Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-150694/10/Lg/Hue

Linz, 19.11.2008

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder nach der am 10. November 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des J H, K, E, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H V – Dr. G G, L, S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 24. Juni 2008, Zl. BauR96-83-1-2007, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.    

II.              Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 24, 45 Abs. 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 200 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden verhängt, weil er als Lenker den PKW mit dem polizeilichen Kennzeichen am 4. Februar 2007, 16.15 Uhr, auf der Autobahn A8 bei Km 0,800, Parkplatz bei der Raststätte Voralpenkreuz, abgestellt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Es sei festgestellt worden, dass am Fahrzeug eine abgelaufene Mautvignette angebracht gewesen sei.

 

2. In der Berufung wird vorgebracht, dass man in der Begründung des angefochtenen Bescheides unter Anwendung des Zweifelsgrundsatzes davon ausgegangen sei, dass der Bw eine Vignette für das Jahr 2007 zwar gekauft habe, diese aber nicht ordnungsgemäß angebracht gewesen sei. Diesbezüglich vertraue man dem Mautorgan.

Die ASFINAG habe ursprünglich behauptet, dass derartige Kontrollen durch zwei Mautaufsichtsorgane durchgeführt würden. Das Mautaufsichtsorgan habe aber bei der zeugenschaftlichen Einvernahme zugestehen müssen, dass eine zweite Person nicht anwesend gewesen sei. Weiters sei die Erklärung durch den Meldungsleger abgegeben worden, dass die Mautvignette 2006 festgestellt worden sei. Er führe aber nicht an, wo sich diese Vignette 2006 an der Scheibe des Kfz befunden habe. Im Übrigen sei das Vorfallgeschehen nicht mehr erinnerlich. Aufgrund dieser Sachlage sei ein Irrtum des Mautaufsichtsorgans denkbar. Seitens des Bw sei nicht nur der Nachweis über den Ankauf einer Jahresvignette erbracht worden sondern auch, dass diese Vignette von der Folie tatsächlich abgelöst worden sei. Deshalb sei es logisch, dass die Vignette auch tatsächlich am Fahrzeug angebracht gewesen ist. Die Vignette 2007 habe sich im Bereich der Vignette 2006 befunden. Dazu komme, dass in diesem Bereich auch noch weitere Jahresvignetten (Tschechien 2006, Ungarn 2006 und Slowakei 2007) befunden hätten. Diese weiteren Vignetten habe der Meldungsleger aber offensichtlich übersehen und hätten sich – wie auch die Jahresvignette 2007 für Österreich – aus Sichtgründen auf der Beifahrerseite der Windschutzscheibe befunden.     

 

Beantragt wurde die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 30. März 2007 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz lediglich eine abgelaufene Mautvignette aus dem Jahr 2006 angebracht gewesen.  

 

Anlässlich der Lenkererhebung legte der Bw eine Trägerfolie einer Jahresvignette für das Jahr 2007 und einen Kassenbon vom 2. Februar 2007 über den Kauf einer Jahresvignette vor.

 

Nach Strafverfügung vom 22. Mai 2007 brachte der Bw vor, dass er die Vignette an seinem PKW angebracht und den Erwerb einer Vignette am 2. Februar 2007 nachgewiesen hätte.

 

Einer zusätzlichen ASFINAG-Stellungnahme vom 23. Juli 2007 sind die Angaben der Anzeige und rechtliche Bestimmungen zu entnehmen. Zusätzlich findet sich der Hinweis, dass die Angaben auf der dienstlichen Wahrnehmung der vereidigten Mautaufsichtsorgane basierten, welche immer zu zweit Dienst verrichten würden. Gem. § 19 Abs. 3 BStMG sei eine schriftliche Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut am Kfz hinterlassen worden. Als Beilage ist die Kopie dieses Ersatzmautangebotes angeschlossen.

 

Der Meldungsleger sagte anlässlich seiner zeugenschaftlichen Einvernahme am 19. September 2007 aus, dass er am Tattag alleine die Fahrzeuge am Autobahnparkplatz Voralpenkreuz kontrolliert habe. Das gegenständliche Kfz sei nicht mehr exakt erinnerlich. Es sei jedoch festgestellt worden, dass lediglich eine Jahresvignette 2006 mit der Nr. angebracht gewesen sei. Eine gültige Vignette sei mit Sicherheit nicht an der Windschutzscheibe angebracht gewesen. Das Fahrzeug sei exakt kontrolliert worden, da er auch die kleingedruckte Nummer der abgelaufenen Vignette auf der Zahlungsaufforderung notiert habe.

