Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530771/18/Bm/Sta

Linz, 20.11.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der Frau H F und des J F, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. O H, D, K, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 7.1.2008, Ge20-127-2-2003, mit dem über Ansuchen des Herrn H S die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden gastgewerblichen Betriebsanlage auf Gst. Nr. , , , KG. U, unter Vorschreibung von Auflagen erteilt worden ist, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 8.10.2008,  zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 7.1.2008 , Ge20-127-2-2003, mit der Maßgabe bestätigt, als

1.)            Spruchpunkt I. 1. Absatz  wie folgt zu lauten hat:

 

"Es wird festgestellt, dass es sich bei der gastgewerblichen Betriebsanlage am Standort Gst. Nr. , , , KG U, einschließlich der beantragten Änderung durch eine Zufahrt für Lieferanten an der Ostseite der gastgewerblichen Betriebsanlage (von 6.00 Uhr bis 18.00 Uhr, Montag bis Samstag) nach Maßgabe der bei der mündlichen Verhandlung vorgelegenen und als solche gekennzeichneten Projektsunterlagen und des in der mitfolgenden Verhandlungsschrift enthaltenen Befundes, welcher einen ergänzenden Bestandteil dieses Bescheides bildet, um eine Anlage im Sinne des § 1 Z1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, handelt, nämlich um eine Betriebsanlage zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß §142 Abs.1 Z2 bis4 GewO 1994 (idF des Zeitpunktes der Erlassung der oben zitierten Verordnung) in der bis zu 200 Verabreichungsplätze bereitgestellt werden und in der weder musiziert noch zB mir einem Tonbandgerät Musik wiedergegeben wird (nicht unter dieses Wiedergeben von Musik fällt bloße Hintergrundmusik, die leiser ist als der übliche Gesprächston der Gäste).

Nachstehende Auflagen sind einzuhalten: "

 

2.)            Auflagepunkte 2, 4 und 5 zu entfallen haben.

3.)            Die zitierte Rechtsgrundlage um § 359b Abs. 1, 2 und 8 GewO 1994 iVm § 1 Z1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, BGBl. Nr. 850/1994 idgF, ergänzt wird

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm § 67a Abs.1 und § 58 AVG.

§ 359b Abs. 1, 2 und 8 GewO 1994 iVm § 1 Z1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, BGBl. Nr. 850/1994 idgF.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 10.3.2006 hat Herr H S, S, unter Vorlage von Projektsunterlagen um die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden gastgewerblichen Betriebsanlage auf Gst. Nr. , , , KG. U, durch die Errichtung und den Betrieb einer Zufahrt für Lieferanten an der Ostseite der gastgewerblichen Betriebsanlage angesucht.

 

Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde diesem Ansuchen Folge gegeben und die gewerbebehördliche Genehmigung für die beabsichtigte Änderung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

 

2. Gegen diesen Bescheid haben die angeführten Berufungswerber innerhalb offener Frist durch ihren anwaltlichen Vertreter  Berufung erhoben und diese im Wesentlichen damit begründet, dass den Berufungswerbern die Verhandlungs­schrift vom 25.6.2007 erst am 25.1.2008, somit nach Zustellung des angefochtenen Bescheides zugestellt worden sei. Die Berufungswerber seien nicht darüber informiert worden, dass ergänzende Schallmessungen vorgenommen worden seien und seien ihnen auch nicht die Messergebnisse zur Verfügung gestellt worden. Sohin hätten die Berufungswerber keine Gelegenheit gehabt, zu den Messergebnissen und dem Aktenvermerk des Amtssachverständigen vom 23.11.2007 Stellung zu nehmen. Diese verspätete Zustellung und Verhinderung einer fundierten Stellungnahme ergebe eine relevante Mangelhaftigkeit.

Im Zusammenhang mit der schalltechnischen Ergänzung durch die Firma T sei anzuführen, dass bei der Voruntersuchung das Bezirksbauamt W selbst die Schalluntersuchung durchgeführt habe. Es müsste also neuerlich das Bezirksbauamt W die Schalluntersuchungen durchführen und könne dies nicht einfach an private Firmen ausgelagert werden. Damit sei keine Vergleichbarkeit gegeben.

 

Der angenommene Messpunkt von Oktober 2007 sei nicht mit dem alten Messpunkt vergleichbar; bei der ersten Schalluntersuchung sei der Messpunkt auf dem Grundstück der Berufungswerber angenommen worden. Das Grundstück der Berufungswerber werde unter anderem durch einen Zaun vom Betriebsanlagengelände  abgegrenzt. Dieser Zaun und die angrenzende Bepflanzung würden einen gewissen Schallschutz bieten, der bei der ersten Messung berücksichtigt worden sei. Bei der neuerlichen Messung entfalle dieser Schutz und erhöhe sich natürlich der Schallpegel. Außerdem lag der neue Messpunkt näher an der stark befahrenen Landstraße, weshalb sich ebenfalls eine Erhöhung der gemessenen Werte ergeben habe. Den Berufungswerbern sei der Messbericht der Firma T nicht zur Stellungnahme zur Verfügung gestellt worden. Bezeichnender Weise würden die höheren Messwerte für die Zeiträume 6.00 Uhr bis 9.00 Uhr und 16.00 Uhr bis 18.00 Uhr im Aktenvermerk vom 23.11.2007 und im Bescheid vom 7.1.2008 zitiert und wiedergegeben. Die Messwerte für den Zeitraum 9.00 Uhr bis 16.00 Uhr, auf den laut den Aufzeichnungen der Berufungswerber die meisten Verkehrsbewegungen auf dem beantragten Zufahrtsweg stattfinden, seien nicht bekannt gegeben worden. Es sei auch nur angeführt, dass auch die vergleichbaren Messungen in den Vormittags- und Mittagsstunden bei der Vergleichsmessung der Firma T höhere Basispegel als 2006 zeigen würden. Die Vergrößerung des Messzeitrahmens auf 6.00 Uhr bis 18.00 Uhr habe ergeben, dass im Zeitraum 6.00 Uhr bis 9.00 Uhr und 16.00 Uhr bis 18.00 Uhr anscheinend stärkerer Pendlerverkehr bestehe. Zu diesen Zeiten würden aber nicht so viele Lieferungen stattfinden, wie in den Vormittags-, Mittags- und Nachmittagsstunden. Die Erhöhung des Dauer- und Basisschallpegels werde ja letztendlich  nur durch den Einbezug der Zeiten 6.00 Uhr bis 9.00 Uhr und 16.00 Uhr bis 18.00 Uhr erreicht werden. Die neuen Messwerte 6.00 Uhr bis 18.00 Uhr würden nicht so einfach mit den alten Messergebnissen für die Zeiträume 9.00 Uhr bis 13.00 Uhr verglichen werden können.

