Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163492/3/Zo/Jo

Linz, 04.11.2008

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn Dr. R G, vertreten durch Rechtsanwälte G, K, P, L, M, L, vom 19.08.2008 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von L vom 01.08.2008, Zl. Cst-10143/08, wegen Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 27.10.2008 zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 und 71 Abs.1 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 51e VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die BPD Linz hat mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag des Berufungswerbers vom 23.07.2008 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet abgewiesen.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung verwies der Berufungswerber auf die Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach ein Rechtsanwalt, der den Schriftsatz unterfertigt und zur Abfertigung einer Sekretärin übergeben hat, seine anwaltliche Sorgfaltspflicht nicht schon dadurch verletzt, dass er die sonst verlässliche langjährige Kanzleikraft bei der Kuvertierung oder bei der Postaufgabe nicht persönlich überwacht. Im Hinblick auf die rationelle und arbeitsteilige Besorgung abgegrenzter Aufgabenbereiche sei es nicht zweckmäßig und zumutbar, wenn sich der Rechtsanwalt nach der Übergabe der Poststücke an die mit der Absendung beauftragte Mitarbeiterin noch in jedem Fall von der tatsächlichen Durchführung der Absendung überzeugen müsste. Solche rein technische Vorgänge könnten einer verlässlichen Kanzleikraft ohne nähere Beaufsichtigung überlassen werden.

 

Im gegenständlichen Fall habe er sich von der tatsächlichen Durchführung der Sendung überzeugt, er habe sich die Faxbestätigung vorlegen lassen. Sein Verhalten in dieser Sache bildet daher nur ein ganz geringes Versehen, da er nur übersehen habe, dass statt zwei Seiten nur eine Seite der Lenkerauskunft tatsächlich übermittelt wurde.

 

3. Der Bundespolizeidirektor von L von hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 27.10.2008. An dieser haben ein Vertreter des Berufungswerbers und der Erstinstanz teilgenommen und es wurde die Zeugin M T zum Sachverhalt befragt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber ist Zulassungsbesitzer des PKW mit dem Kennzeichen . Gegen den Lenker dieses Fahrzeuges wurde eine Radaranzeige wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung am 04.01.2008 erstattet, die BPD Linz erließt daraufhin eine Strafverfügung gegen den nunmehrigen Berufungswerber wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung. Gegen diese hat er rechtzeitig Einspruch erhoben, woraufhin in weiterer Folge an ihn als Zulassungsbesitzer eine Lenkererhebung übermittelt wurde. Diese Lenkererhebung besteht aus zwei Seiten, wobei auf der ersten Seite der Anfragetext abgedruckt ist und die zweite Seite ein Antwortformular bildet. Am 16.06.2008 um 15.41 Uhr langte bei der BPD L ein Antwortfax des Berufungswerbers auf die gegenständliche Lenkererhebung ein, wobei allerdings nur eine Seite, nämlich die erste Seite der Lenkererhebung übermittelt wurde. Auf dieser Seite ist der Lenker bzw. die auskunftspflichtige Person nicht angeführt. Entsprechend dem Fax-Sendeprotokoll wurde nur eine Seite gesendet. Daraufhin wurde der Berufungswerber mit Schreiben vom 05.07.2005 aufgefordert, sich wegen der fehlenden Lenkerauskunft zu rechtfertigen.

 

