Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163450/16/Ki/Jo

Linz, 06.11.2008

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des A S, J, L, vom 28. August 2007 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 5. August 2008, VerkR96-3945-2007, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 6. November 2008 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

      I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene    Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

  II.      Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG iVm mit § 66 Abs.4 AVG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Straferkenntnis vom 5. August 2008, VerkR96-3945-2007, dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 28.6.2007 um 13:30 Uhr den Anhänger mit dem Kennzeichen  in der Gemeinde Suben auf der A 8 Innkreis Autobahn im Bereich des Grenzüberganges Suben bei Autobahnkilometer ca. 75,180 auf Parkflächen für PKW im Bereich des Bankgebäudes der Raiffeisenbank nicht entsprechend der Bodenmarkierung zum Parken aufgestellt. Er habe dadurch § 9 Abs.7 StVO verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit a StVO 1960 bzw. § 64 VStG wurde über ihn eine Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe verhängt sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.

 

1.2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber am 28. August 2008 Berufung erhoben. Er begründet das Rechtsmittel damit, dass das Begleitfahrzeug ihm den Parkplatz zugewiesen habe. Aufgrund der Überlänge der Ladung sei es ihm nicht möglich gewesen anderswo zu parken, da die anderen Parkplätze schon belegt waren. Er habe den Auflieger stehen lassen müssen um in eine Tankstelle einfahren zu können, da das Ladegut 28 m lang gewesen sei. Der Begleiter sei von der Firma R W in A gewesen.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 19. August 2008 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 6. November 2008. An der Verhandlung nahm ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Schärding teil, der Berufungswerber hat sich entschuldigt. Als Zeugen wurden der Meldungsleger, RI. J E (Autobahnpolizeiinspektion Ried im Innkreis), sowie – vom Berufungswerber beantragt – Herr R W einvernommen.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Mit Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion Ried im Innkreis vom 11. Juli 2007 wurde der Bezirkshauptmannschaft Schärding der das vorliegende Verfahren auslösende Sachverhalt zur Kenntnis gebracht.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat zunächst gegen den Rechtsmittelwerber eine Strafverfügung (VerkR96-3945-2007 vom 31. Juli 2007) erlassen, welche von diesem beeinsprucht wurde.

 

Letztlich wurde das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

Bei seiner Einvernahme im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung bestätigte der damals amtshandelnde Polizeibeamte den in der Anzeige festgehaltenen – und letzlich unbestrittenen und durch Kopien von Digitalfotos belegten – Sachverhalt das Abstellens des Anhängers entgegen der Vorschrift der StVO 1960. Eine Gefährdung von Personen oder eine allfällige Beschädigung von Sachen konnte er jedoch grundsätzlich ausschließen.

 

Herr R W bestätigte bei seiner Einvernahme, dass er als Transportbegleiter für den gegenständlichen Transport eingeteilt war. Der Transport bestand aus drei Fahrzeugen (Konvoitransport) und sei von der Gegend von Heilbronn (Bundesrepublik Deutschland) nach Wien unterwegs gewesen. In Deutschland selbst sei nur ein Transportbegleitfahrzeug vorgeschrieben gewesen, in Österreich drei solche Fahrzeuge. Der Transport sei etwa zwischen 03.00 Uhr und 05.00 Uhr früh in Suben angekommen, es sei nicht möglich gewesen, noch in Deutschland die Fahrzeuge abzustellen, weil sämtliche vor der Grenze liegenden Parkplätze, auch der Auffangparkplatz vor Suben, voll gewesen wären. Eine sofortige Weiterfahrt nach Wien sei aus organisatorischen Gründen nicht erfolgt, da dort dieser Transport nur zwischen 00.00 Uhr und 05.00 Uhr zulässig war. Nachdem keine andere Möglichkeit bestanden habe, die Fahrzeuge anderswo abzustellen, habe er veranlasst, dass die Fahrzeuge dann dort abgestellt werden und er habe dann den Vorfallsort verlassen. Es sei beabsichtigt gewesen, am selben Tag, begleitet von je einem Transportbegleitfahrzeug nach Wien weiter zu fahren. Zur vorgeworfenen Tatzeit sei er jedoch noch nicht am Vorfallsort gewesen.