Hinzu komme, dass aus der schalltechnischen Ergänzung gar nicht hervorgehe, dass eine Anlieferung oder ein Zufahren durch einen Lkw stattgefunden habe. Es sei überhaupt nicht gemessen worden, welche Schallspitzen durch das Rückwärtsfahren der Lkw und der damit verbundenen lärmerzeugenden Warnsignale verursacht werden. Es gehe nicht an, die neueren höheren Dauer- und Basispegel mit den alten Schallspitzen durch das Zufahren der Lkw zu vergleichen. Es müsse auf jeden Fall eine Messung eines konkreten Liefervorgangs mit einem Lieferfahrzeug (Lkw) im Zeitraum 9.00 Uhr bis 13.00 Uhr durchgeführt werden, um tatsächlich behaupten zu können, dass sich die Dauer- und Basispegel erhöht hätten und die Lkw nur eine Lärmbelastung im Zehntel-dB-Bereich verursachen. Die Berufungswerber verweisen auf ihre mit der Berufung vorgelegten Aufzeichnungen und habe nach diesen am 15. Oktober 2007 kein Liefervorgang stattgefunden. Entgegen der ausdrücklichen Antragstellung der Berufungswerber sei die Erstberufungswerberin nicht von einem medizinischen Amtssachverständigen untersucht und befragt worden. Da bei einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit nach § 74 Abs.2 Z1 GewO 1994 keine Interessens- oder Zumutbarkeitsabwägung vorzunehmen sei und bei der Prüfung der Gesundheitsgefährdung nicht vom gesunden normal empfindenden Menschen auszugehen sei, sondern auch auf konkret betroffene Kinder oder alte Menschen Bedacht zu nehmen sei, hätte die erstinstanzliche Behörde ein persönliches Gutachten über die Berufungswerberin einholen müssen. Letztlich werde auch gerügt, dass die dem Änderungsantrag des Betriebsanlageninhabers zu Grunde liegende Projektsunterlage, Beilage 1B, nicht richtig sei. Die darin angeführten Zeiten und Liefertage würden nicht eingehalten werden. Dies könne eindeutig auf Grund der Aufzeichnungen der Berufungswerber rekonstruiert werden. Als Mangelhaftigkeit werde daher auch die Nichtbeachtung der Aufzeichnungen der Berufungswerber geltend gemacht. Es werde im Übrigen die Berichtigung der Verhandlungsschrift vom 25.6.2007 auf Seite 8 beantragt, da die Berufungswerberin richtigerweise nachstehende Einwendung zu Protokoll gegeben habe: "Sie entspricht nicht der befunds- und projektsgemäßen Ausführung der gewerbebehördlichen Genehmigung vom 15.3.2004 (Mischbaugebiet) Genehmigungsansuchen des Herrn S, 1.000 m2. In der Niederschrift sei das Wort "nicht" vergessen worden und werde die Ergänzung beantragt."

Die von der erstinstanzlichen Behörde erteilten Auflagen seien unzulässig und rechtlich nicht möglich. Es handle sich bedauerlicherweise um die gleichen Auflagen, die von der erstinstanzlichen Behörde bereits im Bescheid vom 9.11.2006 erlassen worden seien und vom UVS für Oberösterreich schon in der letzten Entscheidung als rechtlich falsch angesehen worden seien. Auflagen dürfen nur gegenüber dem Inhaber der Betriebsanlage vorgeschrieben werden. Weiters müssten Auflagen ausreichend bestimmt sein, dh., konkrete Verbote oder Gebote enthalten.

Zunächst sei auszuführen, dass sich die Auflagen 2. und 5. gegen Dritte richten würden. Ihnen würde die Zufahrtsrichtung und der Zufahrtsweg vorgegebenen werden. Um in der vom Amtssachverständigen und der erstinstanzlichen Behörde vorgeschriebenen Fahrweise zufahren zu können, müssten die von der Landstraße kommenden Lieferanten auf der S bis auf die Höhe des Hauses der Berufungswerber fahren, um dann im Rückwärtsgang in die beantragte Zufahrt einfahren zu können. Die von der erstinstanzlichen Behörde vorgeschriebenen Auflagen verlangen, dass die Lkw zunächst an der Südseite und anschließend an der Westseite der von den Berufungswerbern bewohnten Liegenschaft entlang fahren. Es werde der Verkehr noch näher an die von den Berufungswerbern bewohnte Liegenschaft herangeführt. Diese Anordnung werde deshalb getroffen, um den auf die Betriebsanlage entfallenden Zeitraum des Zuliefervorganges zu verringern. Dies ist offensichtlich ein den Antragsteller bevorzugendes und die Berufungswerber benachteiligendes Verhalten des Amtssachverständigen und der erstinstanzlichen Behörde. Es werde die Fahrzeit auf dem Betriebsanlagenareal verkürzt, um geringere Belastungen zu erwirken. Der sehr wohl die gegenständliche Betriebsanlage betreffende und ihr zuordenbare Lieferverkehr werde einfach auf die öffentliche Straße verlegt und entlang der von den Berufungswerbern bewohnten Liegenschaft geleitet. Dies sei unzulässig und müssten diese Fahrzeiten auch der Betriebsanlage des Antragstellers zugerechnet werden. Außerdem habe der Betriebsinhaber auch keinen Einfluss darauf, welche Fahrer von seinen Lieferanten und Vertragspartnern eingesetzt würden. Auch die sich durch den beschotterten Vorplatz entwickelte Staubbelastung werde durch die bewilligte und vorgeschriebene Zufahrtsweise für die Berufungswerber erhöht.  Die gesamte Fahrstrecke werde durch den bekämpften Bescheid unverständlicher aber auch rechtswidriger Weise näher an die von den Berufungswerbern bewohnte Liegenschaft gelegt. Viel besser wäre es doch, die Zufahrt an der westlichen Seite der Betriebsanlage zu bewilligen, wo auch die stark befahrene Landstraße verlaufe. Diese von den Berufungswerbern vorgeschlagene Variante sei von der erstinstanzlichen Behörde nicht geprüft worden und liege darin ebenfalls eine Mangelhaftigkeit.

Auch die dritte Auflage sei zu unbestimmt und ungenau.

Die Formulierung im Regelfall sei unbestimmt  und dehnbar; es sei nicht ausgeführt, wann eine Ausnahme bestehe. Die Einhaltung der Auflage sei nicht vollstreckbar, da sich der Betriebsinhaber auf Ausnahmen, die er selbst bestimmt, berufen könne. Die Zulieferung sei nicht auf Werktage beschränkt. Wenn beispielsweise die Feiertage 25. und 26. Dezember auf Donnerstag und Freitag fielen, könne ohne Probleme an Feiertagen zugeliefert werden, weil ja keine Beschränkung auf Werktage vorgeschrieben worden sei. Im Gegensatz dazu werde bei der Zulieferung an Samstagen zum Nachteil der Berufungswerber sehr wohl auf Feiertage Rücksicht genommen.

Die Auflage Punkt 4. richte sich ebenfalls gegen nicht genau genannte und daher unbekannte dritte Personen. Genauso wie bei Auflage 2 habe der Betriebsinhaber überhaupt keinen Einfluss darauf, wie sich die Lieferanten verhalten. Im Übrigen widerspreche diese Auflage dem Schutzzweck der Norm. Durch die Rückfahrwarner soll auf das sich rückwärts fahrende Lieferfahrzeug aufmerksam gemacht werden. Letztlich ist auch das bewilligte Ausmaß der Anlieferungen von 6.00 Uhr bis 18.00 Uhr in der Auflage 3 vollkommen übertrieben und unpassend. Der Betriebsanlageninhaber beantrage ein Zeitfenster von 12 Stunden. Dies sei unverhältnismäßig. Wenn tatsächlich nur mit 9 Lieferungen pro Woche zu rechnen sei, könne wohl der Lieferzeitraum auf 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr verringert werden. Die Berufungswerber bezweifeln, dass die von der erstinstanzlichen Behörde erteilten Auflagen eingehalten werden können. Grund dafür sei, dass der Antragsteller die im ursprünglichen Betriebsanlagenbewilligungsbescheid vom 15.3.2004 vorgesehenen Maßnahmen noch nicht erfüllt habe bzw. immer wieder missachte. Dies zum einen hinsichtlich der Pkw-Stellplätze und zum anderen hinsichtlich der Errichtung der Lärmschutzwand. Außerdem überschreite die erstinstanzliche Behörde bei weitem den ursprünglich mit Bescheid vom 15.3.2004 bewilligten Rahmen. Aus den damaligen Projektsunterlagen sei ersichtlich, dass das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 1.000 m2 betrage. Wie beiliegendem Grundbuchauszug entnommen werden könne, betrage alleine die verbaute Fläche der Parzelle  489 m2. Das Grundstück  habe ein Ausmaß von 3.400 m2 und Grundstück  ein Ausmaß von weiteren 2.362 m2. Es werde die Betriebsanlage auf insgesamt 6.251 m2 ausgedehnt. Außerdem handle es sich bei der Parz. Nr.  um landwirtschaftlich gewidmete Flächen und sei die gewerbliche Nutzung dieses Grundstückes nicht genehmigt bzw. liege keine Umwidmung vor.

