Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163483/5/Zo/Jo

Linz, 17.11.2008

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des F G, geb. , vertreten durch T G, S, W vom 01.09.2008, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 14.08.2008, Zl. VerkR96-542-2008, wegen einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 03.11.2008 durch sofortige Verkündung zu Recht erkannt:

 

I.                   Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.                 Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 7,20 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 27.04.2007 um 19.47 Uhr mit dem PKW, Kennzeichen  in Linz, Domgasse Nr. 1 einen Gehsteig durch Abstellen eines Fahrzeuges benutzt habe, obwohl die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art verboten ist. Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 3,60 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber geltend, dass er zwar das Fahrzeug an der angeführten Stelle abgestellt habe, es sich dabei aber nicht um einen Gehsteig handle. Jene bauliche Anlage, welche den Platz zwischen P und A D bilde, sei eine Straße und damit für den Fußgänger- und Fahrzeugverkehr bestimmt. Gemäß § 22 Z1 der Bodenmarkierungsverordnung sei ein Parkplatz eine Fläche, die von den Fahrbahnen der benachbarten Straßen getrennt ist, der Aufstellung mehrerer Fahrzeuge dienen und von der benachbarten Straße unmittelbar oder durch eigene Zu- und Abfahrtswege erreichbar sei. Ein Gehsteig sei gemäß § 2 Abs.1 Z10 StVO ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dergleichen abgegrenzter Teil der Straße.

 

Man könne den gegenständlichen Platz von der Fahrbahn aus über eine Zufahrt (abgeschrägte Randsteine) erreichen und ihn über eine Abfahrt (abgeschrägte Randsteine) verlassen und er sei von der benachbarten Fahrbahn getrennt und diene auch der Aufstellung mehrerer Fahrzeuge (z.B. auch von Fahrrädern, was anhand der Fahrradständer ersichtlich sei) weshalb es sich um einen Parkplatz und nicht um einen Gehsteig handle.

 

Die abgeschrägten Randsteine hätten offenbar den Zweck einer Zu- und Abfahrt und würden keinesfalls eine Abgrenzung zwischen Fahrbahn und Gehsteig bilden. Der Berufungswerber verwies auf eine Entscheidung des VwGH, wonach eine Hauseinfahrt unter anderem durch die abgeschrägten Randsteine erkennbar sei. Für ihn habe sich diese Fläche jedenfalls nicht als Gehsteig dargestellt.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 03.11.2008.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber hatte zur Vorfallszeit den angeführten PKW auf jenem "Platz" in Höhe der Telefonzellen abgestellt, welcher sich vor dem Objekt Domgasse 1 befindet. Die bauliche Situation stellt sich dort wie folgt dar:

 

Die Domgasse weist einen rechtwinkeligen Verlauf auf. Die gesamte Straße, also die Fahrbahn, die Parkflächen und auch die Gehsteige sind gepflastert. Die Domgasse ist vom Pfarrplatz kommend in Richtung Hauptplatz eine Einbahnstraße, wobei sie eine rechtwinkelige Kurve beschreibt. Vom Pfarrplatz kommend beträgt die Fahrbahnbreite nur ca. 2,5 m. Beidseits der Fahrbahn ist ein Teil der Straße durch Randsteine abgegrenzt und erhöht, wobei es sich bei diesem Teil augenscheinlich um einen Gehsteig handelt. In Fahrtrichtung gesehen auf der linken Seite der Fahrbahn verbreitert sich jene Fläche, welche im vorherigen Bereich eindeutig als Gehsteig zu erkennen ist, vor dem Objekt Domgasse Nr. 1 wesentlich. Die Domgasse selbst beschreibt in diesem Bereich eine rechtwinkelige Kurve und es sind auf beiden Seiten der Fahrbahn Parkflächen angeordnet, wobei rechts der Fahrbahn am Fahrbahnrand und parallel zum Gehsteig geparkt wird, auf der linken Seite befindet sich eine Parkbucht mit gekennzeichneten Parkplätzen, in welcher die Fahrzeuge rechtwinkelig zur Fahrbahn abgestellt werden.

