Linz, 25.11.2008
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M K, geb. , S, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt, Dr. D S, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 15. Mai 2008, AZ: VerkR96-19685-2007, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 21. November 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.
II. Zuzüglich zu den Behörde erster Instanz werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 20,-- Euro (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt.
Rechtsgrundlagen:
zu I: §§ 19, Abs.1 u. 2, 24, 51 und 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.
zu II: § 64 Abs.1 u.2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem o.a. Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO.
Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis dem Berufungswerber zur Last gelegt , er habe als Lenker des angeführten Lastkraftfahrzeuges, welches ein höchst zulässiges Gesamtgewicht von 25040 kg aufweist, das deutlich sichtbar aufgestellte Verbotszeichen" Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von über 3,5 Tonnen, ausgenommen Ziel und Quellverkehr für die Gemeindegebiete Frankenburg a. H., Frankenmarkt, Fornach, Neukirchen a.d.V., Pfaffing, Pöndorf, Redleiten, Vöcklamarkt und Weißenkirchen i. A."" nicht beachtet. Er sei nicht unter die Ausnahme gefallen.
Tatort: Gemeinde Frankenmarkt, B1 Wienerstraße, bei km 264.341.
Tatzeit: 14.09.2007, 04:30 Uhr.
Dadurch habe er gegen die Rechtsvorschrift verstoßen:
§ 52 lit. a Z. 7a StVO i.V.m. Verordnung BH-Vöcklabruck vom 31.07.2007, VerkR01-1156-1-2006
Fahrzeuge:
Kennzeichen , Sattelzugfahrzeug N3, IVECO, weiß Kennzeichen , Anhänger 03, Schmitz
1.1. Die Behörde erster Instanz stützte ihren Schulspruch auf die Wahrnehmung des Befahrens der B1 im Verbotsbereich. Auf die behördliche Verordnung wurde hingewiesen, wobei der Verantwortung des Berufungswerbers mit Blick auf die vermeintlich nicht rechtskonform zu Stande gekommene Verordnung und den eingewendeten Kundmachungsmängel nicht gefolgt wurde.
Bei der Strafzumessung wurde von einem monatlichen Einkommen in Höhe von 2.060 Euro, keinen Sorgepflichten und keinem Vermögen ausgegangen.
2. Ursprünglich wurde der Berufungswerber offenkundig von seinem Arbeitgeber H M vertreten der in der Folge Berufung einbrachte.
In der Folge wird laut Mitteilung vom 10.11.2008 der Berufungswerber durch den o.a. Rechtsanwalt rechtsfreundlich vertreten, wobei gegen das Straferkenntnis fristgerecht nachfolgende Berufungsgründe ausgeführt werden:
"In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache erstattet der Beschuldigte durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter binnen offener Frist nachstehende
BERUFUNG
gegen das Straferkenntnis der BPD Linz vom 29. April 2008, AZ: S-46120/07-4
und führt darin wie folgt aus:
I. Sachverhalt
Der Berufungswerber ist Mitarbeiter der R Transporte KG, W B, 4 H. Am 27. September 2007 war der Beschuldigte mit dem von ihm gelenkten Sattelkraftfahrzeug mit den polizeilichen Kennzeichen und auf der B1 im Bereich Frankenmarkt unterwegs. Im Rahmen einer Poiizeikontrolle wurde festgestellt, dass der Beschuldigte das „Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen ausgenommen Ziel- oder Quellverkehr für die Gemeindegebiete Frankenburg a. H., Frankenmarkt, Fornach, Neukirchen a. d. V., Pfaffing, Pöndorf, Redleiten, Vöcklamarkt und Weißenkirchen i. A." nicht beachtet hätte.
Der Berufungswerber erhob gegen die Strafverfügung vom 6. November 2007 fristgerecht Einspruch und begründete diesen im Wesentlichen damit, dass
· das gegenständliche Fahrverbot nicht gehörig kundgemacht wurde;
· das Ermittlungsverfahren im Vorfeld der Verordnungserlassung. mangelhaft war;
· die Verordnung unverhältnismäßig und gleichhpitswidrig ist;
· das Fahrverbot eine unverhältnismäßige Beschränkung darstellt.
