Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530830/9/Kü/Sta

Linz, 05.11.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung des Oö. U, K,  L, vom 29. Juli 2008, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 21. Juli 2008, UR-2007-7837/31, betreffend der im konzentrierten Genehmigungsverfahren erteilten abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung für die Bodenaushubdeponie "R" der F GmbH, M, R., Spruchabschnitt IV - naturschutzrechtliche Bewilligung -  zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Auflagepunkt IV. 3. wie folgt zu lauten hat:

"Die Aufforstung auf den nicht von den Punkten 1. und 2. umfassten Flächen hat zumindestens 70 % aus Laubgehölzen und zu maximal 30 % aus Nadelgehölzen zu erfolgen. Die aufzuforstenden Laubgehölze haben sich folgendermaßen zu verteilen: 60 % Rotbuche (Fagus sylvatica), 25 % Bergahorn (Acer pseudoplatanus), 10 % Hainbuche (Carpinus betulus), 5 % Esche (Fraxinus excelsior). Die aufzuforstenden Nadelgehölze haben sich folgendermaßen zu verteilen: Jeweils 50 % auf Weistanne (Abies alba) und Fichte (Picea abies)."

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 37, 38 und 43 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 21. Juli 2008, UR-2007-7837/31, wurde der F GmbH, M, R., die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Bodenaushubdeponie "R" auf Gst. Nr. u.a., je KG. R, Gemeinde M, sowie Gst. Nr.  u.a. je KG. und Gemeinde K unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt. Bestandteil dieser abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung bildet auch die naturschutzrechtliche Bewilligung für die gegenständliche Bodenaushubdeponie, welche im Spruchabschnitt IV. erteilt wird. Im Auflagepunkt 3. dieser naturschutzrechtlichen Bewilligung ist festgelegt, dass die Wiederaufforstung projektsgemäß mit einem über 50 %igen Laubholzanteil wie konkretisiert zu erfolgen hat: Die Aufforstung ist mit geeigneten Gehölzen wie Schwarzerle, Weide, Birke, Buche, Stieleiche sowie Sträucher, Spindelstrauch, Hartriegelhimbeere, Weißdornschlehe, Schneeball, Haselnuss, aufzuforsten. Der Anteil der gesetzten Laubbäume muss einen Anteil von mindestens 60 % betragen, wobei mindestens 10 % Buchen zu pflanzen sind und ausgefallene Bestände (über 100 m2) jährlich zu ergänzen sind, bis die Kultur gesichert ist.

 

 

2. Gegen diesen Vorschreibungspunkt wurde vom Oö. Umweltanwalt rechtzeitig Berufung erhoben.

 

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich beim derzeitigen Waldbestand um einen monoton wirkenden, in erster Linie von Fichte dominierten Wirtschaftswald handle. Bereits in der Stellungnahme vom 11. April 2008 sei seitens der Oö. Umweltanwaltschaft zum Vorhaben festgehalten worden, dass die Rekultivierung mit Ausnahme jener Flächen, die der natürlichen Sukzession überlassen werden sollten, mit 100 % standortgerechten, heimischen Laubgehölzen, insbesondere Buche, Hainbuche, Bergahorn, Esche und Schwarzerle zu erfolgen hätten. Als Zielzustand würde ein buchendominierter Laubmischwald definiert.

 

Diese Forderung begründe sich in der Tatsache, dass die Klimaxgesellschaft bzw. potentiell natürliche Waldgesellschaft in den tiefmontanen Lagen Mitteleuropas vom Buchenwald gebildet würde. Natürliche und naturnahe Klimax-Laubwälder seien in Oberösterreich fast zur Gänze durch bewirtschaftete Forstbestände (mehr oder weniger naturferne Dauergesellschaften) ersetzt worden. Zur Erhöhung der Stabilität der heimischen Wälder sei – wie auch im Oö. Umweltbericht 2006 unmissverständlich angeführt – die natürliche Waldgesellschaft als Leitbild heranzuziehen. Ein bescheidgemäß vorgeschriebener Laubholzanteil von mindestens 60 % und damit im Umkehrschluss ein maximal möglicher Fichtenanteil von 40 % entspreche in keiner Weise diesem Leitbild. Nadelbäume – im speziellen die Fichte – würden ohne dem menschlichen Zutun auf dieser Seehöhe von Natur aus praktisch nicht vorkommen.

