Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251688/11/Kü/Ba

Linz, 16.10.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn DI (FH) S S, vertreten durch RA Dr. A G, B, R, vom 28. Dezember 2007 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 11. Dezember 2007, SV96-29-2007, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9. Juli 2008, zu Recht erkannt:

 

I.        Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.    Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.  Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 11. Dezember 2007, SV96-29-2007, wurde über den Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z 1 lit.a Ausländerbe­schäf­tigungs­gesetz (AuslBG) eine Geldstrafe von 1.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der A B GmbH mit dem Sitz in der Gemeinde T verantwortlich ist, dass die A B GmbH als Arbeitgeber den Ausländer R E, geb., slowakischer Staatsangehöriger, am 11.7.2007 8 Stunden und am 12.7.2007 3 Stunden als Maurer (Innenverputzarbeiten, im Bad Rohre einputzen) auf der Baustelle F K in R, U H, beschäftigt hat, ohne dass ihr eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder dem Ausländer eine Arbeitserlaubnis oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde.

 

2. Dagegen richtet sich die vom Rechtsvertreter des Berufungswerbers rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher neben umfassenden Ausführungen zur Frage der selbstständigen Tätigkeit des Ausländers der Rechtsansicht der belangten Behörde entgegengetreten wird, dass es sich beim vorgeworfenen Delikt um kein Dauerdelikt handle. Von einem Dauerdelikt würde man sprechen, soweit die Aufrechterhaltung eines verbotenen Verhaltens oder Zustandes vorliege. Zufolge der Feststellungen der belangten Behörde gehe diese davon aus, dass Herr E R praktisch durchgehend beschäftigt worden sei. In diesem Zusammenhang sei vom Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt entschieden worden, dass bei einer ununterbrochenen bewilligungslosen Beschäftigung eines Ausländers durch einen bestimmten Zeitraum hindurch im Sinne des § 28 Abs.1 Z 1 lit.a AuslBG von einem Dauerdelikt auszugehen sei.

 

Da der Berufungswerber bei der BH Ried i.I. bereits zu den Aktenzahlen SV96-26-2007, SV96-23-2007 sowie SV96-22-2007 aufgrund desselben Sachverhaltes bzw. dem selbigen Verstoß gegen das AuslBG verfolgt würde und auch derzeit zwei weitere Verfahren in derselben Angelegenheit bei der belangten Behörde anhängig seien, sei eine neuerliche Bestrafung nicht indiziert und rechtswidrig.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 7. Jänner 2008 zur Entscheidung vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Einsichtnahme in die Verfahrensakten SV96-23-2007 und SV96-31-2007 der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. Des Weiteren wurde zur Beweisaufnahme eine öffentliche mündliche Verhandlung am 9. Juli 2008 durchgeführt, an welcher der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie Vertreter der Finanzverwaltung und der belangten Behörde teilgenommen haben.

 

Aufgrund der Einsichtnahme in die genannten Verfahrensakten der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. steht fest, dass der Berufungswerber mit Straferkenntnis vom 7. August 2007, SV96-23-2007, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der A B GmbH mit dem Sitz in der Gemeinde T gemäß § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z 1 lit. Ausländerbeschäftigungsgesetz zur Verantwortung gezogen wurde, da die A B GmbH als Arbeitgeber den Ausländer R E, geb., slowakischer Staatsangehöriger, vom 27.5.2007 bis 21.6.2007, täglich 8 Stunden, als Maurer mit Innenverputzarbeiten, zuletzt am 21.6.2007 auf der Baustelle in H, F W, beschäftigt hat, ohne dass dieser eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder dem Ausländer eine Arbeitserlaubnis oder eine Niederlassungsbewilligung unbeschränkt oder ein Aufenthaltstitel Daueraufenthalt-EG oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde.

