Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590192/4/SR/Sta

Linz, 15.12.2008

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender Dr. Alfred Grof, Beisitzerin Mag. Gerda Bergmayr-Mann, Berichter Mag. Christian Stierschneider) über die Berufung der W S, vertreten durch den Obmann M Lr, A D, M, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22. Juli 2008, SanRB-121511/3-2008-Hau, wegen der Anordnung von Maßnahmen nach dem Bundesgesetz über Sicherheitsanforderungen und weitere Anforderungen an Lebensmittel, Gebrauchsgegenstände und kosmetische Mittel zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher (Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG), BGBl I Nr. 13/2006, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 121/2008, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG; § 39 LMSVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat mit Bescheid vom 22. Juli 2008, GZ.: SanRB-121511/3-2008-Hau, der "W S, S" gemäß § 39 Abs. 1 LMSVG wie folgt aufgetragen:

 

"I. Für das In-Verkehrbringen von Trinkwasser aus der Trinkwasserversorgungsanlage der W S, S, werden nachstehende Maßnahmen und Vorkehrungen angeordnet:

a) Bis spätestens 31. Dezember 2008 ist eine der folgenden Maßnahmen zur dauerhaften Sicherstellung der Trinkwasserqualität zu treffen:

-        Einrichtung eines dem Stand der Technik entsprechenden Schutzgebietes (Verfahren bei der zuständigen Wasserrechtsbehörde)

-        Anschluss an einen anderen Wasserspender (z.B. WG S, wobei für die Trinkwasserversorgung und eine allfällige Nutzwasserversorgung aus der bestehenden Anlage getrennte Leitungssysteme vorzusehen sind)

-        Errichtung eines neuen Wasserspenders, welcher einwandfreies Trinkwasser liefert (ein entsprechendes Schutzgebiet ist zu erwirken)

- Einbau einer geeigneten Desinfektionsanlage in die bestehende Anlage (entsprechend dem Österreichischen Lebensmittelbuch, IV Auflage, Kapitel B1 `Trinkwasser´)

b) Die Errichtung eines neuen Wasserspenders, bzw der Anschluss an eine Ersatzwasserversorgung ist durch Fachpersonal, wie einschlägig konzessionierte Betriebe vorzunehmen.

c) Die nächste gemäß Trinkwasserverordnung vorgeschriebene Trinkwasseruntersuchung ist nach der erfolgten Errichtung eines neuen Wasserspenders, bzw. nach dem Einbau der Aufbereitungsanlage zur Trinkwasserdesinfektion durchführen zu lassen und es ist das Untersuchungsergebnis unverzüglich dem Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen/Lebensmittelaufsicht, vorzulegen. Ebenso ist ein Anschluss an eine Ersatzwasserversorgung der genannten Dienststelle zu melden."   

 

Einleitend gibt die belangte Behörde § 39 Abs. 1 LMSVG wieder und führt aus, dass in den Ziffern 1 bis 14 beispielhaft "solche" Maßnahmen und Vorkehrungen aufgelistet seien. Anschließend weist sie auf Trinkwasseruntersuchungen hin, bei denen das Umweltlabor A B GmbH in den Jahren 2004 und 2006 mikrobiologische Verunreinigungen festgestellt habe.

 

Bei einem Lokalaugenschein am 4. Oktober 2007, der mit einem wasserbautechnischen Sachverständigen und einem Amtssachverständigen für Hydrogeologie vorgenommen worden wäre, sei festgestellt worden, dass die Anlage nach wie vor im bewilligten und überprüften Zustand bestehe, betrieben werde, das 1983 festgelegte Fassungsschutzgebiet nicht den modernen Anforderungen der Technik entspreche und eine Erweiterung auf Zone 2 und Zone 3 erfolgen müsse. Die Ausweitung des Schutzgebietes sei aus heutiger Sicht nicht möglich bzw. werde dies lt. Schreiben der zuständigen Wasserrechtsbehörde vom 20. Juni 2008, Wa10-539-2005 noch längere Zeit in Anspruch nehmen. Eine Anschlussmöglichkeit an die WG S sei gegeben und Wasser bereits im Notversorgungsfall bezogen worden. Auch wenn zwischenzeitlich vorgelegte Befunde keine bakteriologische Belastung zeigten, könne aufgrund des unzureichenden Schutzgebietes die Trinkwasserqualität nicht dauerhaft sichergestellt werden und sei aus fachlicher Sicht eine negative Beeinflussung des Trinkwassers jederzeit möglich. Häufige Untersuchungen des Wassers könnten daran nichts ändern.