 

2.6. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus den im Akt aufliegenden Unterlagen sowie als Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung. In freier Beweiswürdigung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass die schlüssigen Aussagen der Zeugen letzlich die Rechtfertigungangaben des Berufungswerbers bestätigen, wonach er von Herrn W angewiesen wurde, den Anhänger im zur Debatte stehenden Tatortbereich abzustellen.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 9 Abs.7 StVO 1960 haben, wird die Aufstellung der Fahrzeuge zum Halten und Parken durch Bodenmarkierungen geregelt, die Lenker die Fahrzeuge dieser Regelung entsprechend aufzustellen.

 

Grundsätzlich wird dazu zunächst festgehalten, dass der verfahrensgegenständliche Anhänger tatsächlich entgegen der Bestimmung des
§ 9 Abs.7 StVO 1960 abgestellt war.

 

3.2. Gemäß § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.

 

Im Allgemeinen liegt eine Verwaltungsübertretung dann vor, wenn ein verwaltungsstrafrechtlich zu sanktionierendes Verhalten rechtswidrig ist. Die Rechtsordnung sieht jedoch auch Ausnahmen von diesem Grundsatz in Form von Rechtfertigungsgründen vor. Ist ein Rechtfertigungsgrund gegeben, dann ist die Verwirklichung des Tatbestandes nicht rechtswidrig und bildet dieser daher bereits im Bereich der objektiven Tatseite keine Verwaltungsübertretung. Ein Rechtfertigungsgrund liegt nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichthofes dann vor, wenn eine Rechtsvorschrift das an sich rechtswidrige Verhalten erlaubt oder gebietet.

 

Im vorliegenden Falle wurde der Berufungswerber von einem als Organ der Straßenaufsicht fungierenden Transportbegleiter angewiesen, den im Straferkenntnis bezeichneten Anhänger auf den gegenständlichen Parkflächen abzustellen.

 

3.3. Gemäß § 97 Abs.4 StVO 1960 sind die Organe der Straßenaufsicht sowie die nach Abs.3 betrauten Organe, wenn es die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs erfordert, berechtigt, einzelnen Straßenbenützern für den Einzelfall Anordnungen für die Benützung der Straße zu erteilen und zwar auch solche, die von den sonstigen diesbezüglichen Bestimmungen abweichen. Diese Anordnungen dürfen

a)     nur gegeben werden, wenn ihre Befolgung ohne Gefährdung von Personen und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist,

b)     nur befolgt werden, wenn dies ohne Gefährdung von Personen und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist.

 

Daraus resultiert, dass der Transportbegleiter grundsätzlich berechtigt war, dem Berufungswerber Anweisungen im Sinne des § 97 Abs.4 StVO 1960 zu erteilen, wobei dahingestellt bleiben kann, inwieweit im konkreten Falle eine entsprechende Anweisung tatsächlich erforderlich war. Nachdem nicht hervorgekommen ist, dass durch die Befolgung dieser Anweisung die Möglichkeit einer Gefährung von Personen oder Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre, ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber zur Befolgung dieser Anordnung verpflichtet war und er somit nicht rechtswidrig gehandelt hat. Eine Verwaltungsübertretung liegt demnach nicht vor.

 

3.4. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Nachdem, wie oben dargelegt wurde, das Verhalten des Berufungswerbers im konkreten Falle keine Verwaltungsübertretung bildet, konnte der Berufung Folge gegeben werden. Das angefochtene Straferkenntns war somit zu beheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Alfred Kisch

 

Beschlagwortung:

Anweisungen von Begleitpersonen iSd § 92 Abs.4 StVO 1960 sind grundsätzlich zu befolgen und stellen daher einen Rechtfertigungsgrund iSd § 6 VStG dar.

 

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