 

Zwischen dem Objekt Domgasse 1 und jenem Parkstreifen befindet sich die gegenständliche Fläche. Diese ist vorerst ca. 5 bis 6 m breit und macht ebenfalls den rechtwinkeligen Verlauf der Straße mit. Zwischen dem Parkstreifen und dem Gebäude ist diese Fläche ca. 10 m breit. Auch dieser Platz ist von der Fahrbahn mittels Randsteinen durchgehend abgetrennt, diese Randsteine sind am Beginn des "Platzes" auf einer Breite von ca. 2 m abgeschrägt, ebenfalls am Ende des "Platzes". Diese Abschrägung am Ende ist auch durch ein Halteverbot in der Länge von 5 m gekennzeichnet. Auf dem "Platz" befinden sich zwei Fahrradständer, Verkehrszeichen sind nicht angebracht. Die Pflasterung auf dem "Platz" ist mehrmals unterschiedlich ausgeführt, wobei diese unterschiedliche Ausführung keine Schlüsse darauf zulässt, welche Teile von welchen Verkehrsteilnehmern benutzt werden sollen.

 

Der Berufungswerber brachte vor, dass auf diesem "Platz" auch Fahrzeuge der Post für Ladetätigkeiten abgestellt werden, wobei diese entsprechend einer Stellungnahme der Polizei eine Ausnahmebewilligung zum Befahren des Gehsteiges besitzen. Von dieser Ausnahmegenehmigung wusste der Berufungswerber nichts. Festzuhalten ist noch, dass während des Lokalaugenscheines ein Paketzusteller den gegenständlichen "Platz" mit seinem Fahrzeug ebenfalls befahren hat. Nach Beendigung der Zustellung ist der Paketzusteller wieder rückwärts von diesem "Platz" heruntergefahren und hat diesen nicht in Längsrichtung bis zur zweiten Abschrägung, welche der Berufungswerber als Ausfahrt bezeichnete, befahren.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 8 Abs.4 StVO 1960 ist die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art und die Benützung von Radfahranlagen mit Fahrzeugen, die keine Fahrräder sind, insbesondere mit Motorfahrrädern, verboten. Dieses Verbot gilt unter anderem nicht für das Überqueren von Gehsteigen, Gehwegen und Radfahranlagen mit Fahrzeugen auf den hiefür vorgesehenen Stellen.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Z1 StVO gilt als Straße eine für den Fußgänger oder Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche samt den in ihrem Zuge befindlichen und diesem Verkehr dienenden baulichen Anlagen.

 

Eine Fahrbahn ist gemäß § 2 Abs.1 Z2 StVO der für den Fahrzeugverkehr bestimmte Teil der Straße, während ein Gehsteig gemäß § 3 Abs.1 Z10 StVO ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dergleichen abgegrenzter Teil der Straße ist.

 

5.2. Aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes der gegenständlichen Verkehrsfläche handelt es sich nach Einschätzung des zuständigen Mitgliedes des UVS offenkundig um einen Gehsteig. Die Verkehrsfläche ist durch Randsteine von der Fahrbahn abgetrennt, die beiden Abschrägungen dienen erkennbar der leichteren Erreichbarkeit dieser Fläche durch Rollstuhlfahrer. Für eine Zu- bzw. Abfahrt von mehrspurigen Kraftfahrzeugen sind diese Abschrägungen ohnedies zu schmal. in den letzten Jahren wurde im Zuge der behindertengerechten Umgestaltung öffentlicher Flächen bei zahlreichen Gehsteigen eine Abschrägung vorgenommen, um die Benützung der Gehsteige für Rollstuhlfahrer bzw. auch mit Kinderwagen zu erleichtern. Diese Abschrägung ändert keineswegs etwas an der rechtlichen Zuordnung der jeweiligen Verkehrsflächen als Gehsteig. Soweit der Berufungswerber auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend Hauseinfahrten verweist, ist darauf hinzuweisen, dass im Bereich von Hauseinfahrten Gehsteige zulässigerweise überquert werden dürfen. Die Abschrägung in diesem Bereich dient lediglich dem Ermöglichen des erlaubten Überquerens.

