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VwSen-100086/16/Fra/Ka

Linz, 16.01.1992

VwSen - 100086/16/Fra/Ka Linz, am 16. Jänner 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine I. Kammer unter dem Vorsitz des Dr. Hans Guschlbauer sowie den Berichter Dr. Johann Fragner und den Beisitzer Dr. Alfred Grof über die Berufung des H S, P, L, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 13. Juni 1991, A.Z.-St.-5.350/91-In, nach der am 16. Jänner 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Das angefochtene Straferkenntnis wird aus Anlaß der Berufung behoben.

Rechtsgrundlage: §§ 51, 51e Abs.1 und 41 Abs.3 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 13. Juni 1991, AZ.St.-5.350/91-In, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.1 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe in Höhe von 18.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von 21 Tagen verhängt, weil er am 20. Mai 1991 um 17.00 Uhr in L auf der O Straße ab dem Hause Nr.74 und anschließend auf der F bis zum Hause Nr.6 den PKW mit dem Kennzeichen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat. Ferner wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 1.800 S, d.s. 10 % der Strafe, und zum Ersatz der Barauslagen in Höhe von 3.556 S, davon 2.160 S für die klinische Untersuchung sowie für die Blutabnahme und 1.396 S für die Blutuntersuchung, verpflichtet.

Die Erstbehörde stützt den Schuldspruch auf das Ergebnis der klinischen Untersuchung sowie auf die Untersuchung des Blutes durch die Bundesstaatliche Bakteriologisch-Serologische Untersuchungsanstalt in Linz und führt begründend aus, daß der Beschuldigte zur Tatzeit in L, F, gegenüber dem Haus Nr.6 als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen aufgrund seiner unsicheren Fahrweise zu einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle angehalten wurde. Im Zuge der Amtshandlung stellten die einschreitenden Straßenaufsichtsorgane fest, daß sich der Beschuldigte vermutlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand. Da dieser vorgab, an Asthma erkrankt zu sein, wurde von einer Alkomatuntersuchung Abstand genommen und der Beschuldigte der klinischen Untersuchung zugeführt. Im Zuge dieser Untersuchung wurde festgestellt, daß sich der Berufungswerber in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand befand. Da der Beschuldigte das Ergebnis der klinischen Untersuchung offensichtlich anzweifelte, wurde ihm über sein eigenes Verlangen Blut abgenommen und ergab die Untersuchung des Blutes durch die o.a. Untersuchungsanstalt einen Mittelwert des Blutalkoholgehaltes von 2,12 Promille für den Tatzeitpunkt, weshalb der ihm zur Last gelegte Tatbestand einwandfrei als erwiesen anzusehen sei. Zur Strafbemessung führt die Erstbehörde aus, daß als außerordentlich erschwerend eine einschlägige Vormerkung wegen Lenkens eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand sowie der exorbitant hohe Blutalkoholgehalt gewertet wurde. Mildernde Umstände seien nicht bekannt geworden. Die verhängte Geldstrafe erscheine somit im gegenständlichen Fall durchaus schuldangemessen und auch dem Unrechtsgehalt der Tat sowie den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschuldigten angepaßt und geeignet, diesen in Hinkunft davon abzuhalten, neuerlich ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu lenken und dadurch andere Verkehrsteilnehmer zu gefährden.

I.2. In der fristgerecht gegen das o.a. Straferkenntnis eingebrachten Berufung bringt der Beschuldigte vor, daß die Begründung der Behörde in folgenden Details unrichtig sei:

a) Es sei von einer Alkomatuntersuchung nicht Abstand genommen worden (er habe diese Untersuchung auch nie verweigert), sondern im Gegenteil habe er 3 Mal ohne Erfolg, da er nachweislich seit Jahren asthmakrank sei, geblasen und dies vor vier oder fünf Sicherheitswachebeamten des Postens O; b) er vermute, daß der Alkomat nicht ordnungsgemäß gewartet oder defekt gewesen sei, da er immer "error" angezeigt habe; c) er habe vor dieser Untersuchung um Blutabnahme gebeten, doch sei dies völlig negiert worden. Die Blutabnahme sei nicht erst deshalb durchgeführt worden, weil er die amtsärztliche Untersuchung angezweifelt hätte; d) der angebliche Blutalkoholgehalt von 2,12 Promille sei ihm nicht erklärlich und er habe bereits vor geraumer Zeit die Blutprobe, welche angeblich von ihm stammen solle, angefordert, jedoch bis dato keine Rückäußerung erhalten.