Der Berufungswerber teilte daraufhin mit, dass er die Lenkerauskunft ohnedies bereits erteilt habe, offenbar sei es durch einen Fehler einer Sekretariatsmitarbeiterin dazu gekommen, dass nicht die komplette Auskunft übermittelt wurde. Hätte der Sachbearbeiter in der Kanzlei des Berufungswerbers angerufen, so wäre dies sofort ausgebessert worden. Im Übrigen sei § 21 Abs.1 VStG anzuwenden bzw. treffe ihn überhaupt kein Verschulden, weshalb er nicht bestraft werden dürfe. Weiters stellte der Berufungswerber einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und begründete diesen damit, dass er das Formular der Lenkererhebung ordnungsgemäß ausgefüllt habe und es dem Sekretariat zur Übermittlung per Fax an die BPD L übergeben habe. Dort sei es offenbar nicht vollständig eingegangen, was ein unabwendbares und unvorhersehbares Ereignis für ihn darstelle, weshalb er die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragte. Der Grund, weshalb die Lenkerauskunft bei der BPD Linz nicht einlangte, liege darin, dass seine Sekretärin offenbar aufgrund eines Versehens nur die erste Seite des Formulars, nicht aber die zweite Seite per Fax übermittelt habe. Weiters wurde die Lenkerauskunft mit diesem Schreiben nochmals übermittelt.

 

Die BPD Linz wies diesen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid ab, am selben Tag erließ sie wegen der nichterteilten Lenkerauskunft ein Straferkenntnis und verhängte eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro.

 

Zum Verfahren betreffend die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist weiters anzuführen, dass nach dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung der Berufungswerber zum Zeitpunkt der (missglückten) Erteilung der Lenkerauskunft im gegenständlichen Verfahren noch nicht durch seine eigene Rechtsanwaltskanzlei vertreten war. Das Vollmachtsverhältnis wurde erst mit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. der Stellungnahme vom 23.07.2008 ausgewiesen.

 

Der Berufungswerber hatte am 16.06.2008 die Lenkerauskunft persönlich ausgefüllt und unterschrieben und einer Sekretärin zur Absendung übergeben. Der Berufungswerber hatte seiner Sekretärin mehrere Akten, das heißt mehrere Schriftstücke mitgegeben, damit diese per Telefax abgesendet werden. Sie hat dabei nicht konkret gewusst, worum es sich gehandelt hat, jene Schriftstücke, welche sie wegsenden muss, liegen ohnedies ganz oben im Akt. Sie wurde vom Berufungswerber auch nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, aus wie vielen Seiten das Schriftstück besteht, das sieht sie ohnedies anhand des Aktes. Im Nachhinein sei festgestellt worden, dass es sich bei diesem Schriftstück um zwei Seiten gehandelt habe, sie aber offenbar nur die erste Seite abgesendet habe. Nach dem Faxen kontrolliert die Sekretärin den Sendebericht, wenn das Ergebnis "okay" lautet, dann hängt sie den Sendebericht zum Schriftstück und legt den Akt ab. Wenn das Übertragungsergebnis nicht in Ordnung ist, wird der jeweilige Anwalt informiert. Im gegenständlichen Fall war das Ergebnis in Ordnung und sie hat den Sendebericht zum Schriftstück geklammert und den Akt abgelegt. Dabei ist ihr offenbar nicht aufgefallen, dass das Schriftstück aus zwei Seiten besteht, aber nur eine Seite gefaxt wurde. Damals überprüfte die Sekretärin beim Sendebericht offenbar die Anzahl der gesendeten Seiten nicht, seit diesem Vorfall jedoch sehr wohl. Ein derartiges Missgeschick ist der Zeugin vorher noch nie passiert.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

