Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150659/14/Re/Hue

Linz, 23.10.2008

 

                                                                                                                                                        

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger nach der am 24. September 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des A M,  A, O, vertreten durch Rechtsanwalt H S,  A, A S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 18. März 2008, Zl. BZ-BauR-7141-2007e Rh, zu Recht erkannt:

I.                  Der (Straf-)Berufung wird Folge gegeben, die Geldstrafe auf 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt.

II.              Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 20 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm.  § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er am 31. Mai 2007 gegen 8.02 Uhr als Lenker eines Kfz mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen  die A25, Mautabschnitt Wels Nord – ÖBB-Terminal Wels, bis zu km 14,580 benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Es sei festgestellt worden, dass die Achsenzahl des gegenständlichen Kfz (4) höher gewesen sei als die mit 3 eingestellte Kategorie/Achsenzahl. 

 

2. In der Berufung wurde vom Bw vorgebracht, dass die GO-Box defekt gewesen sei und er die korrekte Achsenzahl eingestellt habe. Aufgrund dieses Defektes seien lediglich drei Achsen "angezeigt" worden.  

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A vom 9. August 2007 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges mit 4 höher gewesen sei als die mit 3 eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät. Gem. § 19 Abs. 4 BStMG sei dem Zulassungsbesitzer am 7. Juni 2007 die Ersatzmaut schriftlich angeboten, diesem Angebot jedoch nicht (zeitgerecht) entsprochen worden. 

 

Nach Strafverfügung vom 7. September 2007 brachte der Bw vor, dass die Ersatzmaut einbezahlt worden sei. Als Beilage angeschlossen war in Kopie ein Schriftverkehr des Zulassungsbesitzers mit der A.  

 

Einer ergänzenden Stellungnahme der A vom 3. Oktober 2007, in der auf die Mitwirkungspflicht des Fahrzeuglenkers hingewiesen wird, sind zwei Beweisbilder vom Tattag angeschlossen. Zusätzlich erging der Hinweis, dass die angebotene Ersatzmaut verspätet einbezahlt und der A erst am 31. Juli 2007 gutgeschrieben worden sei, weshalb der Geldbetrag rücküberwiesen wurde.

 

Dazu wurde vom Bw – trotz eingeräumter Möglichkeit – keine weitere Stellungnahme abgegeben.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.  

 

4. Auf Anforderung übermittelte die A dem Unabhängigen Verwaltungssenat am 6. Mai und 19. September 2008 Einzelleistungsinformationen für den Zeitraum zwischen dem 10. Mai 2007 und dem 30. Juni 2007 und teilte mit, dass die gegenständliche GO-Box bisher nicht getauscht worden und immer noch in Gebrauch sei.

 

5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung übergab der Verhandlungsleiter zunächst dem (Vertreter des) Bw Kopien der dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der A übermittelten Unterlagen: Dabei handelte es sich um Einzelleistungsinformationen und um den Hinweis, dass die GO-Box beim gegenständlichen Kfz am 9. Mai 2007 aufgrund eines Defekts getauscht worden und die zur Tatzeit in Betrieb gestandene GO-Box nach wie vor in Betrieb sei.

 

Der verkehrstechnische Amtssachverständige führte zum Berufungsvorbringen, wonach die GO-Box defekt und die korrekte Achsenzahl eingestellt gewesen sei, aus, dass vom Mautbetreiber bei Ausgabe der GO-Box die Achseinstellung des Grundfahrzeuges (Basiskategorie) eingestellt werde. Da es sich gegenständlich beim "Solofahrzeug" um ein dreiachsiges Fahrzeug handle sei es plausibel, dass das Kfz, wenn es nicht im Anhängerbetrieb verwendet werde, mit der Kategorie "3" unterwegs ist. Nach Anhängen eines Anhängers an das Kfz sei die Achsenzahl bei der GO-Box auf "4" umzustellen. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen sei aus technischer Sicht kein technisches Gebrechen der GO-Box nachzuvollziehen und ergebe die Chronologie des vorliegenden Leistungsverzeichnisses, dass die GO-Box nach der Montage am 9. Mai 2007 bis am 15. Juni 2007 mit der Achseinstellung "3" gefahren worden ist. Am 18. Juni 2007 sei dann die Achseinstellung bei der GO-Box von "3" auf "4" geändert und mit dieser Kategorieneinstellung bis zum 29. Juni 2007 gefahren worden. Da zwischen der Umstellung der Achsenzahl die GO-Box nicht getauscht worden und diese bis zum heutigen Zeitpunkt in Verwendung sei, sei ein technisches Gebrechen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Eine automatische Behebung eines GO-Box-Defektes sei auszuschließen.