 

Durch die beantragte Änderung der Betriebsanlage werde die Gesundheit der Berufungswerber durch Lärm, Geruch, Staub, Erschütterung gefährdet bzw. diese unzumutbar belästigt.

Die von den Berufungswerbern bewohnte Liegenschaft grenze unmittelbar an das Grundstück, auf welchem sich die gegenständliche Betriebsanlage befindet. Die vom Betreiber der Betriebsanlage beantragte Zu- und Abfahrt über den Privatweg an der Ostseite des Restaurant bis zur nordwestlichen Ecke des Gebäudes bedeute, dass die von den Lieferanten zurückgelegte Strecke auf der Seite verlaufe, die von den Berufungswerbern bewohnt werde. Es handle sich um die Seite der Betriebsanlage, die überhaupt dem gesamten Wohngebiet zugewendet sei. Das von den Berufungswerbern bewohnte Haus sei so ausgerichtet, dass sich das Schlafzimmer und das Wohnzimmer genau auf der der Betriebsanlage zugewandten Seite befinde. Die stark störenden Rückfahrgeräsuche der Lkw würden somit den besonders sensiblen Schlaf- und Wohnbereich betreffen. Der Betreiber der Betriebsanlage benütze bereits seit 1.10.2004 nachweislich konsenswidrig die gegenständliche Privatstraße als Zu- und Abfahrtsweg für die Lieferanten. Die erstinstanzliche Behörde dulde diese konsenswidrige Nutzung und habe trotz der zahlreichen Sachverhaltsbekanntgaben der Berufungswerber über die konsenswidrige Nutzung nichts unternommen. Es könne nur eine Bevorzugung des Antragstellers angenommen werden und liege Befangenheit der erstinstanzlichen Behörde vor.

Die Berufungswerber würden durch diese rechtswidrige gewerbliche Nutzung in ihrer Gesundheit gefährdet bzw. belästigt werden, da sie die Geräusche nervlich belasten und im Schlaf stören. Neben dem erzeugten Lärm wirke sich die konsenswidrige Nutzung auch insofern aus, als die Fenster des Hauses der Berufungswerber vibrieren, wenn ein Lkw zufahre.

Die erstinstanzliche Behörde habe im Rahmen des durchgeführten Ermittlungsverfahrens die Berufungswerber vor Einholung der Gutachten nicht gehört. Es werde daher neuerlich beantragt, die Berufungswerber im Berufungsverfahren zu befragen und ein ergänzendes medizinisches Gutachten einzuholen. Die Berufungswerber mögen vom medizinischen Sachverständigen untersucht werden, inwieweit eine Gefährdung der Gesundheit und eine unzumutbare Belästigung vorliege.

 

Die vom Betreiber der gegenständlichen Betriebsanlage angegebene Anzahl und Uhrzeit von Lieferungen sei nicht richtig. Neben den liefernden Lkw würden oft auch kleinere Lieferwagen, Speditionen, Service und Reparaturunternehmen zufahren. Auch die Speiserestentsorgung erfolge über den Privatweg. Die beantragte Zu- und Abfahrt verlaufe im Übrigen hinter dem vom Betreiber der gegenständlichen Anlage errichteten Sichtschutzraum, sodass der Lärm und die Geräusche in die Richtung des von den Berufungswerbern bewohnten Hauses zurückgeworfen und sogar verstärkt werde.

 

Die Berufungswerber stellen sohin die Anträge, der Unabhängige Verwaltungssenat für Oberösterreich möge der Berufung Folge geben und den bekämpften Bescheid nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung dahingehend abändern, dass der Antrag des Herrn H S auf Änderung der mit Bescheid vom 15.3.2004 genehmigten Betriebsstätte im Bereich des Zufahrts- und Abfahrtsweges für Lieferanten zur Gänze abgewiesen wird; in eventu der Berufung Folge geben und den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 7.1.2008 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung aufheben und neuerlich zur Verfahrensergänzung an die erstinstanzliche Behörde zurückverweisen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat die Berufung gemeinsam mit dem  bezughabenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat als zuständige Berufungsbehörde ohne Widerspruch gemäß § 67h Abs.1 AVG zu erheben, vorgelegt. Eine Stellungnahme der belangten Behörde zu den Berufungsvorbringen wurde nicht abgegeben.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie in die von den Parteien beigebrachten Eingaben und Unterlagen.

Weiters hat der Oö. Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 8.10.2008 anberaumt und an diesem Tage unter Beiziehung eines lärmtechnischen und eines medizinischen Amtssachverständigen durchgeführt. An der Verhandlung haben die Berufungswerber, ihr Rechtsvertreter sowie der Konsenswerber und dessen Rechtsvertreter teilgenommen.

 

4.1. Im Zuge der Verhandlung hat der lärmtechnische Amtssachverständige ein lärmtechnisches Gutachten abgegeben und kommt darin zu folgenden Ergebnissen:

 

"Mit Bescheid der BH Kirchdorf an der Krems wurde Herrn S die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage durch die Errichtung und den Betrieb einer Zufahrt für Lieferanten an der Ostseite der gastgewerblichen Betriebsanlage erteilt. Gegen diesen Bescheid haben die östlich der Betriebsanlage wohnhaften Nachbarn F Berufung erhoben.

 

 

Messung durch die Fa T

Die Berufung richtet sich unter anderem gegen die im Auftrag des Konsenswerbers durchgeführten Messungen. Diese Messungen wurden von der Fa. T in Ergänzung zu den Messungen des Bezirksbauamtes W durchgeführt, weil sich zwischenzeitlich die Trasse der Pyhrnbahn geändert hat und damit auch die örtliche Schallsituation verändert wurde. Im Prüfbericht Gz: 06A0210T vom 22.10.2007 sind die Ergebnisse enthalten. Die Messung wurde normgerecht mit einem geeichten Schallpegelmesser durchgeführt und sind als schlüssig zu beurteilen. Die Messpunkte während der beiden Messungen wurden nicht gleich gewählt. Der Messpunkt bei der Messung durch das BBA W wies eine Entfernung zur Landesstraße von rund 62 m auf, während der Messpunkt bei der Messung der Fa. T eine Entfernung von rund 54 m hatte. Durch diesen näheren Abstand zur Landesstraße errechnet sich eine Pegeldifferenz gegenüber Messung des BBA W ausgehend von den Emissionen der Landesstraße von 0,6 dB. Die Pegelminderung durch den Zaun bzw. die angrenzende Bepflanzung kann vernachlässigt werden, weil sie keinen schalltechnisch wirksamen Schutz darstellen. Nachdem die Landesstraße die maßgebliche Schallquelle darstellt, ist durch den näheren Messpunkt eine Pegelreduktion von 0,6 dB gegeben. Dies wird durch die Messergebnisse nicht bestätigt.

