Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251996/2/BP/Se

Linz, 17.12.2008

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des S F, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H, Mag. E, Mag. H-S, Dr. A, Dr. W, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptfrau des Bezirks Rohrbach vom 27. November 2008, SV96-10-2007, wegen einer Übertretung Allgemeinen Sozialversicherungsgesetztes zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptfrau des Bezirks Rohrbach vom 27. November 2008, GZ.: SV96-10-2007, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 1.500,- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 120 Stunden) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen gemäß § 9 Abs. 1 VStG berufenes Organ der T F GmbH, mit Sitz in A i. M. welche persönlich haftende Gesellschafterin der T F GmbH & Co OHG in A, sei, zu verantworten habe, dass durch die zweitgenannte Gesellschaft als Dienstgeberin zumindest im Zeitraum vom 24. Juli 2007 bis 6. August 2007 G P als Lkw-(bei)fahrer beschäftigt worden sei, ohne dass die gemäß § 33 Abs. 1 ASVG erforderliche Meldung spätestens bei Arbeitsantritt beim zuständigen Sozialversicherungsträger erstattet worden sei.

 

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden § 33 Abs. 1 iVm. § 111 ASVG BGBl. Nr. 189/1955 i.d.g.F. genannt.

 

1.2. Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 27. Oktober 2008, VwSen-251943/2/BP/Se, wurde einer Berufung des Bw gegen ein in einem gleichgelagerten Fall ergangenes Straferkenntnis der belangten Behörde vom 29. September 2008 unter der GZ.: SV96-12-2008 mit der Maßgabe stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis wegen Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wurde. In Reaktion auf dieses Erkenntnis übermittelte die belangte Behörde die dem ursprünglichen Bescheid zugrunde liegende Anzeige dem in dieser Angelegenheit örtlich zuständigen Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz.

 

1.3. Mit Schreiben vom 27. November 2008 trat der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 29a VStG an die belangte Behörde ab, da der Wohnsitz des Bw in deren Bezirk liege.

 

1.4. Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2008 erhob der Bw durch rechtsfreundliche Vertretung Berufung gegen den in Rede stehenden Strafbescheid der belangten Behörde.

2.1. Mit Schreiben vom 15. Dezember 2008 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat. Dieser erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde.

2.2. Nachdem bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung bekämpfte Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs. 1 Z. 1 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat entfallen.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 33 Abs. 1 iVm. § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG begeht jener Dienstgeber eine Verwaltungsübertretung und ist dieser hiefür mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro zu bestrafen, der eine von ihm beschäftigte und nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person nicht vor deren Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anmeldet.

„Zuständiger Krankenversicherungsträger“ i.S.d. § 33 Abs. 1 ASVG ist für sämtliche im Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich begangene Verwaltungsübertretungen die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse mit Sitz in Linz. Somit ist – wie sich aus dem bereits oben unter 1.2. angeführten Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 27. Oktober 2008 ergibt – der Bürgermeister der Stadt Linz grundsätzlich die für die Erledigung sämtlicher aus Anlass einer im Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich begangenen Übertretungen des § 33 Abs. 1 ASVG durchzuführenden Verwaltungsstrafverfahren örtlich zuständige Behörde i.S.d. § 27 Abs. 1 VStG.

§ 29a VStG ermöglicht es jedoch der örtlich zuständigen Behörde, das Strafverfahren an jene sachlich zuständige Behörde zu übertragen, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Hauptwohnsitz hat, wenn hierdurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird.

3.2. Im gegenständlichen Fall hat die örtlich zuständige Behörde nicht einmal ansatzweise zu begründen versucht, weshalb sie hier das Vorliegen der Voraussetzungen des § 29a VStG für gegeben erachtete, sondern lediglich angeführt, dass "der Wohnsitz des Beschuldigten in A“, also im Sprengel der belangten Behörde gelegen ist.

Damit ist jedoch noch nicht dargetan, dass durch eine entsprechende Übertragung auch das Verwaltungsstrafverfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt würde.

Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen, insbesondere Übertretungen der Straßenverkehrsordnung betreffenden Erkenntnissen ausgesprochen, dass eine Übertragung des Strafverfahrens an die für den Wohnsitz des Beschuldigten zuständige Behörde „grundsätzlich“ eine wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung erwarten lässt (vgl. z.B. VwGH v. 23. September 1987, Zl. 87/03/0119, und vom 28. Mai 1993, Zl. 93/02/0032). Allerdings handelt es sich im gegenständlichen Fall nicht – wie dort – bloß um ein Ein-, sondern schon ex lege um ein Mehrparteienverfahren: Denn nach § 111a ASVG hat jene Abgabenbehörde des Bundes, deren Prüforgane die Person betreten haben, die entgegen § 33 Abs. 1 ASVG nicht vor ihrem Arbeitsantritt zur Sozialversicherung angemeldet wurde, nach § 111 Parteistellung. Verzichtet die Abgabenbehörde auf ihre Parteistellung, so tritt der Sozialversicherungsträger in diese Parteistellung ein. Ein derartiger Verzicht ist gegenüber der Bezirksverwaltungsbehörde (= gegenüber der gemäß § 27 Abs. 1 ASVG örtlich zuständigen Verwaltungsstrafbehörde) ausdrücklich zu erklären; diese hat den Versicherungsträger davon unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Ein solcher Verzicht bewirkt zudem – in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise – die Unterbrechung aller in Betracht kommenden Verfahrensfristen.

Im Hinblick auf die den Legalparteien gemäß § 111a ASVG eingeräumten Möglichkeiten kann daher nicht schon a priori und ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die in § 29a VStG normierte Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens stets dann eintritt, wenn dieses der Wohnsitzbehörde des Beschuldigten übertragen wird. Abgesehen davon, dass damit unter bestimmten Umständen auch eine Beeinträchtigung des Grundrechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 83 Abs. 2 B-VG) einhergehen könnte, muss sohin in den Fällen einer Übertretung gemäß § 33 Abs. 1 iVm. § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG eine Übertragung des Strafverfahrens nach § 29a VStG stets entsprechend begründet werden, wobei hier – weil ja in der Regel bereits im erstbehördlichen Verfahren eine unmittelbare Einvernahme von Zeugen unerlässlich sein wird – die konkreten Anfahrtswege, Erreichbarkeiten u.ä. der Zeugen einerseits und jene der Beschuldigten und der übrigen Verfahrenspartei(en) andererseits jeweils entsprechend sorgfältig gegeneinander abzuwägen sind.

3.3. Eine diesen Anforderungen entsprechende Begründung lässt sich jedoch – worauf bereits oben unter 3.2. hingewiesen wurde – weder dem Schreiben des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 14. November 2008, Zl. 0054941/2008, entnehmen noch ergibt sich eine solche (erst recht nicht) offenkundig aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt.

Insgesamt resultiert sohin, dass das Verwaltungsstrafverfahren von der unzuständigen Behörde durchgeführt wurde.

3.4. Der vorliegenden Berufung war daher gemäß § 24 VStG iVm. § 66 Abs. 4 AVG schon aus diesem Grund stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

Eine Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens hatte hingegen nicht zu erfolgen; vielmehr hat die zuständige Behörde aus eigenem zu beurteilen, ob eine rechtzeitige und taugliche Verfolgungshandlung vorliegt und darauf aufbauend zu entscheiden, ob und in welchem Umfang das Verwaltungsstrafverfahren von dieser fortgeführt wird oder nicht.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Rechtsmittelwerberin gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Bernhard Pree

 

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