Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163678/2/Ki/Jo

Linz, 26.11.2008

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des M S, L, U, vom 5. September 2008 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 29. August 2008, VerkR96-12426-2008, wegen Übertretungen der StVO 1960 und des KFG 1967 zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Bezüglich Punkt 1 wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, dass die verhängte Geldstrafe auf 66 Euro herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

  Bezüglich Punkt 2 wird der Berufung Folge gegeben, diesbezüglich       wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren    eingestellt.

 

  II.      Bezüglich Punkt 1 wird der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der erstinstanzlichen Behörde auf 6,60 Euro herabgesetzt. Für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist kein Kostenbeitrag zu entrichten.

 

  Bezüglich Punkt 2 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher   Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG;

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat unter VerkR96-12426-2008 vom 29. August 2008 gegen den Berufungswerber nachstehendes Straferkenntnis erlassen:

 

"Sehr geehrter Herr S!

 

Sie haben folgende Verwaltungsübertretung(en) begangen:

 

Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

 

1. Sie haben im angeführten Bereich, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liegt, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 28 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.

 

Tatort: Gemeinde Seewalchen am Attersee, Landesstraße Freiland, Nr. 1274 bei km 10.574 in Fahrtrichtung Gampern

 

Tatzeit: 15.03.2008 gegen 16:10 Uhr.

 

Sie haben folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 52 lit. a Ziff. 10 a StVO

 

2. Sie haben als Zulassungsbesitzer des KFZ, Kennzeichen  trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 17.07.2008, VerkR96-12426-2008, der Behörde nicht Auskunft darüber erteilt, wer dieses Fahrzeug am 15.03.2008 um 16.10 Uhr gelenkt hat oder wer diese Auskunft erteilen kann.

 

Tatort: Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck

 

Tatzeit: 05.08.2008, 00.00 Uhr

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 103 Abs. 2 KFG 1967

 

Fahrzeug:

Kennzeichen , Personenkraftwagen M1, BMW 316 i, rot

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

 

Geldstrafe von                        Falls diese uneinbringlich                      Gemäß

                                               ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

72,00 Euro                    48 Stunden                               § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960

72,00 Euro                    48 Stunden                               § 134 Abs. 1 KFG 1967

 

Gesamt                         Gesamt

144,00 Euro                  96 Stunden

 

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung der Vorhaft):

---

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

14,40 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

0,00 Euro als Ersatz der Barauslagen für –

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

158,40 Euro."

 

1.2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 5. September 2008 Berufung erhoben und ausgeführt, dass er die Geldstrafe für die Geschwindigkeitsüberschreitung bereits am 25. Juli 2008 nachweislich bezahlt habe. Diesbezüglich legte er eine Einzahlungsbestätigung betreffend eine SB-Überweisung vor. Somit sei für ihn der in Punkt 2 angeführte Tatbestand anerkannt und die Auskunftspflicht hinfällig gewesen, weil er ja die Strafe bezahlt hätte. Ebenso sei eine weitere Amtshandlung oder mündliche Rechtfertigung nicht nötig gewesen.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 16. Oktober 2008 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil im Bescheid keine 500 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Mit Anzeige der Polizeiinspektion S vom 21. März 2008, wurde der Berufungswerber beschuldigt, er habe am 15. März 2008 um 16.10 Uhr im Bereich der Gemeinde Seewalchen am Attersee, Landstraße-Freiland L1274, Strkm. 10.574, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liegt, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 28 km/h überschritten.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat wegen dieser Verwaltungsübertretung zunächst gegen den Berufungswerber eine Strafverfügung (VerkR96-12426-2008 vom 13. Juni 2008) erlassen, gegen diese Strafverfügung hat der Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 23. Juni 2008 rechtzeitig Einspruch erhoben.

 

In der Folge hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck Herrn S mit Schreiben vom 17. Juli 2008, VerkR96-12426-2008, zur Rechtfertigung aufgefordert. Unter Punkt 1 dieses Schreibens wurde ihm die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung vorgeworfen. Gleichzeitig wurde er unter Punkt 2 als Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 unter Strafdrohung zur Lenkerauskunft aufgefordert.

