Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530803/8/Bm/Sta

Linz, 29.10.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der A C S I GmbH, nunmehrig vertreten durch W-S-S Rechtsanwälte GmbH, F,  L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25.4.2008, Ge20-25785-1-2008, betreffend die Vorschreibung einstweiliger Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen gemäß § 360 Abs.1 GewO 1994,  nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24.7.2008 zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der bekämpfte Bescheid vom 25.4.2008, Ge20-25785-1-2008, wird bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG); § 360 Abs.1 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25.4.2008, Ge20-25785-1-2008, wurde über die A C S I GmbH hinsichtlich des konsenslos betriebenen Teiles der Betriebsanlage am Standort  H, P, Gst. Nr. , KG. N, durch Abstellen von Lkw die Schließung gemäß § 360 Abs.1 GewO 1994 verfügt.

Begründend wurde im Wesentlichen nach Zitierung der anzuwendenden Rechtsgrundlage ausgeführt, dass für das gegenständliche Grundstück mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7.9.1977, Ge-4598/1-1977, die Genehmigung zur Errichtung einer Lagerhalle für Speditionsgüter sowie einer Werkstätte für Service und Reparatur betriebseigener Lastkraftwagen erteilt worden ist. Mit Bescheid vom 13.4.1982, Ge-4598/1-1982, wurde die gewerbebehördliche Teilbetriebsbewilligung erteilt. Da die Reparaturwerkstätte zum damaligen Zeitpunkt nicht errichtet war, wurde diese Teilbetriebsbewilligung nur für die Lagerhalle sowie die im unmittelbaren Bereich der Lagerhalle befindlichen Flächen (Lkw-Ladezone und Abstellplatz sowie Abstell-  und Umkehrplätze für Lkw) erteilt.

Der bewilligte Teil der Betriebsanlage ist aus dem einen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Plan "Abstellplätze" vom 29.1.1981 ersichtlich. Der danach genehmigte Teil der Betriebsanlage erstreckt sich somit im östlichen Teil der Betriebsanlage entlang der Grundstücksgrenze zu Gst. Nr. , ausgehend von der Grundgrenze zur P, in nördliche Richtung in einer Länge von ca. 98 m, sowie im Westen entlang der Grundgrenze zu Gst. , ausgehend von der Grundgrenze zur P, ebenfalls in nördliche Richtung in einer Länge von ca. 109 m. Im Norden wird der genehmigte Teil der Betriebsanlage durch eine gerade Verbindung zwischen den zwei oben beschriebenen nördlichen Grenzpunkten, im Süden durch die Grundgrenze zur P, eingegrenzt. Die gesamte, nördliche an diese beschriebene angrenzende Fläche des Grundstückes Nr. , ist nicht Teil dieser oder einer anderen genehmigten Betriebsanlage. Mit Verfahrensanordnung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25.2.2008 wurde die A C S I GmbH aufgefordert, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand unverzüglich, spätestens binnen 3 Tagen ab Erhalt der Verfahrensanordnung durch die Einstellung des konsenslosen Betriebes am Standort  H, P, Gst. Nr. , KG N, (bzw. auf der ggst. vom gewerbebehördlichen Konsens nicht erfassten Freifläche) herzustellen und diesen nicht neuerlich aufzunehmen und das betroffene Gelände bis zu diesem Zeitpunkt zu räumen.

 

Im Zuge einer gewerbebehördlichen Überprüfung am 24.4..2008 wurde festgestellt, dass die Betriebsanlage bzw. der nicht von der gewerbebehördlichen Genehmigung erfasste Teil der Freifläche, weiterhin ohne gewerbebehördliche Genehmigung betrieben wird, da zum Zeitpunkt der Überprüfung zwei LKW der Fa. A C S I GmbH von der nicht genehmigten Freifläche wegfuhren. Seitens der anwesenden Vertreter der A C S I GmbH wurde auch nicht bestritten, dass es sich um Fahrzeuge handle, die zur A C S I GmbH gehören.

