Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281071/21/Py/Ba

Linz, 25.11.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des A L vom 18. Februar 2008 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 1. Februar 2008, Zl. Ge96-116-8-2007-BroFr, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 8. Februar 2008, Zl. Ge96-116-9-2007-BroFr, mit dem die Einstellung des gegen Herrn Mag. S S, T, L, eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretungen des Bauarbeitenkoordinations­gesetzes verfügt wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und folgender Spruch gefällt:

 

1. Sie haben als Bauherr auf der Baustelle R, R, zu vertreten, dass bis zum 21. August 2007 kein Baustellenkoordinator für die Ausführungsphase bestellt wurde, obwohl auf der Baustelle aufeinander folgend Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber tätig waren und Koordinationsbedarf bestand.

Dadurch haben Sie die Bestimmung des § 10 Abs.1 Z 1 iVm § 3 Abs.1 Bauarbeitenkoordinationsgesetz, BGBl.I Nr. 37/1999 idF BGBl.I Nr. 159/2001, übertreten und werden wegen dieser Übertretung ermahnt.

 

2. Sie haben als Bauherr auf der Baustelle R, R, zu vertreten, dass keine Vorankündigung an das zuständige Arbeitsinspektorat vor Beginn der Arbeiten übermittelt wurde, obwohl der Umfang der Baustelle voraussichtlich 500 Personentage übersteigt.

Dadurch haben Sie § 10 Abs.1 Z 1 iVm § 6 Abs.2 Baukoordinationsgesetz, BGBl.I Nr. 37/1999 idF BGBl.I Nr. 159/2001, übertreten und werden wegen dieser Übertretung ermahnt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 21 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid vom 1. Februar 2008, Zl. Ge96-116-8-2007-BroFr idF des Berichtigungsbescheides vom 8. Februar 2008, Zl. Ge96-116-9-2007-BroFr, wurde von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung das gegen Herrn Mag. S S, T, L, aufgrund der Anzeige des A L vom 27. August 2007, GZ: 041-93/1-9/07 eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wegen einer Übertretung nach

1)             § 10 Abs.1 Z 1 iVm § 3 Abs.1 Bauarbeitenkoordinationsgesetz sowie

2)             § 10 Abs.1 Z 1 iVm § 6 Abs.2 Bauarbeitenkoordinationsgesetz, BGBl.I Nr. 37/1999 idgF gemäß § 45 Abs.1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.Nr. 52/1991 idgF

eingestellt.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtslage aus, dass das Aufeinanderfolgen von verschiedenen Arbeiten bzw. verschiedenen Arbeitnehmern von verschiedenen Arbeitgebern auf einer Baustelle für sich alleine die Bestellung eines Baustellen­koordinators noch nicht zwingend erforderlich mache. Es liege nämlich in der Natur der Sache, dass auf einer Baustelle nach Abschluss einer Arbeit eine weitere, meist andere, in Angriff genommen wird. Es sei meistens so, dass nach Fertigstellung des Rohbaus der Dachstuhl aufgesetzt wird und im Anschluss daran das Dach eingedeckt wird. Dabei könne es sich um drei hintereinander abzuwickelnde Arbeitsschritte handeln, die zeitlich aufeinander folgen. Ein Koordinationsbedarf wird meist nicht der Fall sein, da nach Fertigstellung eines Arbeitsschrittes die Arbeitnehmer eines bestimmten Arbeitgebers die Baustelle verlassen und in weiterer Folge die Arbeitnehmer eines zweiten Arbeitgebers den nächsten Arbeitsschritt vollziehen. Dies sei bei einfacheren Baustellen der Fall und sei auch im gegenständlichen Fall von dieser geschilderten Arbeitsweise auszugehen.

 

Am 27. Juli 2007 wurde der Rohbau fertig gestellt. Wochen später erst wurde mit der Dacheindeckung begonnen. Zwar seien in zeitlicher Aufeinanderfolge verschiedene Arbeitsschritte von verschiedenen Arbeitnehmern, die bei verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt sind, durchgeführt, doch in einer so großen zeitlichen Abfolge, dass keinesfalls Koordinierungsbedarf bestehen könne. Würde man die Bestimmung des § 3 Abs.1 BauKG anders lesen, müsste es in Konsequenz bedeuten, dass bei allen Baustellen ein Baustellenkoordinator zu bestellen wäre. Im gegenständlichen Fall ist jedenfalls davon auszugehen, dass aufgrund der logischen Abfolge von Arbeitsschritten bis zur Fertigstellung eines Bauwerkes immer ein Arbeitsschritt nach einem anderen gesetzt wird und meist ein nächster Arbeitsschritt erst dann in Angriff genommen wird, wenn der vorherige abgeschlossen ist.

