Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530845/2/Re/Sta

Linz, 09.12.2008

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung der R D, T, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K M, W , A, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. vom 22. April 2008, Ge-0603-5019, betreffend die Verfügung von einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen gemäß § 360 Abs.1 GewO 1994,  zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid vom
22. April 2008, Ge-0603-5019, wird behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG)

§§ 359a und 360 Abs.1 Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem bekämpften Bescheid vom 22. April 2008, Ge-0603-5019, hat die Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. gegenüber der Berufungswerberin gemäß § 360 Abs.1 GewO 1994 die Betriebseinstellung einer Diskothek im Keller des Gasthauses im Standort U, T, mit sofortiger Wirkung verfügt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, der Betrieb der Diskothek sei mit 18. März 2002 eingestellt worden. Eine Neuanmeldung sei erst am 13. März 2008 erfolgt, weshalb die gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung für die Diskothek, weil über einen Zeitraum von mehr als 5 Jahren nicht mehr betrieben, ex lege erloschen sei. Die Genehmigungspflicht der Anlage ergäbe sich auf Grund ihrer Eignung, Nachbarn durch Lärm zu belästigen.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die von der Anlageninhaberin R D, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K M, A, mit Schriftsatz vom 17. Juli 2008, gleichzeitig mit einem eingebrachten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, welcher inzwischen positiv beschieden wurde, eingebrachte Berufung. Begründend wird darin vorgebracht, die Auffassung der belangten Behörde, der Betrieb der Diskothek im Keller des Gasthauses im Standort T, U, sei mit Wirkung vom 18. März 2008 (gemeint wohl richtig: 18. März 2002) eingestellt worden und sei das Gastgewerbe gemäß § 111 Abs.1 Z2 GewO, eingeschränkt auf die Verabreichung von kleinen Imbissen und den Ausschank von Getränken in der Betriebsart Diskothek am 13. März 2008 wieder angemeldet worden, die Betriebsanlagengenehmigung daher ex lege erloschen, sei nicht zutreffend. Die Genehmigung für den Umbau der Diskothek sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. vom 9. April 2007 (gemeint wohl: 9. April 1987, Ge-0603-5019), gewerberechtlich erteilt worden. Die Diskothek sei auch nach Endigung der Gewerbeberechtigung des Herrn K D im Rahmen des Gasthausbetriebes der Ehegatten D weiter mitbenutzt worden. Die Diskothek sei bei Hochzeitsfeiern und Vereinsfeiern verwendet bzw. geöffnet worden. Weiters sei die Diskothek in den Jahren 2006 bis 2008 an Vereine in Bestand gegeben worden. Auch der Ortsjugendtag der Jungen ÖVP T sei in der Diskothek abgehalten worden. Dies sei den vorliegenden Einladungen aus den Jahren 2004 bis 2008 zu entnehmen. Darüber hinaus sei der Einschreiterin keine angemessene Frist eingeräumt worden, einen der Rechtsordnung entsprechenden Zustand herzustellen. Ein der Rechtsordnung entsprechender Zustand sei nicht notwendigerweise die Einstellung des Betriebes. Es sei nicht geklärt, ob die Genehmigung erloschen sei, zumal auch nach Beendigung des Pachtverhältnisses D auf Basis des Grundkonsenses vom 9. April 1987 die Betriebsanlage weiterhin in regelmäßigen Abständen genutzt worden sei. Der der Rechtsordnung entsprechende Zustand sei auch durch eine entsprechende Beantragung eines Betriebsanlagenbewilligungsverfahrens herstellbar gewesen. Dies sei jedoch innerhalb einer Frist von lediglich 5 Tagen unmöglich.  

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994  iVm
§ 67a  Abs.1 AVG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu  Ge-0603-5019 sowie Durchführung ergänzender Ermittlungen zur Gewerbeausübung im Standort U.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

 

In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z1, 2 oder 3 besteht, unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens, den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß  § 367 Z25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 78 Abs. 2, § 79 c Abs. 4 oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes, zu verfügen.

 

Bei den Übertretungen gemäß § 366 Abs.1, Z1, 2 oder 3 der GewO 1994 handelt es sich um die Straftatbestände der Gewerbeausübung ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben (Z1), des Errichtens oder Betreibens einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung (Z2) bzw. des Änderns einer genehmigten Betriebsanlage oder des Betriebes derselben nach einer Änderung ohne erforderliche Genehmigung.

