Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281054/13/Kl/RSt

Linz, 24.10.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn O D, S, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. R S, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 18. Oktober 2007, Ge96-135-2006-Gm, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 2. Juli 2008, zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass

- im Spruch in der Einleitung "§ 9 Abs.1 VStG" zu zitieren ist und

- die Strafnorm im Sinn des § 44a Z3 VStG zu lauten hat: "§ 130 Abs.5 Einleitung ASchG".

 

 

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, das sind insgesamt 80 Euro, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

Zu II.: § 64 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 18. Oktober 2007, Ge96-135-2006-Gm, wurden über den Berufungswerber (Bw) Geldstrafen in zwei Fällen von je 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von je 9 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung von je § 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz iVm 1. § 15 Abs.1 BauV und 2. § 15 Abs.4 erster und zweiter Satz BauV verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma D Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in S (protokolliert beim Firmenbuch des Landesgerichtes Wels unter FN ) nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Bestimmungen der Bauarbeiterschutzverordnung 1994 iVm dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz 1994 eingehalten wurden und dadurch folgende Verwaltungsübertretung(en) zu verantworten hat:

 

Aufgrund einer Mitteilung der Sicherheitsbehörde über den Unfall des Arbeitnehmers F R, geb.    , der sich am 18. Oktober 2006 um 15.55 Uhr ereignete, führte der Arbeitsinspektor R P eine Unfallerhebung anlässlich einer am 18. Oktober 2006 durchgeführten Baustellenkontrolle auf der Baustelle L, durch. Bei der Besichtigung wurde festgestellt, dass Arbeitsverfahren durchgeführt worden sind, ohne dass den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Sicherheitsmaßnahmen getroffen worden waren.

 

1. Herr R F – Arbeitnehmer der D Gesellschaft m.b.H., S – war am 18. Oktober 2006 mit der Verlegung von Blechpfannendachelementen (Größe ca. L=6,7 m, b=1,18 m, Gewicht ca. 20 kg) auf dem Dach des Hauses Helmholzstraße 79, 4060 Leonding beschäftigt. Auf dem Dach war ein Stapel von 20 Blechpfannendachelementen gelagert, ohne entsprechend gegen Abgleiten gesichert zu sein, obwohl Materialien und Geräte so zu lagern sind, dass durch deren Herabfallen, Abrutschen, Umfallen oder Wegrollen Arbeitnehmer nicht gefährdet werden.

 

2. Beim Hochheben eines der am Dach gelagerten Elemente setzten sich die Übrigen in Bewegung und R F stürzte, da die vorhandene Schutzeinrichtung gem. § 87 BauV dieser Belastung nicht stand hielt, samt den 20 Elementen ca. 6 m vom Dach, obwohl Stapel nur auf festem, ebenem Boden oder auf genügend starken Unterlagen, in sich gut verbunden und sachgemäß errichtet werden dürfen. Das Errichten und Abtragen von Stapeln sowie das Manipulieren an Stapeln ist von sicheren Standplätzen aus vorzunehmen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass dem Bw kein Verschulden zukomme, da er die Arbeitnehmer angewiesen hätte, die Schutzvorschriften einzuhalten und auch bei Verletzung disziplinäre Maßnahmen angedroht hätte. Bis zum gegenständlichen Arbeitsunfall hätte das eingerichtete Kontrollsystem funktioniert und sei auch vom Arbeitsinspektorat festgestellt worden, dass die Baustelle geradezu vorbildlich abgesichert gewesen sei. Auch am Vorfallstag, dem 18.10.2006, seien die Mitarbeiter des Beschuldigten den Arbeitnehmerschutzvorschriften nachgekommen. Weder durch Lichtbilder oder sonstige Beweise sei bescheinigt, dass Arbeitsverfahren durchgeführt worden seien, ohne dass den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Sicherheitsmaßnahmen getroffen worden seien.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweise erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 2. Juli 2008, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen Arbeitsinspektorat Ing. R P und Herr R F geladen und einvernommen.

