Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400969/5/WEI/Se

Linz, 06.11.2008

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde der E V (alias K O, Staatsangehörige von N, dzt. Polizeianhaltezentrum (PAZ) Linz, vertreten durch S E W. D, wegen Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

 

II. Die Beschwerdeführerin hat dem Bund den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 271,80 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl I Nr. 100/2005, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 4/2008) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 (BGBl II Nr. 334/2003).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde vom nachstehenden S a c h v e r h a l t aus:

 

1.1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion L vom 22. Oktober 2008, Zl. 1061330/FRB, wurde auf der Rechtsgrundlage des § 76 Abs 1 und 3 FPG iVm § 57 AVG gegen die Beschwerdeführerin (Bfin) die Schubhaft zur Sicherung des fremdenrechtlichen Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbots sowie zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

 

Der Bescheid ist an K O, adressiert, weil sich die Bfin als diese Person ausgab. Den Zustellnachweis unterschrieb sie mit "KO". In der Begründung wird angeführt, die Bfin habe sich bei einer Kontrolle im Zug mit einer s Aufenthaltsberechtigung ausgewiesen, die offenbar nicht auf ihre Person ausgestellt wurde. Es sei beabsichtigt aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu setzen. Sie verfüge über keinen Wohnsitz und keine privaten Bindungen und ebenso wenig über soziale Integration, weshalb ein konkreter Sicherungsbedarf bestehe.

 

Die Bfin befand sich am 21. Oktober 2008 um 21:45 Uhr im Zug EN264 in Fahrtrichtung Salzburg und wies sich bei einer polizeilichen Kontrolle kurz vor dem Hauptbahnhof Linz mit der s Aufenthaltsberechtigungskarte lautend auf K O aus. Da das Foto nicht mit der Bfin übereinstimmte, wurde sie beim Hauptbahnhof Linz festgenommen und der belangten Behörde vorgeführt. Noch bei der fremdenpolizeilichen Einvernahme um 08:10 Uhr am 22. Oktober 2008 erzählte die Bfin wahrheitswidrig, dass sie am 17. Oktober 2008 mit dem Zug von Spanien nach Italien und weiter nach Wien gereist wäre. Einen mitreisenden Bekannten hätte sie in Spanien kennen gelernt und sie würden bereist 4 Jahre in Spanien leben, wo sich auch ihre n Reisepässe befänden.

 

1.2. In der Folge ergab die erkennungsdienstliche Behandlung und der Abgleich im Fremdeninformationssystem, dass die Bfin bereits unter der Identität E V,  Staatsangehörige von N, in Österreich erfasst worden ist. Unter diesem Namen hatte bereist zu Zl. ... beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost ein Asylverfahren stattgefunden, welches mit 27. Februar 2007 rechtskräftig negativ abgeschlossen worden war. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenat vom 22. Februar 2007, Zl.254.626/0/5E-VII/43/04, wurde der Asylantrag im Instanzenzug abgewiesen, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Bfin nach N für zulässig erklärt und ihre Ausweisung verfügt.

 

Bei der fremdenpolizeilichen Einvernahme am 23. Oktober 2008 gab die Bfin zu, dass sie am Vortag falsche Angaben zu ihrer Person gemacht hatte. Sie erinnerte sich auch, im Jahr 2004 einen Asylantrag in Österreich gestellt zu haben, der mit 27. Februar 2007 rechtskräftig negativ erledigt worden ist, wobei auch eine Ausweisung verfügt wurde.

 

Die Bfin gab weiter an, in Wien an verschiedenen Adressen und zuletzt bei einer Freundin aus K im 10. Bezirk gewohnt zu haben. Sie glaube nicht gemeldet gewesen zu sein. Die s Aufenthaltsberechtigungskarte hätte sie von einer s Bekannten aus A erhalten. Sie hätte am 21. Oktober 2008 mit dem Zug von Wien über München nach Spanien reisen wollen.

 

Mit Abschluss-Bericht des Stadtpolizeikommandos Linz, Kriminalreferat, vom 23. Oktober 2008, Zl. B6/54373/2008-kalte, gemäß dem § 110 Abs 2 Z 4 StPO wurde die Bfin wegen des Verdachts des Gebrauchs fremder Ausweise (§ 231 StGB) dem Bezirksgericht Linz angezeigt.

