Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251948/4/BMa/Se

Linz, 28.11.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des Finanzamtes L vom 21. Oktober 2008 gegen das Strafausmaß des Straferkenntnisses des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 9. Oktober 2008, Zl. 0032898/2008 BzVA, mit welchem über S G, L, wegen einer Übertretung des allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) eine Ermahnung ausgesprochen wurde zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben und über die Beschuldigte wegen der gegenständlichen Verwaltungsübertretung gemäß § 111 Abs.1 und Abs.2 ASVG eine Geldstrafe von 365 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden, verhängt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008, iVm §§ 24, 19, 20 und 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl.Nr.52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde S G wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

"I. Tatbeschreibung:

Sie haben als Gewerbeinhaberin und Betreiberin der Firma G S in L, Restaurant O S S, zu verantworten, dass von Ihnen in der Betriebsstätte in L, zumindest am 24.05.2008 die polnische Staatsbürgerin Frau W K K, geborene N, geboren am   , wohnhaft bis 09.07.2008 in L, derzeit wohnhaft H, verheiratet mit Österreicher, als Köchin – Zubereitung einer Spätzlepfanne – beschäftigt wurde, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden war.

 

II. Verletzte Verwaltungsvorschriften in der jeweils gültigen Fassung:

§ 33/1 und 1a iVm § 111 ASVG

 

III. Strafausspruch:

Es wird jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt.

Rechtsgrundlage: § 111 ASVG, § 21 des Verwaltungsstrafgesetzes."

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis wurde vom Finanzamt Linz rechtzeitig Berufung gegen das Strafausmaß erhoben. Begründend wurde ausgeführt, der Ausspruch einer Ermahnung sei nicht gerechtfertigt. Die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw), die sich zum Tatzeitpunkt auf Urlaub befunden hatte, sei verpflichtet, für ein funktionierendes Kontrollsystem zu sorgen, sodass illegale Beschäftigung nicht stattfinden könne. Die Anmeldung beim Krankenversicherungsträger sei erst aufgrund einer behördlichen Kontrolle erfolgt. Die Folgen der Nichtanmeldung beim zuständigen Krankenversicherungsträger könnten nicht als nur unbedeutend bezeichnet werden. Die Herstellung eines gesetzeskonformen Zustands, nämlich die Nachmeldung, könne nicht als Strafausschließungs- bzw. Strafmilderungsgrund herangezogen oder als solcher gewertet werden.

 

Es wurde daher die Verhängung der beantragten Geldstrafe (das sind gemäß Anzeige vom 6. Juni 2008 1.500 Euro) begehrt.

 

2.1. Das Bezirksverwaltungsamt des Magistrats der Stadt Linz hat mit Schreiben vom 23. Oktober 2008 die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vorgelegt.

 

2.2. Weil im erstinstanzlichen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG). Gemäß § 51e Abs.3 VStG konnte der unabhängige Verwaltungssenat von einer Berufungsverhandlung absehen, weil sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde.

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht.

 

2.3. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2008 wurde die Beschuldigte über die Berufung des Finanzamtes Linz in Kenntnis gesetzt. In diesem Schreiben wurde sie darauf hingewiesen, dass das Finanzamt anstelle der ausgesprochenen Ermahnung die Verhängung einer Geldstrafe beantragt hat.

Unter Setzung einer 14-tägigen Frist wurde der Beschuldigten Gelegenheit gegeben, in Wahrung des Parteiengehörs, zu den Berufungsausführungen Stellung zu nehmen. Gleichzeitig wurde sie davon in Kenntnis gesetzt, dass der Unabhängige Verwaltungssenat aufgrund der Tatsache, dass sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet, nicht beabsichtigt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

 

2.4. Innerhalb offener Frist erfolgte keine Äußerung der Beschuldigten auf das ihr nachweislich am 4. November 2008 durch Hinterlegung zugestellte Schreiben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Da sich die Berufung des Finanzamtes Linz ausschließlich gegen die Strafhöhe des Straferkenntnisses richtet, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und es ist dem Oö. Verwaltungssenat daher verwehrt, sich inhaltlich mit diesem Teil der Entscheidung der Erstbehörde auseinander zu setzen.