 

Insgesamt werde festgestellt, dass sich gemäß § 5 Z. 1 der Trinkwasser­verordnung die Wasserversorgungsanlage der W S nicht in ordnungsgemäßen Zustand befinde und eine negative Beeinflussung der Trinkwasserqualität aufgrund des unzureichenden Schutzgebietes nicht ausgeschlossen werden könne. Die angeführten Maßnahmen seien verhältnismäßig und es sei zumutbar, die im Spruch angeführten Maßnahmen bis zu der im Spruch angeführten Frist umzusetzen. 

 

2. Der vorliegende Bescheid wurde dem Obmann der W S am 25. Juli 2008 zugestellt; dieser hat innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und erschließbar die ersatzlose Bescheidaufhebung beantragt.  

 

Begründend wird im Wesentlichen vorgebracht, dass die Waldquelle seit 1981 beobachtet werde und bis 1991 nachweislich durchgehend Trinkwasser gefördert habe. Auf Grund einer Genehmigung des Landes Oberösterreich habe der Besitzer auf der oberhalb der besagten Waldquelle liegenden Wiese eine 2. Drainage durchführen lassen. Im Zuge dieser Arbeiten sei in der Mitte der Wiese ein tiefer Sicker-Schacht errichtet worden, der als Tränke für das weidende Vieh gedacht war. Nach schwerem Regen sei bei der Analyse Oberflächenwasser im Trinkwasser zu erkennen gewesen. Versuchsweise sei daher mit Lebensmittelfarbe angereichertes Wasser in den Sickerschacht geleert worden. Nach geraumer Zeit habe sich das Trinkwasser im Behälter verfärbt. Trotz anfänglicher Weigerung des Wiesenbesitzers hätten Gegenmaßnahmen gesetzt und die Entfernung des Sickerschachtes erwirkt werden können. Die nachfolgenden Wasseruntersuchungen hätten Trinkwasserqualität ergeben. Allen Mitgliedern der W S sei unverständlich, dass das Wasserschutzgebiet nicht mehr zeitgemäß und die Wasserversorgungsanlage gemäß § 5 Z. 1 der Trinkwasserverordnung nicht mehr in ordnungsgemäßen Zustand sein solle. Nach der objektiven Überprüfung seien die angegebenen Mängel sofort beseitigt worden. Laut Gutachten vom 2. Juli 2008 sei die Wasserqualität sehr gut und im 2. Lokalaugenschein habe der Prüfer W M folgendes bestätigt:

"Der bauliche und technische Zustand der Wassergewinnungsanlage verhindert jede Verunreinigung des Wassers in ihrem Bereich. Der Zustand des Einzugsgebietes lässt einen ausreichenden Schutz für das Wasservorkommen erwarten. Die Einrichtung für Transport und Speicherung sind in einem solchen Zustand, dass jede Beeinträchtigung der Wassergüte vermieden wird."

Bestätigt würde dies durch den autorisierten Gutachter Mag. H H. 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Landeshauptmannes von Oberösterreich zu Zl. SanRB-121511/3-2008-Hau; da sich bereits daraus der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ und im Wesentlichen nur Rechtsfragen zu klären waren, konnte von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.1. Aufgrund der Aktenlage steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

 

3.1.1. Die Wasserversorgungsanlage der W S ist im Wasserbuch des Verwaltungsbezirkes Vöcklabruck unter der Postzahl  eingetragen. Sie verfügt über eine Quelle auf dem Grundstück Nr. , KG S, einen Hochbehälter auf Grundstück Nr. , KG S, und die entsprechenden Transport- und Verteilerleitungen.

 

1987 wurde die Wiesenfläche, Grundstück Nr. , KG S, drainagiert. Seit dieser Baumaßnahme und speziell nach dem Ausbringen von Flüssigmist bzw. Jauche kam es immer wieder zu Verunreinigungen des Trinkwassers.

 

Die ursprünglich im unmittelbaren Quellbereich mündende Ableitung der Drainage wurde auf Kosten der Errichter verlängert.

 

Eine Quellenerschließung oberhalb der landwirtschaftlich genutzten Fläche scheiterte an der Zustimmung der Grundstückeigentümer.