 

Bei der Beschuldigtenvernehmung vom 23. Oktober 2008 durch das Kriminalreferat gab die Bfin von Unterstützungen der Caritas, von Freunden und Kirche und zweitweise vom Betteln gelebt zu haben. Sie habe an verschiedenen Adressen, zuletzt auch an der Meldeadresse W beim Unterkunftsgeber O gewohnt. Dieser habe im Mai 2008 zu ihr gesagt, dass sie nicht länger bleiben könnte und ihr mitgeteilt, dass er sie abmelden werde.

 

Der ZMR-Anfrage der belangten Behörde vom 22. Oktober 2008 ist zu entnehmen, dass die Bfin ab 29. April 2008 bei H O mit Hauptwohnsitz gemeldet ist. Abgemeldet wurde sie nicht. Zuvor war sie in der Zeit vom 25. Oktober 2006 bis 21. August 2007 in der F in W (Unterkunftsgeberin C E) gemeldet. Für die Zwischenzeit scheint keine polizeiliche Meldung auf.

 

1.3. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion W vom 11. Juni 2008, Zl. III-1189674/FrB/08, wurde gemäß § 77 FPG von der Anordnung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gegen das gelindere Mittel der Auflage, sich beginnend mit 12. Juni 2008 jeden Tag bei der Polizeiinspektion in W , W..gasse .. zu melden, Abstand genommen. Gemäß § 64 Abs 2 AVG wurde die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen diesen Bescheid ausgeschlossen. Den Bescheid übernahm die Bfin noch am 11. Juni 2008 nach ihrer fremdenpolizeilichen Einvernahme zum Thema "Sicherung der Ausreise", weil sie trotz durchsetzbarer Ausweisung das Bundesgebiet noch nicht verlassen hatte. Gegen diesen Bescheid erhob die Bfin durch ihren Rechtsvertreter die Berufung vom 23. Juni 2008, die der Sicherheitsdirektion für Wien vorgelegt wurde. Diese hat über die Berufung  noch nicht entschieden.

 

Bei ihrer Vernehmung antwortete die Bfin auf die Frage, ob sie bereit wäre Österreich zu verlassen, dass sie das nicht wisse. Sie meinte auch, dass sie kein Geld habe und nicht wisse, wie sie die Reise organisieren solle. Familiäre, berufliche oder sonstige Bindungen zu Österreich verneinte sie. Ihren Unterhalt würde sie teilweise über die Caritas und durch Freundinnen bestreiten. Die Bfin war mit ihrer erkennungsdienstlichen Behandlung einverstanden, erhielt ein Informationsblatt und wurde belehrt, dass sie sich täglich bei der zuständigen Polizeiinspektion zu melden habe und dass die auch nur einmalige Unterlassung die Verhängung der Schubhaft zur Folge hätte.

 

Mit Schreiben vom 17. Juni 2008 ersuchte die Bundespolizeidirektion W das Bundesministerium für Inneres, Abteilung II/3, um Beantragung eines Heimreisezertifikates für die Bfin bei ihrer Vertretungsbehörde.

 

Mit Schreiben vom 23. Oktober 2008 teilte die Bundespolizeidirektion W der Sicherheitsdirektion für W mit, dass sich die Bfin dem gelinderen Mittel am 21. Oktober 2008 entzogen hätte, weil sie versuchte mit einem falschen s Dokument das Bundesgebiet zu verlassen.

 

1.4. Die belangte Behörde teilte dem Bundesministerium für Inneres mit E-Mail vom 30. Oktober 2008 mit, dass sich die Bfin im PAZ Linz in Schubhaft befindet und ersuchte die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zu urgieren bzw einen Vorführtermin zu erwirken. Das Bundesministerium für Inneres berichtete dazu mit E-Mail vom 31. Oktober 2008, dass laut Auskunft der n Botschaft Vorführungen frühestens Mitte November 2008 nach Rückkehr des Konsuls möglich wären.

