Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300858/2/BP/Se

Linz, 19.11.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Dr. Bernhard Pree über die als Einspruch – Nichtigkeit bezeichnete Berufung des H F, A, gegen das Straferkenntnis des Bezirks­hauptmanns des Bezirks Rohrbach vom 6. November 2008, GZ.: Pol96-147-2008, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Tierschutzgesetz, zu Recht erkannt:

 

 

I.             Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.         Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 20 Euro (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Rohrbach vom 6. November 2008, GZ.: Pol96-147-2008, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von insgesamt 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe insgesamt: 34 Stunden) verhängt, weil er als Tierhalter in seinem landwirtschaftlichen Betrieb in A am 8. September 2008 (tierschutzrechtliche Überprüfung)

1. die Rinderkälber mit den diesen zugeordneten Ohrmarken-Nr.      und AT    , geb.     und     , somit jeweils mit einem Lebensalter unter 6 Monaten – entgegen der Anordnung gemäß Punkt 3.2.1. der Anlage 2 zur 1. Tierhaltungsverordnung, BGBl. II Nr. 485/2004 – in verbotener Anbindehaltung gehalten habe, obwohl keine Anbindung aufgrund einer Tränkung oder Fütterung von maximal einer Stunde vorgelegen sei und dadurch die Tiere einer Bewegungseinschränkung ausgesetzt worden seien, mit der für sie ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden gewesen seien;

2. die Betreuung des Kalbes geb.    , und daher mit einem Lebensalter von mehr als 2 Wochen insofern vernachlässigt habe, als diese, ohne ihm – entgegen der Anforderung gemäß Punkt 3.3. der Anlage 2 zur 1. Tierhaltungsverordnung, BGBl. II Nr. 485/2004 – einen entsprechenden Zugang zur freien Entnahme von Frischwasser oder anderen Flüssigkeiten zur Verfügung gestellt zu haben, gehalten habe.

 

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden zu 1. § 38 Abs.1 Z1 iVm § 5 Abs.2 Z10 bzw. zu 2. Z13 Tierschutzgesetz, BGBl. I Nr. 118/2004 angeführt.

 