Die Trinkwasserüberprüfungen durch das Umweltlabor A B GmbH ergaben am 23. August 2004 und am 17. August 2006, dass das Wasser nicht der Trinkwasserverordnung entspreche und nicht verkehrsfähig wäre.

 

3.1.2. Mit Schreiben vom 2. Februar 2007 teilte der Obmann der W S der Landessanitätsdirektion mit, dass die mehrmalige Verunreinigung des Trinkwassers in den letzten Jahren die Mitglieder der W S dazu bewogen hätte, die bestehende Wasserversorgungsanlage ab dem Jahr 2007 nur mehr als Nutzwasser-Anlage zu verwenden. Falls eine Änderung eintreten sollte, würde die Landessanitäts­direktion verständigt werden.

 

3.1.3. Am 7. Mai 2007 fand im Gemeindeamt S eine Besprechung zwischen Vertretern der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, dem wasserbautechnischen Amtssachverständigen Ing. E S und dem Obmann der W S, M L, statt.

 

Im anschließend erstellten Aktenvermerk hielt die Wasserrechtsbehörde fest, dass unter der Einflussnahme der Sanitätsdirektion die Mitglieder der W S der Wasserrechtsbehörde bekanntgegeben hätten, die Wasserversorgungsanlage nur mehr als Nutzwasseranlage zu führen. Dazu wurde dem Obmann der Wassergenossenschaft zur Kenntnis gebracht, dass dieses Schreiben lediglich als Mitteilung an die Genossenschaftsmitglieder angesehen werden könne. Sollte die Wasserversorgungsanlage zu einer Nutzwasseranlage umfunktioniert werden, so wäre dies gesondert zu beantragen. Die Änderung hätte zur Folge, dass das Nutzwasser nicht mehr in die Gebäude geleitet werden dürfe.

 

Weiters wurde festgehalten, dass in unmittelbarer Nähe zum Leitungsnetz der W S sich ein Versorgungsstrang der Wassergenossenschaft S befinde. Von dieser Anlage sei bereits Wasser für den Notversorgungsfall bezogen worden und eine Anschlussmöglichkeit sei unmittelbar gegeben.

 

Im Zuge der Besprechung wurden mehrere Möglichkeiten zur Erlangung einer ordnungsgemäßen Trinkwasserversorgung angesprochen und dem Obmann M L mitgeteilt, dass für die W S Handlungsbedarf bestehe. U.a. habe M L vorgebracht, dass eine dauernde Geländeöffnung, die nachweislich eine Verbindung zur Quelle S gehabt habe, im Herbst 2006 abgedichtet worden sei. Als erste Maßnahme werde eine Wasseruntersuchung vorgenommen.

 

3.1.4. Am 4. Oktober 2007 wurde eine Überprüfung der Trink- und Nutzwasserversorgungsanlage der W S vorgenommen, ein Lokalaugenschein in Anwesenheit des Behördevertreters der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, des wasserbautechnischen Amtssachverständigen Ing. E S, des hydrogeologischen Amtssachverständigen Dr. H W und des Obmannes der W S durchgeführt und eine Niederschrift aufgenommen.

 

Der wasserbautechnische Amtssachverständige stellte fest, dass die Wasserversorgungsanlage nach wie vor im bewilligten und überprüften Zustand bestehe, betrieben werde und einen dem Alter entsprechenden  Zustand aufweise. Neben geringfügigen Mängeln wurde in technischer Hinsicht nichts angemerkt.

 

Der hydrogeologische Amtssachverständige stellte fest, dass für die W S im Zuge der wasserrechtlichen Bewilligung im August 1983 ein Schutzgebiet eingerichtet worden sei. Dieses bestehe aus einem Fassungsschutzgebiet und genüge nicht den modernen Anforderungen an den Stand der Technik. Es müsse jedenfalls eine Zone II und Zone III festgelegt werden. Aus derzeitiger Sicht kämen jeweils Teile des Grundstückes Nr. in Frage. Da die geltende Schutzgebietseinrichtung vor dem Jahr 1985 verankert wurde, sei ein Anpassungsbedarf von Amts wegen gegeben. Im Sinne einer nachhaltigen Absicherung der Trinkwasserqualität sollte die Anpassung möglichst rasch durchgeführt werden. Der Wassergenossenschaft würde empfohlen, frühzeitig das Gespräch mit dem vom mutmaßlich neuen Schutzgebiet betroffenen Grundstückseigentümer bezüglich der zu erwartenden Entschädigungsverpflichtungen zu suchen, da eine Kuhweide und eine animalische Düngung im Schutzgebiet nicht mehr erlaubt wären.