 

4.1. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht als erwiesen fest:

 

Am 18. Oktober 2006 um 15.55 Uhr waren zwei Arbeitnehmer, nämlich R F und G K der Firma D Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in S, auf der Baustelle L, mit Dacharbeiten, nämlich mit dem Verlegen von Blechpfannendachelementen beschäftigt. Das Dach war 24° geneigt. Ein Stapel von 20 Blechpfannendachelementen war auf dem Dach gelagert. Die Palette wurde eben auf das etwa 24° geneigte Dach in Längsrichtung senkrecht zur Traufe gelegt. Zur Absicherung wurde ein Kantholz mit ca. 15 cm x 15 cm verwendet. Es wurde jeweils ein Dachelement von den beiden Arbeitnehmern vom Stapel heruntergehoben und am Dach dann verlegt. Zu diesem Zweck stieg der Arbeitnehmer F, welcher der Vorarbeiter war, auf den Stapel um ein Blech herunterzuheben. Er ist dann vom Stapeln mit drei Blechen vom Dach abgestürzt. Teile des Gerüstes wurden mitgerissen. Ein Dachfanggerüst war nicht vorhanden. Das vorhandene Gerüst wurde vom Vorarbeiter aufgestellt und montiert. Diesbezüglich gab es auch auf der Baustelle mit dem Bw eine Besprechung. Das Gerüst wurde auch vom Bw abgenommen. Es wurde dem Vorarbeiter auch gesagt, dass die Palette auf dem Dach entsprechend abzusichern sei. Wie abgesichert werden soll, wurde jedoch nicht gesagt. Dies wurde vom Vorarbeiter selbst entschieden. Der Vorarbeiter ist gelernter Dachdecker und Spengler und seit 16 Jahren in der Firma mit Dacharbeiten beschäftigt. Am Unfallstag war der Bw nicht auf der Baustelle, es kann von den Arbeitnehmern auch nicht angegeben werden, dass er zwischen Gerüstaufstellung und dem Unfall auf der Baustelle war. Einen Anlass mit Entlassung oder Strafen zu drohen für den Fall, dass Anweisungen nicht durchgeführt werden, gab es nicht, weil die Weisungen des Bws stets von den Arbeitnehmern befolgt werden. Es gibt hinsichtlich der Baustelle generelle Ausweisungen durch den Bw, so auch hinsichtlich Gerüstaufstellung und Sicherung der Palette auf der gegenständlichen Baustelle. Einmal hat es eine Schulung durch die AUVA im Unternehmen gegeben. Eine allgemeine Unterweisung findet alle ein bis zwei Jahre im Unternehmen statt.

 

Der Vorarbeiter führt auch aus, dass es möglich gewesen wäre, die Palette am Dach waagrecht zu lagern. Auch war ihm bekannt, dass es entsprechende Gerüstelemente gibt, um Paletten waagrecht am Dach aufzulegen. Die vorgenommene Vorgangsweise wurde allerdings immer so gemacht. Der Vorarbeiter konnte nicht genau sagen, wie ein Dachfanggerüst aussieht.

 

Die Absturzhöhe betrug ca. 6 m.

 

Laut Firmenbuchauszug ist der Bw handelsrechtlicher Geschäftsführer der D Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in S.

 

Mit Schreiben vom 26. Juni 2007 wurden dem Bw die persönlichen Verhältnisse laut Schätzung mit 3.000 Euro monatliches Nettoeinkommen, kein Vermögen und keine Sorgepflichten vorgehalten. Eine Vorstrafe liegt gegen den Bw laut Vormerkauskunft der Bezirkshauptmannschaft nicht vor.

 

Ein gerichtliches Strafverfahren ist gegen den Bw nicht anhängig.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die im erstbehördlichen Akt liegenden Fotos sowie auf die Aussagen der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen. Diese machten einen glaubwürdigen Eindruck und besteht kein Zweifel an der Richtigkeit der Aussage. Im Übrigen wurde der Sachverhalt auch vom Bw in der mündlichen Verhandlung bestätigt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 15 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV sind Materialien und Geräte so zu lagern, dass durch deren Herabfallen, Abrutschen, Umfallen oder Wegrollen, Arbeitnehmer nicht gefährdet werden.

 

Gemäß § 15 Abs.4 BauV dürfen Stapel nur auf festem, ebenem Boden oder auf genügend starken Unterlagen, in sich gut verbunden und sachgemäß errichtet werden. Das Errichten und Abtragen von Stapeln sowie das Manipulieren von Stapeln ist von sicheren Standplätzen aus vorzunehmen.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Im Grunde des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes hat daher der Bw den objektiven Tatbestand der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen erfüllt. Es wurde der Stapel Blechpfannenelemente nicht so gelagert, dass Arbeitnehmer durch Abrutschen nicht gefährdet werden. Auch war der Stapel nicht auf festem ebenem Boden errichtet. Beim Abtragen des Stapels, konkret beim Abheben eines Bleches, ist sodann der Vorarbeiter abgerutscht und abgestürzt. Er hat daher das Abtragen des Stapels nicht von einem sicheren Standplatz aus vorgenommen. Die Verwaltungsübertretungen hat der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer auch gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten. Ein verantwortlicher Beauftragter wurde nicht bestellt.