 

Unterschiedliche Messergebnisse

Soweit den beiden Berichten entnommen werden kann, herrschte bei der Messung des BBA eine schwache Brise aus nördlicher Richtung während bei der Messung von T nahezu Windstille mit teilweise leichten Winden aus nordwestlicher Richtung gegeben waren. Dadurch können auch unterschiedliche Immissionspegel abgeleitet werden. In diesen Gebieten treten Winde aus nördlichen Richtungen nicht so häufig auf, wie aus westlicher Richtung. Damit stellen die Witterungsverhältnisse während der Messung durch die Fa. T die durchschnittliche Situation eher dar. Wie aus den beiliegenden Schallmessprotokollen der beiden Berichte zu entnehmen ist, weisen die bahnbedingten Immissionen bei der Nachmessung durch TAS geringfügig höhere Maximalwerte auf. Dies dürfte wiederum mit den unterschiedlichen Witterungsbedingungen zusammenhängen. Die Entfernung zur neuen Bahntrasse wurde zwar größer, jedoch durch die nach dem Neubau der Bahntrasse höhern Geschwindigkeiten wird diese Entfernungszunahme zum Teil kompensiert, sodass dadurch auch keine Pegelreduktion gegeben ist. Beim Vergleich der Ergebnisse der beiden Berichte unter Abzug von 0,6 dB beim näheren Messpunkt zeigt sich, dass bei der Messung durch TAS um rund 4 dB höhere LA,eq - Werte erhoben wurden als bei der des BBA Wels. Dies wird einerseits auf die unterschiedlichen meteorologischen Bedingungen und andererseits auf die geschwindigkeitsbedingte Zunahme des Bahnlärms zurückgeführt. Auch die Mirkofonhöhe wurde bei der Messung der Fa. T mit 5 m gewählt um damit den Einfluss der Bodendämpfung zu reduzieren. Dadurch ist mit geringfügig höheren Schallpegeln zu rechnen als bei einer Messung in 1,4 m Höhe.

 

 

Umgebungslärmsituation

Nachdem durch die Verlegung der Bahntrasse keine Verringerung der Schallpegel erzielt wurde, können durchaus die Ergebnisse der Bestandslärmmessung durch des BBA W für eine Beurteilung herangezogen werden. Diese beschreiben die Bestandslärmsituation während der ruhigsten Phasen im eigentlichen Aufenthaltsbereich der Fam. F und liegen damit jedenfalls auf der sicheren Seite. Das bedeutet, dass durch verkehrsbedingte  Immissionen zur Tageszeit (während der Stunden mit geringem Verkehrsaufkommen) ein Schallpegel von LA,eq = 52 dB zu Grunde gelegt werden kann. Die durchschnittlichen Schallpegel wurden, wie die aktuellen Messergebnisse zeigen, um zumindest 4 dB höher (LA,eq = 56 dB) gemessen, als während der damals ruhigen Phasen. Erfahrungsgemäß werden auch an Samstagen ähnliche Schallpegel verursacht, sodass die beschriebene Schallsituation während der Tageszeit für Werktage (Montag – Samstag) charakteristisch ist.

 

Anlieferung

Während der Messung durch das BBA wurde auch eine Anlieferung (samt Rückfahr- Warneinrichtung) messtechnisch erfasst. Diese dauerte insgesamt (Anfahrt, Reversieren, Abfahrt) 8 Minuten und es wurde in dieser Stunde ein Schallpegel von LA,eq = 56,5 dB gemessen. Wie im Befund der Verhandlungsschrift vom 25.6.2007 dargestellt, würde sich beim Ausblenden dieses Liefervorganges ein Schallpegel von 52,5 dB ergeben. Das bedeutet, dass durch einen Anliefervorgang über die Zeitdauer von acht Minuten ein Schallpegel von 63 dB verursacht wird. Dieser Schallpegel ist unabhängig von der geänderten Umgebungslärmsituation und kann für eine weitere schalltechnische Berechnung herangezogen werden. Umgerechnet auf den Beurteilungszeitraum Tag (06.00 bis 19.00 Uhr) und unter Berücksichtigung von 3 Anlieferungen pro Tag gemäß Betriebsbeschreibung errechnet sich ein Beurteilungspegel von LA,eq = 48 dB. Festzustellen ist, dass die untersuchte Anlieferung offensichtlich durch einen unkundige Lkw- Fahrer durchgeführt wurde, weil er zuerst im Vorwärtsgang und anschließend im Rückwärtsgang zugefahren ist. Dadurch hat der Liefervorgang mehr als doppelt so lange gedauert, sodass üblicherweise mit einem rund 2 dB geringeren Schallpegel und damit von LA,eq = 46 dB für die Anlieferung auszugehen ist. Während der Rückwärtsfahrt wurden Pegelspitzen von durchschnittlich 70 dB aufgrund der Rückfahrwarneinrichtung verursacht. Aufgrund der wiederholten charakteristischen Pegelspitzen dieses Signaltons kann von einer Lästigkeit dieses Geräusches ausgegangen werden. Eine hörbare Tonhaltigkeit des Geräusches nach ÖNORM S 5004 ist gegeben, sodass ein Anpassungswert von 3 dB in Rechnung zu stellen ist. Der Beurteilungspegel durch die Anlieferung beträgt demnach ja nach Lieferant zwischen 49 und 51 dB. Die durch die Ladetätigkeit selbst verursachten Immissionen sind, wie auch im Prüfbericht des BBA W beschrieben, von untergeordneter Bedeutung und haben keinen Einfluss an der Umgebungslärmsituation.

 

Gegenüberstellung Bestand - Anlieferungen

Wenn der Schallpegel während der ruhigeren Bestandslärmsituation dem Schallpegel durch den langen Anlieferungsvorgang gegenübergestellt wird, zeigt sich, dass unter diesen ungünstigsten Bedingungen eine Anhebung der örtlichen Schallsituation von rund 3 dB verursacht wird. Findet eine übliche Anlieferung statt (einmalige Zu- und Abfahrt), würde dadurch eine Anhebung von weniger als 2 dB verursacht werden. Das bedeutet, dass drei Anlieferungen während der verkehrsarmen Zeit zu einer Erhöhung von 2-3 dB führen würden. Pegelerhöhungen in diesem Ausmaß sind aus schalltechnischer Sicht als vertretbar einzustufen. Nachdem jedoch überwiegend ein Schallpegel zur Tageszeit von mindestens LA,eq = 56 dB vorherrscht, ergibt sich während dieser Zeiten eine Pegelerhöhung durch die Anlieferungen von rund 1 dB. Aus technischer Sicht ist für eine schalltechnischen Beurteilung jedenfalls von einer Durchschnittbelastung auszugehen. Das bedeutet, dass durch drei Anlieferungen werktags zwischen 06.00 und 19.00 Uhr eine Pegelerhöhung von rund 1 dB verursacht wird und damit keine nennenswerte Veränderung der Umgebungslärmsituation gegeben ist. Bei Anlieferungen durch Klein- LKW ohne Rückfahrwarneinrichtung kann von noch geringeren Pegelerhöhungen ausgegangen werden. Es sind bei projektgemäßen Betrieb aus schalltechnischer Sicht keine Auflagen hinsichtlich der angesuchten Anlieferung an Werktagen während der Tageszeit erforderlich.

Weitere Berufungspunkte

In der Berufung wird angeführt, dass nur die höheren Messwerte für die Zeiträume 6.00 – 9.00 Uhr und 16.00 – 18.00 Uhr im Aktenvermerk bzw. im Bescheid zitiert werden. Die Messwerte zw. 9.00 und 16.00 Uhr würden nicht bekannt gegeben worden sein. Im Aktenvermerk bzw. im Bescheid wurde als Ergebnis der Messung der Pegelbereich zwischen LA,eq = 55 – 60 dB angegeben. Der Schallpegel von 55 dB als Minimalwert wurde beispielsweise um 12.30 Uhr aufgezeichnet und liegt damit doch im Zeitraum zwischen 9.00 und 16.00 Uhr.

 

Während der Messung durch die Fa. T erfolgte keine Lkw- Anlieferung. Dies ist auch im Prüfbericht entsprechend dokumentiert. Die gemessenen Ergebnisse wurden deshalb ausschließlich durch andere Umgebungsgeräusche verursacht und nicht durch betriebsbedingte Immissionen beeinflusst. Beim gegenständlichen Gastgewerbebetrieb war am Tag der Messung Ruhetag.