 

Mit Telefaxschreiben vom 3. November 2008 an den Rechtsvertreter der Bfin wies die belangte Behörde auf den Gebrauch der fremden Aufenthaltsberechtigungskarte durch die Bfin und den mitgeführten Bargeldbetrag von lediglich 64,62 Euro hin und teilte mit, dass beabsichtigt sei, ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot zu erlassen. Es wurde Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen eingeräumt.

 

1.5. Mit der per Telefax am 31. Oktober 2008 beim Oö. Verwaltungssenat außerhalb der Amtsstunden (Eingang daher 3.11.2008) eingebrachten "Beschwerde gemäß § 82 FPG" erhob die Bfin durch ihren Rechtsvertreter Schubhaftbeschwerde und beantragte die Rechtswidrigkeit der Festnahme sowie der Anhaltung in Schubhaft festzustellen. Gleichzeitig wurde ein allgemeiner Antrag iSd § 79a AVG auf Ersatz des Verfahrensaufwandes gestellt.

 

2.1. Die Beschwerde geht im Wesentlichen vom oben dargestellten Sachverhalt aus. Sie weist auf den Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 22. Februar 2007 hin, mit dem das Asylbegehren gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen, die Zulässigkeit der Abschiebung nach N festgestellt und die Ausweisung dorthin ausgesprochen wurde. Der Verwaltungsgerichtshof habe mit Beschluss vom 31. Mai 2007 die Behandlung der Beschwerde abgelehnt. Die BPD Wien habe nach Einvernahme der Bfin zur Sicherung der Abschiebung das gelindere Mittel der täglichen Meldung vor der Polizeiinspektion W, mit Bescheid vom 11. Juni 2008 angeordnet. Die Berufung dagegen habe die Sicherheitsdirektion W mit Bescheid vom 30. Oktober 2008, Zl. E1/269.266/2008, abgewiesen. Zwischenzeitlich sei erfolglos versucht worden, ein n Heimreisezertifikat zu erwirken. Die Bfin sei auftragsgemäß der täglichen Meldepflicht, zuletzt am 20. Oktober 2008, nachgekommen. Am 21. Oktober 2008 habe die Bfin versucht mit einem fremden Reisedokument unter dem Namen K O, der Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Dabei sei sie fest- und anschließend in Schubhaft genommen worden.

 

In rechtlicher Hinsicht bringt die Beschwerde vor, dass die formelhafte Bescheidbegründung übersehe, dass gegen die Bfin bereits eine Ausweisung erlassen wurde und sie in Wien wohnhaft sei. Es sei unbeachtet geblieben, dass sich die Bfin schon über einen Zeitraum von mehr als vier Monaten einem gelinderen Mittel unterworfen habe und der Meldepflicht regelmäßig nachgekommen wäre. Abgesehen davon, dass ein einmaliges Nichtnachkommen in einem Zeitraum von mehr als vier Monaten nicht bedeute, dass sich die Bfin dem Verfahren entziehen wolle, hätte sie der Meldepflicht am 21. Oktober 2008 – allenfalls an einer anderen Polizeidienststelle- noch nachkommen können, wenn sie nicht festgenommen worden wäre. Daher hätte die Bfin iSd § 80 Abs 5 FPG nur dann in Schubhaft genommen werden dürfen, wenn dies zur Vorbereitung einer schon möglichen Abschiebung erforderlich gewesen wäre.

 

Die Schubhaft wäre aber auch deshalb rechtswidrig, weil schon jetzt abzusehen sei, dass ein Heimreisezertifikat der n Botschaft nicht zu erlangen sein werde. Die Bundespolizeidirektion W habe dies schon seit Juni 2008 erfolglos versucht. Durch den Versuch der eigenständigen Ausreise hätte die Bfin ihr Bemühen gezeigt, den rechtswidrigen Aufenthalt zu beenden. Dass sie aus Verzweiflung eine andere Identität behauptete, könnte allein die Schubhaft nicht rechtfertigen. Hinweis auf VwGH 17.11.2005, Zl. 2005/21/0019, wonach der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zukomme.

 

2.2. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 3. November 2008 die fremdenpolizeilichen Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie den aktenkundigen Sachverhalt noch einmal schildert, der Beschwerde entgegen tritt und deren kostenpflichtige Abweisung beantragt.