Mit Strafverfügung vom 16. September 2008 seien die im Spruch angeführten Verwaltungsübertretungen, die bei einer tierschutzrechtlichen Kontrolle am 8. September 2008 festgestellt worden seien, dem Bw angelastet worden. Dagegen habe der Bw rechtzeitig Einspruch erhoben. Auf die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 29. September 2008, mit Frist bis 4. November 2008, habe der Bf nicht reagiert. In seiner Eingabe vom 18. September 2008, die von der belangten Behörde als Einspruch gewertet worden sei, habe der Bw – wie in zahlreichen sonstigem Schriftverkehr – eine bekannte Person aus seiner Umgebung als Anzeiger vermutet. Zum Tatvorwurf bzw. in der Sache selbst habe er lediglich oberflächlich und allgemein ausgeführt, dass seine Tiere gut versorgt seien und sich wohl fühlen würden. Die Tiere würden als Jungtiere eine "gute Erziehung" genießen, damit er, wenn diese ausgewachsen seien, auch als alleinstehender Tierhalter gut mit diesen zurecht kommen würde. Eine weitere unsachliche und nicht im Zusammenhang stehende Äußerung sei hier nicht anzuführen. Im Zuge einer am 8. September 2008 im landwirtschaftlichen Betrieb des Bw unangekündigt durchgeführten Nachschau hinsichtlich tierschutzrelevanter Aspekte sei durch den (stellvertretenden) Amtstierarzt der belangten Behörde u.a. nachstehender Sachverhalt befunden und gutachterlich festgestellt worden: Der Bw hält aktuell 13 Rinder in dauernder Anbindehaltung. Unter den 13 Rindern befinden sich 7 Kühe, vorwiegend der Rasse Holstein Friesian, 2 Kälber und 4 Jungrinder. Die beiden Kälber werden in dauernder Anbindehaltung vorgefunden, obwohl gerade keine Fütterung und Tränkung erfolgt, und haben weiters kein Wasser zur freien Verfügung. Bei beiden Kälbern fehlen noch die Ohrmarken, obwohl eines davon bereits ca. eine Woche und das andere bereits ca. ein Monat alt ist. Eine durchgeführte Einblicknahme in das Bestandsregister, was der Bw nur nach energischem Drängen auf Verlangen vorlegt, lässt darauf schließen, dass es sich um die Kälber     , geb.      und    , geb.    , handeln dürfte. Das Verbot der Anbindehaltung aus der 1. Tierschutzverordnung, Anlage 2, Punkt 3.2.1., wird für zwei nicht gekennzeichnete Kälber missachtet, obwohl gerade keine Tränkung oder Fütterung stattfindet. Bei dem älteren der beiden Kälber, es sollte die Ohrmarke     haben, geb.    , handelt es sich um eine Verletzung der 1. THV, Anlage 2, Punkt 3.3., weil dem Tier kein Zugang zu freier Entnahme von Frischwasser gewährt wird. Nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen führt die belangte Behörde in ihrer Beurteilung aus, dass die Feststellungen des Amtstierarztes objektiv und schlüssig seien und sie sich diesen vollinhaltlich anschließe. Das in Befund und Gutachten dargelegte Ermittlungsergebnis werde zur inhaltlichen Begründung des bekämpften Bescheides erhoben. Es seien keine Umstände hervor gekommen, an diesen Feststellungen zu zweifeln. Wenngleich keine explizite Zuordnung der jeweiligen Ohrmarken zu den einzelnen Kälbern mangels rechtzeitiger Anbringung an den Tieren gegeben gewesen sei (Zuwiderhandlung fällt unter die Bestimmungen der Rinderkennzeichnungsverordnung), sei das Lebensalter aufgrund der Aufzeichnungen im vorgelegten Bestandsbuch schlüssig nachvollziehbar. Überdies sei eine Altersbestimmung im vorgefundenen Entwicklungsstatus auch ohne größere Sachkenntnis möglich. Die Rechtfertigung des Bw sei von sehr allgemeiner Natur und nicht geeignet den Tatvorwurf objektiv zu entkräften. Die dem Bw vorgeworfenen Übertretungen seien somit als objektiv einwandfrei erwiesen anzusehen. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite verweist die belangte Behörde nach Darstellungen der Grundlagen für die Höhe der Strafbemessung auf § 5 Abs.1 VStG, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genüge. Dem Bw sei zumindest ein solches fahrlässiges Verhalten als Schuldform vorzuwerfen. Einen Schuldentlastungsbeweis im Sinne des § 5 Abs.1 VStG habe er nicht erbracht.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung gehe mangels Mitwirkung des Bw die belangte Behörde von einem Einkommen von 1.000 Euro monatlich, von einem durchschnittlichen Vermögen und keinen Sorgepflichten aus. Unter Bedachtnahme auf den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden sei die verhängte Strafe – im Hinblick auf den oa. Strafrahmen – als sehr niedrig zu bezeichnen. Die Behörde gehe jedoch davon aus, dass der Bw aufgrund der vorliegenden Bestrafung nunmehr hinsichtlich des Tierschutzes entsprechend sensibilisiert worden sei und entsprechende Maßnahmen in der Betreuung der Tiere setzen würde.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich ein als Einspruch – Nichtigkeit bezeichnetes Schreiben des Bw vom 9. November 2008. Nachdem der Bw nicht rechtsfreundlich vertreten ist und aus dem Schreiben hervorgeht, dass sich der Bw gegen die Rechtsauffassung der belangten Behörde und somit grundsätzlich gegen die im ggst. Straferkenntnis Pol96-147-2008 angeführten Anforderungen an eine artgerechte Tierhaltung wendet, war dieses Schreiben als Berufung anzusehen.

 

Der Bw führt zunächst aus, dass die Anbindung keine Tierquälerei sei, sondern eine Angewöhnung für das Tier an eine gute Umgangsform darstelle, sodass, wenn das Tier erwachsen sei, es alleine zurecht komme, ohne "einschlagen zu müssen". Man brauche nur bei den Kälberauftrieben, beispielsweise in F, zu schauen, wie widerwärtig solche Kälber seien. Das Ganze sei falsch verstandener Tierschutz. Jeder Mensch wisse wie wichtig die vorschulaltrige Erziehung sei; das gleiche gelte für die Haustiere. Der Bw weist die diesbezüglichen Vorwürfe strickt zurück.