 

Der Obmann der W S erklärte sich zur Kontaktaufnahme mit dem von der Schutzgebieterweiterung betroffenen Grundstückseigentümer bereit.   

 

3.1.5. Mit Schreiben vom 5. Oktober 2007, AZ Wa10-539-2005, übermittelte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck dem Obmann der W S die Niederschrift vom 4. Oktober 2007 und teilte ihm mit, dass das Schutzgebiet nicht mehr den heutigen Anforderungen des Standes der Technik entspreche und daher eine Zone II und eine Zone III eingerichtet werden müssen, die sich auf das Grundstück Nr. , KG S, erstrecken werden.

 

Vorerst würde ihm eine Frist bis zum 31. Dezember 2007 eingeräumt, innerhalb der er mit dem Grundstückeigentümer des betroffenen Grundstückes Kontakt aufnehmen und Informationen bzgl. der zu erwartenden Entschädigungsverpflichtungen einholen könne. Nach Ablauf dieser Frist werde ein Verfahren zur Anpassung des Schutzgebietes an den Stand der Technik durchgeführt. Auf die Feststellungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen hinsichtlich der Erneuerung der Gummidichtung bei der Behälterzutrittstüre und Reinigung des Behälters im vorgelagerten Installationsbereiches werde hingewiesen. Für die Durchführung dieser Arbeiten werde ebenfalls eine Frist bis 31. Dezember 2007 eingeräumt.

 

3.1.6. Daraufhin gab der Obmann der W S im Schreiben vom 25. Jänner 2008 bekannt, dass der Grundbesitzer der "Wiese Grundstück Nr. "  im Falle einer Schutzgebietserweiterung 3.000 Euro pro Jahr als Entschädigung fordere. Weiters führte er aus, dass die mögliche Verunreinigungsquelle bereits im Sommer 2006 entfernt und saniert worden sei und seit dieser Maßnahme die Waldquelle Trinkwasserqualität liefere. Bestätigt würde dies durch die vorgenommenen Trinkwasserüberprüfungen am 29. Mai 2007 (Prüfbericht, Analysennummer 150405 und 150406) und am 21. Jänner 2008 (Prüfbericht, Analysennummer 170362). Die Trinkwasseruntersuchungen durch das Umweltlabor A B GmbH hätten ergeben, dass das Wasser der Trinkwasserverordnung entspreche und somit zur Verwendung geeignet sei.  

 

3.1.7. Mit Schreiben vom 18. April 2008, GZ ESVLA-304317/30-2008 ersuchte die Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen/Lebensmittelaufsicht der Direktion Soziales und Gesundheit die Abteilung Gesundheit/Sanitäts- und Veterinärrecht um Vorschreibung von Maßnahmen gemäß § 39 LMSVG. Die Ausführungen in diesem Schreiben decken sich mit dem Spruch und der Begründung des angefochtenen Bescheides.   

 

3.1.8. Aufgrund dieses "Ersuchens" teilte die belangte Behörde dem Obmann der W S mit Schreiben vom 24. April 2008 mit, dass die bescheidmäßige Vorschreibung von Vorsorgemaßnahmen zur Sicherung der einwandfreien Trinkwasserversorgung beabsichtigt sei.

 

3.1.9. Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben führte der Obmann der Wassergenossenschaft aus, dass die Ursache für die Trinkwasserverunreinigung bereits im Jahr 2006 beseitigt worden wäre und die nachfolgenden Wasserüberprüfungen am 29. Mai 2007 und am 21. Jänner 2008 "einwandfrei" gewesen wären. Eine Erweiterung des Wasserschutzgebietes sei aus Kostengründen nicht möglich. Um die Gewissheit einer dauerhaften Trinkwasserqualität zu erhalten, beabsichtige man Wasserüberprüfungen in kürzeren Abständen. Sollte trotz aller Bemühungen wieder ungenießbares Wasser gefördert werden, würde an geeigneter Stelle eine Entkeimungsanlage installiert werden.

 

3.1.10. Über schriftliches Ersuchen gab die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit Schreiben vom 20. Juni 2008 bekannt, dass das Schutzgebietanpassungsverfahren noch längere Zeit in Anspruch nehmen werde. Im Hinblick auf die Anschlussmöglichkeit an die W S werde vorgeschlagen, dass die W S bis zur Schutzgebietfestsetzung von der W S mit Trinkwasser versorgt wird. 

