Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231017/2/Gf/Mu/Ga

Linz, 15.12.2008

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des P A, T, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 29. September 2008, GZ Sich96-1052-2008, wegen einer Übertretung des Fremden­gesetzes zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 29. September 2008, GZ Sich96-1052-2008, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 30 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt, weil er am 11. September 2008 um 10.00 Uhr trotz Aufforderung durch die zuständige Fremdenpolizeibehörde sein Reisedokument nicht vorgelegt habe, da er dieses weder mit sich geführt noch in einer solchen Entfernung von seinem Aufenthaltsort verwahrt habe, sodass seine Einholung ohne unverhältnismäßige Verzögerung erfolgen hätte können. Dadurch habe er eine Übertretung des § 32 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 4/2008 (im Folgenden: FPG), begangen, weshalb er nach § 121 Abs. 2 Z. 2 FPG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der ihm zur Last gelegte Sachverhalt durch die zuständige Fremdenpolizeibehörde unter Berücksichtigung des noch nicht abgeschlossenen Asylverfahrens festgestellt worden und somit als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei als erschwerend zu werten gewesen, dass er bereits auf Grund des zuvor in Deutschland jahrelang laufenden Asylverfahrens ausreichend Zeit und Gelegenheit dazu gehabt habe, sich ein Reisedokument zu beschaffen; dies habe er jedoch mit dem Ziel, den Behörden in der Europäischen Union dadurch die Feststellung seiner Identität zu erschweren und in der Folge einer eventuell beabsichtigten Ausweisung entgegenzuwirken, und somit offenkundig vorsätzlich unterlassen.

1.2. Gegen dieses ihm am 3. Oktober 2008 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 16. Oktober 2008 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Berufung.

Darin wird vorgebracht, dass er sich als Asylwerber nicht getraue, sich zwecks Ausstellung eines Reisepasses an die Behörden seines Heimatstaates zu wenden. Außerdem dürfe er als Flüchtling nicht wegen illegaler Einreise bestraft werden. Schließlich sei er wegen Mittellosigkeit in die Grundversorgung des Landes Oberösterreich aufgenommen worden, wo er lediglich über ein monatliches Taschengeld in Höhe von 40 Euro verfüge.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zu GZ Sich96-1052-2008; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und die Verfahrensparteien überdies einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Weil im angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, ist im gegenständlichen Fall ein Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 121 Abs. 2 Z. 2 FPG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen, der sein Reisedokument nicht mit sich führt oder dieses nicht gemäß § 32 Abs. 2 FPG verwahrt.

Nach § 32 Abs. 2 FPG sind Fremde verpflichtet, ihr Reisedokument mit sich zu führen oder in einer solchen Entfernung von ihrem jeweiligen Aufenthaltsort zu verwahren, dass seine Einholung ohne unverhältnismäßige Verzögerung erfolgen kann. Die Verzögerung ist noch verhältnismäßig, wenn das Reisedokument innerhalb des Sprengels der Fremdenpolizeibehörde erster Instanz seines Aufenthalts verwahrt wird oder die Einholung des Reisepasses voraussichtlich nicht länger als eine Stunde in Anspruch nehmen würde.

3.2. Voraussetzung für eine Bestrafung wegen einer Übertretung der Ordnungsvorschrift des § 32 Abs. 2 FPG ist offenkundig, dass der Fremde überhaupt über ein Reisedokument verfügt, das er mit sich führen oder im Sprengel der Fremdenpolizeibehörde verwahren kann.

Im gegenständlichen Fall ist jedoch allseits unbestritten, dass der Rechtsmittelwerber – aus welchen Gründen auch immer – über keinerlei Reisedokument verfügt.

Somit konnte er auch schon von vornherein nicht tatbestandsmäßig i.S.d. § 121 Abs. 2 Z. 2 i.V.m. § 32 Abs. 2 FPG handeln.

Ob der Beschwerdeführer hingegen durch seine hartnäckige Weigerung, sich ein Reisedokument ausstellen zu lassen, eine andere Vorschrift übertreten hat, war hingegen vom Oö. Verwaltungssenat nicht zu prüfen.

3.3. Infolge des fehlgehenden Tatvorwurfes war der gegenständlichen Berufung sohin gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Grof

Rechtssatz:

 

VwSen-231017/2/Gf/Mu/Ga vom 15. Dezember 2008

 

§ 32 Abs. 2 FPG; § 121 Abs. 2 Z. 2 FPG:

 

Keine Strafbarkeit gemäß § 32 Abs. 2 FPG, wenn der Fremde über keinerlei Reisedokument verfügt.

 

 

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