 

5.2. Der Bw macht mangelndes Verschulden geltend, weil seine Arbeitnehmer in Sicherheitseinrichtungen unterwiesen sind und vom Bw die Absicherung des Stapels angeordnet und das verwendete Gerüst überprüft worden sei.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

 

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer "Oberaufsicht" nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt. Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. "Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmer­schutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war".

 

Im Sinne dieser Judikatur reicht daher das Vorbringen des Bws nicht aus, ihn von seinem Verschulden zu befreien. Insbesondere reicht es nicht aus, dass allgemeine Unterweisungen alle ein bis zwei Jahre durchgeführt werden bzw. vor Baustellenbeginn eine Weisung durch den Bw stattfindet. Vielmehr ist auch die Einhaltung der Anweisungen zu kontrollieren. Konkret wurde aber hinsichtlich der Sicherung des Stapels der Pfannenbleche nicht einmal eine Anweisung an den Vorarbeiter hinsichtlich der Durchführung der Absicherung gegeben. Der Vorarbeiter war sich hinsichtlich der Durchführung sich selbst überlassen. Da es keine Anweisung und Unterweisung hinsichtlich der Absicherung des Stapels und hinsichtlich der Durchführung der Dacharbeiten gab, und die Absicherungen durch das vorhandene Gerüst nicht ausreichend waren, war schon dadurch durch den Bw nicht jene Sorgfalt angewendet worden, die hätte aufgewendet werden müssen. Es liegt daher schon aus diesem Grunde zumindest fahrlässiges Verhalten vor. Im Übrigen war aber auch hinsichtlich der Durchführung der Arbeiten keine Kontrolle des Bws erwiesen und war daher auch kein lückenloses Kontrollsystem nachgewiesen. So war der Bw am Unfallstag selbst nie auf der Baustelle und hat keine Kontrollen an diesem Tage durchgeführt. Es konnte daher der Bw nicht darlegen und unter Beweis stellen, welche Maßnahmen er konkret getroffen hat, dass die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften mit gutem Grund erwartet werden kann. Stichprobenartige Überprüfungen und die Erteilung von Weisungen sowie Schulungen allein reichen für das geforderte Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems zur Hintanhaltung von Verstößen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften jedoch nicht aus (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Mai 2006, 2005/02/0248). Auch hat der Verwaltungsgerichtshof jüngst wieder darauf hingewiesen, dass es für ein wirksames Kontrollsystem nicht ausreichend ist, dass auf den einzelnen Baustellen Bauleiter bzw. Vorarbeiter und Poliere mit der Überwachung und Einhaltung an Ort und Stelle verantwortlich sind (VwGH 26.9.2008, 2007/02/0317).

 

Es war daher vom Verschulden des Bws, nämlich zumindest von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.

 

5.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat die geschätzten persönlichen Verhältnisse dem Bw vorgeworfen, nämlich ein monatliches Nettoeinkommen von 3.000 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten. Diesen Ausführungen hat der Bw auch im Berufungsverfahren nichts entgegengesetzt. Aus dem Akt ist auch ersichtlich, dass der Bw unbescholten ist. Dies muss als Milderungsgrund gewertet werden. Demgegenüber ist aber festzuhalten, dass die gefährliche Situation durch die mangelhafte Sicherung und die große Absturzhöhe wesentlich im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat, nämlich das hohe Gefährdungspotenzial für das Leben und die Gesundheit der Arbeitnehmer zu werten waren. Auch war im Hinblick auf die eingetretenen nachteiligen Folgen durch den Arbeitsunfall dies als schwerwiegender Unrechtsgehalt der Tat zu werten. Im Hinblick auf das Verschulden lag ebenfalls kein Kontrollsystem vor und war dies auch bei der Strafbemessung zu berücksichtigen. Außer der Unbescholtenheit liegt kein weiterer Milderungsgrund vor und wurde auch nicht vom Bw aufgezeigt. Es liegen daher die je Delikt verhängten Geldstrafen im untersten Bereich, nämlich nahezu an der Mindeststrafe und war daher je Delikt von keiner überhöhten Geldstrafe auszugehen. Insbesondere verfügt der Bw über überdurchschnittliche Einkommensverhältnisse. Es war daher die verhängte Geldstrafe je Delikt sowie auch die Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

 

Ein Überwiegen der Milderungsgründe war nicht festzustellen und daher eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG nicht in Betracht zu ziehen. Auch liegt nicht Geringfügigkeit des Verschuldens vor, da das tatbildmäßige Verhalten des Beschuldigten nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Mangels dieser Voraussetzung war daher auch von einem Absehen der Strafe gemäß § 21 VStG nicht Gebrauch zu machen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, das sind insgesamt 80 Euro festzusetzen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Kontrollsystem

 

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