 

Zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes waren daher die notwendigen Maßnahmen iSd § 360 Abs.1 Gewerbeordnung zu verfügen.

 

2. Gegen diesen Bescheid  wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben und diese im Wesentlichen damit begründet, dass im Betriebsbewilligungsbescheid vom 8.9.1997 (wohl gemeint 7.9.1977), Ge-4598/1, der Bezirkshauptmann­schaft Linz-Land laut festgelegter Beschreibung in der Verhandlungsschrift vom 6.9.1977 ausgeführt worden sei, dass auf Grund des Gesuches des seinerzeitigen Konsenswerbers die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung einer Lagerhalle für Speditionsgüter samt Bürotrakt und einer Werkstätte für Service und Reparatur betriebseigener Lastkraftwagen auf der Parz. Nr. , KG. N, erteilt worden sei. Dies ohne irgendeiner flächenmäßigen Einschränkung des oben angeführten Grundstückes. Nachdem aber die ursprünglich geplante und genehmigte Werkstättenhalle nicht errichtet worden sei, sei jedenfalls mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Ge-4598/1-1982 eine Teilbetriebsbewilligung unter Bezugnahme auf die ursprünglich geplant gewesene Werkstättenhalle für die gewerbliche Nutzung des gesamten Gst. Nr. , KG. N, erteilt worden. Irgend eine flächenmäßige Einschränkung sei weder dem Ermittlungsverfahren noch den durchgeführten Verhandlungen und auch nicht den Bescheiden zu entnehmen. Der Begriff "Teilbenützungsbewilligung" im Bescheid aus dem Jahr 1982 habe sich lediglich darauf bezogen, dass zum Zeitpunkt der Erteilung der Benützungsbewilligung die ursprünglich geplant gewesene Werkstättenhalle zur Reparatur der betriebseigenen Lkw nicht errichtet worden war und sei dem inneren Kontext des Bescheides aus dem Jahr 1982 in Verbindung mit dem grundsätzlichen Bescheid aus dem Jahr 1977 zu entnehmen, dass für den Fall der tatsächlichen Errichtung der ursprünglich auch genehmigt gewesenen Reparaturwerkstätte eine ergänzende Benützungsbewilligung zu beantragen und zu erteilen gewesen wäre. Dies eindeutig nur in Bezug auf den Betrieb einer Reparaturwerkstätte. Diese sei aber nie errichtet worden. Die den bekämpften Bescheid erlassende Behörde gehe nunmehr rechtsirrig davon aus, dass aus dem Begriff "Teilbenützungsbewilligung" eine flächenmäßige Einschränkung der Nutzung des gesamten Grundstückes zu entnehmen sei.

 

Es sei auch festzuhalten, dass seit 1977 bis in die jüngste Vergangenheit somit bis zu dem Zeitpunkt als die Behörde auf die Idee mit der Teilbenützungsbewilligung gekommen sei, ständig das gesamte Grundstück  auch ohne Beanstandung der Behörde im Rahmen des gewerberechtlichen Konsenses benützt worden sei.

Die nunmehr in dem bekämpften Bescheid vorgenommene Interpretation sei nicht nur den zu Grunde liegenden Bescheiden aus den Jahren 1977 und 1982 nicht zu entnehmen bzw. sei eine derartige Interpretation des Begriffes Teilbenützungsbewilligung nicht ableitbar, sondern stehe diese nunmehrige Interpretation in der jüngsten Vergangenheit offensichtlich im Zusammenhang mit heftigen, anscheinend auch politisch unterstützten Interventionen von Anrainern, die aber erst in den Jahren nach 1982 zugezogen seien.