 

Hinsichtlich der "Ohrmarken" weist der Bw darauf hin, dass er seit der Handverletzung und Folterung durch die "Kiberer" (gemeint wohl: Polizeibeamten) am 14. November 2002, wobei ihm die Schultersehnen abgerissen worden seien, sei der Bw nicht mehr in der Lage selbst Ohrmarken einzuziehen. Das sei ein Ausnahmefall, wenn ein Tier in den Verkehr gebracht werde, werde vom Abholenden die Marke eingezogen, bevor es den Stall verlasse. Das werde auch in Zukunft so sein.

 

 

2.1. Die belangte Behörde hat die "Berufung" samt dem bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 13. November 2008 zur Berufungsentscheidung vorgelegt und dabei darauf hingewiesen, dass der Verfahrensmangel des unterlassenen Beiziehens der Tierschutzombudsstelle des Landes Oberösterreich als Amtspartei im erstinstanzlichen Verfahren vom Oö. Verwaltungssenat im Berufungsverfahren saniert werden möge.  In einem Telefonat mit der Tierschutzombudsfrau des Landes Oberösterreich Dr. C M am 18. November 2008 teilte diese dem zuständigen Mitglied des Oö. Verwaltungssenates mit, dass sie auf die Übermittlung des Verwaltungsstrafaktes und eine allfällige Stellungnahme ihrerseits als Amtspartei im ggst. Verwaltungsstrafverfahren verzichte.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde.

 

2.3. Gemäß § 51e Abs.3 VStG kann der Unabhängige Verwaltungssenat von der Durchführung einer Berufungsverhandlung absehen, wenn

1) in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder

2) sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder

3) im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder

4) sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet

und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Berufungswerber hat die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung zu beantragen.

 

Im vorliegenden Fall war diese Bestimmung anwendbar, da der Bw weder die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragte, nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend machte noch im angefochtenen Bescheid eine Geldstrafe oberhalb der vom Gesetz geforderten 500 Euro verhängt worden war. Überdies bringt der Bw keinerlei substantiellen Argumente vor, die den Sachverhalt in Zweifel ziehen würden, sondern beschränkt sich auf rein lapidare und teils unsachliche Vorbringen. Auch von Seiten der Amtspartei liegt kein Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor.

 

2.4. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.

 

2.5. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 38 Abs.1 Z1 Tierschutzgesetz BGBl I Nr. 118/2004 in der zum Zeitpunkt der Tat geltenden Fassung BGBl. I Nr. 35/2008 (TSchG) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu 15.000 Euro zu bestrafen, wer einem Tier entgegen § 5 Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt.

 

Gemäß § 5 Abs.1 TSchG ist es verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.

 

Gegen Abs.1 leg. cit. verstößt unter anderem, wer ein Tier Temperaturen, Witterungseinflüssen, Sauerstoffmangel oder Bewegungseinschränkung aussetzt und ihm dadurch Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt (Abs. 2 Z. 10 leg cit.) bzw.

die Unterbringung, Ernährung und Betreuung eines von ihm gehaltenen Tieres in einer Weise vernachlässigt, dass für das Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind oder es in schwere Angst versetzt wird (Abs. 2 Z. 13 leg cit.).

 

Gemäß § 13 Abs.2 TSchG hat, wer ein Tier hält, dafür zu sorgen, dass das Platzangebot, die Bewegungsfreiheit, die Bodenbeschaffenheit, die bauliche Ausstattung der Unterkünfte und Haltungsvorrichtungen, das Klima, insbesondere Licht und Temperatur, die Betreuung und Ernährung sowie die Möglichkeit zu Sozialkontakt unter Berücksichtigung der Art, des Alters und des Grades der Entwicklung, Anpassung und Domestikation der Tiere ihren physiologischen und ethologischen Bedürfnissen angemessen sind.

