Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100096/13/Weg/Ri

Linz, 04.12.1991

VwSen - 100096/13/Weg/Ri Linz, am 4. Dezember 1991 DVR.0690392 E F, L; Straferkenntnis wegen Übertretung der StVO 1960 Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch die II. Kammer unter dem Vorsitz des Dr. Johann Fragner und durch die Beisitzerin Dr. Ilse Klempt sowie den Berichter Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des E F, W, L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M M, S, V, vom 7. August 1991 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19. Juli 1991, VerkR96-7080-1991, auf Grund des Ergebnisses der am 5. November 1991 durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht:

I. Die Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches abgewiesen und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung mit der Maßgabe stattgegeben, als die Geldstrafe mit 10.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe unverändert mit 168 Stunden festgesetzt wird.

III. Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 1.000 S. Rechtsgrundlage:

zu I. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG,BGBl.Nr. 51/1991 i.V.m. §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.Nr. 52/1991.

zu II. § 66 Abs. 4 i.V.m. §§ 19 und 24 VStG.

zu III. §§ 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 99 Abs.1 lit.b i.V.m. § 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 13.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden verhängt, weil dieser am 19. März 1991 gegen 10.55 Uhr den Kombinationskraftwagen in L auf der W vom Hause W bis zum Haus W in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat und sich gegen 11.00 Uhr in seiner Wohnung in L, W gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert hat, seine Atemluft auf Alkohol untersuchen zu lassen. Außerdem wurde er zum Ersatz des Verfahrenskostenbeitrages von 1.300 S verpflichtet.

I.2. Der rechtsfreundlich vertretene Berufungswerber bestreitet, am 19.3.1991 gegen 10.55 Uhr das angeführte Fahrzeug gelenkt zu haben. Er sei an diesem Tage ständig zu Fuß unterwegs gewesen, was auch von den von ihm beantragten Zeugen bestätigt werden könne. Die von der Erstbehörde erfolgte Feststellung, daß er das Fahrzeug gelenkt habe, sei unrichtig und sei auf Grund einer nicht logisch nachvollziehbaren Würdigung der aufgenommenen Beweise erfolgt. Wenn man davon ausgeht, daß er um etwa 10.15 Uhr das Gasthaus seiner Mutter verlassen hat und dann zu Fuß in Richtung seiner Wohnadresse gegangen ist (diesbezüglich wurden Zeugen angeboten), erscheine es geradezu denkunmöglich, daß er zunächst am Cafe L vorbei nach Hause gegangen sei, dort seinen vor dem Haus abgestellten PKW in Betrieb gesetzt hätte, mit dem PKW zurück zum Cafe L gefahren sei und von dort nach einem Streit mit dem Wirt um 10.55 Uhr wieder nach Hause gefahren sei, wo dann schon um 11.00 Uhr, nachdem vom Wirt des Cafe L die Gendarmerie verständigt worden sei, der Alkotest verweigert worden wäre. Außerdem sei es denkunmöglich, daß die Motorhaube nach einer zurückgelegten Fahrstrecke von 200 bis 300 m warm ist, wie dies die Gendarmeriebeamten festgestellt hätten. Der einzige Zeuge, der ihn habe fahren gesehen, sei der Wirt des besagten Cafes gewesen, mit dem er jedoch persönlich kein gutes Verhältnis habe. Die Richtigkeit seiner Ausführungen könne bewiesen werden durch die Vernehmung seiner Mutter, seiner Nichte, seiner Ehegattin sowie durch die Einholung eines kfz-technischen Sachverständigengutachtens bzw. der Einholung einer Auskunft des Institutes für Meteorologie und Geodynamik zum Beweis dafür, daß entweder auf Grund der kurzen Fahrstrecke die Motorhaube noch nicht warm gewesen sein könne oder falls doch daß die Ursache hiefür die Sonneneinstrahlung gewesen sei.

I.3. Die Berufung ist rechzeitig. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben, der infolge einer 10.000 S übersteigenden Geldstrafe durch die laut Geschäftsverteilung zuständige Kammer zu entscheiden hat. Da von den Parteien auf eine mündliche Verhandlung nicht verzichtet wurde, war eine solche anzuberaumen.