 

Die belangte Behörde vertritt die Ansicht, dass die ZMR-Meldeadresse in W, eine Scheinanmeldung war, um in den Genuss der Rechtswohltat des gelinderen Mittels zu gelangen. Dem gelinderen Mittel der täglichen Meldepflicht habe sich die Bfin entzogen, zumal die letzte Meldung am 20. Oktober 2008 erfolgte und die Reise am 21. Oktober 2008 via München nach Spanien gehen sollte. Die Bfin hatte auch einen Koffer mit ihren persönlichen Gegenständen bei sich. Die Behauptung sie hätte ihrer Meldepflicht noch nachkommen können, führe sich selbst ad absurdum. Kommt der Fremde seiner Verpflichtung nicht nach, sei gemäß § 77 Abs 4 FPG die Schubhaft anzuordnen.

 

Die belangte Behörde weist darauf hin, dass sich aus den fremdenpolizeilichen Akten der Bundespolizeidirektion W auch ergebe, dass die Bfin der Prostitution nachging. Deshalb sei sie auch aus der Grundversorgung Wien genommen worden.

 

Das n Heimreisezertifikat werde im Wege des Bundesministeriums für Inneres betrieben. Die belangte Behörde habe schon um Urgenz bzw einen Vorführtermin ersucht. Es sei amtsbekannt, dass Heimreisezertifikate von der n Botschaft nur nach Vorführung des Fremden ausgestellt werden würden. Mit solchen Terminen sei ab Mitte November 2008 wieder zu rechnen. Die Behauptung der Beschwerde, dass ein Heimreisezertifikat nicht zu erlangen sein werde, sei völlig aus der Luft gegriffen und durch nichts untermauert.

 

Auf Grund des rechtswidrigen Verhaltens der Bfin und ihrer mangelnden sozialen Verankerung hätte die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung zwingend verhängt werden müssen. Entscheidungsrelevant seien auch die falschen Angaben der Bfin, die sie noch vor der Behörde aufrecht erhielt, bis die Erhebungen ihre wahre Identität zutage brachten. Durch neuerliche Anwendung gelinderer Mittel hätte der Zweck der Schubhaft nicht erreicht werden können. Nach § 77 Abs 4 FPG wäre die Schubhaft obligatorisch anzuordnen gewesen.

 

3. Der erkennende Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die Beschwerde und die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der wesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 9 Abs 2 FPG ist gegen die Anordnung der Schubhaft weder eine Vorstellung noch eine Berufung zulässig.

 

Gemäß § 82 Abs 1 FPG hat der Fremde das Recht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung den unabhängigen Verwaltungssenat anzurufen,

 

  1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
  2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder
  3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs 1 FPG ist der unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der Unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 83 Abs 4 FPG).

 

Die Bfin wurde am 21. Oktober 2008 gegen 22:00 Uhr im Bereich Linz Hauptbahnhof festgenommen und in weiterer Folge der belangten Behörde vorgeführt, die mit Mandatsbescheid gemäß § 76 Abs 3 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG die Schubhaft verhängte. Die Bfin wird nach wie vor im PAZ Linz in Schubhaft angehalten. Die am 31. Oktober 2008 außerhalb der Amtsstunden eingelangte Beschwerde ist zulässig.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides nicht bloß kurzfristig aus anderem Grund in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

 

Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs 3 und 4 FPG darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

4.3. Das AsylG 2005 trat am 1. Jänner 2006 in Kraft und das AsylG 1997 mit 31. Dezember 2005 außer Kraft (vgl § 73 AsylG 2005, Art 2 des Fremdenrechtspaketes 2005, BGBl I Nr. 100/2005). § 75 AsylG 2005 enthält Übergangsbestimmungen für Asylverfahren.

 

Gemäß § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (Art 2 des Fremdenrechtspaketes 2005, BGBl I Nr. 100/2005) ist ein Antrag auf internationalen Schutz das -auf welche Weise immer artikulierte - Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen; der Antrag gilt als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (vgl Z 15) und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des subsidiär Schutzberechtigten (vgl Z 16).

 

"Asylwerber" ist nach § 2 Abs 1 Z 14 AsylG 2005 ein Fremder ab Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens.