 

Nach der Verordnungsermächtigung des § 24 Abs.1 Z.1 TSchG sind die diesbezüglichen Mindestanforderungen und besonderen Bestimmungen der Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen BGBl. II Nr. 485/2004 vom 17.12.2004 (1. Tierhalteverordnung) samt Anlagen geregelt.

Kälber sind, gemäß den Begriffsbestimmungen der Anlage 2 (Pkt. 1.), Rinder bis zu einem Lebensalter von sechs Monaten.

Hinsichtlich der Bewegungsfreiheit ist nach Punkt 3.2.1. die Anbindehaltung von Kälbern verboten. Ausgenommen hievon sind nur Zeiträume einer maximalen einstündigen Anbindung oder Fixierung während bzw. unmittelbar nach der Milchtränke oder Michaustauschtränke.

Bezüglich der Ernährung von Kälbern legt die 1. Tierhalteverordnung (Anlage 2, Punkt 3.3.) u.a. fest, dass über zwei Wochen alte Rinderkälber, über die Milch –oder Milchaustauschertränke hinaus, Zugang zu geeignetem Frischwasser oder anderen Flüssigkeiten in ausreichender Menge zur Deckung des Flüssigkeitsbedarfes haben müssen.

 

3.2. Hinsichtlich Spruchpunkt 1 und den dort angeführten Verwaltungsübertretungen ist zunächst festzustellen, dass es unbestritten ist, dass die in Rede stehenden Kälber zum Tatzeitpunkt  in dauernder Anbindehaltung vorgefunden wurden, obwohl gerade keine Fütterung und Tränkung erfolgte. Dieser Umstand wird auch vom Bw gar nicht in Abrede gestellt; vielmehr vermeint er, dass diese Art der Haltung der "Erziehung" der Kälber dienen würde. In Subsumtion des § 5 Abs. 2 Z. 10 TSchG ist also festzuhalten, dass fraglos die dort geforderte Bewegungsfreiheit nicht gegeben war. Fraglich ist nun, ob diese Haltung den Kälbern Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügte. Als einschlägig wird hier wohl zumindest das Tatbestandselement der "Leiden" anzusehen sein. Unter Leiden versteht man alle nicht bereits vom Begriff Schmerzen umfassten Beeinträchtigungen im Wohlbefinden, die über ein schlichtes Unbehagen hinausgehen und eine nicht unwesentliche Zeitspanne fortdauern (Goetschel in Buchholtz et al., 1993).

 

Hiezu ist aber auch auf Anlage 2 der 1. Tierschutzverordnung zu verweisen, die unter Punkt 3.2.1. explizit die Anbindehaltung verbietet. Die dortige Ausnahmeregelung kommt nach dem vorliegenden Sachverhalt nicht zum Tragen. Nachdem dieser Rechtsakt bloß Mindestanforderungen stellt, ist im Umkehrschluss klar, dass ein Zuwiderhandeln gegen die dort aufgestellten Gebote – wie im vorliegenden Fall – den Kälbern zumindest eine qualitativ relevante Beeinträchtigung des Wohlbefindens und somit Leiden im Sinne der oa. Definition und damit des § 5 TSchG zufügt, da sie in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden. Eine qualitativ erhebliche  Beschränkung der Bewegungsfreiheit wird schon durch § 5 Abs. 2 Z. 10 als tatbildlich ex lege normiert. Eine Anbindung der Kälber, die ihnen unbestrittener Maßen, keinen Bewegungsspielraum lässt, weist fraglos die vom Gesetz geforderte Qualität der Beschränkung auf. Dass die beiden Kälber noch nicht ein Alter von 6 Monaten überschritten hatten und somit Kälber im Sinne der 2. Anlage zur 1. Tierhalteverordnung waren, ist aus dem Sachverhalt klar ersichtlich.

 

Auch, wenn der Bw dies offensichtlich nicht akzeptieren will, ist die objektive Tatseite hinsichtlich der in Spruchpunkt 1 des angefochtenen Erkenntnisses angeführten Verwaltungsübertretungen eindeutig gegeben.