I.4. Anläßlich der am 5. November 1991 stattgefundenen mündlichen Verhandlung wurden als Zeugen die Mutter, die Gattin und eine Nichte des Beschuldigten, ferner die beiden Meldungsleger sowie der Inhaber des Cafes L und ein dort anwesender Gast vernommen. Aus diesen Zeugeneinvernahmen im Zusammenhang mit der Beschuldigteneinvernahme und der Wertung dieser Aussagen ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevante Sachverhalt:

Es ist unstrittig, daß der Beschuldigte um ca. 10.45 Uhr des 19. März 1991 im Cafe L erschien und dort ein Getränk verlangte. Der Wirt verweigerte dem Beschuldigten diesen Wunsch und verwies ihn des Lokales. Dieser Aufforderung kam der Beschuldigte nicht gleich nach, sondern beschimpfte den Wirt, worauf dieser die Gendarmerie anrief, um den sichtlich alkoholisierten Beschuldigten entfernen zu lassen. Dazu kam es jedoch nicht mehr, weil der Beschuldigte das Lokal aus eigenen Stücken verließ. Daraufhin rief der Wirt ein zweites Mal die Gendarmerie an, um mitzuteilen, daß der Beschuldigte das Lokal eben verlassen hat und daß er mit seinem PKW weggefahren ist. Dieser Anruf erfolgte gegen 10.55 Uhr. Die Gendarmeriebeamten, die bereits adjustiert waren, kamen trotzdem zum Cafe L und befragten den Wirt über das Lenken des PKWs durch den Beschuldigten in einem offensichtlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand. Der Wirt bestätigte, daß der Beschuldigte mit seinem PKW weggefahren ist, worauf die Gendarmeriebeamten zum einige hundert Meter entfernten Haus des Beschuldigten fuhren. Dort stand der dem Gendarmeriebeamten K bekannte PKW des Beschuldigten. Der Gendarmeriebeamte K hat daraufhin die Motorhaube angegriffen und dabei festgestellt, daß sie noch warm war. Daraufhin gingen sie in die Wohnung des Beschuldigten, wo ihnen die Gattin öffnete und wo der Beschuldigte auch angetroffen wurde. Der Gendarmeriebeamte K forderte ihn nach einem kurzen Wortwechsel zum Alkotest (und zwar mehrmals) auf, dessen Durchführung jedoch der Beschuldigte trotz Vorhaltes der Folgen dieses Verhaltens verweigerte. Vom zweiten Anruf des Wirtes bis zum Eintreffen in der Wohnung sind ungefähr 5 Minuten vergangen, bis zur Aufforderung zum Alkotest ca. 10 jedoch maximal 15 Minuten. Das würde - bezogen auf die Verweigerung - eine Tatzeit von ca. 11.05 Uhr bis 11.10 Uhr ergeben. Im Straferkenntnis ist 11.00 Uhr festgehalten, was als unerhebliche Differenz betrachtet wird und was den Beschuldigten in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt.

Neben dem Indiz der warmen Motorhaube spricht für das Lenken eines PKWs um ca. 10.55 Uhr lediglich die Zeugenaussage des Wirtes des Cafes L. Dieser Wirt hat zum einen die Anzeige erstattet und hat zum anderen bei der mündlichen Verhandlung auf die Folgen einer falschen Zeugenaussage ausdrücklich aufmerksam gemacht zum Ausdruck gebracht, daß er den Beschuldigten und zwar aus einer Entfernung von ca. 10 m vollkommen zweifelsfrei als Lenker des vorbeifahrenden PKWs erkannt hat. Dieser PKW war offensichtlich auf einem Parkplatz neben dem Cafe abgestellt und der Wirt hat bei der Vorbeifahrt eindeutig gesehen, daß der Beschuldigte, mit dem er kurz zuvor einen Wortwechsel führte, der Lenker dieses PKWs war. Er gab bei der Zeugeneinvernahme am 24. April 1991 an, daß es sich um einen weißen PKW gehandelt habe, bei der Verhandlung sagte er über Vorhalt dazu aus, daß es sich um einen silbergrauen PKW gehandelt hat. Auch diese farbliche Differenz erscheint nicht wesentlich, zumal es sich vom optischen Eindruck in beiden Fällen um eine helle Farbe gehandelt hat und anläßlich der Zeugenaussage am 24. April 1991 schon wieder einige Tage vergangen waren. Ein diesbezüglicher Irrtum in der Farbnuance rechtfertigt nicht die Annahme, daß der Zeuge den 10 m vorbeifahrenden Lenker, mit dem er zuvor einen Streit hatte, nicht eindeutig erkannt hätte.

Die Aussagen der Mutter und der Nichte des Beschuldigten können diesen nicht entlasten. Beide können lediglich bezeugen, daß der Beschuldigte um ca. 10.00 Uhr bis 10.15 Uhr vom Gasthaus der Mutter zusammen mit der Nichte in Richtung nach Hause und zwar zu Fuß weggegangen ist. Nach Aussage der Nichte hätte sie sich von ihrem Onkel um ca. 10.10 Uhr getrennt. Von dort benötigt er zu Fuß nach Hause je nach Gehtempo ca. 15 Minuten (bis zum Cafe L ca. 10 Minuten und von dort nach Hause ca. 5 Minuten). Es ist also durchaus nachvollziehbar, daß der Beschuldigte am Cafe Luzie vorbeiging und sich den PKW von zu Hause holte. Warum er dann im Anschluß daran zum Cafe L fuhr, wo er in früheren Jahren zwei Mal eingebrochen hat, um sich dort ein Getränk zu bestellen, kann nur dem alkoholisierten Zustand zugeschrieben werden. Jedenfalls paßt es zeitlich zusammen, daß der Beschuldigte um ca. 10.45 Uhr in diesem Gasthaus erschien. Es ist durchaus möglich, daß er nicht sofort vom Parkplatz zu diesem Cafe fuhr, sondern noch woanders hinfuhr, sodaß sich dadurch die warme Motorhaube erklären läßt.