 

Letztlich wurde das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer unter anderem als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

 

Gemäß § 52 lit.a Z10a StVO 1960 zeigt das Zeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

Das durchgeführte Verfahren hat ergeben, dass der Berufungswerber diese ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung verwirklicht hat, letztlich wurde sie auch schlüssig eingestanden, indem Herr S den mit der Strafverfügung festgesetzten Geldbetrag mittlerweile nachweislich einbezahlt hat.

 

Diese Einzahlung des Strafbetrages steht aber der Rechtmäßigkeit des erlassenen Straferkenntnisses grundsätzlich nicht im Wege, zumal durch den gegen die Strafverfügung erhobenen Einspruch vom 23. Juni 2008 diese von Gesetzes wegen außer Kraft getreten ist.

 

Nachdem in diesem Punkt auch keine Umstände hervorgekommen sind, welche den Rechtsmittelwerber im Bereich des subjektiven Tatbestandes entlasten würden (§ 5 VStG) ist der Schuldspruch zu Recht erfolgt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht jedoch davon aus, dass der vom Berufungswerber nachweislich bereits einbezahlte Strafbetrag angerechnet wird.

 

Zur Straffestsetzung (§ 19 VStG) wird auf die Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses verwiesen. In Anbetracht der geschätzten und unwidersprochen gebliebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich jedoch, dass eine Reduzierung der Geldstrafe auf das nunmehr festgelegte Ausmaß vertretbar ist.

 

Grundsätzlich muss jedoch festgestellt werden, dass Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit darstellen, zumal diese Umstände häufig Ursache für Verkehrsunfälle sind. Im Interesse der Verkehrssicherheit ist daher aus generalpräventiven Gründen eine entsprechend strenge Bestrafung geboten und es ist überdies auch auf spezialpräventive Gründe Bedacht zu nehmen.

 

In Anbetracht dieser Umstände wird eine weitere Herabsetzung der Geldstrafe bzw. eine Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe als nicht für vertretbar erachtet.

 

3.2. Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten  Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe- oder Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Dazu wird zunächst festgestellt, dass nach der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention ein derartiges Auskunftsverlangen nach Kriterien der österreichischen Rechtsordnung zulässig ist (EGMR 10. April 2008, Beschwerden 58452/00 und 61920/00, Lückhof und Spanner gegen Österreich). Allerdings ist aus der gegenständlichen Judikatur auch die Intention abzuleiten, dass eine unzulässige Selbstbezichtigung dann nicht vorliegt, wenn das solcher Art beschaffte Beweismaterial nicht unfair verwendet bzw. das Gebot der Fairness nicht verletzt wird.

 

Weiters wird festgestellt, dass es grundsätzlich auch zulässig ist, die betreffende Person nach Durchführung des Beweisverfahrens sowohl wegen des Grunddeliktes als auch wegen einer allfälligen Nichterteilung der Auskunft zu bestrafen.

 

Im vorliegenden Falle wurde jedoch das Auskunftsbegehren zugleich mit einer Aufforderung zur Rechtfertigung wegen des Grunddeliktes gestellt und es erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass eine Verknüpfung dieser Umstände nicht der gebotenen Fairness entspricht. Einerseits wird der Beschuldigte im Verwaltungsstrafverfahren aufgefordert, sich zu rechtfertigen, wobei es ihm als Beschuldigten anheim gestellt wird, sich in jede Richtung zu verteidigen. Andererseits wird er jedoch unter einem im Administrativverfahren nach § 103 Abs.2 KFG 1967 unter Strafdrohung aufgefordert, den Lenker bekannt zu geben.

 

Es mag zutreffen, dass eine derartige Vorgangsweise als verfahrensökonomisch und kostengünstig angesehen werden kann. In Anbetracht dessen, dass, jedenfalls nach Auffassung des erkennenden Mitgliedes des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich, eine derartige Vorgangsweise dem Gebot der Fairness bei der Beweisaufnahme widerspricht, wird auf den konkreten Fall bezogen diese Vorgangsweise im Zusammenhang mit einem Auskunftsverlangen als unzulässig erachtet und es war der Beschuldigte daher nicht verpflichtet, dieser Aufforderung nachzukommen.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Nachdem, wie oben dargelegt wurde, der Berufungswerber im konkreten Falle zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war, hat er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen. Es konnte daher bei gleichzeitiger Aufhebung dieses Punktes im Straferkenntnis und Einstellung des diesbezüglichen Verfahrens der Berufung Folge gegeben werden.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Alfred Kisch

 

 

 

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