Die nunmehr vorgenommene Auslegung der grundsätzlichen Genehmigungsbescheide stehe auch im eklatanten Widerspruch zur tatsächlichen Ausübung der erteilten Betriebsbewilligung seit 1977. Ein Anwendungsfall für den § 360 GewO in Verbindung mit den Bestimmungen der §§ 366, 367 Z25, 78, 79 oder 82 der GewO liege nicht vor.

Es stehe fest, dass auf der Basis des in den Jahren 1977 und 1982 ohne räumlicher Einschränkung ob dem gesamten Grundstück  erteilten gewerberechtlichen Konsenses im Rahmen der erteilten Betriebsbewilligung die bewilligte gewerbliche Tätigkeit auf dem gesamten Grundstück  ausgeübt worden sei. Dies bis in die jüngste Vergangenheit ohne irgendeine Beanstandung der Behörde.

Irgendeine Verschlechterung der Anrainersituation oder eine Ausweitung der gewerblichen Tätigkeit liege nicht vor und sei im Verfahren auch nicht festgestellt worden.

Die Ausführungen im bekämpften Bescheid hinsichtlich einer räumlichen Begrenzung innerhalb des Grundstückes  seien den Entscheidungsgrundlagen aus dem Jahre 1977 und 1982 nicht zu entnehmen und würden derartige räumliche Beschränkungen auch nicht vorliegen. Allfällige Unklarheiten der damaligen behördlichen Feststellung bzw. Festlegung würden aber auch auf der Basis des jahrzehntelangen gutgläubigen Gebrauches der erteilten Betriebsanlagengenehmigung nicht zu Lasten der Berufungswerberin gehen können.

Der bekämpfte Bescheid werde daher insbesondere soweit angefochten, als für eine Anwendung der Bestimmung des § 360 Abs.1 der GewO kein Platz sei, da eine gesetzwidrige Gewerbeausübung nicht vorliege, sondern sich diese Gewerbeausübung im guten Glauben und im Vertrauen auf die in den Bescheiden aus den Jahren 1977 und 1982 erteilte Betriebsbewilligung hinsichtlich des gesamten Grundstückes beziehe, irgend eine unzulässige oder gesetzwidrige Ausdehnung dieser Betriebsanlagengenehmigung nicht vorliege und auch mit Ausnahme der Interpretation hinsichtlich des räumlichen Bereiches in der jüngsten Vergangenheit kein Anlassfall für ein Einschreiten der Behörde vorgelegen habe.

 

Die Berufungswerberin beantragt daher, der bekämpfte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25.4.2008, Ge20-25785-1-2008, wolle seinem gesamten Inhalt nach ersatzlos behoben werden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die gegenständliche Berufung samt  bezughabende Verfahrensakte dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt.

 

Im Grunde des § 67a Abs.1 AVG ist für die Entscheidung über diese Berufung das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verfahrensakte der belangten Behörde zu Ge-25785-1-2008, Ge20-25785-1-2007 und Ge-4598 sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.7.2008.

 

3.2. Bei der mündlichen Verhandlung waren ein Vertreter der A C S I GmbH, Herr F S in seiner Eigenschaft als Eigentümer des Gst. Nr. , KG. N, sowie der ausgewiesene Vertreter der Berufungswerberin anwesend.

 

Im Zuge der Verhandlung wurde nach Darstellung der im erstinstanzlichen Akt Ge-4598/1-1977 aufliegenden Genehmigungsbescheide und Pläne vom Vertreter der A C S I GmbH bestätigt, dass sämtliche auf dem Gst. Nr.  befindliche Freiflächen sowohl von der A C S I GmbH als auch von der T T GmbH zum Zwecke des Abstellens von LKW genutzt werden.

Von Herrn S wurde ausgesagt, dass er Eigentümer des Gst. Nr.  ist und dieses an die A C S I GmbH und die T T GmbH verpachtet hat. Von der Berufungswerberin wird nicht bestritten, dass sie sämtliche auf dem Gst. Nr.  befindliche Freiflächen durch Abstellen von LKW im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit benützt.