 

Zudem weise der Waldentwicklungsplan die Deponiefläche mit erhöhter Wohlfahrtswirkung aus. Somit würde dem Ausgleich von Klima- und Wasserhaushalt sowie der Reinigung und Erneuerung von Luft und Wasser übergeordnete Bedeutung zugewiesen.

 

Die seitens des forsttechnischen Amtssachverständigen sowie des Bezirksbeauftragen für Natur- und Landschaftsschutz formulierten Auflagen und Bedingungen würden einen Laubholzanteil von 100 % nicht ausschließen. Vielmehr würde nur ein Mindestanteil an Laubgehölz bzw. ein Maximalanteil an Nadelgehölz eingefordert und ergebe sich damit auch in keinster Weise ein Widerspruch zu den Forderungen des Oö. Umweltanwaltes.

 

Unabhängig vom fachlichen und rechtlichen Sachverhalten wäre es im Sinne eines verantwortungsbewussten und nachhaltigen Umgangs mit Natur und Umwelt durchaus angebracht, jene Flächen, die mehrfach auf Kosten der Natur gewinnbringend ausgebeutet würden (zuerst Forstwirtschaft dann Schottergewinnung), nach ihrer Rekultivierung der natürlichen Entwicklung zu überlassen.

 

3. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat die Berufung mit Schreiben vom 8. August 2008 dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

Gemäß § 38 Abs.8 AWG 2002 entscheidet über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes oder der Bezirksverwaltungsbehörde als zuständige Anlagenbehörde nach diesem Bundesgesetz der Unabhängige Verwaltungssenat des Bundeslandes.

 

Nach § 67a Abs.1 AVG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern, berufen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Gemäß § 67g Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden bzw. wurde von den Verfahrensparteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

 

4.1. Die gegenständliche Berufung wurde der F GmbH als Konsenswerberin in Wahrung des Parteiengehörs vorgelegt. In ihrer Stellungnahme vom 20. 8. 2008 weist die F GmbH darauf hin, dass anlässlich der Genehmigung der Erweiterung der Schottergrube R der Oö. Umweltanwalt eine fast wortidente Berufung eingelegt hat. Dieser Berufung wurde von der Oö. Landesregierung teilweise stattgegeben, indem der Schlüssel zwischen Laub- und Nadelhölzern von 60 zu 40 auf 70 zu 30 verändert worden sei. Es sei aber der Forderung des Oö. Umweltanwaltes nach 100 % Laubholz nicht Folge geleistet worden. Die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung der Bodenaushubdeponie betreffe exakt das selbe Gebiet und den selben Wald, da diese Deponie zur Wiederverfüllung des Geländes nach dem Schotterabbau dient. Die F GmbH würde daher bitten, in diesem Fall die Entscheidung ebenfalls gleichlautend ausfallen zu lassen.

 

Diesem Vorbringen der F GmbH war auch der Bescheid der Oö. Landesregierung  vom 13. Mai 2008, N-105781/6-2008-Has/Jo, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung für die Erweiterung der Schottergrube R auf näher bezeichneten Grundstücken, mit dem über die Berufung der Oö. Umweltanwaltschaft bezüglich der Baumartenauswahl im Zuge der Rekultivierung entschieden wurde, vorgelegt. Der Begründung dieses Bescheides ist zu entnehmen, dass der Amtssachverständige für Natur- und Landschaftsschutz im seinem Gutachten vom 2. April 2008 Folgendes festgehalten hat:

"Gegen den Bescheid vom 24. Jänner 2008, mit dem der Fa. F, R., die naturschutzrechtliche Genehmigung zur Erweiterung der Kiesgrube "R" erteilt wird, legte die Oö. Umweltanwaltschaft am 7.Feb. 2008 Berufung ein.