 

Der Umstand, dass auf der gegenständlichen Verkehrsfläche zwei Fahrradständer zum Abstellen von Fahrrädern platziert sind, macht diese Verkehrsfläche noch nicht zu einer Fahrbahn oder einem Parkplatz. Es ist zwar richtig, dass auch Fahrräder streng genommen auf einem Gehsteig nicht abgestellt werden dürfen, allerdings kann das Aufstellen von Fahrradständern durch eine Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs.2 StVO erlaubt werden (siehe Pürstl-Sommereder, Anmerkung 7 zu § 8 StVO). Auch der Umstand, dass Fahrzeuge der Post bzw. im konkreten Fall auch ein Paketzusteller die gegenständliche Verkehrsfläche befahren haben, ändert nichts an der rechtlichen Zuordnung. Es handelt sich um eine Verkehrsfläche, welche augenscheinlich durch Randsteine von der Fahrbahn abgegrenzt ist und für den Fußgängerverkehr bestimmt ist. Dass im Einzelfall bestimmte Fahrzeuglenker (egal ob mit oder ohne Ausnahmegenehmigung) diese Verkehrsfläche trotzdem befahren, ändert nichts an der rechtlichen Zuordnung als Gehsteig.

 

Die Definitionen der Bodenmarkierungsverordnung sind schon deshalb nicht geeignet, zu einer anderen Beurteilung zu führen, weil die Bodenmarkierungsverordnung entsprechend § 1 dieser Verordnung nur auf Bodenmarkierungen Anwendung findet, nicht aber auf sonstige bauliche Abgrenzungen. Der gesamte Platz weist keine Parkplatzeinteilung oder sonstige Parkregelung auf. Er ist über die gesamte Länge durch die Gehsteigkante von der Fahrbahn getrennt, ausgenommen sind lediglich die beiden Behindertenrampen. Auch die Parkbucht entlang der Domgasse ist von diesem Platz durch den Gehsteig abgetrennt.

 

Nachdem der Berufungswerber den PKW auf einer Verkehrsfläche abgestellt hatte, welche sich nach den örtlichen Gegebenheiten eindeutig als Gehsteig darstellt, hat er die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten. Seine anderslautende Rechtsmeinung kann ihn nicht entschuldigen, weil für einen objektiven durchschnittlichen Kraftfahrzeuglenker die gegenständliche Verkehrsfläche eindeutig als Gehsteig erkennbar ist. Der Umstand, dass gelegentlich Postfahrzeuge zum Zwecke des Ein- und Ausladens unmittelbar vor der Post diese Verkehrsfläche befahren, berechtigt den Berufungswerber keinesfalls zur Annahme, dass es sich dabei nicht um einen Gehsteig handeln könne bzw. das Parken dort zulässig ist. Es kann als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass zum Zwecke des Be- und Entladens insbesondere Fahrzeuge der Post aber auch von Paketzustellern immer wieder vorschriftswidrig abgestellt werden, sodass aus diesem Umstand noch nicht auf die Rechtmäßigkeit des Verhaltens geschlossen werden kann. Im Übrigen besitzen die Fahrzeuge der Post ohnedies eine Ausnahmegenehmigung. Die Verwaltungsübertretung ist dem Berufungswerber damit auch in subjektiver Hinsicht vorwerfbar.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

§ 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 sieht für derartige Übertretungen eine Geldstrafe von bis zu 726 Euro vor. Die von der Erstinstanz festgesetzte Strafe schöpft diesen Strafrahmen ohnedies nur zu 5 % aus.

 

Der Berufungswerber war zwar entgegen der erstinstanzlichen Begründung zum Tatzeitpunkt unbescholten, was einen erheblichen Strafmilderungsgrund bildet. Straferschwerungsgründe lagen hingegen nicht vor. Trotzdem erscheint die Strafe sowohl aus spezial- als auch generalpräventiven Überlegungen in dieser Höhe erforderlich. Der Berufungswerber hat keine Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen gemacht, sodass die erstinstanzliche Einschätzung (monatliches Einkommen von 1.000 Euro bei keinem Vermögen) zu Grunde gelegt werden musste. Er ist für ein Kind sorgepflichtig. Auch unter Berücksichtigung dieser persönlichen Verhältnisse kommt eine Herabsetzung der Strafe nicht in Betracht.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

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