Das ausführliche Vorbringen im Einspruch blieb von der erstinstanzlichen Behörde unbeachtet, sodass diese das angefochtene Straferkenntnis erließ.
II. Berufungsumfang
Das gegenständliche Straferkenntnis wird zur Gänze angefochten. Als Berufungsgründe werden
· Rechts Widrigkeit des Inhaltes
· Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung
· Rechts Widrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wie insbesondere Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens sowie Verletzung sonstiger verfahrensrechtlicher Vorschriften geltend gemacht.
III. Berufungsgründe
1. Keine gehörige Kundmachung der Verordnung
1.1 Verordnungen - wie das hier gegenständliche Fahrverbot - sind durch Straßenverkehrszeichen gemäß § 44 StVO kundzumachen. Dabei sind die Straßenverkehrszeichen so anzubringen, dass sie von den Lenkern herannahender Fahrzeuge leicht und rechtzeitig erkannt werden können; dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des VfGH (VfGH vom 24. September 1996, V75/96). Das beschriebene Gebot bezieht sich auch auf Zusatztafeln; die Angaben und Zeichen auf Zusatztafeln müssen leicht verständlich sein, sodass der Fahrzeuglenker zur vollständigen und richtigen Erfassung des gesamten Textes der Zusatztafel in der Lage ist, ohne sein Fahrzeug vor dem Straßen Verkehrszeichen mit der Zusatztafel anzuhalten oder sehr stark abbremsen zu müssen.
1.2. Die gegenständlichen Umstände vor Ort zeigen deutlich, dass der Ausnahmekatalog auf der 2. Zusatztafel sehr umfangreich und in kleingedruckter Schrift ausgeführt ist. In diesem Zusammenhang kommt erschwerend hinzu, dass es sich beim betroffenen Straßenabschnitt um eine Bundesstraße ohne besondere Geschwindigkeitsbeschränkungen handelt.
Unter der Annahme, dass sich ein LKW-Zug mit einer Geschwindigkeit von ca. 60-70 km/h diesem Straßenverkehrszeichen nähert, ist zweifelsfrei davon auszugehen, dass es dem LKW-Lenker nicht möglich ist den Inhalt der Verordnung vollständig und richtig zu erfassen, ohne sein Fahrzeug vor dem Straßenverkehrszeichen bzw. der Zusatztafel anhalten zu müssen.
Weiters kommt hinzu, dass wenige Zentimeter vor dem gegenständlichen Straßen Verkehrszeichen weitere Hinweistafeln („Schilderwald1') angebracht sind. Der herannahende LKW Lenker wird sohin mit insgesamt 6 Verkehrszeichen bzw. Hinweiszeichen mit unterschiedlich ausführlicher Information konfrontiert. Weiters wird insbesondere zur Unlesbarkeit der gegenständlichen Zusatztafeln vergleichend auf die rechts vom gegenständlichen Straßenverkehrszeichen angebrachten Hinweistafeln verwiesen; die Schriftgröße auf den danebenstehenden Hinweiszeichen nimmt ein Vielfaches der Schriftgröße auf den gegenständlichen Zusatztafeln zum Fahrverbot ein (VfGH vom 24. September 1996, V75/96; VwGH vom 25. April 1985, 84/02/0267).
1.3 Als Zwischenergebnis lässt sich sohin festhalten, dass die Kundmachung der gegenständlichen Verordnung gesetzwidrig erfolgte; nach der ständigen Rechtssprechung müssen die entsprechenden Verkehrszeichen aus der Sicht des fließenden Verkehrs - unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände - einsichtig sein. Diesem gesetzlichen Gebot wird hier nicht entsprochen; der Fahrzeuglenker ist bei den vorliegenden Umständen zur vollständigen und richtigen Erfassung des gesamten Textes der Zusatztafel nicht in der Lage, ohne sein Fahrzeug erheblich (und für andere Verkehrsteilnehmer gefährdend) abzubremsen bzw. anhalten zu müssen. Dies insbesondere auch unter dem Blickwinkel der Unfallgefahr auf einer Bundesstraße. Das angefochtene Straferkenntnis ist sohin zur Gänze aufzuheben.