Kern der Berufung ist die Auflage im Bescheid, dass 60% des wieder aufzuforstenden Geländes nach dessen Wiederverfüllung mit Laubgehölzen aufzuforsten sind, 40% können laut forstrechtlicher Bewilligung mit Fichten aufgeforstet werden. Die Umweltanwaltschaft beruft nun dahin gehend, dass 60% Laubholzaufforstung nicht ausreichend sind und begründet dies damit, dass 'die Klimaxgesellschaft bzw. die potenzielle natürliche Waldgesellschaft in den tiefmontanen Lagen Mitteleuropas vom Buchenwald gebildet wird. Natürliche und naturnahe Klimax-Laubwälder sind in Oberösterreich fast zur Gänze durch bewirtschaftete Forstbestände ersetzt worden. Zur Erhöhung der Stabilität der heimischen Wäldern ist - die natürliche Waldgesellschaft als Leitbild heran zu ziehen. Ein bescheidmäßig vorgeschriebener Laubholzanteil von mind. 60% und damit im Umkehrschluss ein maximal möglicher Fichtenanteil von 40% entspricht in keiner Weise diesem Leitbild. Nadelbäume - speziell die Fichte - würden ohne dem menschlichen Zutun auf dieser Seehöhe von Natur aus nicht vorkommen'. Weiters wird, neben einzelnen forstfachlichen Argumenten, ausgeführt, dass es 'im Sinne eines verantwortungsbewussten und nachhaltigen Umgangs mit Natur und Umwelt durchaus angebracht wäre, jene Flächen, die mehrfach auf Kosten der Natur gewinnbringend ausgebeutet wurden, nach ihrer Rekultivierung der natürlichen Entwicklung zu überlassen'.

Die Umweltanwaltschaft beantragt daher die Rekultivierung, mit Ausnahme jener Flächen, die der natürlichen Sukzession überlassen werden sollen, mit 100% standortgerechten, heimischen Laubgehölzen, insbesondere Buche, Hainbuche, Bergahorn, Esche und Schwarzerle.

 

Befund:

Hinsichtlich der örtlichen Gegebenheiten und der geplanten Abbau- und Verfüllungsmaßnahmen wird auf die Stellungnahme des Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz, Herrn Mag. H W sowie die ausführlichen Projektsunterlagen verwiesen.

Ergänzend dazu wird festgehalten, dass es sich beim betroffenen Waldbestand um nahezu 100% reine, überwiegend hiebsreife Fichtenbestände, teilweise nahezu unterwuchslos, handelt. In älteren, etwas lichteren Bestandesteilen kommt es zu massenhaftem Fichten-Jungwuchs. Aber auch die Tanne zeigt, wie insbesondere im Bereich einer Vergleichsfläche sichtbar wird, ein hohes Verjüngungspotenzial. In Randbereichen der vorhandenen Abbaufläche treten auch kleinräumig jüngere Waldentwicklungsstadien mit Rotbuche (Fagus sylvatica), Stieleiche (Quercus robur), Hainbuche (Carpinus betulus) und Tanne (Abies alba) auf, was auf die natürlichen Standortpotenziale des Gebietes hinweist.