In rechtlicher Hinsicht wurde vom Rechtsvertreter nochmals vorgebracht, dass im Grunde der bestehenden Genehmigungs- bzw. Betriebsbewilligungsbescheide das Abstellen von Lkw auf der gesamten Freifläche des in Rede stehenden Grundstückes vom Genehmigungsumfang umfasst sei.

Auf sämtlichen Freiflächen des Gst. Nr.  werden sowohl von der A C S I GmbH als auch von der T T GmbH regelmäßig bis zu 15 LKW und zwischen 10 und 20 Sattelauflieger abgestellt. Auf den Freiflächen befinden sich keine Bodenmarkierungen; zugefahren wird auf dieses Grundstück über die P.

 

Aus dem Verfahrensakt Ge20-25785-1-2008 ist ersichtlich, dass auf Grund eines bestehenden Verdachtes der Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z3 GewO  gegen die Berufungswerberin eine Verfahrensanordnung mit Datum 25.2.2008 erlassen wurde, worin die Berufungswerberin aufgefordert wurde, unverzüglich, spätestens binnen 3 Tagen ab Erhalt der Verfahrensanordnung, den  konsenslosen Betrieb am Standort  H, P, Gst. Nr. , KG N, (bzw. auf der ggst. vom gewerbebehördlichen Konsens nicht erfassten Freifläche) einzustellen bzw. diesen nicht neuerlich aufzunehmen und das betroffene Gelände bis zu diesem Zeitpunkt zu räumen. Im Zuge einer am 24.4.2008 durchgeführten gewerbebehördlichen Überprüfung der gegenständlichen Betriebsanlage wurde festgestellt, dass die Betriebsanlage bzw. der nicht von der gewerbebehördlichen Genehmigung erfasste Teil der Freifläche, weiterhin ohne gewerbebehördliche Genehmigung betrieben wird, da zum Zeitpunkt der Überprüfung zwei LKW der Fa. A C S I GmbH von der nicht genehmigten Freifläche wegfuhren. Seitens der anwesenden Vertreter der A C S I GmbH wurde auch nicht bestritten, dass es sich um Fahrzeuge handle, die zur A C S I GmbH gehören.

 

Auf Grund des festgestellten Ergebnisses erging in der Folge der nunmehr bekämpfte Bescheid.

 

4.  Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z1, 2 oder 3 besteht, unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens, den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß  § 367 Z25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 78 Abs. 2, § 79 c Abs. 4 oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes, zu verfügen.

 

Bei den Übertretungen gemäß § 366 Abs.1, Z1, 2 oder 3 der GewO 1994 handelt es sich um die Straftatbestände der Gewerbeausübung ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben (Z1), des Errichtens oder Betreibens einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung (Z2) bzw. des Änderns einer genehmigten Betriebsanlage oder des Betriebes derselben nach einer Änderung ohne erforderliche Genehmigung (Z3).

 

4.2. Als allgemeine Voraussetzung für ein Vorgehen nach § 360 der Gewerbeordnung 1994 führt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur die tatsächliche Ausübung der Tätigkeit bzw. den tatsächlichen Betrieb der Betriebsanlage an.  Der normative Inhalt des § 360 Abs.1 leg.cit. setzt für die Anordnung jeweils notwendiger Maßnahmen das weiterhin gegebene Nichtvorliegen eines der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes voraus (VwGH 20.1.1987, 86/04/0139).

Die in § 360 Abs.1 GewO 1994 geregelte Ermächtigung zur Verfügung einstweiliger Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen hat weiters zur Voraussetzung, dass eine solche Maßnahme erst nach einer entsprechenden Aufforderung (Verfahrensanordnung) zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes gesetzt werden darf. Dabei bedeutet die "Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes" die Wiederherstellung jener Sollordnung, die sich aus den in Betracht kommenden gewerberechtlichen Bestimmungen ergibt, also etwa die Einstellung der unbefugten Gewerbeausübung, die Einstellung des unbefugten Errichtens oder Betreibens einer Betriebsanlage, die Schließung des gesamten Betriebes, die Einhaltung einer Bescheidauflage etc.