2. Gesetzwidrigkeit/Mangelnde Eignung der Verordnung aus fachlicher Sicht
2.1. Vor Erlassung einer Verordnung ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, im Rahmen dessen die sachlichen Entscheidungsgrundlagen hinreichend zu ermitteln sind. Die nunmehr gefestigte Rechtssprechung fordert eine nähere sachverhaltsmäßige Klärung der Gefahren bzw. Belästigungen für die Bevölkerung oder Umwelt und auch eine Untersuchung der Verkehrsbeziehungen und Verkehrserfordernisse durch Einholung entsprechender Fachgutachten.
Die Verordnungserlassende Behörde hat zwar vor Erlassung des LKW-Fahrverbotes die Gutachten der Abteilung Umwelt- und Anlagentechnik der Landeregierung Oberösterreich vom 29. Juni 2007 sowie der Abteilung Verkehrstechnik der Landesregierung Oberösterreich vom 26. Juni 2007 eingeholt, sich offensichtlich jedoch nicht mit den Ausführungen der Sachverständigen inhaltlich auseinander gesetzt. Vielmehr ergibt sich aus den Gutachten, dass seitens der Sachverständigen ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass die Erlassung des LKW-Fahrverbotes kein geeignetes Mittel zur Verringerung von Belastungen bzw. zur vorgegebenen Zielerreichung darstellt (siehe insbesondere Gutachten der Umwelt- und Anlagentechnik vom 29. Juni 2007). Aus dem Gutachten ergibt sich auch, dass die Behörde das Gutachten unter Zeitdruck in Auftrag gegeben hat und lediglich das Gutachten aus formalen Gründen eingeholt hat. Im Rahmen der anhängigen Verfahren - betreffend dieses LKW-Fahrverbotes - hat sich ergeben, dass sich die Behörde bei den Übermittlungen der Akten zur Verordnung zunächst weigerte, das umwelttechnische Gutachten von sich aus zu ermitteln. Erst durch mehrfache Intervention des einschreitenden Rechtsvertreters konnte Einblick in die Gutachten gewonnen werden, aus denen sich nunmehr klar ergibt, dass das verordnete LKW-Fahrverbot zur Erreichung des vorgegebenen Ziels ungeeignet und sohin gesetzwidrig ist.
Die Behörde erließ das zugrundeliegende LKW-Fahrverbot sohin in qualifiziert rechtswidriger Weise. Trotz Vorliegens von fachlichen Stellungnahmen seitens der Landesregierung, die ausdrücklich darauf hinwiesen, dass die Erlassung eines LKW-Fahrverbotes zur gesetzten Zielerreichung nicht geeignet ist, hat die Behörde - offensichtlich unter Druck seitens der dahinter stehenden politischen Kräfte - das Fahrverbot erlassen.
2.2. Zum Umwelttechnischen Gutachten im Einzelnen
Das dem LKW-Fahrverbot zugrundeliegende umwelttechnische Gutachten wird auszugsweise wie folgt zitiert:
„Eine flächenhafte Darstellung der Immissionssituation war aufgrund der Terminvorgabe nicht möglich."
„Durch ein LKW-Fahrverbot wird im günstigsten Fall eine Verbesserung der Schallsituation von 2 dB erreicht. Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass schalltechnische Maßnahmen erst bei einer Änderung von mehr 3 dB als merkbare Verbesserung empfunden werden."
„Das charakteristische LKW-Geräusch wird jedoch durch die verbleibenden Fahrzeuge verursacht und bleibt damit weiterhin bestehen."
„Diese Grenzwerte werden jedoch auch durch die Pegelabnahme , in Folge eines LKW-Fahrverbotes nicht eingehalten."
„Zusammenfassend ist aus schalltechnischer Sicht festzuhalten, dass durch das geplante LKW-Fahrverbot eine Pegelabnahme von bis zu 2dB erreicht wird. Diese Änderung ist zwar messtechnisch nachweisbar, führt aber subjektiv kaum zu einer Verbesserung."