Aus geologischer Sicht wird das betreffende Areal grob besprochen von silikatischem Ausgangsmaterial gebildet, welches der Molassezone des Inn- und Hausruckviertler Hügellandes angehört. Während die überwiegend oben aufliegenden oberpliozänen Schotter noch relativ wasserdurchlässig sind, stellen die darunter liegenden Sande und Tonmergel bereits teilweise wasserstauende Schichten dar. Die darüber befindlichen, zum Teil etwas pseudovergleyten Braunerden sowie die mittleren Niederschlagsmengen zwischen 1000mm und 1200mm/J und die Seehöhe von rund 550m stellen von Natur aus den idealen Standort für Rotbuchen-reiche Wälder dar, in denen auch Stieleiche und Weißtanne eine maßgebliche Rolle spielen würden.

 

Gutachten

In der Stellungnahme der Umweltanwaltschaft wird ausgeführt, dass es sich beim Rotbuchenwald um die Klimaxgesellschaft in derartigen Höhenlagen handelt und Koniferen, insbesondere die Fichte, unter natürlichen, vom Menschen unbeeinflussten, Bedingungen hier nicht vorkommen würden.

 

Aus Sicht des Unterfertigten stimmt diese Feststellung nur teilweise.

 

Soweit wir heute (insbesondere auch aufgrund pollenanalytischer Untersuchungen) wissen, kam die Fichte aufgrund der Tatsache, dass sie feuchtes und kühles Klima vorzieht, in Mitteleuropa ursprünglich (also vor den starken Eingriffen durch den Menschen) überwiegend in höheren Lagen, ungefähr über 600m vor. Diese Grenze war aber zweifelsohne fließend. Im Übergangsbereich um diese Höhenlage, auf Sonderstandorten wie etwa Mooren, Blockhalden und auch in Auwäldern als Schwemmling sowie die Flusstäler oft begleitenden konglomeratischen Steilhängen, drang die Fichte auch früher zumindest vereinzelt in tiefere Lagen vor. Belege dafür liefern polienanalytische Untersuchungen etwa von F.K (1980), F.X. W (1996) und B & S (1975), die - wenn auch in geringen Mengen - die Fichte in Oberösterreich auch in Höhenlagen unter 500-600m nachweisen. In die breite Zone des Rotbuchenwaldes, der nahezu das gesamte Alpenvorland bis in tiefere Lagen dominierte, drang sie aber kaum vor. Im gegenständlichen Bereich auf einer Seehöhe von ca. 550m ist ein gewisser Anteil der Fichte am natürlichen Waldbild gewiss nicht 100%ig auszuschließen.

Da sich die Umweltanwaltschaft aber nicht nur auf die Fichte sondern auf Koniferen insgesamt bezieht, muss dagegen nun doch ein stärkerer Einwand erhoben werden, da als sicher gelten kann, dass die Tanne hier im ursprünglichen Wald zumindest auf staufeuchten Lehmböden, wie sie teilweise im betroffenen Gebiet vorhanden sind, einen mehr oder weniger hohen Anteil an der Waldbildung gehabt hat. Auch natürliche Anteile der Rotföhre sind zumindest an für die Buche zu trockenen Standorten möglich, im streugenutzten Wald des Mittelalters bis herauf ins 19. Jahrhundert war sie gebietsweise sogar großflächig bestandsbildend, ohne dass sie aufgeforstet worden wäre (was übrigens heute noch im östlichen Mühlviertel der Fall ist). Auch Eiben-Vorkommen sind nicht unwahrscheinlich. Die frühere Verwendung der Eibe (Taxus baccata) für Bögen und Armbrüste hat aber gebietsweise zu deren Ausrottung geführt.

 

In der gegebenen Höhenlage ist daher keineswegs von einem reinen Laub- oder Rotbuchenwald als Klimaxwald auszugehen. Vielmehr ist eine gewisser Anteil an Koniferen und zwar Weißtanne, Fichte, Eibe und Rotföhre in heute unbekanntem Ausmaß, auszugehen. Es spricht aber vieles dafür, dass es sich bei der dominierenden Baumart um die Rotbuche gehandelt hat.

