Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163494/10/Bi/Se

Linz, 03.11.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin BissenB über die Berufung des Herrn J R, R, vom 19. August 2008 gegen das Straf­erkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis vom 19. August 2008, VerkR96-10033-2007, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 aufgrund des Ergebnisses der am 30. Oktober 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

 

I.             Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als das Straferkenntnis im Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt wird, dass der Halbsatz "Noch haben sie den anderen Beteiligten bzw. dem Geschädigten ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen" zu entfallen hat. Die Geldstrafe wird auf 80 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden, herabgesetzt.

 

II.   Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 8 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 44a Z1 VStG

zu II.: §§ 64f VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben genannten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 100 Euro (30 Stunden EFS) verhängt, weil er am 22. November 2007 um 16.00 Uhr als Lenker des Pkw      in der Gemeinde M, A auf der B141 bei km. 27.600, mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei und es unter­lassen habe, die nächste Polizeidienststelle zu verständigen, noch habe er den anderen Beteiligten bzw. dem Geschädigten seinen Namen und seine Anschrift nachgewiesen.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 30. Oktober 2008 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit der Rechtsvertreterin Frau Mag. S W, ÖAMTC, des Vertreters der Erstinstanz Dr. G O und der Zeugen A B und Meldungs­leger RI M B (Ml) durchgeführt. Der Bw war entschuldigt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe mit Sicherheit keinen Wildunfall verursacht: Wie auch vom ÖAMTC und zwei Gendarmen festgestellt worden sei, seien auch an seinem Fahrzeug keine Beschädigungen oder Wildspuren vorhanden gewesen. Er sei sich keiner Schuld bewusst und ersuche um Einstellung des Verfahrens.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Erstinstanz vorgelegten Verfahrensakt, Durchführung eines Ortsaugenscheins bei Kilometer 27.600 der B141 sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört und die genannten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht gemäß § 289 StGB einvernommen wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw lenkte am 22. November 2007 gegen 16.00 Uhr den Pkw     auf der B141 im Bereich A kurz vor dem Ortsgebiet M in Richtung Ried. Direkt hinter ihm fuhr die Zeugin B mit ihrem Pkw und stellte diese etwa bei Kilometer 27.600 fest, dass im Gegenverkehr ein Sattelzugfahrzeug seine Geschwindigkeit erheblich verminderte bzw. zum Stillstand kam, weil sich auf der linken Fahrbahnseite ein Reh befand, das offenbar in Begriff war, die B141 von links nach rechts zu überqueren. Sie vermutete, dass der vor ihr fahrende Pkw dieses Reh berührt haben musste, weil dieses vor diesem Fahrzeug die Straße querte, in hohem Bogen nach rechts auf die dort angrenzende Wiese fiel und dort liegenblieb. Die Zeugin betonte in der Berufungsverhandlung, sie sei geschockt gewesen, dass der Lenker nicht stehen geblieben sei, sondern seine Fahrt fortgesetzt. Das Reh habe den Kopf noch gehoben und sie habe momentan nicht gewusst, was sie tun solle. Sie habe auf der rechten Straßenseite ein weiteres Reh gesehen, konnte aber nicht mehr sagen, ob sich dieses schon dort befunden habe oder zugleich mit dem Reh hinübergelaufen war. Da der Lenker vor ihr nicht stehengeblieben sei, die Berührung aber nach ihren Schilderungen eindeutig und ohne jeden Zweifel mit dem direkt vor ihr fahrenden Fahrzeug erfolgt sein musste, habe sie sich das Kennzeichen des Pkw aufge­schrieben und sei dann einkaufen gefahren. Etwa eine halbe bis dreiviertel Stunde später sei sie, da ihr das ganze keine Ruhe gelassen habe, noch einmal an die Unfallstelle zurückgekehrt und habe das Reh immer noch dort liegend im Vorbeifahren gesehen. Sie habe noch gedacht, wenn der Lenker vor ihr eine Unfall­meldung erstattet hätte, entweder an die Polizei oder an den zuständigen Jäger, dann würde dieses Reh nicht mehr so dort liegen. Aus diesem Grund habe sie dann schließlich die Polizei angerufen und habe dort das Kennzeichen des Pkw genannt.

Die Zeugin schilderte in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und glaubhaft, dass dieses Reh nur vom Pkw vor ihr erfasst worden sein konnte bzw. einen Stoß bekommen haben musste, weil es in hohem Bogen nach rechts "geflogen" sei. Sie schloss dezidiert aus, dass die Berührung mit einem anderen Pkw erfolgt sein könnte als den mit dem angegebenen mit dem Kennzeichen   .