Die auszugsweise dargestellten Ausführungen des beigezogenen Sachverständigen zeigen zweifelsfrei, dass das verordnete LKW-Fahrverbot kein geeignetes Mittel zur Reduzierung der Umweltbelastungen im betreffenden Straßenabschnitt darstellt. Die verordnungserlassende Behörde hat sich sohin über die fachkundigen Ermittlungsergebnisse hinweggesetzt und das LKW-Fahrverbot in qualifiziert gesetzwidriger Weise erlassen. Das LKW-Fahrverbot ist sohin gesetzwidrig und das gegenständliche Strafverfahren einzustellen.
2.3. Zum Verkehrs technischen Gutachten im Einzelnen
Auch aus diesem Gutachten ist abzuleiten, dass das verordnete LKW-Fahrverbot in gesetzwidriger Weise erlassen wurde. Aus dem Gutachten ergibt sich an keiner Stelle, welche Verkehrszählungen bzw. welche Messergebnisse tatsächlich zugrunde gelegt wurden. Weiters fehlen dem Gutachten Ausführungen zu einer tatsächlichen Auseinandersetzung bzw. einer Gegenüberstellung von Verkehrsbelastungen im betreffenden Fahrverbotsbereich mit Straßenabschnitten, die sich vor bzw. nach dem Verbotsbereich befinden. Weiters negiert das Gutachten die Tatsache, dass der LKW-Verkehr in den Bereichen vor und nach dem Fahrverbotsbereich deutlich zugenommen hat und somit lediglich eine Verlagerung des Verkehrs auf vergleichbare Streckenabschnitte hervorgerufen wurde. Die Rechtssprechung sieht diesbezüglich vor, dass bei einem bestimmten Streckenabschnitt, für welchen die Verordnung erlassen werden soll, die für den spezifischen Inhalt der betreffenden Verordnung relevanten Umstände mit jenen Umständen verglichen werden müssen, die für die anderen Streckenabschnitte bzw. vergleichbaren Straßen zutreffen. Ein derartiger Vergleich wurde im gegenständlichen Fall vom Sachverständigen nicht vorgenommen (VfSIg 89/1980; 15643).
3. Mangelndes Anhörungsverfahren im Verordnungserlassungsverfahren
3.1 Vor Erlassung einer Verordnung ist ein Anhörungs- bzw. Ermittlungsverfahren durchzuführen, im Rahmen dessen die Äußerungen der gesetzlichen Interessensvertretungen inhaltlich zu würdigen sind. Weiters müssen vor Erlassung eines Fahrverbotes die sachlichen Entscheidungsgrundlagen, die für eine Interessensabwägung gemäß § 43 Absatz 2 StVO notwendig sind, hinreichend ermittelt werden. '
Im vorliegenden Fall ist ein derartiges Anhörungsverfahren „lediglich pro forma halber" durchgeführt worden. Eine tatsächliche inhaltliche Auseinandersetzung mit den gegensätzlichen Interessen hat es offensichtlich nicht gegeben.
Die gesetzlich vorgeschriebene Interessensabwägung verlangt eine nähere sachverhaltsmäßige Klärung der Gefahren oder Belästigungen für Bevölkerung oder Umwelt als auch eine Untersuchung der Verkehrsbeziehungen unter Verkehrserfordernisse durch ein entsprechendes Anhörungs- und Ermittlungsverfahren. Fehlt es - wie im vorliegenden Fall -an der Erhebung entsprechender Entscheidungsgrundlagen oder wird im Zuge der gebotenen Interessensabwägung auf die Bedeutung der Verkehrsbeziehungen nicht hinreichend bedacht genommen, ist eine verkehrsbeschränkende Verordnung - wie das gegenständliche Fahrverbot - gesetzwidrig im Sinne des § 43 Absatz 2 StVO.