 

Als allgemeine Voraussetzung für ein Vorgehen nach § 360 der Gewerbeordnung 1994 führt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur für die Verfügung von Maßnahmen die tatsächliche Ausübung der Tätigkeit bzw. den tatsächlichen Betrieb der Betriebsanlage an.  Der normative Inhalt des § 360 Abs.1 leg.cit. setzt für die Anordnung jeweils notwendiger Maßnahmen das weiterhin gegebene Nichtvorliegen eines der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes voraus (VwGH 20.1.1987, 86/04/0139). Dabei darf die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes durch jeweils notwendige Maßnahmen lediglich der "contrarius actus" zu jenen Zuwiderhandlungen sein, hinsichtlich derer der Verdacht einer Verwaltungsübertretung besteht.

 

Die in § 360 Abs.1 GewO 1994 geregelte Ermächtigung zur Verfügung einstweiliger Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen hat zur Voraussetzung, dass eine solche Maßnahme erst nach einer entsprechenden Aufforderung (Verfahrensanordnung) zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes gesetzt werden darf. Dabei bedeutet die "Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes" die Wiederherstellung jener Sollordnung, die sich aus den in Betracht kommenden gewerberechtlichen Bestimmungen ergibt, also etwa die Einstellung der unbefugten Gewerbeausübung, die Einstellung des unbefugten Errichtens oder Betreibens einer Betriebsanlage, die Schließung des gesamten Betriebes, die Einhaltung einer Bescheidauflage etc.

 

Gemäß § 80 Abs. 1 GewO 1994 erlischt die Genehmigung der Betriebsanlage, wenn der Betrieb der Anlage nicht binnen 5 Jahren nach erteilter Genehmigung und zumindest einem für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teil der Anlage aufgenommen oder durch mehr als 5 Jahre in allen für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teilen der Anlage unterbrochen wird... .

 

Dem Verfahrensakt ist zu entnehmen, dass die gegenständliche Diskothek betriebsanlagenrechtlich zuletzt mit Bescheid vom 9. April 1987 behandelt wurde. Mit diesem Bescheid wurde dem Herrn F D die betriebsanlagen­rechtliche Genehmigung für den Umbau der bestehenden Diskothek einschließlich des Einbaues einer neuen Entlüftungsanlage im Standort T unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Im Rahmen der zuvor durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde festgehalten, dass Projektsgegenstand die grundlegende Renovierung der bestehenden, gewerberechtlich genehmigten Diskothek sei. Der Raum befinde sich im Kellergeschoss des Gastwirtschaftsgebäudes. Die sanitären Anlagen liegen im Erdgeschoss. Fließendes Wasser sei installiert, eine Kochgelegenheit sei nicht vorhanden. Für die ausreichende Lüftung werde eine Lüftungsanlage eingebaut. Dabei wurden im Diskoraum 2 Abluftschächte installiert.

 

Darüber hinaus ist dem Verfahrensakt zu entnehmen, dass laut Gewerberegister

im Zeitraum 19. Dezember 1985 bis 10. Februar 2004 das Gastgewerbe gemäß
§ 142 Abs.1 Z1 bis 4 GewO 1994 im Standort U,  T, für R D in der Betriebsart Gasthaus, seit 10. Februar 2004 ebenfalls in der Betriebsart Gasthaus für F D angemeldet war.

Weiters scheint im Gewerberegister R D im Zeitraum 19. Dezember 1985 bis 7. Juli 2000 mit der Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe gemäß § 142 Abs.1 Z2, eingeschränkt auf kleine Imbisse, 3 und 4 GewO 1994 in der Betriebsart "Bar" auf. Die selbe Betriebsart "Bar" führte im gegenständlichen Standort vom 2. Februar 2001 bis 18. März 2002 K D.

 

Schließlich wurde mit 13. März 2008 durch R D die Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe gemäß § 111 Abs.1 Z2 GewO 1994, eingeschränkt auf die Verabreichung von kleinen Imbissen und den Ausschank von Getränken in der Betriebsart "Diskothek" angemeldet.

 

Erwiesen steht somit fest, dass im gegenständlichen Standort U (früher T) zumindest seit 19. Dezember 1985 das Gastgewerbe angemeldet war und ausgeübt wurde. Dies zum Teil mit verschiedenen Gewerbeinhabern und zum Teil in unterschiedlichen Räumlichkeiten. Eine dieser Räumlichkeiten befindet sich im Keller des Objektes des Gewerbestandortes und wurde zum Teil in der Betriebsart Bar bzw. zum Teil in der Betriebsart Diskothek benutzt. Offensichtlich im Erdgeschoss des Objektes des Gewerbestandortes wurde das Gastgewerbe durchgehend in der Betriebsart Gasthaus ausgeführt.