 

3.1.11. Die Trinkwasseruntersuchung am 2. Juli 2008 durch das Umweltlabor A B GmbH ergab, dass das Wasser der Trinkwasserverordnung entspreche und somit zur Verwendung geeignet ist (siehe Auszug der belangten Behörde vom 22. Juli 2008 – 1735/1004).

 

3.2. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist unstrittig.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 39 Abs. 1 LMSVG hat der Landeshauptmann bei Wahrnehmung von Verstößen gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften mit Bescheid, gegebenenfalls unter einer gleichzeitig zu setzenden angemessenen Frist und unter Ausspruch der notwendigen Bedingungen oder Auflagen, die nach Art des Verstoßes und unter Berücksichtigung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit erforderlichen Maßnahmen zur Mängelbehebung oder Risikominderung anzuordnen.

Insbesondere sind folgende Maßnahmen vorgesehen:

1. die Einschränkung oder das Verbot des In-Verkehrbringens oder der Verwendung;

2. die teilweise oder gänzliche Schließung von Betrieben;

3. die Untersagung oder Einschränkung der Benützung von Räumen und Betriebsmitteln;

4. den Entzug oder die Aussetzung der Zulassung von Betrieben;

5. eine geeignete Behandlung, wobei eine Vermischung bei Überschreitung der Grenzwerte von Kontaminanten und Rückständen, ausgenommen bei Wasser für den menschlichen Gebrauch, jedenfalls unzulässig ist;

6. die Verwendung zu anderen als den ursprünglich vorgesehenen Zwecken;

7. die unschädliche Beseitigung;

8. die Rücksendung an den Ursprungsort im Falle des grenzüberschreitenden Verbringens;

9. die Rücknahme vom Markt oder den Rückruf vom Verbraucher;

10. die Information der Abnehmer und Verbraucher;

11. die Anpassung der Kennzeichnung;

12. die Durchführung betrieblicher Verbesserungen, insbesondere bei der Herstellung, Lagerung, Verwendung, Dokumentation und Eigenkontrolle, einschließlich der Vorlage von Untersuchungszeugnissen in begründeten Fällen;

13. die Durchführung baulicher, anlagentechnischer und ausstattungsmäßiger Verbesserungen;

14. die unverzügliche Berichtspflicht über die Durchführung der angeordneten Maßnahmen.

 

§ 5 der Trinkwasserverordnung weist die Überschrift "Eigenkontrolle" auf und lautet:

"Der Betreiber einer Wasserversorgungsanlage hat

         1.      die Wasserversorgungsanlage dem Stand der Technik entsprechend zu errichten, in ordnungsgemäßem Zustand zu halten und vorzusorgen, dass eine negative Beeinflussung des Wassers hintan gehalten wird;

         a)      zu diesem Zweck ist die Anlage fachgerecht von geschulten

                   Personen zu errichten, zu warten und instand zu halten;

         b)      über Maßnahmen gemäß lit. a sind Aufzeichnungen zu führen,

                   insbesondere über

         -        Baupläne und Planungsunterlagen,

         -        Wartungsarbeiten und

         -        Schulungen der für die Instandhaltung und Wartung eingesetzten

                   Personen oder

         -        gegebenenfalls Nachweise über die durchgeführten Tätigkeiten

                   einschlägiger Betriebe.

Diese Aufzeichnungen sind solange aufzubewahren, dass der Betreiber einer Wasserversorgungsanlage jederzeit die Erfüllung der Aufgaben nach lit. a nachweisen kann. Sie sind jedenfalls fünf Jahre aufzubewahren und jederzeit auf Verlangen der zuständigen Behörde vorzuweisen. Baupläne und Planungsunterlagen sind unbegrenzt aufzubewahren;

         2.      Untersuchungen des Wassers gemäß dem Untersuchungsumfang und den Untersuchungshäufigkeiten nach Anhang II sind von der Agentur gemäß § 65 LMSVG, den Untersuchungsanstalten der Länder gemäß § 72 LMSVG oder von einer gemäß § 73 LMSVG hiezu berechtigten Person durchführen zu lassen;

diese haben

         -        bei der Probenahme auch die Überprüfung der Wasserversorgungsanlage (Lokalaugenschein; einschließlich der Wasserspende mit Fassungszone) vorzunehmen,

         -        Proben zu entnehmen und

         -        die in Anhang III aufgeführten Spezifikationen für die Analysen anzuwenden.