3.2 Auch § 43 Absatz 1 bietet keine ausreichende Gesetzesdeckung für die gegenständliche Verordnung. Bezweckt die Fahrverbotsverordnung - wie im gegenständlichen Fall - ausschließlich, das Verkehrsaufkommen zu verringern und dadurch entstehende Gefahren Situationen für die betroffene Bevölkerung hintanzuhalten, stellt § 43 Absatz 1 StVO die falsche Rechtsgrundlage da (VfGH vom 16. Oktober 1999, V74). Zur Verwirklichung einer derartigen Intension könnte lediglich § 43 Absatz 2 StVO als gesetzliche Grundlage herangezogen werden; für Verordnungen gemäß § 43 Absatz 2 StVO ist aber die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens notwendig, bei der die gebotene Interessensabwägung, erforderlichenfalls unter Einholung von SV-Gutachten, vorgenommen werden muss. Ein rein „pro forma halber durchgeführtes Anhörungsverfahren", bei denen die Entscheidungsgrundlagen (Fachgutachten) nicht hinreichend ermittelt wurden, bietet keine Grundlage für die Erlassung einer derartigen Verordnung. Die Verordnung ist daher gesetzwidrig und das Strafverfahren einzustellen.
3.3 Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass im Verfahren zur Erlassung der Verordnung die Entscheidungsgrundlagen nicht hinreichend ermittelt wurden; ist es auch zu keiner inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Interessen der Verkehrswirtschaft gekommen. Das Anhörungsverfahren wurde lediglich „pro forma" abgehalten. Das Fahrverbot ist daher gesetzwidrig und der angefochtene Bescheid zur Gänze aufzuheben.
4. Erforderlichkeit, Verhältnismäßigkeit, Eignung
4.1. Das gegenständliche Fahrverbot greift unverhältnismäßig in die Grundrechtspositionen des Berufungswerbers ein.
Ein gesetzlicher Eingriff in den Schutzbereich eines Grundrechts gilt nur dann als verhältnismäßig und erforderlich, wenn der Eingriff im Vergleich zu anderen gleich geeigneten Mitteln jenes ist, das die Grund rechts position am wenigsten beeinträchtigt, also das „mildeste oder gelindeste" Mittel ist. Im vorliegenden Fall ist es offensichtlich, dass beispielsweise strengere Kontrollen hinsichtlich der Einhaltung „Mautausweichverordnung" ebenfalls zum angestrebten Ziel, jedoch unter Anwendung eines gelinderen Mittels führen würden. Zur Beurteilung der Erforderlichkeit des Fahrverbotes ist insbesondere auch auf die Bedeutung des Verkehrsbeziehungen und der Verkehrerfordernisse auf der B1 Bedacht zu nehmen; dies wird durch die ständige Rechtssprechung untermauert.
4.2 Hätte die Behörde im Rahmen des Verordnungserlassungsverfahrens die Entscheidungsgrundlagen hinreichend ermittelt, insbesondere unter Berücksichtigung der eingeholten Fachgutachten, hätte sie feststellen müssen, dass das gegenständliche Fahrverbot lediglich zu einer Verlagerung des Verkehrsaufkommens auf andere Straßen sowie zu einer Zunahme des gesamten LKW-Verkehrs durch dabei entstehende Mehrkilometer im Ausmaß von 50% führt.
Der Verfassungsgerichtshof vertritt in seiner ständigen Rechtssprechung, dass eine Gesetzwidrigkeit eines Fahrverbotes dann vorliegt, wenn das Fahrverbot - wie im gegenständlichen Fall - „lediglich zur einer Verlegung der Gefährdung oder Belästigung auf andere Straßenzüge und somit auf einen anderen Personenkreis als die Anrainer führen würde" (VfSlg89/84/1980). Genau dies trifft im gegenständlichen Fall auch zu. Die Verordnung ist daher auch aus diesem Grund gesetz- bzw. verfassungswidrig.