 

Im Sinne des dem gewerberechtlichen Betriebsanlagenregime zu Grunde liegenden Grundsatzes der "Einheit der Betriebsanlage" ist im gegenständlichen Falle jedenfalls von einer Betriebsanlage auszugehen, da der hiefür erforderliche örtliche Zusammenhang aller Anlagenteile im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zweifelsfrei vorliegt. Die gastgewerbliche Betriebsanlage im Standort U stellt demnach gewerberechtlich ein einheitliches Objekt dar. Dem Verfahrensakt ist hiezu darüber hinaus zu entnehmen, dass WC-Anlagen für die im Keller befindlichen gastgewerblichen Räumlichkeiten im Erdgeschoss, somit im Geschoss, wo auch die Räumlichkeiten des Gasthauses liegen, situiert sind.

 

Das gegenständliche Objekt ist somit grundsätzlich durchgehend seit
19. Dezember 1985 der Ausübung des Gastgewerbes gewidmet, wenn auch im Untergeschoss zum Teil mit geänderten Betriebsarten bzw. auch einer kurzfristigen, ca. 13-monatigen Verpachtung.

 

Im Sinne der dem gegenständlichen bekämpften Bescheid zu Grunde liegenden Bestimmung des § 80 Abs.1 GewO 1994 ist es für das Erlöschen einer Betriebsanlage jedoch erforderlich, dass der Betrieb der Anlage durch mehr als
5 Jahre in allen für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teilen der Anlage unterbrochen wird. Zutreffenderweise wird im bekämpften Bescheid darauf hingewiesen, dass unter dem Betrieb der Anlage jedenfalls nur der Betrieb der genehmigten Anlage zu verstehen ist. § 80 GewO 1994 bezieht sich somit – auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes – nicht auf eine allenfalls strafrechtlich relevante konsenslose Tätigkeit (VwGH 9.10.1981, 04/02678/78). Unter "Betrieb der Anlage" ist der konsensgemäße Betrieb der genehmigten Anlage zu verstehen und ist im gegenständlichen Zusammenhang jedenfalls im Zeitraum 1985 bis zur Gegenwart die Ausübung des Gastgewerbes im gegenständlichen Standort unbestritten. Im Sinne des oben zitierten Grundsatzes der Einheit der Betriebsanlage ist daher in der Folge davon auszugehen, dass im Standort Untertreubach 1 eine Betriebsunterbrechung in allen für die Erfüllung des Anlagenzweckes wesentlichen Teilen der Anlage, wie in § 80 Abs.1 GewO 1994 gefordert, nicht vorliegt.

 

Darüber hinaus konnte auch erhoben werden bzw. wurde von der Berufungswerberin glaubhaft dargelegt, dass die gastgewerblichen Räumlichkeiten im Kellergeschoss auch im Rahmen des Gasthausbetriebes (wie zB bei Hochzeitsfeiern oder Vereinsfeiern) mitverwendet wurden.

 

Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass eine mehr als 5-jährige Unterbrechung sämtlicher für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teile der gastgewerblichen Betriebsanlage im gegenständlichen Standort nicht vorliegt, weshalb auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden war.

 

Aus verfahrensökonomischen Gründen wird die Berufungswerberin jedenfalls darauf hingewiesen, dass im Zusammenhang mit dem offenbar beabsichtigten Weiterbetrieb der "Diskothek" im Kellergeschoss zu prüfen sein wird, ob gegebenenfalls in welchem Umfang, Änderungen derselben einer Genehmigungspflicht im Grunde des § 81 GewO 1994 unterliegen. Die Berufungswerberin wird darauf hingewiesen, dass selbst die Installierung einer neuen Musikanlage einen genehmigungspflichtigen Änderungstatbestand darstellen kann und zB nur in dem Fall des § 81 Abs.2 Z5 lediglich anzeigepflichtig ist, wenn es sich um einen Ersatz von gleichartigen Maschinen, Geräten oder Ausstattungen etc. handelt. Es wird daher Aufgabe der Anlageninhaberin sein, vor Inbetriebnahme der Diskothek den tatsächlich genehmigten Umfang derselben zu erheben bzw. mit der Gewerbebehörde
I. Instanz abzuklären.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Dr. Reichenberger