters telefonisch erfragt, dass der Einspruch bei der BPD Linz nicht eingelangt ist. Er müsse daher auf dem Postweg verloren gegangen sein.

 

Der Berufungswerber hatte sich bereits am 12.06.2008 an seinen Rechtsvertreter gewandt und diesen mit der Erhebung eines Einspruches beauftragt. Dieser hat daraufhin einen "leeren Einspruch" diktiert und in weiterer Folge unterschrieben. Seine Sekretärin hatte den Auftrag, diesen per Telefax einzubringen, hat ihn aber letztlich offenbar irrtümlich (nicht eingeschrieben) zur Post gegeben, anstatt ihn mit Telefax zu übermitteln. Bei der BPD Linz ist der Einspruch nicht eingelangt.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Vorbringen des Rechtsvertreters und seiner Sekretärin in der mündlichen Berufungsverhandlung. Es ist offenkundig, dass der Einspruch nicht per Telefax übermittelt wurde, weil der Rechtsvertreter kein Sendeprotokoll in seinem Akt hat. Bei der Kontrolle der Fristen hat weder der Rechtsvertreter selbst noch die Sekretärin überprüft, ob ein Faxprotokoll vorhanden ist. In der Kanzlei des Berufungswerbers werden sämtliche Rechtsmittel grundsätzlich per Telefax eingebracht, lediglich bei umfangreichen Schriftstücken oder zahlreichen Beilagen werden diese zusätzlich mit der Post übersandt. Der Einspruch ist mit 19.06. datiert und auf diesem befindet sich ein kanzleiinterner Stempel, aus welchem sich ergibt, dass der Einspruch im Postweg abgesendet wurde.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 71 Abs.1 Z1 VStG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

5.2. Im gegenständlichen Fall wurde der Einspruch nicht wie vorgegeben per Telefax sondern mit der Post (ohne Zustellnachweis) übermittelt. Er ist dann auf dem Postweg verloren gegangen und bei der BPD Linz nicht eingelangt. Die Erstinstanz hat zutreffend ausgeführt, dass von einem Rechtsanwalt an die Einhaltung von Fristen strenge Maßstäbe zu setzen sind. Bei der Kontrolle der Fristeinhaltung ist es bei einem mit Telefax übermittelten Schreiben nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des UVS jedenfalls erforderlich, das entsprechende Faxprotokoll zu überprüfen. Dies wurde im gegenständlichen Fall unterlassen, weshalb die Absendung mit der Post ohne Zustellnachweis nicht aufgefallen ist. Das Unterlassen dieser Kontrolle übersteigt den Grad des geringen Verschuldens, weshalb der Umstand alleine, dass der Einspruch nicht per Telefax übermittelt wurde, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht rechtfertigen würde.

 

Im gegenständlichen Fall wurde der Einspruch jedoch – wenn auch irrtümlich – so doch mit der Post – allerdings ohne Zustellnachweis – übersendet. Damit fehlt dem Vertreter des Berufungswerbers zwar ein objektiv überprüfbarer Nachweis dafür, dass das Schriftstück überhaupt zur Post gegeben wurde, letztlich konnte er dies durch seine persönlichen Angaben sowie die Zeugenaussage seiner Sekretärin, welche einen glaubwürdigen Eindruck hinterließ und der der unterlaufene Fehler offenbar unangenehm war, ausreichend glaubhaft machen. Wenn man also davon ausgeht, dass der Einspruch tatsächlich zur Post gegeben wurde, bei der BPD Linz aber nie einlangte, so muss dieser auf dem Postweg verloren gegangen sein. Ein derartiger Verlust stellt einen Wiedereinsetzungsgrund dar, wobei nach der vom Berufungswerber angeführten Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein solcher Verlust eines Schriftstückes auf dem Postweg im Hinblick auf die generelle Zuverlässigkeit des Postverkehrs ein unvorhergesehenes Ereignis bildet. Das nicht nachweisliche Absenden eines Schriftstückes stellt nach dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bloß einen minderen Grad des Versehens dar, weshalb in diesem Fall die Wiedereinsetzung zu bewilligen war.

 

Gemäß § 72 Abs.1 AVG tritt damit das Verfahren in jene Lage zurück, in der es sich vor der Versäumung der Einspruchsfrist befunden hat. Es ist damit der Einspruch als rechtzeitig anzusehen, weshalb auch Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides aufzuheben war.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

 


 

 

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