Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251961/3/Gf/Mu/Ga

Linz, 12.12.2008

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des W D, H, vertreten durch Dr. R S, M, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 2. Oktober 2008, GZ 9279/2008BzVA, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht erkannt:

I.            Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.        Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 2. Oktober 2008, GZ 9279/2008BzVA, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 112 Stunden) verhängt, weil er als Gewerbeinhaber seiner Firma am 2. und 3. Februar 2008 einen Dritten als Aushilfe beschäftigt gehabt habe, ohne diesen zuvor zumindest mit den Mindestangaben beim zuständigen Sozialversicherungsträger zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung angemeldet zu haben. Dadurch habe er eine Übertre­tung des § 33 Abs. 1 und 1a i.V.m. § 111 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 31/2007 (im Folgenden: ASVG), begangen, weshalb er gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die dem Rechtsmittelwerber angelastete Tat auf Grund entsprechender Feststellungen eines Kontrollorganes des Finanzamtes Linz als erwiesen anzusehen und dem Beschwerdeführer zumindest fahrlässiges Verhalten anzulasten sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 28. Oktober 2008 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 10. November 2008 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Begründend bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass wegen dieses Sachverhalts bereits ein weiteres Verfahren vor der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land – dort  wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes – (im Folgenden: AuslBG) anhängig gewesen sei. Auf Grund dieses Verfahrens sei er davon ausgegangen, dass die dort vorgebrachten Rechtfertigungsgründe auch an den Magistrat Linz weitergeleitet worden seien. Denn die BH Linz-Land sei seinem Einwand, dass es sich bei dieser Arbeit lediglich um einen unentgeltlichen Freundschaftsdienst gehandelt habe, gefolgt und habe das Verfahren wegen einer Übertretung des AuslBG gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt. Da nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes bloße Gefälligkeitsdienste nicht unter den Begriff einer bewilligungspflichtigen Beschäftigung einzuordnen seien, müsse seiner Berufung sohin auch im gegenständlichen Verfahren Folge gegeben werden.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates Linz zu GZ 9279/2008; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 33 Abs. 1 i.V.m. § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG begeht jener Dienstgeber eine Verwaltungsübertretung und ist dieser hiefür mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro zu bestrafen, der eine von ihm beschäftigte und nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Dienstnehmer) nicht vor deren Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anmeldet.

Unter „Dienstnehmer“ iS. dieser Strafnorm ist gemäß § 4 Abs. 2 ASVG grundsätzlich jeder zu verstehen, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird.

Wie ein Blick auf § 2 Abs. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 78/2007 (im Folgenden: AuslBG) zeigt, entspricht damit der Begriff der Beschäftigung jenem des AuslBG, der wiederum mit dem Begriff des Arbeitsverhältnisses im Arbeitsvertragsrecht identisch ist (vgl. dazu die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes, z.B. vom 2. April 2008, Zl. 2007/08/0240; vom 3. November 2004, Zl. 2001/18/0129; und vom 5. April 2002, Zl. 99/18/0039).

Daraus folgt insgesamt, dass eine Bestrafung nach dem ASVG bzw. nach dem AuslBG jeweils das Vorliegen eines zivilrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses voraussetzt.

3.2.1. Diesbezüglich führt der Beschuldigte in seiner Berufung aus (und dieses Vorbringen deckt sich auch mit dem Inhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Aktes), dass bezüglich des gleichen, ihm mit dem angefochtenen Straferkenntnis angelasteten Sachverhaltes bereits seitens des Bezirkshauptmannes von Linz-Land ein Strafverfahren, dort: wegen einer Übertretung nach dem AuslBG, durchgeführt wurde; dieses wurde jedoch mit Bescheid vom 16. Oktober 2008, GZ SV96-36-2008, eingestellt. Jene Behörde ist nämlich in ihrem Verfahren zum Ergebnis gekommen, dass es sich im konkreten Fall tatsächlich bloß um einen Gefälligkeitsdienst gehandelt hat, der nicht unter den Begriff der „bewilligungspflichtigen Beschäftigung“ (des AuslBG) fällt. Nach Ansicht des Bezirkshauptmannes von Linz-Land hat der Beschuldigte in glaubhafter und nachvollziehbarer Weise vorgebracht, dass der von ihm beschäftigte Dritte mit ihm sehr gut befreundet ist und er ihm auf Grund dieser spezifischen Bindung und der vorgelegenen Notsituation – nämlich: weil seine Frau an diesem Tag in Wien war und er selbst eine weitere Veranstaltung in M zu betreuen hatte – kurzfristig, und zwar sowohl freiwillig als auch unentgeltlich, ausgeholfen hat.

3.2.2. Ein Anfrage des Oö. Verwaltungssenates bei der BH Linz-Land hat hiezu ergeben, dass der do. Bescheid vom 16. Oktober 2008, GZ Sich96-36-2008, dem Finanzamt Linz am 16. Oktober 2008 zugestellt und in der Folge keine Berufung eingebracht wurde, weshalb dieser als in Rechtskraft erwachsen anzusehen ist (vgl. den h. Aktenvermerk vom 3. Dezember 2008, GZ VwSen-251961/2/Mu).

Damit ist im Ergebnis festgestellt, dass keine Beschäftigung vorlag, wobei dieser Bescheid eine allgemeine, auch sämtliche anderen Behörden bindende Wirkung entfaltet (sog. „Einheit der Staatsverwaltung“ – vgl. § 38 AVG und dazu J. HengstschlägerD. Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Teilband, Wien 2005, insbes. RN 22; W. HauerO. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Aufl., Wien 2004, insbes. 396 f; und R. WalterH. Mayer, Grundriss des österreichischen Ver­waltungsverfahrensrechts, 8. Aufl., Wien 2003, RN 469 ff, jeweils m.w.N.).

3.2.3. Daher ist im gegenständlichen Fall auch der Oö. Verwaltungssenat an die vorangeführte Entscheidung des Bezirkshauptmannes von Linz-Land dahin, dass keine Beschäftigung vorlag, gebunden: Weil es sich somit nur um einen Gefälligkeitsdienst und nicht um eine bewilligungspflichtige Beschäftigung gehandelt hat, war der Beschuldigte sohin auch nicht dazu verpflichtet, diesen beim zuständigen Sozialversicherungsträger anzumelden.

3.3. Da sohin kein tatbestandsmäßiges Verhalten i.S.d. § 111 Abs. 1 i.V.m. § 33 Abs. 1 ASVG vorlag, war der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  G r o f

 

 

Rechtssatz:

 

VwSen-251961/3/Gf/Mu/Ga vom 12. Dezember 2008

 

§ 33 Abs. 1 ASVG; § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG; § 28 AuslBG; § 38 AVG:

§ 4 Abs. 2 ASVG, § 2 Abs. 2 AuslBG: Die Begriffe „Dienstnehmer“, „Beschäftigung“ und „Arbeitsverhältnis“ gemäß § 4 Abs. 2 ASVG einerseits und § 2 Abs. 2 AuslBG andererseits sind inhaltlich deckungsgleich und entsprechen zudem auch dem Beschäftigungsbegriff des Arbeitsvertragsrechts;

§ 38 AVG (Bindungswirkung): Die rechtskräftige Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens durch eine Behörde deshalb, weil eine Beschäftigung i.S.d. § 2 Abs. 2 AuslBG nicht vorliegt, bindet auch jene Behörde, die in derselben Sache ein Strafverfahren wegen Nichtanmeldung zur Sozialversicherung durchführt.

 

 

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