 

Hinweis auf projektsgemäße Ausführung und Betrieb

Aus schalltechnischer Sicht wir bemängelt, dass die im ursprünglichen Betriebsanlagen- Genehmigungsumfang enthaltenen Schallschutzwände nicht errichtet wurden. Die Wand südlich des Lokals neben der Zufahrt stellt keinesfalls eine Schallschutzwand dar und wäre dem damaligen Projekt entsprechend auszuführen.

 

Zusammenfassend bestehen aus schalltechnischer Sicht keine Einwände gegen die beabsichtigte Anlieferungen, weil dadurch bei Berücksichtigung der durchschnittlichen Umgebungslärmsituation eine Anhebung dieser von rund 1 dB gegeben ist. Eine derartige Anhebung ist aus schalltechnischer Sicht als nicht relevant einzustufen und liegt im Bereich der Mess- und Rechengenauigkeit. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass der ursprüngliche projektsgemäße Betrieb, der mit Bescheid vom 15.3.2004 genehmigt wurde, hinsichtlich der Schallschutzwände nicht hergestellt ist.

 

Über Frage des anwaltlichen Vertreters der Berufungswerber inwieweit sich die bestehende Lärm-Ist-Situation ändert, wenn man von 5 Zulieferungen in der Zeit von 6.00 bis 18.00 Uhr an der Ostseite der gewerblichen Betriebsanlage ausgeht:

 

Entsprechend dem Antrag des Herrn S sind derzeit pro Tag max. 3 Anlieferungen vorgesehen. Es wurde deshalb auch bei der schalltechnischen Beurteilung von insgesamt 3 Anlieferungen pro Tag ausgegangen. Durch insgesamt 5 Anlieferungen anstelle von 3 ergibt sich rechnerisch eine Zunahme 2,2 dB. Das bedeutet, dass die betriebsbedingten Immissionen durch 5 Anlieferungen rund L(A,eq) = 48 dB betragen.

 

Über weitere Frage des anwaltlichen Vertreters inwieweit die Errichtung einer normgerechten Schallschutzwand  Auswirkungen auf die Lärmsituation den Parkplatz betreffend hat gibt der Sachverständige an:

 

Bei Errichtung einer Schallschutzwand mit entsprechendem Schalldämmmaß können die Immissionen ausgehend durch den Parkplatzbetrieb gegenüber der derzeitigen Holzflechtwand zusätzlich abgemindert werden.

 

Über Frage der Verhandlungsleiterin, ob die im Gutachten erläuterte Pegelerhöhung von 1 dB  sich auch dann ergibt, wenn die Auflagenpunkte 2, 3 und 4 entfallen:

 

Die Berechnung der betriebsbedingten Immissionen durch die 3 Anlieferungen liegt eine Messung einer konkreten Anlieferung zu Grunde. Diese Anlieferung erfolgte über den Parkplatz und nicht unmittelbar ausgehend von der Gemeindestraße. Auf Grund der gemessenen Spitzenpegel von bis zu 71 dB verursacht durch die Rückfahrwarneinrichtung ist festzustellen, dass es sich dabei um eine übliche Einstellung des Rückfahrwarners handelt und keine "leise" Einstellung vorgenommen wurde. Das bedeutet, dass die Auflagen 2 und 4 vom messtechnisch untersuchten, und der weiteren Beurteilung zu Grunde gelegten Anlieferungsvorgang nicht berücksichtigt wurden. Trotzdem errechnete sich die Erhöhung der Bestandslärmsituation zu 1 dB.

Zum Auflagepunkt 3 ist festzustellen, dass entsprechend der praktischen Erfahrung auch an Samstagen zwischen 6.00 und 18.00 Uhr mit Schallpegeln zu rechnen ist, wie sie auch zwischen Montag und Freitag verursacht werden. Dies vor allem deshalb, weil das Wohnhaus der Berufungswerber in der Nähe einer überörtlichen Landesstraße liegt, und somit auch an Samstagen ein vergleichbares Verkehrsaufkommen wie zwischen Montag und Freitag gegeben ist. Damit kommt es auch bei Anlieferungen an Samstagen zu einer Erhöhung der Bestandslärmsituation von bis zu 1 dB.

 

Vom lärmtechnischen Amtssachverständigen wird über Befragen ausgeführt, dass die lärmtechnische Beurteilung für die 3 Liefervorgänge pro Tag (max. 9 pro Woche) bis zu dem an der Ostseite des Gebäudes vorhandenen Lieferanteneinganges vorgenommen wurde."

 

4.2. Basierend auf diesem lärmtechnischen Gutachten führte der medizinische Amtssachverständige aus:

 

"Im Zuge der heutigen Verhandlung wurde ein Ortsaugenschein bei der Betriebsanlage S durchgeführt und die Sachlage erörtert:

 

Die Betriebsanlage S ist ein Restaurant mit Barbetrieb.

 

Heute zu behandeln sind die Lieferaktivitäten an der Ostseite der Betriebsanlage, die vom Betriebsinhaber wie folgt beschrieben wurden:

Es erfolgen neun Zulieferungen pro Woche, wobei pro Tag maximal drei Zulieferungen mit verschiedenen LKW`s stattfinden. Die Zufahrt erfolgt über Privatgrund, wobei Randbereiche des derzeit geschotterten Parkplatz. Je nachdem, wie der LKW zufährt ist in jedem Fall eine Fahrbewegung im Retourgang notwendig. Im Zufahrtsbereich ist eine Hinweistafel aufgestellt, die darauf hinweist, dass die LKW-Rückfahrwarner möglichst leise gestellt werden.

 

Die Liefertätigkeiten sollen zu folgenden Zeiten stattfinden:

Montag bis Freitag 6:00 bis 18:00 Uhr

Samstag 7:00 bis 13:00 Uhr

 

Die Umgebungslärmsituation ist nach der persönlichen akustischen Wahrnehmung durch die vor dem Lokal vorbeiführenden Landesstraße (d.h auf der von der Nachbarliegenschaft abgewandten Seite) geprägt. Es waren während des Ortsaugenscheines in den Vormittagsstunden im wesentlichen dauernd die Geräusche der an- und abschwellenden Straßenverkehrs der vorbeiführenden Straßenverkehrs (PKW, LKW) wahrnehmbar.

 

Nach den schalltechnischen Ausführungen sind folgende Immissionspegel zu entnehmen:

 

Die Umgebungsgeräuschsituation liegt bei LA,eq = 56 dB

 

Bei den Liefervorgängen ist von LA,eq = 46 dB für die Anlieferung auszugehen. Während der Rückwärtsfahrt wurden Pegelspitzen von durchschnittlich 70 dB aufgrund der Rückfahrwarneinrichtung verursacht. Aufgrund der wiederholten charakteristischen Pegelspitzen dieses Signaltons kann von einer Lästigkeit dieses Geräusches ausgegangen werden. Eine hörbare Tonhaltigkeit des Geräusches nach ÖNORM S 5004 ist gegeben, sodass ein Anpassungswert von
3 dB in Rechnung zu stellen ist. Der Beurteilungspegel durch die Anlieferung beträgt demnach ja nach Lieferant zwischen 49 und 51 dB.

 

Das bedeutet, dass durch drei Anlieferungen werktags zwischen 06.00 und 19.00 Uhr eine Pegelerhöhung von rund 1 dB verursacht wird und damit keine nennenswerte Veränderung der Umgebungslärmsituation gegeben ist. Bei Anlieferungen durch Klein- LKW ohne Rückfahrwarneinrichtung kann von noch geringeren Pegelerhöhungen ausgegangen werden. Es sind bei projektgemäßen Betrieb aus schalltechnischer Sicht keine Auflagen hinsichtlich der angesuchten Anlieferung an Werktagen während der Tageszeit erforderlich.