 

Die Aussage, dass für die Waldentwicklung die natürliche potenzielle Vegetation herangezogen werden sollte, wie dies auch sinngemäß mehrfach in den betreffenden Leitbildern für Natur- und Landschaft (NALA, Raumeinheit Inn- und Hausruckviertler Hügelland) zum Ausdruck gebracht wird, wird seitens des Unterfertigten unterstrichen. Als Teil der potenziellen natürlichen Vegetation ist aber, wie geschildert, auch ein gewisser Anteil an den oben genannten Nadelgehölzen anzusehen. Eine Abänderung des vorliegenden Bescheides sollte daher folgendermaßen erfolgen: Neben einem 60%igen Anteil an ursprünglich hier vorkommenden Laubgehölzen sollte ein maximal 40%iger Anteil an Nadelgehölzen erfolgen, wobei sich dieser Anteil gleichmäßig zu jeweils 10% auf Weißtanne, Fichte, Rotföhre und Eibe verteilen sollte. So wird sowohl dem Ansinnen der Umweltanwaltschaft entsprochen, eine Wiederaufforstung entsprechend des Leitbildes der potenziellen natürlichen Vegetation (von der niemand ganz genau weiß, wie sie ausgesehen hat, mit großer Sicherheit aber zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Anteile der genannten Koniferen enthielt) zu erreichen, als auch dem Wunsch des Konsenswerbers nach einem 40%igen Nadelholzanteil.

 

..........

 

Hinsichtlich der Verwendung von bestimmten Laubgehölzen wird seitens des Unterfertigten festgehalten, dass prinzipiell von Natur aus ein Aufwuchs alleine durch Naturverjüngung erfolgt. Dieser sollte in jedem Fall der Vorzug gegeben werden. Es ist aber durchaus verständlich, den Gehölzaufwuchs künstlich beschleunigen zu wollen. Dabei sollten dem Wuchsgebiet und den standörtlichen Gegebenheiten entsprechend nur folgende Laubbaumarten verwendet werden: 70% Rotbuche (Fagus sylvatica), 10% Stieleiche (Quercus robur, die Traubeneiche-Quercus petraea) ist, wie in der landschaftsökologischen Begleitplanung angeführt, keine Art des gegenständlichen Raumes), 5% Hainbuche (Carpinus betulus), 5% Esche (Fraxinus excelsior), 10% Bergahorn (Acer pseudoplatanus). Esche und Bergahorn sollten tendenziell an den beidseitig gelegenen Hangzonen eingebracht werden. Auf die Aufforstung mit Sträuchern (Hartriegel, Weiden, Himbeere, Spindelstrauch, Haselnuss, Schneeball [welcher ist gemeint?], Weißdorn und Schlehe sowie Vorwaldgehölzen wie Birke und div. Weidenarten sollte aus Sicht des Unterfertigten verzichtet werden, da sich diese Gehölze entweder rasch von selbst einstellen werden oder unter Umständen nicht ganz in das gewünschte Bestandesbild eines (vorwiegend) Rotbuchenwaldes passen."

 

4.2. Dieses Vorbringen der F GmbH wurde dem Oö. Umweltanwalt unter Hinweis auf die naturschutzbehördliche Genehmigung der Oö. Landesregierung zur Stellungnahme übermittelt. Der Oö. Umweltanwalt führt in seinem Schreiben vom 25. September 2008 aus, dass im Bescheid des Landeshauptmannes von Oö. vom 21. Juli 2008, UR-2007-7837/31, der zu diesem Zeitpunkt bereits erlassene Bescheid der Oö. Landesregierung als Organ der Landesverwaltung in II. Instanz vom 13. Mai 2008, N-105781/6-2008, in dem der Berufung der Oö. Umweltanwaltschaft zumindest teilweise Folge gegeben worden sei, vollkommen unberücksichtigt bzw. einfach ignoriert worden ist. Demzufolge müsse die Oö. Umweltanwaltschaft konsequenter Weise auch gegen den abfallwirtschaftsrecht­lichen Bescheid berufen. Auf Grund der ident formulierten Auflagenpunkte sah sich die Oö. Umweltanwaltschaft auch nicht veranlasst, den Wortlaut ihrer Berufung wesentlich zu verändern.

 

Bereits im Erstverfahren – Naturschutz der Erweiterung der Kiesgrube "R" sei klar gewesen, dass es sich beim Vorhaben nicht um einen Kiesabbau, sondern auch um eine Wiederverfüllung mit Erdaushub handle. Die Bezirkshauptmannschaft Ried habe somit über das gegenständliche Vorhaben als unzuständige Naturschutzbehörde entschieden. Auf diesen Umstand sei seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates als Berufungsbehörde im AWG-Verfahren auch einzugehen.

 

Die Oö. Umweltanwaltschaft habe ihre Forderung nach 100 % Laubanteil bei den zur Rekultivierung der Erdaushubdeponie zu pflanzenden Gehölzen sowohl naturschutzfachlich als auch unter anderen Aspekten umfassend dargelegt. Angemerkt würde, dass sich Auflage 3. des zweitinstanzlichen Naturschutzbescheides (Laubgehölzanteil von mindestens 70 % und Nadelgehölzanteil von maximal 30 %) mit einer zweitinstanzlichen abfallrechtlichen Bescheidauflage von 100 % Laubgehölzanteil in Übereinstimmung bringen lasse.

 

 

5. Der Unabhängig Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Zunächst wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die bereits im erstinstanzlichen Bescheid zitierten Rechtsgrundlagen des AWG 2002 bzw. Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001 verwiesen.

 

5.2. Das im Punkt 4.1. zitierte Gutachten des Sachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz kann im gegenständlichen Verfahren insofern als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden, da dieses von der Konsenswerberin im Zuge ihrer Stellungnahme zum Berufungsvorbringen als Beweismittel vorgelegt wurde, in der Folge dem Oö. Umweltanwalt zur Kenntnis gebracht wurde, der überdies im naturschutzbehördlichen Verfahren der Oö. Landesregierung als Berufungswerber beteiligt gewesen ist und deshalb von den Inhalten des Gutachtens bereits in Kenntnis war. Insofern können diese Ausführungen des Sachverständigen auch als Beurteilungsgrundlage für die Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates herangezogen werden.

 

In diesem Gutachten stellt der Sachverständige für Natur- und Landschaftsschutz schlüssig und nachvollziehbar dar, dass in der gegebenen Höhenlage keineswegs von einem reinen Laub- oder Rotbuchenwald als Klimaxwald auszugehen ist. Vielmehr ist von einem gewissen Anteil an Koniferen und zwar Weißtanne, Fichte, Eibe und Rotföhre im heute unbekannten Ausmaß auszugehen. Nach Ausführung des Sachverständigen spricht aber vieles dafür, dass es sich bei der dominierenden Baumart um die Rotbuche gehandelt hat.

 

Dem vom Berufungswerber als Begründung für seine Forderung herangezogenen Oö. Umweltbericht ist zu entnehmen, dass der durch den weltweit ungehemmten Ausstoß von Treibhausgasen verursachte Klimawandel zu häufigeren Schadensereignissen mit hohem Schadholzanteil führt. Eine Erhöhung der Stabilität der heimischen Wälder ist daher unbedingt notwendig. Die wichtigsten langfristig wirksamen Maßnahmen in diesem Zusammenhang sind die Erhöhung des Mischholz- und Laubholzanteiles bei der Waldverjüngung und die Beachtung der natürlichen Waldgesellschaft. Mischwälder sind wegen ihrer besseren Struktur deutlich widerstandsfähiger gegen Schnee und Sturm (Oö. Umweltbericht 2006, Seite 85).