 

Im gegenständlichen Fall liegen sämtliche dieser Voraussetzungen zur Setzung von Zwangsmaßnahmen vor:

Fest steht auf Grund der Aktenlage und wird von der Berufungswerberin auch nicht bestritten, dass auf der gesamten Freifläche des Gst. Nr. , KG. N, von der Berufungswerberin im Rahmen des Transportgewerbes LKW abgestellt werden.

In Übereinstimmung mit der belangten Behörde kommt das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates zur Auffassung, dass die Berufungswerberin die bestehende Betriebsanlage ohne gewerbebehördliche Genehmigung durch Erweiterung der Freiflächen zum Abstellen von LKW geändert hat.

 

Entgegen dem Vorbringen der Berufungswerberin ist nämlich das Abstellen von Betriebsfahrzeugen auf der bei der Überprüfung vorgefundenen Fläche vom Genehmigungsumfang der für die Betriebsanlage bestehenden Genehmigungsbescheide aus folgenden Gründen nicht umfasst:

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage jeder Betrieb, der in seiner Gestaltung von dem im Genehmigungsbescheid umschriebenen Projekt abweicht. Unter den Voraussetzungen des § 81 bedarf eine solche Änderung einer gewerbebehördlichen Genehmigung.

 

Vorliegend wurde mit Eingabe vom 15.7.1977 von Herrn J M um gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung einer Lagerhalle mit Büro und einer Werkstätte für Lkw auf Gst. Nr. , KG. N, angesucht. Diesem Antrag wurde eine Betriebsbeschreibung sowie ein Einreichplan angeschlossen; in diesem Einreichplan wurde das dem Ansuchen und der Betriebsbeschreibung entsprechende Vorhaben, nämlich ein Werkstättengebäude und eine Lagerhalle mit Büro, dargestellt.

Über dieses Ansuchen wurde am 6.9.1977 eine mündliche Verhandlung im Beisein eines technischen Amtssachverständigen durchgeführt. Von diesem wurde im Befund das beabsichtigte Vorhaben näher beschrieben.

Demnach wurde vom Amtssachverständigen ausgeführt, dass auf der Parz. Nr. , KG. N, eine Betriebsanlage für Spediteurgewerbe neu errichtet werden soll. Die Anlage werde im Sinne des vorliegenden Planes vom 10.7.1977 aus einer Lagerhalle mit Büroräumen und aus einem Werkstättengebäude bestehen. Außerdem werde auf der Parzelle außerhalb der Gebäude ein Abstellplatz für Kfz sowie eine Wendeplatz für Lastzüge eingerichtet. Weiterführend wurde festgehalten, dass an Betriebsmittel derzeit 16 Kraftwagenzüge im Einsatz seien, welche zwischen den Fahrten auf dem Betriebsgelände im Freien abgestellt werden sollen.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7.9.1977, Ge-4598/1-1977, wurde dem Ansuchen des Herrn J M stattgegeben und die Errichtung einer Lagerhalle für Speditionsgüter samt Bürotrakt sowie einer Werkstätte für Service und Reparatur betriebseigener Lastkraftwagen in H, P, auf Parz. Nr. , KG. N, nach Maßgabe der bei der mündlichen Verhandlung vorgelegenen und als solche gekennzeichneten Pläne bzw. der im Befund der mitfolgenden Verhandlungsschrift festgelegten Beschreibung unter den im Punkt B/1  bis 21 der beigeschlossenen Niederschrift angeführten Bedingungen und Auflagen gewerbebehördlich genehmigt.