 

Dieses Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber an der Abgabestelle B, W, am 10.8.2007 hinterlegt. Aufgrund der zu diesem Zeitpunkt bestandenen urlaubsbedingten Ortsabwesenheit des Berufungswerbers ist davon auszugehen, dass dieses Straferkenntnis erst am 23. August 2008, das ist jener Tag an dem der Berufungswerber vom Straferkenntnis tatsächlich Kenntnis erlangte, zugestellt wurde.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Im gegenständlichen Straferkenntnis wird dem Berufungswerber die unberechtigte Beschäftigung des Ausländers E R am 11.7. und 12.7.2007 als Maurer auf einer näher bestimmten Baustelle vorgeworfen. Bereits mit Straferkenntnis vom 7. August 2007 wurde dem Berufungswerber ebenfalls die Beschäftigung des Ausländers E R in der Zeit vom 27.5.2007 bis 21.6.2007 als Maurer angelastet. Außerdem wurde E R bei einer Kontrolle am 19.7.2007 auf einer Baustelle der A B GmbH bei Maurerarbeiten angetroffen. Diese Sachlage zeigt, dass innerhalb eines kurzen Zeitraumes völlig gleichartige Einzelhandlungen und sich wiederholende Angriffe auf ein identes (aber nicht höchstpersönliches) Rechtsgut (nämlich den inländischen Arbeitsmarkt) im Rahmen eines innerbetrieblichen Gesamtkonzeptes (nämlich des regelmäßigen geplanten Einsatzes des Ausländers im Rahmen des Geschäftsbetriebes des Berufungswerbers) vorliegen, weshalb im Sinne der Rechtsprechung von einem fortgesetzten Delikt auszugehen ist (vgl. VwGH 18.3.1998, Zl. 96/09/0313 sowie VwGH vom 7.9.1995, Zl. 94/09/0321).

 

Wenn von einem fortgesetzten Delikat auszugehen ist, erfasst die Bestrafung wegen eines derartigen Deliktes alle bis zur Erlassung (Zustellung) des Straferkenntnisses erster Instanz in Betracht kommenden gleichartigen Tathandlungen. Es handelt sich hierbei um die sogenannte "Erfassungswirkung" eines Straferkenntnisses, also den Effekt, dass das Straferkenntnis bei Beschäftigung desselben Ausländers (als fortgesetztem Delikt) alle bis zur Erlassung des Straferkenntnisses in Betracht kommenden Tathandlungen erfasst (vgl. oben genannte Erkenntnisse), d.h., dass ein Arbeitgeber wegen Beschäftigung desselben Ausländers bis zum Erlass des Straferkenntnisses nur einmal bestraft werden darf bzw. eine neuerliche Bestrafung nur wegen nach der Bestrafung gesetzter Tathandlungen zulässig ist (vgl. VwGH vom 20.3.2002, Zl. 2000/09/0150, 15.3.2000, Zl. 99/09/0219).

 

Diese einer Doppelbestrafung entgegenstehende Erfassungswirkung findet ihre Begrenzung somit erst durch die Erlassung eines erstbehördlichen Straferkenntnisses, sodass ein Täter nur hinsichtlich der seit seiner letzten Bestrafung gesetzten Tathandlungen abermals bestraft werden kann. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat ergibt sich aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens, dass die Arbeitsleistungen des Ausländers von Mai bis Juli 2007 auf verschiedenen Baustellen im Rahmen eines Gesamtkonzeptes erfolgt sind, wobei das Gesamtkonzept darin bestanden hat, den Ausländer immer wieder auf verschiedensten Baustellen der A B GmbH nach Bedarf einzusetzen. Zudem hat sich E R mit Vertrag vom 27.5.2007 der A B GmbH gegenüber zur Durchführung von Innenputz- und Vollwärmeschutzgewerken verpflichtet.

 

Indem die Erstinstanz dem Berufungswerber mit Erkenntnis vom 7. August 2007 die unberechtigte Beschäftigung des Herrn E R zur Last gelegt hat, sind im Sinne der Judikatur zum fortgesetzten Delikt, alle Arbeitsleistungen des Ausländers E R und somit alle bis dahin erfolgten Einzelakte als abgegolten zu bewerten. Eine neuerliche Bestrafung des Berufungswerbers wegen der Beschäftigung im Zeitraum 11.7. und 12.7.2007, ist daher vom Straferkenntnis vom 7. August 2007, SV96-23-2007, umfasst und verstößt eine weitere Bestrafung gegen das Verbot der Doppelbestrafung. Somit war das gegenständliche Straferkenntnis vom 11. Dezember 2007, SV96-29-2007, ersatzlos zu beheben.

 

5. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

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