I.3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt, durch ergänzende Erhebungen bezüglich der Angemessenheit der Kosten im Sinne des § 5 Abs.9 StVO 1960 sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16. Jänner 1992.

I.3.2. Im Rahmen dieser Verhandlung wurde folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt verifiziert:

Die Erstbehörde übermittelte dem Beschuldigten eine Ladung gemäß § 19 AVG. Diese Ladung ist mit 5. Juni 1991 datiert und weist die Zahl St.-5.350/91-In auf. Laut dieser Ladung wird der Beschuldigte ersucht, am 13. Juni 1991 um 9.00 Uhr bei der Erstbehörde zu erscheinen. Der Beschuldigte legte im Zuge der Verhandlung ein Kuvert vor, auf welchem der Poststempel vom 6. Juni 1991 ersichtlich ist. Er dürfte demnach am 7. Juni 1991 die Ladung erhalten haben. Diese Ladung enthält jedoch keinen Hinweis auf die Kontumazierungsfolgen. Das angefochtene Straferkenntnis trägt das Datum 13. Juni 1991. Dieses wurde am 10. Juli 1991 persönlich vom Beschuldigten übernommen. Obwohl das angefochtene Straferkenntnis offenbar am 13. Juni 1991 ausgefertigt wurde, befindet sich im Strafakt eine weitere Ladung zur mündlichen Verhandlung im Verwaltungsstrafverfahren, datiert mit 20. Juni 1991. Diese Ladung enthält die Androhung der Kontumazierungsfolgen und wurde am 27. Juni 1991 beim Postamt, L hinterlegt.

I.3.3. Dieser entscheidungsrelevante Sachverhalt ist rechtlich wie folgt zu beurteilen.

Gemäß § 41 Abs.3 VStG kann die Ladung auch die Androhung enthalten, daß das Strafverfahren, wenn der Beschuldigte der Ladung keine Folge leistet, ohne seine Anhörung durchgeführt werden kann. Diese Rechtsfolge kann nur eintreten, wenn sie in der Ladung angedroht und wenn die Ladung dem Beschuldigten zu eigenen Handen zugestellt worden ist. Wie unter I.3.2. erwähnt ist, wurde die sogenannte Kontumazierungsfolge in der Ladung vom 5. Juni 1991 nicht angedroht. Die Ladung wurde auch nicht zu eigenen Handen zugestellt. Es kann daher ein allenfalls erfolgter (fern-) mündlicher Hinweis auf die angesprochenen Folgen dieses Gebot nach § 41 Abs.3 leg.cit. nicht ersetzen. Durch die zweite Ladung vom 20. Juni 1991, welche die Androhung im Sinne des § 41 Abs.3 VStG enthielt, ergab die Behörde zu erkennen, daß sie sich noch auf weitere Beweismittel einlassen und das Parteiengehör einräumen werde. Diese Ladung erging jedoch erst nach Ausfertigung des Straferkenntnisses. Die Erstbehörde wird in diesem Zusammenhang auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. November 1980, 2283/80, verwiesen, wonach die Behörde, wenn sie einen zweiten Ladungsbescheid für einen anderen Termin erläßt, sie damit zum Ausdruck bringt, daß sie von dem ihr gemäß § 41 Abs.3 VStG eingeräumten Recht, dem Beschuldigten keine weitere Gelegenheit zur Rechtfertigung zu geben, nicht Gebrauch machen will. Durch die Erlassung des zweiten Ladungsbescheides hat jedoch die Behörde zu erkennen gegeben, daß sie dem Beschuldigten noch Gelegenheit zur Rechtfertigung einräumen möchte. Das angefochtene Straferkenntnis hat dem allerdings nicht mehr Rechnung getragen. Damit wurde der Beschuldigte in seinen Verteidigungsrechten verkürzt und das Verfahren mit einem gravierenden Mangel behaftet, welcher zur Behebung des Straferkenntnisses führte.

Damit tritt das Strafverfahren in die Lage vor Erlassung des Straferkenntnisses zurück. Da rechtzeitig eine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde, wird es Sache der Erstbehörde sein, das Verfahren allenfalls unter Einbeziehung der vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zusätzlich hervorgekommenen Ermittlungsergebnisse fortzuführen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer Dr. F r a g n e r Dr. G r o f

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