Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163556/6/Zo/OM

Linz, 01.12.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des J G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E K, A, L, vom 12.09.2008, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 28.08.2008, Zl. VerkR96-1086-2008, wegen Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Zurückweisung eines Einspruches als verspätet nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 24.11.2008 zur Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 und 71 Abs.1 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 51e VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 05.06.2008 abgewiesen und den Einspruch vom 05.06.2008, gegen die Strafverfügung vom 25.03.2008, als verspätet zurückgewiesen.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber geltend, dass er am letzten Tag der Einspruchsfrist an einer Disziplinarsitzung der Rechtsanwaltskammer teilgenommen habe und erst nach Büroschluss in seine Kanzlei zurückgekehrt sei. Zu diesem Zeitpunkt sei der Akt ordnungsgemäß abgelegt gewesen, weshalb er davon ausgegangen sei, dass seine langjährige Kanzleileiterin den Einspruch auftragsgemäß per Fax abgesendet habe. Es habe sich um eine zuverlässige Kanzleikraft gehandelt und nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei es nicht notwendig, die tatsächliche Durchführung der Absendung nochmals durch den Anwalt zu überprüfen. Der Umstand, dass seine Kanzleileiterin aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen vergessen hatte, den Einspruch per Fax abzusenden, sei daher ein für ihn unvorhersehbares Ereignis gewesen, an welchem ihn kein Verschulden treffe. Es hätte daher seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattgegeben werden müssen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Freistadt hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben, durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 24.11.2008. An dieser hat der Vertreter des Berufungswerbers teilgenommen, die Erstinstanz war entschuldigt. Als Zeugin wurde die Kanzleileiterin des Rechtsanwaltes befragt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt:

 

Gegen den Berufungswerber wurde eine Anzeige erstattet, weil er seinen beiden Söhnen ein Pocket Bike sowie ein Motorfahrrad zum Lenken auf Straßen mit öffentlichem Verkehr überlassen habe. Im gegenständlichen Verfahren wurde dem Berufungswerber die Strafverfügung am 31.03.2008 zugestellt (das Datum auf dem Rückschein, 30.03.2008, ist offenkundig falsch, weil es sich dabei um einen Sonntag gehandelt hat) und der Berufungswerber hat daraufhin mit seinem Vertreter Kontakt aufgenommen. Am 05.04.2008 hat der Vertreter des Berufungswerbers mit diesem den Sachverhalt besprochen und in der darauffolgenden Woche noch ein weiteres Telefonat geführt. Am Wochenende vor dem 14.04.2008 hat er den gegenständlichen Einspruch diktiert und am Montag, den 14.04.2008, Vormittag seiner Kanzleileiterin, Frau E, zum Schreiben übergeben. Er hat diesen am Vormittag des 14.04.2008 unterfertigt und seiner Kanzleileiterin den Auftrag erteilt, den Einspruch noch am selben Tag per Telefax an die Bezirkshauptmannschaft Freistadt zu schicken. In weiterer Folge musste er gegen Mittag die Kanzlei verlassen, um an einer Sitzung des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer teilzunehmen.

 

Die Kanzleileiterin, welche bereits seit zwölf Jahren in seiner Kanzlei beschäftigt ist, legte den Akt mit dem abzusendenden Einspruch auf den Stapel zum Faxgerät. Dabei handelt es sich um eine seit Jahren praktizierte und bewährte Vorgangsweise, wonach eben derartige Schriftstücke direkt neben das Faxgerät gelegt werden und dann im Laufe des Nachmittages von einer der beiden im Büro befindlichen Sekretärinnen abgesendet werden. Normalerweise wird die Sendebestätigung zum jeweiligen Schriftstück gegeben und die Akte werden wieder auf den Schreibtisch, an welchem die Sekretärinnen arbeiten, zurückgebracht. Von dort werden sie vor Büroschluss, meistens von der Kanzleileiterin, in den Aktenschrank gegeben, wobei ein entsprechender Bearbeitungstermin in die EDV eingetragen wird. Im konkreten Fall wurde vergessen, den Einspruch per Telefax zu übermitteln, wobei die konkreten Gründe dafür nicht mehr nachvollzogen werden können. Vermutlich wurde wegen einer telefonischen Rückfrage nochmals in den Akt Einsicht genommen und dann vergessen, ihm wieder auf jenen Stapel zu legen, auf dem sich die abzusendenden Schriftstücke befinden.