5.2. Vorerst ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Frist des § 103 Abs.2 KFG 1967 nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – auch – um eine verfahrensrechtliche Frist handelt, sodass eine Wiedereinsetzung grundsätzlich in Frage kommt. Der Berufungswerber hat die gegenständliche Lenkerauskunft seiner Sekretärin zur Übermittlung an die BPD L übergeben, wobei zu diesem Zeitpunkt noch kein Vollmachtsverhältnis zwischen dem Berufungswerber und seiner Rechtsanwaltskanzlei bestanden hat. Wenn er sich für die Absendung des Schriftstückes trotzdem seiner Sekretärin bedient hat, so ist diese als Bote anzusehen und es ist die Frage der gebotenen Überwachung nach den Grundsätzen zu beurteilen, die der Verwaltungsgerichtshof im Verhältnis zwischen Auftraggeber und Bote entwickelt hat, nicht aber nach jenen, die für das Verhältnis zwischen dem bevollmächtigten Anwalt und seiner verlässlichen Kanzleikraft bestehen. Dem Berufungswerber als Rechtsanwalt muss dieser Unterschied, nämlich ob er in einer eigenen Sache einschreitet oder sich durch seine Rechtsanwaltskanzlei vertreten lässt, bewusst sein.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist derjenige, der von einer Partei beauftragt wurde, ein Schriftstück zur Post zu bringen ein Bote und nicht ein Bevollmächtigter. Versäumt der Bote den Auftrag, so kann darin für die Partei nur dann ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis, das ohne ihr Verschulden die Einhaltung der Frist verhindert, erblickt werden, wenn sie der zumutbaren und der Sachlage nach gebotenen Überwachungspflicht nachgekommen ist (siehe z.B. VwGH vom 30.09.1999, 99/02/0157). Nach der Entscheidung des VwGH vom 20.04.2001, 98/05/0093 kommt die Partei, die sich eines Boten zur Übermittlung bedient, ihrer Überwachungspflicht nur dann nach, wenn die tatsächliche Ausführung des Auftrages durch entsprechende Nachfrage gesichert ist.

 

Im gegenständlichen Fall hat sich der Berufungswerber nicht mehr persönlich vom tatsächlichen Absenden überzeugt, sondern die Sekretärin hat nach ihrem überzeugenden Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, nachdem sie den Sendebericht zum Schriftstück geheftet hat, den Akt abgelegt. Das anderslautende Vorbringen in der Berufung wurde durch die Zeugin in der Verhandlung widerlegt.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe z.B. VwGH vom 15.01.1998, 97/07/0971) und auch der herrschenden Meinung in der Literatur (vgl. z.B. Hengstschläger – Leeb, Verwaltungsverfahrensgesetze) hat sich eine Partei bei Übermittlung eines Schriftstückes mittels Telefax zu vergewissern, ob diese Übermittlung technisch erfolgreich war. Wenn ein Schriftstück aus mehreren Seiten besteht, so hat diese Kontrolle natürlich auch dahingehend zu erfolgen, ob tatsächlich alle Seiten des Schriftstückes übermittelt wurden. Insofern ist eine Überprüfung der Anzahl der gesendeten Seiten auf dem Sendebericht mit der tatsächlichen Anzahl der Seiten des Schriftstückes notwendig. Im konkreten Fall hat die Zeugin nach dem Vorbringen des Vertreters den Sendebericht mit beiden Seiten der Lenkererhebung zusammengeklammert, sodass bereits aus diesem Grund der Sekretärin jedenfalls hätte auffallen müssen, dass sie den Sendebericht zu einem zweiseitigen Schriftstück geklammert hat, obwohl sie gerade vorher nur eine Seite gefaxt hat.

 

Im gegenständlichen Fall ist weiters noch zu berücksichtigen, dass die Sekretärin zur Vorfallszeit noch nicht einmal ein Jahr in der Kanzlei des Berufungswerbers gearbeitet hat, sodass keinesfalls von einer langjährigen erfahrenen Kanzleimitarbeiterin auszugehen ist. Auch unter diesem Gesichtspunkt wäre eine Überprüfung des Sendeberichtes durch den Berufungswerber selber notwendig gewesen. Der Sekretärin sind im gegenständlichen Fall zwei Fehler passiert, nämlich einerseits, dass sie bei einem zweiseitigen Schriftstück nur eine Seite per Telefax übermittelt hat und andererseits, dass sie den Sendebericht bezüglich der Seitenanzahl nicht mehr mit dem Schriftstück überprüft hat. Es liegt insgesamt keinesfalls mehr ein bloß minderer Grad des Versehens vor und der Berufungswerber ist seiner Überwachungspflicht nicht nachgekommen, sodass die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht gegeben sind. Die Berufung war daher abzuweisen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Übermittlung per Telefax; Überprüfen des Sendeprotokolls; Überwachung der Sekretärin;

 


 

 

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