 

Nach der gleichartigen Legaldefinition des § 1 Z 3 AsylG 1997 ist "Asylwerber" ein Fremder ab Einbringung eines Asylantrages bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens oder bis zu dessen Einstellung. Ein Unterschied besteht nur insofern, als nunmehr von Antrag auf internationalen Schutz (vgl dazu § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005) anstatt von Asylantrag die Rede ist. Diese geänderte Terminologie entspricht der Statusrichtlinie und wurde zum Zweck der Einheitlichkeit übernommen. Die Stellung eines solchen Antrags entspricht aber inhaltlich dem bisherigen Asylantrag (vgl RV Fremdenrechtspaket, 952 Blg NR 22. GP, Seite 30, "Zu Z 12" des AsylG 2005). Daher betont die Regierungsvorlage zum Fremdenrechtspaket 2005 (vgl 952 BlgNR 22. GP, Seite 31, "Zu Z 14" des AsylG 2005), dass der Begriff "Asylwerber" der geltenden Rechtslage entspricht und keiner Änderung bedarf. Fremde sind nicht mehr Asylwerber, wenn entweder das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen oder nach § 24 AsylG 2005 eingestellt wurde.

 

Gemäß § 13 AsylG 2005 ist ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Entzug des Aufenthaltsrechts (§ 62 Abs 1 FPG) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt. Wird Asylwerbern gemäß § 62 FPG ihr Aufenthaltsrecht entzogen, kommt ihnen faktischer Abschiebeschutz (§ 12) zu.

 

Gemäß § 19 Abs 2 AsylG 1997 idFd AsylG-Nov 2003 (BGBl I Nr. 76/1997 idF BGBl I Nr. 101/2003) waren "Asylwerber", deren Asylverfahren zugelassen ist (§ 24a), bis zum rechtskräftigen Abschluss oder der Einstellung des Verfahrens zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Dieses Aufenthaltsrecht war durch Ausstellen einer Aufenthaltsberechtigungskarte (§ 36b) zu dokumentieren.

 

4.4. Nach der Aktenlage steht unbestritten fest, dass das Asylverfahren der Bfin bereits mit der Berufungsentscheidung des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 22. Februar 2007 (rechtskräftig seit 27. Februar 2007) negativ abgeschlossen wurde. Demnach hält sich die Bfin schon rund eineinhalb Jahre unrechtmäßig in Österreich auf. Aus dem fremdenpolizeilichen Akt der Bundespolizeidirektion Wien ist auch ersichtlich, dass sie wiederholt der Prostitution nachging (vgl etwa Akt Seiten 84, 85, 88). Dem Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem, Grundversorgungsstelle Wien (ON 27 im Akt der BPD Linz), ist dieser Umstand ebenfalls zu entnehmen.

 

Für die Zeit vom 22. August 2007 bis 28. April 2008 scheint überhaupt keine polizeiliche Meldung der Bfin im zentralen Melderegister auf (vgl ON 5 im Akt der BPD L). Wie die Bfin selbst angegeben hat, wohnte sie in Wien an verschiedenen Adressen und zuletzt bei einer Freundin im 10. Bezirk, wobei sie nicht glaubte, gemeldet zu sein (vgl Niederschrift vom 23.10.2008, ON 13 im Akt der BPD L). Zur Meldeadresse in W, gab sie bei ihrer kriminalpolizeilichen Beschuldigtenvernehmung an, dass ihr Unterkunftsgeber O zu ihr im Mai 2008 gesagt hätte, dass sie nicht länger bleiben könnte und er sie abmelden werde (vgl ON 18 im Akt der BPD L). Dies geschah allerdings dann nicht. Die Bfin hat sich daraufhin auch nicht an einer anderen Stelle angemeldet. Auf Grund der geschilderten Umstände und den eigenen Angaben der Bfin ist jedenfalls davon auszugehen, dass sie ihrer polizeilichen Meldeverpflichtung über einen längeren Zeitraum nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist. Der Verdacht der belangten Behörde, dass die letzte Meldeadresse - zumindest einige Monate lang - nur eine Scheinanmeldung war, erscheint daher nicht unbegründet.