 

3.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Nach den Feststellungen der Erstbehörde war die Beschuldigte Betreiberin des Restaurants O S S am 24. Mai 2008 Arbeitgeberin der polnischen Staatsbürgerin K K W (geb. N). Ihre Kellnerin hat Frau W beschäftigt, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden war. Die Beschuldigte ist verwaltungsstrafrechtlich unbescholten.

Frau W wurde bei der Oö. GKK nachversichert.

 

Gemäß § 111 Abs.1 Z1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

 

Gemäß Abs.2 leg.cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu 2 Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetztes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Eine Ermahnung gemäß § 21 VStG oder eine Herabsetzung der Geldstrafe auf 365 Euro gemäß § 111 Abs.2 ASVG kommt nicht in Betracht. Denn Folgen der Übertretung sind nicht unbedeutend. Insbesondere wirkt § 111 ASVG Verstößen gegen melderechtliche Vorschriften entgegen. Ein solcher liegt hier vor.

 

Hingegen ist der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu berücksichtigen und auch die Tatsache, dass zwischenzeitig Frau W bei der Oö. GKK nachversichert wurde, was einer Schadenswidergutmachung gleich kommt.

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass nicht die Beschuldigte selbst, sondern deren Kellnerin, trotz ausdrücklichem Verbot Personalangelegenheiten zu erledigen, während der Abwesenheit der Beschuldigten Frau W beschäftigt hat. Der Beschuldigten ist in diesem Zusammenhang freilich vorzuwerfen, keine entsprechenden Vorkehrungen getroffen zu haben, die eine derartige Vorgehensweise der Kellnerin hintangehalten hätte. In diesem Zusammenhang ist ihr leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

Straferschwerend sind keine Gründe zu berücksichtigen.

Damit aber überwiegen die Strafmilderungsgründe die Straferschwerungsgründe beträchtlich und die Mindeststrafe konnte gemäß § 20 VStG bis zur Hälfte unterschritten werden.

 

Die in der Anzeige vom 6. Juni 2008 beantragte Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro erscheint bereits im Hinblick auf die von der belangten Behörde unbeeinsprucht gebliebene Schätzung des Einkommens und der Vermögensverhältnisse der Beschuldigten als überhöht.

 

Es war daher von der Bestätigung der Ermahnung abzusehen und eine Geldstrafe von 365 Euro zu verhängen.

 

4. Verfahrenskosten hat S G nicht zu tragen. Denn aus § 64 Abs.1 VStG und § 65 VStG ergibt sich, dass die Kosten des Berufungsverfahren der Bestraften – unter der Voraussetzung, dass das Straferkenntnis bestätigt wird – nur dann aufzuerlegen sind, wenn sie auch die Berufungswerberin ist. Dies ist hier nicht der Fall. Auch die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens sind der Beschuldigten nicht aufzuerlegen, sind ihr doch überhaupt keine Kosten iSd § 64 und § 65 VStG aufzuerlegen (Hauer/Leukauf Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 § 64 VStG S 1739 4b).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Bergmayr-Mann

VwSen – 251948/4/BMa/Se vom 28. November 2008

 

Rechtssatz:

 

Eine Ermahnung gemäß § 21 VStG oder eine Herabsetzung der Geldstrafe auf 365 Euro gemäß § 111 Abs.2 ASVG sind im konkreten Fall zu verneinen, sind doch die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend. Insbesondere wirkt § 111 ASVG Verstößen gegen melderechtliche Vorschriften entgegen. Ein solcher liegt hier vor.

 

Die Strafmilderungsgründe überwiegen die Straferschwerungsgründe beträchtlich. Damit konnte die Mindeststrafe gemäß § 20 VStG bis zur Hälfte unterschritten werden.

 

 

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