5. Verletzung des Gleichheitssatzes
5.1. Eine Gleichheitswidrigkeit ergibt sich offensichtlich auch aus einem Vergleich der Verhältnisse der Streckenabschnitte auf der B1 vor und nach dem räumlichen Geltungsbereich des Fahrverbotes einerseits mit den Verhältnissen innerhalb des Geltungsbereiches des Fahrverbotes andererseits. Innerhalb des Geltungsbereiches herrschen im Vergleich zu den Streckenabschnitten auf der B1 vor bzw. nach dem Fahrverbot keine besonders berücksichtigungswürdigen Verhältnisse, die eine Ungleichbehandlung gegenüber den anderen Streckenabschnitten rechtfertigen könnten; der Geltungsbereich ist offensichtlich und ausschließlich ein Resultat der politischen Kräfte in den Gemeinden. Sachliche, wissenschaftliche und rechtliche Erwägungen wurden bei der Erlassung des Fahrverbotes offensichtlich „ausgeklammert".
Die Rechtsprechung sieht diesbezüglich vor, dass bei einem bestimmten Streckenabschnitt, für welchen die Verordnung (Fahrverbot) erlassen werden soll, die für den spezifischen Inhalt der betreffenden Verordnung relevanten Umstände mit jenen Umständen verglichen werden müssen, die für die anderen Streckenabschnitte bzw. vergleichbaren Straßen zutreffen (VfSIg 89/1980; 15643). Kann eine Ungleichbehandlung - auf Basis fachlicher Grundlagen -nicht gerechtfertigt werden, ist die Verordnung wie im gegenständlichen Fall gleichheitswidrig. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auch diesbezüglich auf die unter Punkt 2. Vorgebrachten Ausführungen verwiesen. Die eingeholten Fachgutachten der Behörde selbst fördern eindeutig zu Tage, dass das verordnete LKW-Fahrverbot nicht geeignet ist, die gesetzten Ziele zu erreichen. Der Rechtsvertreter weist wiederholt darauf hin, dass die Behörde in qualifiziert rechtswidriger Weise dieses Fahrverbot erlassen hat.
5.2. Weiters ist darauf Bezug zu nehmen, dass in gleichheitswidriger Weise keine Differenzierung zwischen Fahrzeugen der „verschiedenen Schadstoff- bzw. Lärmklassen (Euro-Klassen)" vorgenommen wurde. Wenn die Verordnung auf die Hintanhaltung von Schadstoff und Lärmbelastungen durch den LKW Verkehr abzielt, darf keinesfalls außer Acht gelassen werden, dass lärm- bzw. schadstoffarme Nutzfahrzeuge technisch inzwischen so ausgerüstet sind, dass sich insbesondere der von Ihnen ausgehende Fahrzeuglärm vom Fahrzeuglärm eines PKW nicht mehr (wesentlich) unterscheidet. Es wäre daher insbesondere im Rahmen einer vorgeschriebenen Interessensabwägung notwendig gewesen, zumindest für bestimmte „Klassen" Ausnahmen festzulegen. In Ermangelung derartiger Ausnahmen ist die gegenständliche Verordnung auch aus diesem Grund gleichheitswidrig.
6. Unverhältnismäßige Beschränkung
Es liegt weiters ein unverhältnismäßiger Eingriff in den Wirtschaftsverkehr insbesondere unter Berücksichtigung der Wichtigkeit der B1 vor. Eine erhebliche Behinderung des Wirtschaftsverkehrs ist deshalb anzunehmen, weil große und unverhältnismäßige Umfahrungen in Kauf genommen werden müssen. Diesbezüglich wird auf den Grundsatz der Wirtschaftsgebietseinheit des Artikels 4 B-VG verwiesen, wonach das gesamte Bundesgebiet ein einheitliches Wirtschaftsgebiet sein muss und „sonstige Verkehrsbeschränkungen" nicht errichtet werden dürfen.
Anhand des auch von den Unabhängigen Verwaltungssenaten immer wieder verwendeten Routenplaners kann aufgezeigt werden, dass beispielsweise bei einem Transport zwischen Uttendorf und Attnang-Puchheim durch das gegenständliche Fahrverbot Mehrkilometer im Ausmaß von 50% entstehen. Bei derartig großen Umfahrungen ist der Widerspruch der Verordnung zum Sachlichkeitsgebot offensichtlich.
7. Mangelndes Ermittlungsverfahren in erster Instanz