 

4.5. Mit der unberechtigten Rüge der formelhaften Bescheidbegründung und der Nichtbeachtung der täglichen Meldung (laut gelinderem Mittel) der Bfin über mehr als vier Monate verkennt die Beschwerde zunächst, dass der Schubhaftbescheid vom 22. Oktober 2008 gemäß § 76 Abs 3 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG als Mandatsbescheid ohne vorangegangenes Ermittlungsverfahren erlassen wurde. Die Fremdenpolizeibehörde war dabei auf den Bericht der Polizeiorgane und die unwahren Angaben der Bfin angewiesen. Sie konnte zu diesem Zeitpunkt nur von den Angaben der Bfin bei der Einvernahme vom 22. Oktober 2008 und dem Verdacht des rechtswidrigen Gebrauchs einer s Aufenthaltsberechtigungskarte ausgehen. Auf Basis der Einlassung der Bfin durfte die belangte Behörde anzunehmen, dass diese bei ungeklärter Identität (kein Reisedokument oder sonstiges Ausweispapier) in Österreich weder private oder familiären Bindungen hat (besuchte angeblich nur eine Freundin), noch als sozial integriert zu betrachten ist.

 

4.6. Erst nach erkennungsdienstlicher Behandlung und nach einem Datenabgleich im Fremdeninformationssystem ergab sich die in Österreich erfasste Identität der Bfin als E V. Die weiteren Ermittlungen und die Einvernahme der Bfin am 23. Oktober 2003 brachten zutage, dass sie trotz rechtkräftiger Abweisung ihres Asylantrags und der asylrechtlichen Ausweisung nach N Ende Februar 2007 sich noch immer in Österreich aufhält und über kein gültiges Reisedokument verfügt. Weiters ergab sich, dass die Bfin zum Thema "Sicherung der Ausreise" deshalb schon von der Bundespolizeidirektion W am 11. Juni 2008 einvernommen und das gelindere Mittel der täglichen Meldung bei der Polizeiinspektion in W,  angeordnet worden war. Dabei ist unbestritten, dass die letzte Meldung der Bfin am 20. Oktober 2008 erfolgt ist. Am 21. Oktober 2008 befand sie sich im Zug mit Reiseziel München (vgl ON: ÖBB-Fahrschein von Wien-West nach München Ost, Abfahrt 21.10. um  20:35 Uhr, Ankunft 22.10 um 01:08 Uhr ), als sie etwa um 21:45 Uhr kurz vor Linz kontrolliert und in der Folge festgenommen wurde. Die tägliche Meldung bei der Polizeiinspektion Wgasse in W hatte sie unterlassen.

 

Das unehrliche Verhalten der Bfin erschien bei dieser nachträglich bekannt gewordenen Sachlage in einem ganz bestimmten Licht. Die Bfin wollte offenbar illegal ohne gültiges Reisedokument ausreisen, um sich der künftigen, von der Bundespolizeidirektion W in Aussicht gestellten Abschiebung nach N zu entziehen. Die belangte Behörde musste nunmehr davon ausgehen, dass sich die Bfin am 21. Oktober 2008 dem gelinderen Mittel der Meldepflicht entzogen hatte. Entgegen der Beschwerdeansicht bedeutet auch die einmalige Nichtmeldung bei der Polizeidienststelle, noch dazu im Zusammenhang mit einem illegalen Ausreiseversuch, ein das angeordnete gelindere Mittel missachtendes Verhalten. Es liegt nach den gegebenen Umständen auch auf der Hand, dass es sich nicht um ein bloßes Versehen handelte, sondern dass sich die Bfin dem weiteren fremdenpolizeilichen Zugriff entziehen wollte. Die Behauptung, dass die Bfin ihrer Meldepflicht am 21. Oktober 2008 noch nachkommen hätte können, ist eine offenkundige Schutzbehauptung, wenn man bedenkt, dass sie als Passagier in einem Nachtzug ohne ein gültiges Reisedokument Österreich verlassen wollte, dabei erwischt und gegen 22:00 Uhr im Bereich Linz Hauptbahnhof von Polizeiorganen festgenommen worden war (vgl Polizeibericht ON 32 im Akt der BPD Linz).