 

 

GUTACHTEN aus medizinischer Sicht:

 

Zur Unterscheidung der Begriffe Gesundheitsgefährdung, Belästigung werden im folgenden folgende Definitionen, die in Umweltverfahren verwendet werden wiedergegeben:

 

Gesundheitsgefährdung, -Belästigung:

In den „Empfehlungen für  die Verwendung medizinischer Begriffe im Rahmen umwelthygienischer Beurteilungsverfahren“ veröffentlicht (von M. Haider et. al) in den Mitteilungen der Österr. Sanitätsverwaltung 85. Jhg. (1984) H. 12, werden die Begriffe „Gesundheitsgefährdung und -belästigung“ wie folgt definiert:

 

Gesundheitsgefährdung:

Als Gesundheitsgefährdung gilt eine Einwirkung (Immission), durch die nach den Erfahrungen der med. Wissenschaft, die Möglichkeit besteht, dass Krankheitszustände, Organschäden oder unerwünschte organische oder funktionelle Veränderungen, die die situationsgemäße Variationsbreite vom Körper- oder Organformen bzw. -funktionen signifikant überschreiten, entweder bei der Allgemeinbevölkerung oder auch nur bei bestimmten Bevölkerungsgruppen bzw. auch Einzelpersonen eintreten können.

 

Die Gesundheitsgefährdung ist also die Erwartbarkeit eines Gesundheitsschadens oder eines hohen Gesundheitsrisikos, die mit den Mitteln der wissenschaftlichen Prognose zu belegen ist oder mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ausgeschlossen werden kann.

 

Belästigung, Störung des Wohlbefindens, Beeinträchtigung des Wohlbefindens:

Hier handelt es sich weitgehend um subjektive Wahrnehmungsqualitäten jede Immission - vorausgesetzt, dass sie überhaupt wahrgenommen wird, d.h., dass sie die Wahrnehmungsschwelle überschreitet - kann vom gesunden normal empfindenden Menschen im konkreten Fall als Belästigung empfunden werden und damit eine Störung des Wohlbefindens bewirken. Das Empfinden einer Belästigung ist inter- und intraindividuell sehr unterschiedlich. Die Wahrnehmung einer Immission an sich stellt noch keine Belästigung dar. Zum Belästigungserleben kommt es insbesondere, wenn die Immission emotional negativ bewertet wird. Einzuschließen in diese Kategorie wären auch Störungen bestimmter höherer Funktionen und Leistungen - wie etwa der geistigen Arbeit, der Lern- und Konzentrationsfähigkeit, der Sprachkommunikation, ... Es sei an dieser Stelle ausdrücklich betont, dass solche Funktions- und Leistungsstörungen über einen längeren Zeitraum hinweg sehr wohl zu einer Gesundheitsgefährdung werden können. Da es offenbar weder möglich noch wünschenswert ist, Maßnahmen gegen jedwede geringste subjektiv empfundene Störung zu ergreifen, muss eine Unterscheidung zwischen zumutbarer und unzumutbarer Belästigung getroffen werden. Unzumutbar ist eine Belästigung, wenn sie zu erheblichen Störungen des Wohlbefindens , zu funktionellen oder organischen Veränderungen führen kann, oder über ein das ortsübliche Ausmaß hinausgeht, wobei in diesem Fall auch die Widmung von Liegenschaften maßgebenden Vorschriften zu berücksichtigen sind. (Zitat Ende).

 

 

Wirkung und Beurteilung Lärm – Angaben zu wirkungsbezogenen Lärmpegeln:

 

Bei der Beurteilung von Lärm ist allgemein zwischen direkten und indirekten Auswirkungen von Lärmimmissionen auf den Menschen zu unterscheiden. Die Beurteilung ist dabei um den gesetzlichen Vorgaben zu folgen auf den gesunden normal empfindenden Menschen und das Kind abzustellen.

 

Direkte Wirkungen spielen aufgrund der dafür erforderlichen Höhe der Schallpegel im Umweltbereich nur in Einzelfällen (z.B. bei bestimmten Fertigungsbetrieben) eine Rolle. Sie  behandeln Hörstörungen im Sinne von Gehörschäden direkt am Hörorgan. Diese treten ab ca. 85 dB als Dauerschallpegel (z.B. bei Schallexpositionen an Arbeitsplätzen über lange Zeiträume (Jahre) oder deutliche höher gelegene Schallexpositionen (z.B. bei Knalltraumen) auf.

Indirekte Wirkungen sind solche, bei denen nicht das Hörorgan selbst geschädigt wird, sondern über die Geräuschwahrnehmung und deren bewusste und unbewusste Verarbeitung im Organismus unterschiedliche Reaktionen ausgelöst werden. Diese Reaktionen sind im Zusammenhang mit der Funktion der Hörsinnes als Informations- u. Warnorgan zu sehen. Über Verarbeitung der Geräuschwahrnehmung im Gehirn und damit verbundenen vegetativen Reaktionen kann es u.a. zu Veränderungen des Wachheitsgrades, zu Stressreaktionen, Belästigungsreaktionen, Durchblutungsänderungen bestimmter Organsysteme u.ä. kommen. In diesem Zusammenhang werden hohe Dauerlärmeinwirkungen auch als Kofaktor für die Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen, - entsprechende Disposition vorausgesetzt - diskutiert.

 

Als Wert des vorbeugenden Gesundheitsschutzes für Gebiete mit ständiger Wohnnutzung wird ein Schallpegel von 55 dB LA,eq und LA, max von 80 dB zur Tageszeit im Freien angegeben. (Diese Werte wurden von der WHO definiert und sind in der ÖAL-Richtlinie 6/18, die den derzeitigen Stand des Wissens in der medizinischen Lärmbeurteilung mitrepräsentiert veröffentlicht). Dieser Wert repräsentiert sowohl für den Dauerschallpegel als auch für Spitzenpegel Pegelbereich, in der in der Regel ungestörtes Wohnen möglich ist.

In der ÖAL-Richtlinie Nr. 3 Blatt 1 wird der Grenzwert für den Gesundheitsschutz bei einem LA,eq von 65 dB definiert.

 

In der Beurteilung von Lärm und seinen Auswirkungen sind einerseits die Veränderungen einer bestehenden Lärmsituation als auch die tatsächlich  erhobenen Lärmpegel zu berücksichtigen. Unter Heranziehung wirkungsbezogener Erfahrungen ist festzustellen, dass Schallimmissionen dann mit zunehmendem Maß als belästigend erlebt werden, je deutlicher eine bestehende Umgebungssituation verändert wird.

 

Aus der Gegenüberstellung der Ist-Situation und den prognostizierten Beurteilungspegeln aus den lärmschutztechnischen Ausführungen ergibt sich, dass sich messtechnisch – prognostisch keine maßgebliche Veränderung der bestehenden Lärmsituation ergibt.

 

Diese Bedingungen decken sich mit den persönlich wahrnehmbaren Höreindruck, dass die Umgebungssituation durch die Landesstraße geprägt ist. Eine gesonderte Wahrnehmung aus den Aktivitäten aus dem Betrieb kann sich in Phasen ergeben, wenn die Verkehrsträger keine Beiträge (d.h. in Verkehrspausen) liefern.

Festgestellt wird, dass damit nicht zwingend eine „Nicht-Hörbarkeit“ der Ladetätigkeiten verbunden ist, diese Aktivitäten in die allgemeine Umgebungsgeräuschsituation eingehen. 

 

Im Sinne der eingangs angeführten Definitionen zur Differenzierung der Begriffe Gesundheitsgefährdung – Belästigung ergibt sich, dass durch das Vorhaben nicht auf Gesundheitsgefährdungen oder erhebliche Belästigungen bei den Berufungswerbern zu schließen ist und sich aus den Zulieferungen keine gesundheitsrelevanten Auswirkungen ergeben."