 

Dadurch, dass mit diesem Bescheid die gewerbebehördliche Genehmigung unter Zugrundelegung der im Befund der mitfolgenden Verhandlungsschrift festgelegten Beschreibung erteilt wurde, erfolgte insofern ein normativer Abspruch, als damit der Betrieb des Kfz-Abstellplatzes im Rahmen der im Befund der Verhandlungsschrift festgelegten Beschreibung (vorbehaltlich der Erteilung der Betriebsbewilligung) genehmigt wurde.

Eine genaue Situierung der Abstellplätze wurde im Befund des Amtssachverständigen nicht dargelegt. Diesbezüglich wurde unter Auflagepunkt 3 des oben genannten Genehmigungsbescheides vom 7.9.1977 vorgeschrieben, dass "bis spätestens zur Endbeschau der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ein Lageplan nachzureichen ist, in welchem die Abstellflächen für die Pkw der Dienstnehmer und der Kunden sowie die Abstellflächen für die Lastzüge und die innerbetrieblichen Aufschließungsstraßen einzutragen sind".

 

Ein solcher Lageplan wurde auch gleichzeitig mit dem Ansuchen um Erteilung der Betriebsbewilligung für die mit Bescheid vom 7.9.1977 genehmigte Anlage nachgereicht, der auch zum Bestandteil des Betriebsbewilligungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 13.4.1982, Ge-4598/1-1992, erklärt wurde.

Diesem Einreichplan kommt insoferne Bedeutung zu, als er einen Bestandteil des Betriebsbewilligungsbescheides bildet und dadurch für die Beurteilung des Konsensumfanges nach objektiven Maßstäben heranzuziehen ist. Der Sinn der Vorlage von Plänen und Betriebsbeschreibungen (gesetzlich auch angeordnet als dem Ansuchen um Genehmigung anzuschließende Unterlagen) liegt ua. auch darin, dass auch in der Folge noch überprüft werden kann, in welcher Ausführung die Anlage genehmigt worden ist.

 

Dieser Plan ist mit 29.1.1981 datiert, trägt den Titel "Abstellplätze" und ist mit einem Maßstab von 1:200 gekennzeichnet. Als Planverfasser und Bauführer ist "J. E, Baumeister und Zimmermeister" angeführt.

 

Auf diesem Plan sind die errichtete Lagerhalle samt Büro, die Abstellflächen für Pkw, die Lkw-Ladezone sowie eine Fläche dargestellt, die als Umkehr- und Abstellplatz bezeichnet ist. Südlich ist die an der Betriebsanlage vorbeiführende P und die Einfahrt bezeichnet. Die Betriebsanlagenteile sind im Plan zeichnerisch umrandet, wobei sowohl bei der östlichen als auch bei der westlichen Umrahmung die Bezeichnung "Grundgrenze" aufscheint, nicht hingegen bei der nördlich gezeichneten Begrenzung. Die planliche Darstellung erfolgte maßstabsgerecht.

Wie von der Erstbehörde ausführlich dargelegt, erstreckt sich der nach dem Plan dargestellte Teil des Gst. Nr.  im östlichen Teil entlang der Grundstücksgrenze zur Gst. Nr.  ausgehend von der Grundgrenze zur P in nördlicher Richtung in einer Länge von ca. 98 m, sowie im Westen entlang der Grundgrenze zum Gst. Nr.  wiederum ausgehend von der Grundgrenze zur P, ebenfalls in nördlicher Richtung in einer Länge von ca. 109 m. Im Norden wird die Betriebsanlage durch eine gerade Verbindung zwischen den zwei oben beschriebenen nördlichen Grenzpunkten, im Süden durch die Grundgrenze zur P eingegrenzt.

Damit ist die Betriebsanlage von ihrem Umfang her deutlich beschrieben und auch nur dieser Teil des Grundstückes von der gewerbebehördlichen Genehmigung für den Abstellplatz, die Lagerhalle samt Büro, LKW- Ladezone und PKW- Parkplätze   umfasst.