Andere als die in Anhang III Z 1 genannten Verfahren dürfen angewendet werden, wenn die erzielten Ergebnisse nachweislich mindestens genauso zuverlässig sind, wie die mit den vorgegebenen Verfahren ermittelten Ergebnisse;

 

         3.      die Proben

         -        im Falle einer Wasserversorgungsanlage, die ≤ 10 m3 Wasser pro Tag (siehe Anhang II Teil B Anmerkung 1) liefert, an der Stelle oder an den Stellen entnehmen zu lassen, die eine Beurteilung der Qualität des Wassers an den in § 4 genannten Stellen ermöglichen. Werden Desinfektionsverfahren angewandt, sind zur Überprüfung der Wirksamkeit einer Desinfektionsmaßnahme über die in Anhang II Teil B festgelegte Mindestprobenzahl hinaus, weitere Proben entnehmen zu lassen.

         -        im Falle einer Wasserversorgungsanlage, die > 10 m3 Wasser pro Tag (siehe Anhang II Teil B Anmerkung 2) liefert, für die Untersuchungen gemäß Z 2 zumindest an den von der zuständigen Behörde gemäß § 7 Z 1 festgelegten Probenahmestellen entnehmen zu lassen;

Sind aus Gründen der Sicherung der einwandfreien Beschaffenheit des Wassers an weiteren Stellen oder zusätzliche Probenahmen erforderlich, oder besteht Grund zur Annahme, dass Stoffe oder Mikroorganismen, für die keine Parameterwerte festgesetzt wurden, in einer Menge oder Anzahl vorhanden sind, die eine potentielle Gefährdung der menschlichen Gesundheit darstellen, sind entsprechende zusätzliche Proben entnehmen zu lassen oder zusätzliche Untersuchungen durchführen zu lassen;

         4.      Befunde und Gutachten über die gemäß Anhang II durchgeführten Untersuchungen

         -        unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten und

         -        fünf Jahre lang zur Kontrolle aufzubewahren, ausgenommen die Befunde und Gutachten der Vollanalyse, die zehn Jahre aufzubewahren sind;

         5.      soweit bei Untersuchungen gemäß den Z 2 und 3 die Nichteinhaltung der mikrobiologischen oder chemischen Anforderungen gemäß Anhang I Teil A und B festgestellt wurde, unverzüglich

– Maßnahmen zur Wiederherstellung der einwandfreien Qualität

des abgegebenen Wassers zu ergreifen, um spätestens innerhalb von 30 Tagen den Parameterwerten zu entsprechen;

– die Abnehmer über den (die) betreffenden Parameter sowie den

dazugehörigen Parameterwert gemäß Anhang I Teil A und B zu informieren und auf etwaige Vorsichtsmaßnahmen (zB Nutzungsbeschränkungen für das Wasser oder bestimmte Behandlungsverfahren wie zB bei Nichteinhaltung der mikrobiologischen Anforderungen das Kochen bei Siedetemperatur, die zumindest drei Minuten gehalten werden muss) hinzuweisen. Weiters sind die Abnehmer darauf hinzuweisen, dass diese Informationen allen Verbrauchern (zB durch Aushang im Gebäude) in geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen sind.

– die zuständige Behörde zu informieren und ihr alle

erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen."

 

4.2.1. Die Handlungspflicht des Landeshauptmannes setzt voraus, dass ein Verstoß gegen eine lebensmittelrechtliche Vorschrift wahrgenommen worden ist. Eine Präzisierung der Wortgruppe "Wahrnehmung eines Verstoßes" lässt sich der Regierungsvorlage und dem darin enthaltenen Verweis auf Art. 54 EG-KontrollVO entnehmen. Danach sind die erforderlichen Maßnahmen zu setzten, wenn "die Behörde einen Verstoß (gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften) feststellt".