 

Dazu äußerte sich der Bw im Wesentlichen wie in Teilen der später eingebrachten Berufung.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagte das Mautaufsichtsorgan D D zeugenschaftlich aus, dass er sich nicht mehr erinnern könne, ob er am 19. September 2007 vor der Erstbehörde ausgesagt habe. Aus dieser Niederschrift schließe der Zeuge, dass er zur Tatzeit alleine Dienst versehen habe. Ob er am Tattag Dienst versehen habe, habe er sich vor der Verhandlung vergewissert. Herr D habe mit Herrn S Dienst versehen. Das Mautaufsichtsorgan R, der in der Anzeige aufscheine, habe am Tattag frei gehabt. Der Zahlschein (Ersatzmautangebot) sei erst am folgenden Tag in den PC eingegeben und vermerkt worden, dass die Kontrolle von den Herren R und S durchgeführt worden wäre. Dies sei ein Irrtum gewesen, da an diesem Tag (dem Tag nach der Tat) diese beiden Herren Dienst gehabt hätten. Herr S habe offenbar den Erlagschein in Herrn R PC-Maske protokolliert. So sei der Irrtum betreffend des angeblichen Meldungslegers R entstanden.  

Auf die Frage, weshalb er am 19. September 2007 ausgesagt habe, dass er alleine kontrolliert hätte, antwortete der Zeuge, dass er gemeinsam mit einem steirischen Kollegen Dienst versehen habe. Gegen Dienstschluss werde der Zeuge von diesem steirischen Kollegen zur Raststätte Voralpenkreuz gebracht. Dort sei Herr D dann alleine gewesen und habe die Vignetten kontrolliert. Wie es dazu komme, dass die Schrift auf der Zahlungsaufforderung zwar die seine sei, die Unterschrift jedoch von Herrn S stamme, sei nicht mehr erinnerlich.  

Gegenständlich sei keine Fotoaufnahme angefertigt worden bzw. sei keines mehr auffindbar. Der gegenständliche Vorfall sei nicht mehr erinnerlich. Ein Irrtum betreffend der Tatzeit sei ausgeschlossen, da Herr D sicher nicht früher Dienstschluss gemacht habe als erlaubt.

 

Der Bw brachte vor, dass er die Vignette einige Wochen vor dem Tattag gekauft und ordnungsgemäß aufgeklebt habe. Auf dem Kfz seien zur Tatzeit die Vignetten für die Jahre 2006 und 2007 sowie weitere Vignetten aus Tschechien, Slowakei und Ungarn angebracht gewesen. Der Bw würde jede Woche durch Österreich fahren. Es seien immer nur Jahresvignetten aufgeklebt gewesen. Entsprechende Belege der letzten 10 Jahre könnten vorgelegt werden.

Im Familienverband des Bw befände sich zwar ein weiteres Auto, das gegenständliche Kfz sei jedoch ein Firmenwagen, mit dem Auslandsfahrten durchgeführt würden.

Nach Rückkunft zum Kfz am Tattag habe der Bw die Zahlungsaufforderung vorgefunden und dies mit zwei ebenfalls anwesenden Geschäftskollegen besprochen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Das Mautaufsichtsorgan sagte in der öffentlichen mündlichen Verhandlung aus, dass er sich nicht mehr an den konkreten Vorfall erinnern könne. Im Hinblick darauf, dass deshalb auch nicht geklärt werden konnte, ob tatsächlich eine größere Anzahl von Vignetten auf dem Kfz zur Tatzeit aufgeklebt waren und auch weitere Beweismittel (z.B. Fotoaufnahmen) nicht vorhanden sind, kann ein Irrtum des Kontrollorgans nicht gänzlich ausgeschlossen und somit die Deliktsverwirklichung durch den Bw nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden, zumal der Bw den Kauf einer Jahresvignette für das Jahr 2007 mit einem Kassenbon vom 2. Februar 2007 belegt hat, weshalb – im Zweifel – das bekämpfte Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum