Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251371/65/Py/Ba

Linz, 27.11.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung der Frau F K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, S, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. vom 10. Jänner 2006, SV96-20-2005-Shw, wegen einer Übertretung des Ausländerbe­schäftigungs­gesetzes (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrens­kostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF iVm Art. 140 Abs.7 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF

Zu II.:  § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom         10. Jänner 2006, SV96-20-2005-Shw, wurde die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) für schuldig erkannt, es als persönlich haftende Gesellschafterin und somit zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma T G KEG, B, E, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten zu haben, dass die KEG als Arbeitgeberin den türkischen Staatangehörigen Ü C, geb., beschäftigt hat, obwohl für diesen weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt, noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder Niederlassungsnachweis ausgestellt worden war. Über die Bw wurde wegen Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden verhängt.

 

2. Dagegen brachte die Bw mit Schreiben vom 26. Jänner 2006, bei der Erstbehörde eingelangt am 30. Jänner 2006, rechtzeitig Berufung ein. Mit Bescheid vom 14. August 2007, VwSen-251371/47/Py/Da, hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

3. Dieser Bescheid wurde aufgrund der dagegen von der Bw erhobene Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 6. November 2008, B 1817/07-10 gemäß Art. 144 B-VG behoben und ausgesprochen, dass die beschwerdeführende Partei wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt ist.

 

Mit Erkenntnis vom 6. November 2008, Zl. G 86,87/08-15, hat der Verfassungsgerichtshof in § 51 Abs.7 Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl.I Nr. 158/1998, die Wortfolge ", in dem nur dem Beschuldigten das Recht der Berufung zusteht," als verfassungswidrig aufgehoben und festgestellt, dass die in Prüfung gezogene Wortfolge auf die am 9. Oktober 2008 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren, denen ein Bescheid zugrunde liegt, der nach Ablauf der fünfzehnmonatigen Frist des § 51 Abs.7 VStG erlassen wurde (mit Ausnahme von Privatanklagesachen), nicht mehr anzuwenden ist, die Aufhebung mit 31. Oktober 2009 in Kraft tritt und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten.

 

Gemäß Art. 140 Abs.7 B-VG sind, wenn ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden ist oder der Verfassungsgerichthof gemäß Abs.4 ausgesprochen hat, dass ein Gesetz verfassungswidrig war, alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs.5 gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden.

 

Der Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 14. August 2007, VwSen-251371/47/Py/Da, bildete somit einen Anlassfall für das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, mit dem die Wortfolge ", in dem nur dem Beschuldigten das Recht der Berufung zusteht," in § 51 Abs.7 VStG aufgehoben wurde.

 

§ 51 Abs.7 VStG in der gemäß Art. 140 Abs.7 B-VG für das gegenständliche Verfahren anzuwendenden Fassung aufgrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 6. No­vember 2008, G 86,87/08, lautet: "Sind in einem Verfahren seit dem Einlangen der Berufung gegen ein Straferkenntnis 15 Monate vergangen, so tritt das Straferkenntnis von Gesetzes wegen außer Kraft; das Verfahren ist einzustellen. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist in diese Frist nicht einzurechnen."

 

Die gegenständliche Berufung ist bei der Erstbehörde am 30. Jänner 2006 eingelangt. Die in § 51 Abs.7 VStG unter Berücksichtigung des genannten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes festgesetzte Frist endete am 30. April 2006. Der Ablauf dieser Frist bildet somit einen Strafaufhebungsgrund, weshalb das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 10. Jänner 2006, SV96-20-2005-Shw, aufzuheben und das Verwaltungsstraf­verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z 2 VStG einzustellen war.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

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