 

Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es nicht darauf an, dass ein Verstoß rechtskräftig durch ein gerichtliches Urteil oder ein behördliches Straferkenntnis festgestellt wird. Jedenfalls ist unter "Wahrnehmung eines Verstoßes" ein begründeter Verdacht zu verstehen, der auf Grund einer Beobachtung eines Aufsichtsorgans oder auf Grund einer substantiierten Information von nach dem LMSVG zur Untersuchung berufenen Stellen (z.B. AGES) hervorgekommen ist. Dieser Sachverhalt muss zumindest in objektiver Hinsicht einen gerichtlichen Straftatbestand oder eine Verwaltungsübertretung verwirklichen. Diesfalls ist ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Strafverfahren, in dessen Rahmen das Vorliegen aller (objektiven und subjektiven) Tatbestandsvoraussetzungen geprüft werden, durchzuführen. Im Zuge des Verfahrens werden getroffene Maßnahmen und das Verhalten des Unternehmers zu berücksichtigen sein (siehe Blass ua, LMR3 § 39 LMSVG Rz 3). 

 

4.2.2. Dem Vorlageakt lässt sich nicht einmal ansatzweise ein Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften entnehmen.

 

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führt die belangte Behörde aus, dass die Anlage "nach wie vor im bewilligten und überprüften Zustand besteht und betrieben wird", jedoch das 1983 festgelegte Fassungsschutzgebiet nicht den modernen Anforderungen an den Stand der Technik entspreche. Auch wenn die belangte Behörde einleitend nur auf Trinkwasseruntersuchungen aus den Jahren 2004 und 2006 verweist, die das Trinkwasser als nicht verkehrsfähig eingestuft haben, stellt sie in der weiteren Begründung auf "zwischenzeitlich vorgelegte Befunde" ab, die "keine bakteriologische Belastung zeigen". Dennoch gelangt sie mit Hinweis auf § 5 der Trinkwasserverordnung zur Feststellung, dass sich die Wasserversorgungsanlage nicht in einem ordnungsgemäßen Zustand befinde.

 

Unstrittig ist, dass die Wasserversorgungsanlage derzeit Wasser in Trinkwasserqualität liefert, die Anlage nach wie vor bewilligt und überprüft ist und in diesem Zustand betrieben wird.

 

Aus dem Umstand, dass eine amtswegige Schutzgebietsanpassung erforderlich ist, kann nicht - mit Hinweis auf § 5 Trinkwasserverordnung - abgeleitet werden, dass ein Verstoß gegen diese Verordnung vorliegt.

 

§ 5 der Trinkwasserverordnung schreibt dem Betreiber unter der Z. 1 vor, dass er "die Wasserversorgungsanlage dem Stand der Technik entsprechend zu errichten, in ordnungsgemäßem Zustand zu halten und vorzusorgen hat, dass eine negative Beeinflussung des Wassers hintan gehalten wird". Ein Blick in die herangezogene Norm zeigt, dass der Verordnungsgeber damit ausschließlich eine "fachgerechte Errichtung, Wartung und Instandhaltung" bezweckt hat (siehe § 5 Z. 1 lit. a Trinkwasserverordnung: "zu diesem Zweck ist die Anlage fachgerecht von geschulten Personen zu errichten, zu warten und instand zu halten;"). Entgegen der Ansicht der belangten Behörde wird dem Betreiber durch diese Norm aber nicht aufgetragen, eigenständige Änderungen vorzunehmen, die über den bewilligten Umfang der Wasserversorgungsanlage hinausgehen. Konsequenz der behördlichen Meinung wäre, dass jedes einwandfreie Trinkwasser sicherheitshalber eine Desinfektionsanlage zu durchlaufen hätte, um damit jede, in ungewisser Zukunft liegende, nur denkmögliche Verunreinigung ausschließen zu können.

 

Unstrittig ist das Trinkwasser derzeit verkehrsfähig. Trotz dieser Erkenntnis hat die belangte Behörde die Gutachten aus den Jahren 2007 und 2008, die dem Wasser Trinkwasserqualität zusprechen, kaum beachtet und sich im Wesentlichen auf ältere Gutachten aus den Jahren 2004 und 2006 gestützt, die das Wasser als nicht verkehrsfähig beurteilt haben. Ohne sich damit auseinander zusetzen, dass die Ursachen, die zur Qualitätsminderung des Quellwassers geführt haben, von der Wassergenossenschaft längst beseitigt worden sind, hat sie ausschließlich "aufgrund des unzureichenden Schutzgebietes eine negative Beeinflussung der Trinkwasserqualität nicht ausgeschlossen" und mehrere – alternative – Maßnahmen angeordnet.