Nach der Darstellung des Einreichplanes endet der räumliche Umfang der genehmigten Betriebsanlage an der im Plan vorgenommenen oben beschriebenen Begrenzung.

Dafür spricht nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates auch die vom Planverfasser bei der sowohl im Westen als auch im Osten zeichnerisch dargestellten Begrenzung vorgenommene Bezeichnung "Grundgrenze", wo hingegen der nördliche Teile eine solche Bezeichnung vermissen lässt, was darauf schließen lässt, dass damit auch nicht die Grundstücksgrenze dargestellt werden sollte, sondern der Abschluss jenes Teiles des Grundstückes, der als zur Betriebsanlage gehörig genutzt wird.

 

Der Plan wurde von einem Baumeister verfasst, der hiezu befugt und befähigt ist, und gerade deshalb davon ausgegangen werden kann, dass ihm die Bedeutung der planlichen Darstellung bewusst war. Der Plan wurde auch vom damaligen Konsenswerber unterschrieben, enthält einen Klausulierungsvermerk und wurde dem Konsenswerber gleichzeitig mit dem Betriebsbewilligungs­bescheid zugestellt.

 

Sohin ist der in Rede stehende Abstellplatz auch nur auf der im Plan dargestellten Fläche vom bestehenden gewerbebehördlichen Genehmigungsumfang erfasst. Das Ausmaß dieser genehmigten Fläche ist im angefochtenen erstinstanzlichen Bescheid konkret anhand des vorliegenden Maßstabes des Planes definiert und wird diesbezüglich darauf verwiesen.

 

Für die Erweiterung dieses Abstellplatzes auf die gesamte Grundstücksfläche , KG. N, liegt keine Genehmigung vor und ist sohin von einer konsenslosen Änderung auszugehen.

 

Keine Zweifel bestehen auch darüber, dass die vorgenannte Änderung der Genehmigungspflicht iSd § 74 GewO 1994 unterliegt. Die Genehmigungspflicht der Änderung der gewerblichen Betriebsanlage ist nämlich bereits dann gegeben, wenn die Änderung grundsätzlich geeignet ist, die in § 74 Abs.2 erwähnten Gefährdungen usw. hervorzurufen. Um dies zu beurteilen, genügt es in der Regel auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückzugreifen (VwGH 20.9.1994, 94/04/0068). Das Abstellen von LKW im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit auf einer Freifläche stellt zweifellos eine Maßnahme dar, welche die durch § 74 Abs.2 Z1 bis 5 geschützten Interessen gefährden könnte. Insbesondere ist durch so eine Maßnahme, nämlich durch das mit dem Abstellen der Lkw verbundene Zu- und Abfahren eine Belästigung der Nachbarn durch Lärm nicht auszuschließen. Dies wird auch durch die mehrfach vorgebrachten Beschwerden bestätigt.

 

Unbestritten ist auch, dass die Berufungswerberin der Verfahrensanordnung vom 25.2.2008 nicht nachgekommen ist.

 

Auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage wurde die Berufungswerberin sohin von der belangten Behörde zu Recht zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes aufgefordert und ebenso zu Recht, nachdem dieser Aufforderung aktenkundig nicht Folge geleistet wurde, mit Bescheid zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes notwendigen Maßnahme als contrarius actus zu der Zuwiderhandlung eine gewerbebehördliche genehmigungspflichtige Änderung der Betriebsanlage ohne Genehmigung durchgeführt zu haben, vorgeschrieben.

 

Soweit in der Berufung vorgebracht wird, dass das Abstellen der in Rede stehenden Fläche seit 1977 ohne bisherige Beanstandung der Behörde vorgenommen wurde, so ist hiezu auszuführen, dass daraus kein rechtmäßiges Betreiben abzuleiten ist, da der Gewerbeordnung eine konkludente Genehmigung fremd ist.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Berufungsverfahren sind Gebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

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