Die Gattin des Beschuldigten führte aus, daß vom Beginn ihres Einkaufes um ca. 9.00 Uhr bis zum Ende des Einkaufes um spätestens 10.30 Uhr der PKW vor dem Wohnhaus gestanden sei. Es ist dies jener Zeitraum, zu welchem der Beschuldigte den PKW ohnehin nicht gelenkt haben kann, weil er sich ja im Gasthaus seiner Mutter befand und anschließend zu Fuß auf dem Nachhauseweg. Die Gattin konnte ferner nicht bestätigen, daß der Beschuldigte in der Früh das Frühstücksgebäck gebracht hat bzw. überhaupt in der Wohnung erschienen ist um dort die Fahrzeugschlüssel abzugeben. Im Gegenteil, sie führte aus, daß sie den Beschuldigten in der Früh nicht gesehen habe und daß auf jeden Fall kein Frühstücksgebäck auf dem Tisch stand. Sohin ist auch die Einrede des Beschuldigten, er hätte sich ja vor Fahrtantritt den Schlüssel noch einmal holen müssen, wobei ihn seine Gattin sehen müssen, nicht zielführend, weil er offenbar den Schlüssel bei sich gehabt hat.

Sämtliche Zeugen machten anläßlich der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck. Die Entlastungszeugen ebenso, wie die Belastungszeugen, nämlich der Wirt des Cafes L und die Gendarmeriebeamten. Die Entlastungszeugen können entweder nur bis ca. 10.15 Uhr über die Handlungsweise des Beschuldigten aussagen, die Gattin lediglich darüber, daß ca. zwischen 9.00 Uhr und 10.30 Uhr der PKW vor dem Wohnhaus geparkt war. Da dem Beschuldigten die Fahrt mit dem PKW um ca. 10.55 Uhr vorgeworfen wurde, ist eine Entlastung des Beschuldigten durch die Entlastungszeugen nicht erfolgt.

Dem Antrag auf Einholung eines kfz.-technischen Gutachtens betreffend die warme Motorhaube bzw. dem Antrag auf Einholung eines Gutachtens über die Wettersituation wurde nicht entsprochen, da es einerseits durchaus möglich gewesen sein kann, daß der Beschuldigte eine längere Wegstrecke mit dem PKW zurücklegte, als zwischen Wohnhaus, dem Cafe L und zurück und andererseits die warme Motorhaube nur ein abrundendes Indiz für den gegenständlichen Schuldspruch darstellt.

Über den oben dargestellten und als erwiesen angenommenen Sachverhalt hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Wer sich bei Vorliegen der im § 5 StVO 1960 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, begeht gemäß § 99 Abs. 1 lit.b StVO 1960 eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 8.000 S bis 50.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen zu bestrafen.

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft einer Person, die ein Fahrzeug lenkt, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Person in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet.

Der sich aus dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung rekrutierende Sachverhalt läßt sich unschwer unter die eben zitierten gesetzlichen Bestimmungen subsumieren. Der Beschuldigte wurde von einem geschulten und ermächtigten Organ der Straßenaufsicht in seiner Wohnung, ca. 10 Minuten nachdem er seinen PKW gelenkt hat, aufgefordert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, weil der Beschuldigte deutliche Symptome einer Alkoholbeeinträchtigung ( z.B. Alkoholgeruch der Atemluft) zeigte. Der Beschuldigte ist dieser Aufforderung nicht nachgekommen, womit als erwiesen gilt, daß er eine Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs.1 lit.b i.V.m. § 5 Abs.2 StVO 1960 begangen hat.

II. Anläßlich der mündlichen Verhandlung trat zutage, daß der Berufungswerber sowohl für seine Gattin als auch für drei Kinder sorgepflichtig ist. Diese Sorgepflicht für die drei Kinder hat die Erstbehörde nicht berücksichtigt. Dieser Umstand erscheint jedoch der Berufungsbehörde wesentlich, sodaß schon aus diesem Grunde die Geldstrafe auf 10.000 S herabzusetzen war. Die Ersatzfreiheitsstrafe war nicht zu mindern, weil eine Woche (=168 Stunden) ohnehin das gesetzliche Mindestmaß darstellt.

III. Die Kostenentscheidung ist in den zitierten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider Dr. Fragner Dr. Klempt