 

Sowohl die einzelnen Verfahrensergebnisse als auch die Begründung des angefochtenen Bescheides zeigen auf, dass ein aktueller Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften weder vorliegt noch ein solcher wahrgenommen worden ist. Bei dem vorliegenden Sachverhalt war daher der belangten Behörde die "Anordnung von Maßnahmen und Vorkehrungen" verwehrt.

 

Aus den angeführten Gründen war der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben.

 

4.3. Zu den angeordneten "Maßnahmen und Vorkehrungen", die unzulässigerweise alternativ "angeordnet" wurden, ist anzumerken:

 

4.3.1. Im Spruchpunkt I lit. a) hat die belangte Behörde einleitend ausgeführt, dass "eine der folgenden Maßnahmen zur dauerhaften Sicherstellung der Trinkwasserqualität zu treffen ist".  

 

Die Anordnungen "Anschluss an einen anderen Wasserspender" und "Errichtung eines neuen Wasserspenders" können - bezogen auf die Trinkwasserversorgungsanlage der W S - nicht zu einer dauerhaften Sicherstellung der Trinkwasserqualität der in Rede stehenden Wasserversorgungsanlage führen. Für den Fall, dass die Voraussetzungen zur Anordnung von Maßnahmen gemäß § 39 LMSVG gegeben wären, wäre der beispielsweise Anschluss an die Wasserversorgungsanlage S nur Folge einer zulässigen Maßnahme (z.B. bei der Anordnung des "Verbotes des In-Verkehrsbringens") und nicht Gegenstand der Maßnahme selbst.

 

4.3.2. Nicht nachvollziehbar ist auch die Anordnung der Maßnahme "Einrichtung eines dem Stand der Technik entsprechenden Schutzgebietes (Verfahren bei der zuständigen Wasserrechtsbehörde)".

 

Da schon aus rechtlichen Überlegungen die W S nicht in der Lage ist, das geforderte Schutzgebiet zu erwirken, könnte die angeordnete "Maßnahme" auch nicht vollstreckt werden.

 

Gemäß § 34 Abs. 1 WRG kann die zuständige Wasserrechtsbehörde zum Schutz von Wasserversorgungsanlagen gegen Verunreinigung durch Bescheid besondere Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung von Grundstücken und Gewässern treffen, die Errichtung bestimmter Anlagen untersagen und entsprechende Schutzgebiete bestimmen.

 

Das Antragsrecht des an der Wasserversorgungsanlage Berechtigten beschränkt sich darauf, auf die Bestimmung eines zum Schutz seiner Wasserversorgungsanlage nötigen Vorkehrungen zu dringen, und löst damit zwar eine Entscheidungspflicht der Behörde aus, bindet diese aber nicht in der Frage welche Maßnahmen im konkreten Fall zu treffen sind (VwGH vom 13.4.2000, 97/07/0144 mit weitergehenden Hinweisen; O, WRG2 (2007) § 34 Rz 11).

 

Bescheide nach § 34 Abs. 1 WRG haben wasserpolizeilichen Charakter und sind von Amts wegen im öffentlichen Interesse an einer einwandfreien Wasserversorgung zu treffende Anordnungen. Das öffentliche Interesse an einer Trinkwasserversorgung mit reinem Wasser ist auch bei einer bloß geringen Anzahl von Versorgten als gegeben anzunehmen. Anordnungen iSd § 34 Abs. 1 sind auch unabhängig von einer Desinfektionsanlage zu treffen (O, WRG2 (2007) § 34 Rz 6).

 

Wie dem Vorlageakt zu entnehmen ist, wird das Schutzgebietanpassungsverfahren derzeit bei der sachlich zuständigen Wasserrechtsbehörde geführt. Warum die belangte Behörde in Kenntnis dieses Verfahrens und nach der Mitteilung der zuständigen Behörde vom 20. Juni 2008 ("das Anpassungsverfahren wird noch länger Zeit in Anspruch nehmen") alternativ diese Maßnahme angeordnet hat, kann nicht erkannt werden.

 

4.3.3. Im zu beurteilenden Fall hätte bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 LMSVG von den "alternativ vorgeschlagenen Maßnahmen"  lediglich der "Einbau einer geeigneten Desinfektionsanlage in die bestehende Anlage" angeordnet werden können. Diese Anordnung hätte auch unabhängig von einer Schutzgebietserweiterung getroffen werden können.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von  220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Bundesstempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro
je Berufungswerber angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Dr. Grof

 

 

 

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