Der Meldungsleger bestätigte im Rahmen seiner zeugenschaftlichen Einvernahme, dass drei Anrufe bei der PI R/I. eingegangen seien, wonach ein Lenker ein Reh angefahren habe und weitergefahren sei. Die Zeugin B habe das Kennzeichen des Pkw genannt und über eine Zulassungsanfrage sei der Bw als Zulassungsbesitzer eruiert worden. Er sei daraufhin sofort zum Haus des Bw in Ried gefahren. Das Fahrzeug sei in der Garage geparkt gewesen. Der Bw sei aber mit dem Pkw herausgefahren und er habe den Pkw daraufhin besichtigt. Richtig sei, dass der Pkw keine Beschädigung aufgewiesen habe, jedoch habe er vorne am rechten Stoßstangeneck im Frontbereich eine Wischspur aufgewiesen, die auch deshalb gut erkennbar gewesen sei, weil das Fahrzeug stark verschmutzt gewesen sei. Der Bw habe sich ihm gegenüber geäußert, es sei richtig, dass vor ihm Rehe hinübergelaufen seien und er habe einen "Tuscher" vernommen. Er habe aber noch gedacht, es sei nichts besonderes passiert, und sei deswegen weitergefahren. Der Ml führte weiters aus, er habe sich dann telefonisch mit dem Jagdleiter in Verbindung gesetzt, der ihm bestätigt habe, dass dieses Reh rechts von der B141 tot mit einem gebrochenen rechten Hinterlauf vorgefunden worden sei. Er gehe daher davon aus, dass die Berührung zwischen dem Pkw und dem Reh mit dessen rechtem Hinterlauf erfolgt sei.

 

Der Bw hat eine Bestätigung des ÖAMTC vorgelegt, wonach er nach dem Vorfall vom 22. November 2007 am 26. November 2007 seinen Pkw zur Schadensbe­gutachtung vorgeführt habe und dieses Fahrzeug habe weder Beschädigungen noch Wildspuren aufgewiesen.

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zur Auffassung, dass die Zeugin B im Rahmen der mündlichen Verhandlung einen sehr glaubwürdigen persönlichen Eindruck hinterlassen hat und ihre Schilderung des Vorfalls durchaus schlüssig und glaubwürdig ist. Insbesondere besteht auf dieser Grundlage in Verbindung mit der beim Ortsaugenschein vorge­fundenen Örtlichkeit bei Kilometer 27.600 der B141 – dort befinden sich links und rechts annähernd flache Wiesen bzw. Felder und laut Zeugin sei es jedenfalls so hell gewesen, dass man das Reh liegen gesehen habe; sie selbst sei auch eine halbe Stunde nach dem Vorfall nur vorbeigefahren ohne auszusteigen und habe das Reh immer noch dort liegen gesehen, woraus sie schließe, dass es auch für den Bw sichtbar sein hätte müssen – kein Zweifel, dass die Berührung mit dem Pkw des Bw stattgefunden hat. Dem entspricht auch dessen Aussage vom "Tuscher", selbst wenn er diesen danach mit dem Herunterfallen des Haustorschlüssels erklärt haben wollte. Der Bw hat selbst gegenüber dem Meldungsleger zugegeben, dass Rehe vor seinem Pkw hinübergelaufen seien; auch hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Angaben des Meldungslegers von den Streifspuren am verschmutzten Pkw rechts vorne bestehen keine Zweifel.

 

Der Bw beruft sich darauf, dass an seinem Fahrzeug, wenn er tatsächlich dieses Reh angefahren hätte, ein Schaden ersichtlich sein hätte müssen. Dieser Ansicht vermag sich der Unabhängige Verwaltungssenat deswegen nicht anzuschließen, weil zum einen die Kunststoffstoßstange doch so elastisch ist, dass sie etwas nachgibt und zum anderen die Fortbewegungsrichtung des Rehs ja nicht der Fahrtrichtung des Pkw des Bw entgegenstand, sondern das Reh ja aus der Sicht des Bw nach rechts weiterlaufen wollte und daher keine unmittelbare Kraft auf den Pkw des Bw einwirkte. Der Umstand, dass am Pkw kein Schaden vorzufinden war, bedeutet nicht zwingend, dass keine Berührung zwischen dem Reh und dem Pkw stattgefunden haben kann. Dass die vom Meldungsleger beschriebene Streifspur an der rechten Stoßstangenecke vorzufinden war, lässt darauf schließen, dass der Pkw des Bw gerade noch im letzten Moment die Laufbahn des Rehs gekreuzt hat, wobei der rechte Hinterlauf mit dem Frontbereich des Pkw als Berührungsstelle im (gedachten) Zeit-Weg-Diagramm nicht unschlüssig ist. Die Argumente des Rechtsmittelwerbers vermögen hingegen in keiner Weise zu überzeugen, im Gegenteil musste ihm der "Tuscher", der mit der Berührung des Rehs zeitlich zusammengefallen sein muss und Auslöser dafür war, dass dieses Reh in weitem Bogen nach rechts in die Wiese flog und dort liegen blieb, wenn es für die Zeugin B hinter ihm erkennbar war, auch selbst auffallen.

Dabei ist anzumerken, dass allein der Umstand, dass der Bw dieses Reh angefahren hat, ihm nicht zum Vorwurf gemacht wird, sondern ausschließlich mehr sein Verhalten danach.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben alle Personen deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang steht die nächste Polizeidienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, wobei diese Verständigung unterbleiben darf, wenn diese Person oder jene in deren Vermögen der Schaden entstanden ist, einander ihren Namen und Anschriften nachgewiesen haben.

 

Bei einem Wildunfall handelt es sich ohne Zweifel um einen Verkehrsunfall und mit Sachschaden – ein totes Reh stellt einen erheblichen finanziellen Schaden dar – wobei Geschädigter im gegenständlichen Fall die Jagdgesellschaft M mit dem Jagdleiter J K ist. Der Bw hat nie bestritten, wegen dieses Verkehrsunfalls mit niemandem in Kontakt getreten zu sein, dh er hat dem Geschädigten seinen Namen und seine Anschrift nicht nachgewiesen. Aus diesem Grund wäre er verpflichtet gewesen, ohne unnötigen Aufschub Meldung über den Verkehrsunfall mit Sachschaden bei der nächsten Polizei­inspektion zu erstatten. Das hat er unterlassen – die Kontaktaufnahme ist viel mehr durch den Meldungsleger bei der Besichtigung des Pkw erfolgt.

 

Auf der Grundlage des Beweisverfahrens war zweifelsfrei davon auszugehen, dass der Bw als Lenker des auf ihn zugelassenen Pkw an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, nämlich einem Wildunfall, ursächlich beteiligt war. Er hat daher durch das Unterlassen der Unfallmeldung den ihm zur Last gelegten Tatbestand - mit der Maßgabe einer Sprucheinschränkung im Sinn des § 44a Z1 VStG, zumal eine gesetzliche Verpflichtung zum Identitätsnachweis nicht besteht – ohne jeden Zweifel erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten, zumal von der Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens – nicht am Zustandekommen des Wildunfalls, sondern an der Nichtmeldung des Verkehrs­unfalls mit Sachschaden – keine Rede sein kann. Da dem Bw sowohl das Zustandekommen des Verkehrsunfalls mit Sachschaden in Verbindung mit seinem Pkw als auch die Folgen für das Reh, das an der Unfallstelle liegenblieb, bei Aufwendung der erforderlichen Sorgfalt und Aufmerksamkeit auffallen hätte müssen, ist bei der Unterlassung der Unfallmeldung zweifelsohne zumindest von Fahrlässigkeit auszugehen.

 

Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis 726 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis 2 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat im Rahmen ihrer Überlegungen zur Strafbemessung die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bw zutreffend als mildernd berücksichtigt und die von ihm nicht bestrittene Schätzung seiner finanziellen Ver­hältnisse zugrundegelegt (1.300 Euro monatlich, keine Sorgepflichten). Ange­sichts der Spruchreduktion im Hinblick auf den Unrechtsgehalt des Tat­vorwurfs ist eine geringfügige Herabsetzung der Strafe gerechtfertigt, wobei die nunmehr verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG als angemessen anzusehen ist, generalpräventiven Überlegungen standhält und den Bw in Zukunft zur genauesten Beachtung seiner Verpflichtungen bei einer ursäch­lichen Beteiligung an einem Verkehrsunfall anhalten soll.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. BissenB

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Bw war an Wildunfall ursächlich beteiligt – keine Unfallmeldung – Bestätigung  mit Spruchkorrektur (keine Verpflichtung zum Identitätsnachweis gegenüber Jagdtieren)

 

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