 

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

1.     das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

2.     die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

 

3.     die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

4.     die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

5.     eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

Gemäß § 77 Abs.2 GewO 1994 ist die Frage, ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 zumutbar sind, danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 353 Abs.1 GewO 1994 sind dem Ansuchen um Genehmigung einer Betriebsanlage folgende Unterlagen anzuschließen:

1.     in vierfacher Ausfertigung

a)    eine Betriebsbeschreibung einschließlich eines Verzeichnisses der Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen,

b)    die erforderlichen Pläne und Skizzen,

c)     ein Abfallwirtschaftskonzept; dieses hat zu enthalten:

1.     Angaben über die Branchen und den Zweck der Anlage,

2.     eine verfahrensbezogene Darstellung des Betriebes,

3.     eine abfallrelevante Darstellung des Betriebes,

4.     organisatorische Vorkehrungen zur Einhaltung abfallwirtschaftlicher Rechtsvorschriften und

5.     eine Abschätzung der zukünftigen Entwicklung

  2.   in einfacher Ausfertigung

        a) nicht unter Z 1 fallende für die Beurteilung des Projekts und der zu  erwartenden Emissionen der Anlage im Ermittlungsverfahren erforderliche  technischen  Unterlagen  .......

 

 

5.2. Mit Eingabe vom 10.3.2006 hat Herr H S um gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden gastgewerblichen Betriebsanlage am Standort L, S, durch Errichtung und Betrieb einer Zufahrt für Lieferanten an der Ostseite der gastgewerblichen Betriebsanlage unter Vorlage von Projektsunterlagen angesucht.

Diese Projektsunterlagen beinhalten eine allgemeine Betriebsbeschreibung, die erforderlichen planlichen Darstellungen sowie eine Beschreibung der vorgesehenen Anlieferungen, demnach sind wöchentlich, Montag bis Freitag, (ausnahmsweise auch an Samstagen, wenn durch Feiertage Tourenpläne geändert werden)  bis zu 9 Anlieferungen, maximal 3 pro Tag beabsichtigt. Weiters wurde im Zuge des Verfahrens eine schalltechnische Untersuchung der Umweltprüf- und –überwachungsstelle des Landes Oberösterreich im Juni 2006 durchgeführt.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 9.11.2006 wurde hiefür die gewerbebehördliche Genehmigung erteilt.

Gegen diesen Bescheid hat Frau H F das Rechtsmittel der Berufung erhoben und wurde dieser Bescheid mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 14.2.2007 behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Gewerbebehörde
I. Instanz zurückgewiesen.

Im Grunde dieser Entscheidung wurde von der Erstbehörde ein neuerliches Ermittlungsverfahren durchgeführt.

 

Mit Kundmachung vom 4.6.2007 wurde von der Erstbehörde eine mündliche Verhandlung für den 25.6.2007 ausgeschrieben und an diesem Tage im Beisein eines gewerbetechnischen Amtssachverständigen und der Berufungswerber durchgeführt.

Im Zuge dieser mündlichen Verhandlung wurde vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen eine lärmtechnische Beurteilung des beantragten Vorhabens auf der Grundlage der vom Bezirksbauamt Wels vorgenommenen schalltechnischen Untersuchung vorgenommen.

Nach Abschluss der mündlichen Verhandlung wurde vom Konsenswerber ein weiterer schalltechnischer Prüfbericht mit Datum 22.10.2007 der T SV GmbH auf Grund der Verlegung der ÖBB-Strecke L – S und der damit möglicherweise verbundenen Veränderung der bestehenden Ist-Situation vorgelegt.

Dieses schalltechnische Projekt wurde wiederum dem gewerbetechnischen Amtssachverständigen zur Beurteilung vorgelegt und kam dieser zu dem Ergebnis, dass  durch die beantragte Änderung lediglich  eine Veränderung der bestehenden Ist-Situation im Zehntel-dB-Bereich zu erwarten sei.

 

Diese lärmtechnische Beurteilung wird von den Berufungswerberin insofern bemängelt, als zum einen dieses schalltechnische Projekt durch eine private Firma erstellt wurde und zum anderen dieses schalltechnische Projekt nicht mit dem Messbericht des Bezirksbauamtes W auch auf Grund der verschiedenen Messpunkte und der unterschiedlichen Messdauer  vergleichbar sei.

Hiezu ist zunächst auszuführen, dass die im Auftrag des Konsenswerbers durchgeführten Messungen durch die Firma T in Ergänzungen zu den Messungen des Bezirksbauamtes W durchgeführt wurden, weil sich zwischenzeitlich die Trasse der Pyhrnbahn geändert hat und damit auch die örtliche Schallsituation verändert wurde. Dieses schalltechnische Projekt wurde als weitere Projektsunterlage vorgelegt und ist der Beurteilung zu Grunde zu legen, da die Behörde bei ihrer Entscheidung die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bestehende Rechts- und Sachlage heranzuziehen hat.

 

5.3. Im Berufungsverfahren wurde ein lärmtechnischer Amtssachverständiger beigezogen und hat sich dieser mit dem Berufungsvorbringen ausführlich auseinandergesetzt.

In der lärmtechnischen Beurteilung wurde auf die Gründe der unterschiedlichen Messergebnisses eingegangen, gleichzeitig aber ausgeführt, dass durch die Verlegung der Bahntrasse keine Verringerung der Schallpegel erzielt wurde. Die bei der Messung durch die TAS (unter Abzug von 0,6 dB durch den näheren Messpunkt) um rund 4 dB höheren erhobenen LAeq-Werte sind einerseits auf die unterschiedlichen meteorologischen Bedingungen und andererseits auf geschwindigkeitsbedingte Zunahme des Bahnlärms zurückzuführen. Nach den Ausführungen des lärmtechnischen Amtssachverständigen herrscht zur Tagzeit ein Schallpegel von mindestens LAeq=56 dB vor und ist aus technischer Sicht für eine schalltechnische Beurteilung jedenfalls von einer Durchschnittsbelastung auszugehen. Nach dem Gutachten des lärmtechnischen Amtssachverständigen werden auch an Samstagen ähnliche Schallpegel verursacht, sodass die beschriebene Schallsituation während der Tageszeit für Werktage, nämlich Montag bis Samstag, charakteristisch ist.

Die betriebsbedingten Immissionen, die sich durch die Anlieferung ergeben, wurden messtechnisch erfasst. Demnach wurde erhoben, dass durch einen Anliefervorgang über die Zeitdauer von 8 Minuten ein Schallpegel von 63 dB verursacht wird. Nach dem Gutachten des lärmtechnischen Amtssachverständigen kann dieser Schallpegel für eine weitere schalltechnische Berechnung herangezogen werden. Umgerechnet auf den Beurteilungszeitraum Tag, 6.00 Uhr bis 19.00 Uhr, und unter Berücksichtigung von max. 3 Anlieferungen pro Tag errechnet sich ein Beurteilungspegel von LAeq = 48 dB. Da dies die für die Nachbarn ungünstigere Situation darstellt, wird dieser Wert für die Beurteilung, inwieweit sich die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse durch das beantragte Vorhaben verändern, herangezogen, obwohl wie vom lärmtechnischen Amtssachverständigen festgestellt, die untersuchte Anlieferung offensichtlich durch einen unkundigen Lkw-Fahrer durchgeführt wurde, weil zuerst im Vorwärtsgang und anschließend im Rückwärtsgang zugefahren ist und damit der Liefervorgang mehr als doppelt solang gedauert hat, sodass üblicherweise mit einem rund 2 dB geringerem Schallpegel der Anlieferung auszugehen ist. Auf Grund der Rückfahrwarneinrichtung wurden während der Rückwärtsfahrt Pegelspitzen von durchschnittlich 70 dB verursacht. Auf Grund der Tonhaltigkeit dieses Geräusches wurde nach ÖNORM S 5004 ein Anpassungswert von 3 dB in Rechnung gestellt und ergibt sich dadurch ein Beurteilungspegel durch die Anlieferung bis zu 51 dB. Von untergeordneter Bedeutung wurden im Prüfbericht des BBA die Ladetätigkeit beschrieben und wurde dies vom lärmtechnischen Amtssachverständigen aus fachlicher Sicht bestätigt. Auf Grund dieser betriebsbedingten Immissionen ergibt sich eine Veränderung der bestehenden Lärm-Ist-Situation von rund 1 dB, und zwar bezogen auf die beantragten höchstens wöchentlichen 9 Anlieferungen an Werktagen – maximal 3 Anlieferungen pro Tag -, sohin Montag bis Samstag (wenngleich diese Anlieferungen nur ausnahmsweise, bedingt durch Feiertage, stattfinden sollen) während der Tageszeit.