 

3.3. Hinsichtlich Spruchpunkt 2 ist wiederum zunächst zum Sachverhalt zu bemerken, dass geklärt und unbestritten ist, dass am 8. September 2008 dem Kalb geb. 13.08.2008 (und daher mit einem Lebensalter von mehr als 2 Wochen) kein entsprechender Zugang zur freien Entnahme von Frischwasser oder anderen Flüssigkeiten zur Verfügung gestellt wurde.

 

Dazu ist auf § 5 Abs. 2 Z. 13 TSchG zu verweisen, wonach die Unterbringung, Ernährung und Betreuung eines gehaltenen Tieres nicht in einer Weise vernachlässigt werden darf, dass für das Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind oder es in schwere Angst versetzt wird. Hinsichtlich der Definition für Leiden wird auf Punkt 3.2. dieses Erkenntnisses verwiesen. Die Mindestanforderungen der 2. Anlage zur 1. Tierschutzverordnung sehen darüber hinaus in Punkt 3.3. u.a. vor, dass über zwei Wochen alte Rinderkälber, über die Milch oder Milchaustauschertränke hinaus, Zugang zu geeignetem Frischwasser oder anderen Flüssigkeiten in ausreichender Menge zur Deckung des Flüssigkeitsbedarfes haben müssen. Ein Verletzen gerade dieser Vorgabe ist geeignet, Kälbern Leiden zuzufügen, da die Flüssigkeitsaufnahme in altersgerechter Weise für eine gedeihliche, gesundheitliche Entwicklung unerlässlich ist. Eine diesbezügliche Vernachlässigung stellt eine grobe Verletzung des Schutzgutes des § 5 TSchG dar und ist geeignet das Wohlbefinden der Tiere stark zu beeinträchtigen. . Eine konkretisierte Stellungnahme des Bw liegt hiezu nicht vor, allerdings ist der Berufung zu entnehmen, dass er die von ihm vorgenommenen "Erziehungsmaßnahmen", gemeint wohl Abhärtung der Rinder durch Erziehung zur Genügsamkeit für angebracht hält. Im Sinne eines artgerechten sensibilisierteren Umgangs mit Tieren ist diese Haltung – vor allem in Hinblick auf die bestehenden Rechtsvorschriften – als unangebracht anzusehen und abzulehnen.

 

Auch in diesem Punkt liegt die objektive Tatseite vor.

 

3.4. Das Tierschutzgesetz sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschul­dens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzu­nehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Die Tatsache, dass der Bw die offenkundig nicht rechtmäßige Kälberhaltung mit

"Erziehungsmaßnahmen" rechtfertigt, ist keinesfalls geeignet sein Unterlassen zu entschuldigen. Es ist also – der belangten Behörde folgend - von zumindest fahrlässigem Verhalten und somit auch vom Vorliegen der subjektiven Tatseite auszugehen. Einen Schuldentlastungsbeweis konnte der Bw tatsächlich nicht vorbringen.

 

3.5. Hinsichtlich der Strafbemessung releviert der Bw keinerlei Umstände, die ein Abgehen von der Höhe der verhängten Strafen rechtfertigen würde, weshalb hier der belangten Behörde zu folgen war. Im Übrigen bewegt sich die Strafhöhe am untersten Ende des gesetzlichen Strafrahmens, der bis zu 15.000 Euro reicht.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von insgesamt 20 Euro (das sind 20 Prozent der verhängten Strafen) vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

Rechtssatz:

Eine qualitativ erhebliche  Beschränkung der Bewegungsfreiheit wird schon durch § 5 Abs. 2 Z. 10 als tatbildlich ex lege normiert. Eine Anbindung der Kälber, die ihnen unbestrittener Maßen, keinen Bewegungsspielraum lässt, weist fraglos die vom Gesetz geforderte Qualität der Beschränkung auf.

Ein Verletzen gerade der Vorgaben des § 5 Abs. 2 Z. 13 iVm Punkt 3.3. der 2. Anlage zur 1. Tierschutzverordnung ist geeignet, Kälbern Leiden zuzufügen, da die Flüssigkeitsaufnahme in altersgerechter Weise für eine gedeihliche, gesundheitliche Entwicklung unerlässlich ist.

§ 5 TSchG

 

 

VwSen-300853/4/BP/Se vom 4. November 2008

 

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