 

Die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift mit Recht auf den § 77 Abs 4 FPG hingewiesen, nach dem die Schubhaft anzuordnen ist, wenn der Fremde seinen Verpflichtungen nach § 77 Abs 3 FPG, die von der Behörde im Rahmen eines gelinderen Mittels angeordnet wurden, nicht nachkommt. Im vorliegenden Fall kommt noch dazu, dass die Bfin mittellos ist, in Österreich keiner rechtmäßigen Arbeit nachgehen kann und mangels eines eigenen Reisedokuments, um dessen Ausstellung sie sich bisher auch nicht bei ihrer Vertretungsbehörde bemüht hat, gar nicht legal reisen bzw ausreisen kann. Deshalb bestünde immer die Gefahr, dass sie im Falle eine Aufgriffs im EU-Raum nach dem Dublinverfahren nach Österreich zurückgestellt werden würde.

 

4.7. Der erkennende Veraltungssenat kann auch die Behauptung, dass für die Bfin voraussichtlich kein Heimreisezertifikat von der n Botschaft zu erlangen sein werde, nicht nachvollziehen. Es mag sein, dass in den Sommermonaten 2008 die Ausstellung des Heimreisezertifikates nicht entschieden genug betrieben wurde oder auch Hindernisse von Seiten der n Botschaft vorlagen. Die Bfin befand sich aber in dieser Zeit ohnehin nicht Schubhaft. Seit dem die belangte Behörde die Schubhaft verhängte, wird das Verfahren jedenfalls zügig geführt. Bereits mit E-Mail vom 30. Oktober 2008 wurde bei der zuständigen Abteilung im Bundesministerium für Inneres die Betreibung des Heimreisezertifikates für die Bfin urgiert und um die Vereinbarung eines Vorführtermins mit der Botschaft ersucht. Nach Rückmeldung des Innenministeriums vom 31. Oktober 2008 (vgl ON 28 im Akt der BPD L) ist wieder ab Mitte November 2008 mit Vorführterminen zurechnen, weil dann der zuständige Konsul wieder anwesend sein wird.

 

Wie die belangte Behörde auch mitteilte, entspricht es ihren amtlichen Erfahrungen, dass ein Heimreisezertifikat von der n Botschaft erst nach Vorführung des Fremden vor den Konsul ausgestellt werden kann. Da nach dem bisherigen Gesamtverhalten der Bfin davon ausgegangen werden muss, dass sie nicht in ihr Herkunftsland N zurückkehren und eine Abschiebung auch durch eigene Initiative (zB illegale Ausreiseversuche) verhindern will, erscheint die Schubhaft der Bfin auch zur Vorführung vor die Vertretungsbehörde und Erlangung des Heimreisezertifikates erforderlich.

 

5. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die belangte Behörde die Schubhaft auf der Grundlage des § 76 Abs 1 iVm § 77 Abs 4 FPG verhängen durfte. Es liegen nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats den konkreten Sicherungsbedarf begründende Umstände in ausreichender Zahl vor. Bei der erst etwas mehr als zwei Wochen dauernden Schubhaft der Bfin kann von einer unangemessene Dauer im Sinne der Bestimmungen des § 80 FPG überhaupt keine Rede sein. Die vorliegende Beschwerde war daher mit der Feststellung gemäß dem § 83 Abs 4 FPG, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen derzeit vorliegen, als unbegründet abzuweisen.

Gemäß § 79a AVG iVm § 83 Abs 2 FPG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die belangte Behörde die unterlegene Partei (§ 79a Abs 2 AVG).

 

Auf Grund dieses Verfahrensergebnisses war die belangte Behörde als obsiegende Partei nach § 79a Abs 3 AVG anzusehen. Dem Bund als dem Rechtsträger, für den die belangte Behörde funktional eingeschritten ist, war gemäß § 83 Abs 2 FPG iVm § 79a AVG antragsgemäß der Ersatz des Vorlage- und Schriftsatzaufwands nach den Pauschbeträgen der geltenden UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 (BGBl II Nr. 334/2003) durch die Bfin zuzusprechen. Insgesamt ergibt sich dabei ein Betrag von 271,80 Euro (Vorlageaufwand 51,50 Euro und Schriftsatzaufwand 220,30 Euro.

 

Analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl Erl. zur RV, 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Bundesstempelgebühren für die Beschwerde von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

Dr. W e i ß

 

 

 

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