 

Zur Terminvormerkung bzw. Fristenkontrolle ist anzuführen, dass in der Rechtsanwaltskanzlei ein Fristenkalender geführt wird, wobei die am jeweiligen Tag wahrzunehmenden Fristen vor Büroschluss von der Kanzleileiterin oder einem der beiden Anwälte auf dem Kalender überprüft werden. Dies allerdings, ohne nochmals in die jeweiligen Akte konkret Einsicht zu nehmen. Die gegenständliche Einspruchsfrist war nicht im Fristenkalender vermerkt, sondern auf dem vom Vertreter des Berufungswerbers selbst geführten persönlichen Bürokalender. Auf diesem hat der Vertreter des Berufungswerbers die von ihm wahrzunehmenden Termine vermerkt, wobei bis zu diesem Vorfall fristgebundene Eingaben – wenn sie der Vertreter des Berufungswerbers auf seinem eigenen Kalender vermerkt hatte – nicht zusätzlich im Fristenkalender der Kanzlei eingetragen wurden.

 

Bis zum gegenständlichen Vorfall hat es in der Kanzlei keine Probleme mit der Einhaltung von Fristen gegeben, in der Kanzlei arbeiten zwei Rechtsanwälte sowie drei Sekretärinnen.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 71 Abs.1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn

1.     die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und

2.     sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

5.2. Der Berufungswerber verwies zutreffend auf die Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach bloß manipulative Tätigkeiten, wie z.B. das Absenden eines Schriftstückes, vom Rechtsanwalt nicht persönlich überwacht werden müssen. Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings auch bereits mehrfach ausgesprochen (siehe z.B. das Erkenntnis 97/07/0179), dass sich eine Partei im Fall der Übermittlung eines Telefax davon zu überzeugen hat, ob die Übertragung erfolgreich durchgeführt worden ist. In diesem Sinne wäre es jedenfalls erforderlich gewesen, das Sendeprotokoll des Einspruches zu überprüfen. Diese Überprüfung hätte sinnvollerweise vor Ablage des Aktes durchgeführt werden müssen, um eben ein Fristversäumnis zu verhindern.

 

Ein weiterer Grund für die fehlende Überprüfung der Fristeinhaltung ist wohl in dem Umstand gelegen, dass die konkrete Frist nicht im Fristenkalender der Kanzlei, sondern nur im persönlichen Handkalender des Vertreters eingetragen war. Dieser Umstand kann leicht dazu führen, dass bei der Kontrolle des Fristenkalenders der konkrete Akt übersehen wird. Es ist auch zu verlangen, dass eine Frist im Fristenkalender erst dann gestrichen wird, wenn die Absendung des konkreten Schriftstückes auch tatsächlich überprüft wird. Es wäre also erforderlich, vor dem Streichen der Frist nochmals in den gegenständlichen Akt Einsicht zu nehmen und die Absendung zu überprüfen. Erst dann kann die Frist gestrichen und der Akt auf Termin gelegt werden. Eine derartige Organisation des Kanzleibetriebes ist nach den Erfahrungen des zuständigen Mitgliedes des Unabhängigen Verwaltungssenats keineswegs unzumutbar sondern entspricht der vielfach geübten Praxis. Die Kanzlei des Berufungswerbers war daher nicht so organisiert, dass Fristversäumnisse nach menschlichem Ermessen weitestgehend ausgeschlossen werden können. Auch wenn es in der Vergangenheit noch nie zu einem ähnlichen Vorfall gekommen ist, ändert dies nichts daran, dass die mangelhafte Organisation ein Verschulden des Rechtsvertreters des Berufungswerbers bildet, welches den minderen Grad des Versehens übersteigt.

 

Die Erstinstanz hat daher im Ergebnis den Antrag auf Wiedereinsetzung zu Recht abgewiesen, weshalb der am 05.06.2008 eingebrachte Einspruch verspätet war. Die Berufung war daher abzuweisen.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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