 

Die Einhaltung des Bauarbeitenkoordinationsgesetzes, insbesondere des § 3 BauKG, soll der erhöhte Unfallgefahr entgegenwirken, die aus einem Zusammentreffen mehrerer Arbeitgeber auf der Baustelle resultiert. So ist es Aufgabe der Koordinatoren, dafür Sorge zu tragen, dass bei Einhaltung der Arbeiten und Arbeitsabläufe darauf zu achten ist, dass für Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer/innen keine Gefahren entstehen. Eine Koordination ist aber nur dann möglich, wenn mindestens zwei Arbeitnehmer, die verschiedenen Arbeitgebern zuzuordnen sind, auf einer Baustelle vorzufinden sind. Da dies im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall war, bestand kein Koordinationsbedarf, weshalb die Anwendbarkeit des Baustellenkoordinations­gesetzes zu Unrecht angenommen wurde und das eingeleitete Verwaltungsverfahren eingestellt werde.

 

2.  Gegen diesen Einstellungsbescheid wurde vom A L als am Verfahren beteiligte Organpartei rechtzeitig Berufung erhoben und vorgebracht, dass zum Zeitpunkt der Kontrolle Arbeitnehmer eines Spenglereibetriebes soeben mit der Fertigstellung des Daches beschäftigt waren und vor diesen Arbeitern Arbeitnehmer der Baufirma mit der Herstellung des Rohbaues tätig waren, was auch in der Stellungnahme des Beschuldigten vom 30. September 2007 bestätigt werde. Somit seien aufeinanderfolgend Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber auf der Baustelle beschäftigt, womit die Anwendbarkeit des BauKG vorliege und dessen Bestimmungen einzuhalten seien. Ein Eckpfeiler des BauKG bestehe darin, dass die allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß § 7 Arbeitnehmerschutzgesetz zu berücksichtigen sind, wodurch unter anderem der Vorrang des kollektiven Gefahrenschutzes vor individuellem Gefahrenschutz umzusetzen seien. Es hätte für die Herstellung des Daches, wofür aufeinanderfolgend Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber tätig gewesen sind, Schutzeinrichtungen für die gemeinsame Nutzung zur Verfügung gestellt werden müssen, wobei dies eben durch einen Baustellenkoordinator hätte koordiniert werden müssen.

 

Es werde daher die Aufhebung des angefochtenen Einstellungsbescheides beantragt und die Verhängung einer Strafe von jeweils 145 Euro über den Beschuldigten wegen Übertretung des § 3 Abs.1 iVm § 10 Abs.1 Z 1 BauKG und des § 6 Abs.2 iVm § 10 Abs.1 Z 1 BauKG.

 

3.  Mit Schreiben vom 26. Februar 2008 hat die belangte Behörde die Berufung samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 16. Oktober 2008 und am 14. November 2008. An dieser haben der Beschuldigte sowie ein Vertreter des A L als Parteien teilgenommen. Als Zeugen wurden der Arbeitsinspektor, der die Baustellenkontrolle durchführte, sowie der Bauleiter der Baufirma, die die Rohbauarbeiten auf der Baustelle verrichtete, einvernommen.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Im Auftrag des Beschuldigten wird auf der Baustelle R , 4... R, ein eingeschossiges Einfamilienhaus ausgeführt. Als Baukosten wurden bis zur Fertigstellung rund 250.000 Euro veranschlagt, wobei ein Teil der Arbeiten in Eigenregie durchgeführt wird. Der Umfang der Baustelle wird voraussichtlich 500 Personentage übersteigen.

 

Zur Bauausführung wurde seitens des Beschuldigten die Firma R mit den Erdaushubarbeiten, die Firma H-S mit der Errichtung des Rohbaus einschließlich des Dachstuhls, und die Firma K mit der Dacheindeckung beauftragt. In der Zeit vom 29. Juni 2007 bis 27. Juli 2007 wurde von der Firma H der Rohbau einschließlich des Dachstuhls ausgeführt. Aufgrund schlechter Witterungsverhältnisse erfolgte die Dacheindeckung durch die Firma K erst drei Wochen nach Abschluss der Arbeiten durch die Firma H-S.

 

Für die  Sicherheit und den Gesundheitsschutz der auf der Baustelle tätigen Arbeitnehmer waren - jedenfalls für die Herstellung des Daches - kollektive Schutzmaßnahmen seitens der beiden ausführenden Unternehmen (Dachstuhl Firma S-H und Blechdacheindeckung Firma K) erforderlich.