In diese Beurteilung nicht einbezogen wurde die im erstinstanzlichen Bescheid vorgeschriebenen Auflagenpunkte 2 und 4.

 

Aufbauend auf diesem Gutachten wurde vom medizinischen Amtssachverständigen festgestellt, dass sich durch die festgestellte Veränderung der bestehenden Lärm-Ist-Situation, die prognostisch keine maßgebliche Veränderung darstellt, keine erheblichen Belästigungen oder gesundheitsrelevante Auswirkungen ergeben. Auch nicht, unter Beachtung des festgestellten Spitzenpegels von 71 dB durch die Anlieferung mit Rückfahrwarnern ausgestatteten Lkw's.

Die Beurteilung erfolgte nach den im § 77 Abs.2 vorgegebenen objektiv anzuwendenden Beurteilungsmaßstäben des gesunden, normal empfindenden Kindes und des gesunden, normal empfindenden Erwachsenen, die als solche unabhängig von der Person des jeweiligen Nachbarn in ihrer Gesamtheit die von der Behörde bei Beurteilung der Frage der Zumutbarkeit nach dieser Gesetzesstelle heranzuziehende Richtlinien darstellen (vgl. VwGH 31.3.1992, 91/04/0306). 

 

Für den Oö. Verwaltungssenat bestehen keine Bedenken, die im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten der Entscheidung zu Grunde zu legen. Die beigezogenen Amtssachverständigen verfügen auf Grund ihrer Ausbildung und beruflichen Erfahrung zweifelsfrei über jene Fachkunde, die ihnen eine Beurteilung der zu erwartenden Immissionen bzw. der damit verbundenen Auswirkungen für die Nachbarn ermöglicht.

 

Die Auflagenpunkte 2 und 4 hatten zu entfallen, da diese nach den eingeholten Gutachten im Hinblick auf die nach § 77 Abs. 1 iVm § 74 Abs.2 GewO 1994 zu schützenden Interessen nicht erforderlich sind.

Die Vorschreibung von Auflagepunkt 5 war nicht erforderlich, da der Zu- und Abfahrtsweg der Lieferfahrzeuge bereits Gegenstand des Projektes ist. 

 

Soweit die Berufungswerber in der mündlichen Verhandlung die Frage aufgeworfen haben, inwieweit sich die bestehende Lärm-Ist-Situation ändert, wenn man von 5 Zulieferungen in der Zeit von 6.00 bis 18.00 Uhr ausgeht, so ist hiezu auszuführen, dass das Betriebsanlagengenehmigungsverfahren ein Projektsverfahren darstellt, in dem der Beurteilung die in § 353 genannten Einreichunterlagen zu Grunde zu legen sind. Bei der Entscheidung der Behörden haben daher Anlagen, Anlagenteile oder Betriebsweisen außer Betracht zu bleiben, die nicht Gegenstand des Genehmigungsansuchens sind.

Vorliegend wurden vom Konsenswerber nach der Betriebsbeschreibung um
9 Anlieferungen pro Woche, maximal auf 3 Anlieferungen pro Tag, begrenzt und sind somit auch nur diese beantragten Anlieferungen der Beurteilung zu Grunde zu legen. Lediglich in diesem Rahmen wird die Genehmigung erteilt, darüber hinausgehende möglicherweise stattfindende Anlieferungen sind vom Genehmigungskonsens nicht erfasst und würden eine Verwaltungsübertretung darstellen, die von der Erstbehörde zu ahnden ist.

 

Die obigen Ausführungen hinsichtlich des im Betriebsanlagen­genehmigungsverfahrens vorherrschenden  Grundsatz des Projektsverfahrens gilt auch für das Vorbringen der Berufungswerber hinsichtlich der Lärmsituation des Parkplatzes. Dieser Parkplatz ist nicht Gegenstand des gegenständlichen Genehmigungsverfahrens. Für diesen Parkplatz besteht eine gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung, in der auch bestimmte Auflagen vorgeschrieben wurden, um die Nachbarinteressen zu schützen. Die von den Nachbarn vorgebrachte Nichteinhaltung dieser Auflagen ist im nunmehrigen Genehmigungsverfahren nicht zu prüfen, sondern liegt hiefür die Zuständigkeit bei der Bezirkshauptmannschaft. Gegebenenfalls ist dies Gegenstand eines Verwaltungsstrafverfahrens bzw. ist bei Vorliegen der Voraussetzungen von der Erstbehörde ein Schließungsverfahren gemäß § 360 GewO 1994 zu führen.

 

Nochmals wird darauf hingewiesen, dass die von den Berufungswerbern in ihrem Vorbringen immer wieder aufgezeigte mögliche Nichteinhaltung der Auflagen im Genehmigungsverfahren nicht Berücksichtigung finden kann; diesbezüglich wird auf die Möglichkeit des behördlichen Überprüfungsverfahrens durch die Bezirksverwaltungsbehörde hingewiesen.

 

Zum Vorbringen der Berufungswerber, es sei ihnen keine Gelegenheit gegeben worden, zu den Messergebnissen und dem Aktenvermerk des technischen Amtssachverständigen Stellung zu nehmen, ist auszuführen, dass eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs durch die I. Instanz als saniert anzusehen ist, wenn die Berufungswerber Gelegenheit gehabt haben, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in der Berufung Stellung zu nehmen und davon auch Gebrauch gemacht haben (vgl.  VwGH 3.9.2001, 99/10/0011 ua.).

Im vorliegenden Fall hatten die Berufungswerber durch die Teilnahme an der mündlichen Berufungsverhandlung die Möglichkeit vor Rechtskraft der Sachentscheidung die Parteienrechte zu wahren.

 

Hinsichtlich der Verfahrensart ist festzustellen, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wenn die jeweils zuständige Behörde erkennt, dass die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren vorliegen, diese in jeder Lage des regulären Genehmigungsverfahrens auf ein vereinfachtes Verfahren überzuwechseln hat.

Gegenständlich liegt die Voraussetzung für die Durchführung eines vereinfachten Verfahrens vor, da die gastgewerbliche Betriebsanlage unter die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheit fällt, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind. Nach dieser Verordnung sind gastgewerbliche Betriebsanlagen bis zu 200 Verabreichungsplätze in denen lediglich Hintergrundmusik gespielt wird, dem vereinfachten Verfahren zu unterziehen. Nachdem gegenständlich ein solcher Anwendungsfall vorliegt -  die gastgewerbliche Betriebsanlage des Konsenswerbers verfügt über 100 Verabreichungsplätze und wird lediglich Hintergrundmusik gespielt - war entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unter Beachtung der durchzuführenden Einzelfallbeurteilung das vereinfachte Verfahren anzuwenden.

 

Aus sämtlichen oben dargestellten Sach- und Rechtsgründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

 

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