Daraus sei aus technischer Sicht der Schluss zu ziehen, dass vergessen wurde, die Achsenzahl bei der GO-Box entsprechend dem Anhängerbetrieb umzustellen.

 

Der (Vertreter des) Bw schränkte daraufhin aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens die Berufung auf die Strafhöhe ein und legte die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw dar.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

6.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat zur Mautabwicklung eine in Artikel 2 der Richtlinie 2004/52/EG genannte Technik zu nutzen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Punkt 8.2.2 der Mautordnung besagt, dass bei Ausgabe der GO-Box eine Basiskategorie entsprechend der vorhandenen Achsenanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt wird (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Nutzer dar). Der Kraftfahrzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2 zu überprüfen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung besteht für ordnungsgemäß zum Mautsystem und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraftfahrzeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf ein technisches Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel oder die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie zurückzuführen ist; dies jedoch ausnahmslos nur wenn alle in der Mautordnung näher definierten Bedingungen erfüllt werden.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis zu 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG werden Übertretungen gem. Abs.1 und Abs.2 straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut zahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

 

6.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw eine Mautstrecke ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung (nämlich mit falsch eingestellter Achsenzahl bei der GO-Box) benützt und er somit das Tatbild des   § 20 Abs. 2 BStMG verwirklicht hat. Unstrittig ist ferner, dass gem. § 19 Abs. 4 BStMG die Zahlung einer Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht entsprochen wurde. Die Verwirklichung des gegenständlichen Delikts durch den Bw ist nunmehr unbestritten. Die Berufung wurde in der öffentlichen mündlichen Verhandlung auf die Strafhöhe eingeschränkt.  

 

Dem Bw ist deshalb vorzuwerfen, dass er seinen Pflichten als Fahrzeuglenker nicht nachgekommen ist, da er vor Befahren einer mautpflichtigen Strecke die geänderte Achsenzahl nicht korrekt umgestellt hat bzw. er seiner Verpflichtung zur Überprüfung der eingestellten Kategorie bei der GO-Box iSd Punktes 8.2.2 der Mautordnung vor Beginn jeder Fahrt nicht nachgekommen ist.  

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Im Zweifel ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er übersehen hat, die eingestellte Achsenzahl vor jedem Befahren einer Mautstrecke zu überprüfen bzw. korrekt umzustellen.

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde, weshalb die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw unerheblich sind. Die gesetzliche Mindeststrafe ist aus dem bloßen Grund einer womöglich schlechten finanziellen Situation des Bw nicht unterschreitbar. Dass diese finanzielle Situation durch ein weiteres einschlägiges Verwaltungsstrafverfahren mitbedingt ist, kann sich für den Bw nicht im Sinne eines Arguments für die Unterschreitung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe auswirken. Im Hinblick jedoch darauf, dass zur Unbescholtenheit und dem Tatsachengeständnis als weiterer Milderungsgrund die wenigstens teilweise Mautentrichtung tritt (ein Umstand, der auch nach der Mautordnung die Höhe der Ersatzmaut beeinflusst und der regelmäßig zum Aufgriff der Täter führt), erscheint es vertretbar unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG) die Strafe auf die Hälfte herabzusetzen. Die Tat bleibt aber nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Der Unrechtsgehalt einer Fehleinstellung der Achsenzahl ist als deliktstypisch einzustufen. Die Vorsorge für die korrekte Einstellung der GO-Box stellt im gegebenen Zusammenhang die zentrale Lenkerpflicht dar.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Reichenberger

 

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