 

Anlässlich einer Kontrolle am 21. August 2007 auf der Baustelle durch das Arbeitsinspektorat Linz wurde vom Kontrollbeamten festgestellt, dass kein Baustellenkoordinator für die Ausführungsphase bestellt wurde und keine Vorankündigung der Baustelle an das zuständige Arbeitsinspektorat übermittelt wurde.

 

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, den Aussagen des Beschuldigten im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung und den glaubwürdigen Ausführungen der in der Verhandlung einvernommenen Zeugen.

 

Die Bauherreigenschaft des Beschuldigten bezüglich der verfahrensgegen­ständlichen Bauarbeiten ist ebenso unbestritten wie der Umstand, dass ein Baustellenkoordinator nicht bestellt wurde und auch keine Vorankündigung an das zuständige Arbeitsinspektorat hinsichtlich der Bauarbeiten erging. Der Umstand, dass der Umfang der Baustelle voraussichtlich 500 Personentage übersteigt, wurde nicht nur von der anzeigenden Organpartei glaubwürdig dargelegt, sondern auch vom sachverständigen Zeugen Ing. N in seiner Aussage bestätigt. Dieses Ausmaß ist auch anhand der Angaben des Beschuldigten über die voraussichtlichen Baukosten sowie die anlässlich der Kontrolle angefertigten Fotoaufnahmen von der Baustelle (Bauweise, Stützmauer, Geschossgröße) schlüssig und nachvollziehbar. Nicht bestritten wurde auch der Umstand, dass Bauarbeiten verschiedener Arbeitgeber auf der Baustelle durchgeführt wurden bzw. nach wie vor werden. Den Angaben des Beschuldigten in der mündlichen Verhandlung ist auch zu entnehmen, dass sich die Dacheindeckung aufgrund der Witterungsverhältnisse verzögerte. Für das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates steht daher fest, dass auf der Baustelle von der Auftragsvergabe bis zum Abschluss der Bauarbeiten aufeinanderfolgend Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber tätig werden sollten. Der Umstand, dass deren Arbeiten einander beeinflussend durchgeführt werden sollten, ist schon aus dem Umstand ersichtlich, dass es sich dabei etwa hinsichtlich der Tätigkeit der Firma S-H und der Firma K um Dacharbeiten handelte, nämlich einerseits die Anfertigung des Dachstuhles, andererseits die Blechdacheindeckung und in diesem Fall die Ergreifung kollektiver Schutzmaßnahmen (etwa gemeinsame Zugänge, ein gemeinsames Dachfanggerüst) erforderlich wäre. Eine gegenseitige Beeinflussung der Arbeiten ist aber auch hinsichtlich des Erdaushubarbeiten und den darauffolgenden Bau- und Verschalungsarbeiten für die Stützmauer etc. nicht ausgeschlossen.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 BauKG hat der Bauherr, wenn auf einer Baustelle gleichzeitig oder aufeinanderfolgend Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber tätig werden, einen Planungskoordinator für die Vorbereitungsphase und einen Baustellenkoordinator für die Ausführungsphase zu bestellen.

 

Gemäß § 6 Abs.1 Z 2 hat der Bauherr eine Vorankündigung zu erstellen für Baustellen, bei denen voraussichtlich deren Umfang 500 Personentage übersteigt.

 

Gemäß § 10 Abs.1 Z 1 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Bauherr die Verpflichtungen nach § 3, § 4 Abs.1, § 6, § 7 oder § 8 dieses Bundesgesetzes verletzt.

 