 

Die vom Unabhängigen Verwaltungssenat in Anlehnung an die Entscheidung der Oö. Landesregierung als Naturschutzbehörde getroffene Festlegung eines Laubholzanteiles von mindestens 70 %, die zudem dem Antrag der Konsenswerberin im Berufungsverfahren entspricht, erfüllt die vom Oö. Umweltbericht als langfristig wirksam vorgesehene Maßnahme bei der Waldverjüngung. Ausgehend vom Umstand, dass die Rekultivierungsfläche derzeit einen vorwiegend aus Fichten bestehenden Wirtschaftswald darstellt, bringt die Wiederbewaldung im Zuge der Rekultivierungsmaßnahmen der gegenständlichen Bodenaushubdeponie die vom Oö. Umweltbericht vorgesehene Erhöhung des Mischholz- und Laubholzanteils bei der Waldverjüngung und geht in Richtung der auch von der Oö. Umweltanwaltschaft dargestellten natürlichen Waldgesellschaft. Zudem ist zu bemerken, dass einerseits beim gegenständlichen Vorhaben auch Sukzessionsflächen vorgesehen sind, die dem natürlichen Anflug überlassen werden, andererseits durch die nunmehr vorgeschrieben Rekultivierung jedenfalls der Laubholzanteil in Bezug auf der derzeit bestehenden Zustand wesentlich erhöht wird.

 

Weiters ist anzumerken, dass eine nachvollziehbare Begründung für die Forderung nach 100 % Laubholzanteil von der Oö. Umweltanwaltschaft nicht gegeben wird und diese Forderung jedenfalls mit den Ausführungen im Oö. Umweltbericht,  der - wie bereits erwähnt – von langfristig wirksamen Maßnahmen in Form der Erhöhung des Mischholz- und Laubholzanteils bei der Waldverjüngung und der Beachtung der natürlichen Waldgesellschaft spricht, nicht in Einklang steht. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass im Oö. Umweltbericht allein die natürliche Waldgesellschaft als Leitbild heranzuziehen ist.

 

Aus diesen Erwägungen war daher der Forderung der Oö. Umweltanwaltschaft nach 100 % Laubanteil bei der Rekultivierung der gegenständlichen Bodenaushubdeponie nicht Rechnung zu tragen, allerdings im Hinblick auf konforme naturschutzbehördliche Vorschreibungen eine entsprechende Anpassung an die bereits von der Oö. Landesregierung als Naturschutzbehörde getroffene Festlegung hinsichtlich der Rekultivierung durchzuführen.

 

Die von der Oö. Umweltanwaltschaft aufgeworfene Frage der Unzuständigkeit der BH Ried als Naturschutzbehörde ist dahingehend zu beantworten, dass gemäß § 68 AVG der Unabhängige Verwaltungssenat nicht als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde fungiert und deshalb diesbezüglich keine Entscheidung zu treffen hat. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass auch von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde, der Oö. Landesregierung als Naturschutzbehörde II. Instanz eine die Erstinstanz bestätigende Entscheidung getroffen wurde. Die F GmbH hat mit der gegenständlichen abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung das Recht erhalten hat, auf der gegenständlichen Fläche eine Bodenaushubdeponie zu errichten. Für den Fall der Errichtung der Bodenaushubdeponie sind entsprechende Rekultivierungsmaßnahmen durchzuführen. Das bedeutet, dass die F GmbH nicht zwingend die gegenständliche Bodenaushubdeponie zu errichten hat. Andererseits besitzt die F GmbH auch die Genehmigung zur Schottergewinnung. Für den Fall, dass von der F GmbH die Genehmigung zur Schottergewinnung in Anspruch genommen wird, treten die Rekultivierungspflichten, welche von der Naturschutzbehörde vorgeschrieben wurden, in Geltung. Unter diesen Gesichtspunkten sind die naturschutzbehördlichen Zuständigkeiten von den jeweils zuständigen Behörden in Anspruch genommen worden.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

 

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