5.2. Die verpflichtende Bestellung von Koordinatoren für alle Baustellen, auf welchen Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber gleichzeitig oder aufeinander folgend beschäftigt werden, zählt zum Kernstück der durch die Umsetzung der RL 92/57/EWG des Rates vom 24. 6. 1992 (über die auf zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen anzuwendenden Mindestvorschriften über die Sicherheit und den Gesundheitsschutz) bedingten Neuerungen. Eine Koordinatorenbestellung gemäß § 3 BauKG ist für eine Baustelle iSd § 2 Abs.3 BauKG dann vorzunehmen, wenn auf der Baustelle Hoch- und Tiefbauarbeiten im Sinne der demonstrativen Aufzählung der Baustellen-Richtlinie RL 92/57/EWG ausgeführt werden. Ob dies im Einzelfall vorliegt, hängt daher zunächst von der Art der konkret anfallenden Tätigkeiten ab und somit von der Frage, ob es sich um eine Baustelle iSd BauKG handelt. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Koordinatorenbestellung besteht gemäß § 3 Abs.1 BauKG weiters nur dann, wenn Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber gleichzeitig oder aufeinender folgend – einander beeinflussend – tätig werden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat schließt sich aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens den Ausführungen des A an, wonach auf der verfahrensgegenständlichen Baustelle die Bestellung eines Baustellenkoordinators gemäß BauKG aufgrund der durchzuführenden, einander beeinflussenden Arbeiten, erforderlich gewesen wäre. Auch wenn die Arbeitnehmer verschiedener Arbeitnehmer nicht gleichzeitig tätig wurden, so wurden die Arbeiten jedenfalls aufeinander folgend durchgeführt.  Der Einwand des Beschuldigten und auch der Erstbehörde, wonach die Arbeiten nicht unmittelbar aufeinanderfolgend durchgeführt wurden, geht insofern ins Leere, als die Unmittelbarkeit kein Sachverhaltsmerkmal darstellt sondern im Hinblick auf den Gesetzeszweck wesentliches Kriterium die gegenseitige Beeinflussung der Arbeiten im Hinblick auf die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer ist. Hinzu kommt, dass die Verzögerung der Dacheindeckung nach Aussage des Beschuldigten durch die schlechte Witterung hervorgerufen wurde und offenbar bereits bei der Beauftragung der ausführenden Unternehmern hinsichtlich der Dachfertigstellung von einer engeren zeitlichen Abfolge des Tätigwerdens vorgesehen war.

 

Das Ergebnis des Berufungsverfahrens hat auch – wie im Rahmen der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt - gezeigt, dass es sich im gegenständlichen Fall um ein größeres Bauvorhaben handelt. Für solche sieht     § 6 Abs.1 Z 2 BauKG die Erstellung einer Vorankündigung an das zuständige Arbeitsinspektorat vor.

 

Somit ist hinsichtlich beider in der Anzeige des Arbeitsinspektorates vorgeworfener Tathandlungen der objektive Tatbestand als erfüllt zu bewerten.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschuldigte initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Beschuldigte entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Der vom Beschuldigten mit der Ausführung des Rohbaus beauftragte Baumeister gab in der mündlichen Berufungsverhandlung – wie auch bereits davor gegenüber der anzeigenden Organpartei – an, dass grundsätzlich bei der Auftragsvergabe durch den Beschuldigten über die Erfordernisse des Baukoordinationsgesetzes hinsichtlich des gegenständlichen Bauvorhabens gesprochen wurde, wenn auch nur am Rande. Die gesetzliche Verpflichtung zur Bestellung von Koordinatoren trifft den Bauherrn, wobei Baumeister, Ziviltechniker, Technische Büros und andere aufgrund der für sie geltenden Berufsausübungsregelungen und der allgemeinen Rechtsgrundsätze verpflichtet sind, Bauherrn auf die Verpflichtung zur Bestellung von Koordinatoren hinzuweisen. Der Umstand, dass dieses Thema vom Baumeister gegenüber dem Beschuldigten nicht ausführlicher – allenfalls auch mangels ausreichender Kenntnisse des Zeugen selbst, der in der Berufungsverhandlung darauf hinwies, dass es sich um ein noch neues Gesetz handle und keine gleichzeitigen Arbeiten verrichtet wurden – dargelegt wurde, vermag diesen zwar nicht gänzlich von seiner Schuld zu befreien, allerdings ist dem Beschuldigten in dieser Hinsicht nur leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich der Beschuldigter – offenbar im Zuge des gegen ihn eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens – im Internet über die ihm vorgeworfenen gesetzlichen Bestimmungen entsprechend erkundigte. Alleine daraus ist jedoch noch nicht abzuleiten, dass an ihn ein höherer Sorgfaltsmaßstab anzulegen ist.

 

Die dem Beschuldigten zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen sind diesem daher auch in subjektiver Hinsicht vorzuwerfen.

 

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Im vorliegenden Fall handelt es sich beim Bauherren um eine Privatperson, die – unter eigener Mithilfe - ein Einfamilienhaus errichtet. Zwar wurden die dem Beschuldigten vorgeworfenen Übertretungen als solche objektiv von ihm begangen und ist dieser nicht von jeglichem Verschulden freizusprechen, jedoch ist – auch im Hinblick auf den Umstand, dass auch der beauftragte Baumeister über die Bestimmungen des BauKG nicht ausführlich aufklärte – von einem sehr geringen Unrechtsgehalt der Tat auszugehen. Aufgrund des geringen Verschuldens sowie der Tatsache, dass aus der Übertretung keine bedeutenden Folgen, insbesondere bezogen auf den eigentlichen Zweck des Bauarbeitenkoordinationsgesetzes, nämlich für Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer, entstanden sind, konnte daher mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden um den Beschuldigten künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

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