Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163493/11/Bi/Se

Linz, 22.12.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn B R, E, vertreten durch die RA Dr. J P GmbH, L, vom 23. Juli 2008 gegen das Strafer­kennt­nis des Bezirkshaupt­mannes von Grieskirchen vom 20. Juni 2008, VerkR96-11477-2007, wegen Übertretungen des KFG 1967, aufgrund des Ergeb­nisses der am 15. Dezember 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Beru­fungs­verhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entscheidung) zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird im Punkt 2) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren einge­stellt.

     Im Punkt 1) wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich Schuld- und Strafausspruch mit der Maß­gabe bestätigt, dass im Spruch das Wort "Inntalstraße" und der Satzteil "obwohl dies zumutbar war," zu entfallen haben.

 

II. Im Punkt 2) entfällt jegliche Verfahrenskostenvorschreibung.

     Im Punkt 1) hat der Rechtsmittelwerber zusätzlich zu den Verfah­rens­kosten der Erstinstanz den Betrag von 16 Euro, ds 20 % der Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z1, 45 Abs.1 Z2 und 19 Verwaltungsstrafgesetz - VStG

zu II.: §§ 64 und 66 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten we­gen zwei Verwaltungsübertretungen gemäß jeweils §§ 103 Abs.1 Z1 iVm 4 Abs.2 und 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von 1) 80 Euro (16 Stunden EFS) und 2) 50 Euro (10 Stunden EFS) verhängt, weil er, wie bei einer Verkehrs­kontrolle am 28. Oktober 2007 um 19.32 Uhr im Gemeindegebiet Meggenhofen, Bezirk Grieskir­chen, Oberösterreich, auf der L519 auf Höhe Strkm 20.300, Fahrtrichtung Westen, festgestellt worden sei, als Zulassungs­besitzer (Halter) des Pkw Audi    (D), obwohl dies zumutbar gewesen sei, nicht dafür gesorgt habe, dass das Kraftfahrzeug den kraftfahrrechtlichen Bestimmungen entsprach, zumal

1) die Freigängigkeit der Räder der 1. Achse nicht gegeben gewesen sei und da­durch der Lenkeinschlag wesentlich eingeschränkt gewesen sei, obwohl Kraft­fahr­zeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssten, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schäd­liche Erschütterungen noch übermäßiger Lärm, Rauch, übler Geruch, schäd­­liche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Stra­ßen­­benützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen.

2) die Bodenfreiheit lediglich 7 cm betragen habe, obwohl in Österreich diese mindestens 11 cm zu betragen habe, obwohl Kraft­fahr­zeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssten, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straß­en­benützer noch Beschädigungen der Straße oder schäd­liche Erschütterungen noch übermäßiger Lärm, Rauch, übler Geruch, schäd­liche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahr­zeuge entstünden.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 13 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz, nachdem gegen die Berufungsvorentscheidung vom 30. Juli 2008 ein Vorlageantrag gestellt worden war, dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 15. Dezember 2008 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters RA Dr. J P, des Zeugen Meldungs­leger RI G H (Ml) und des technischen Amtssachverständigen Ing J L durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz war entschuldigt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet. 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, das Kraftfahrzeug sei im September 2008 abgemeldet worden und Unterlagen habe er nicht mehr. Jedoch sei das Kfz so, wie am 28. Oktober 2007 angetroffen, vom TÜV genehmigt gewesen. Schon weil der Pkw den deutschen Zulassungsvorschriften entsprochen habe und damit auch die Verkehrs- und Betriebssicherheit bestätigt gewesen sei, sei es zulässig gewesen, das Fahrzeug in Österreich zu lenken, selbst wenn es österreichischen Ausrüstungsvorschriften zuwider gelaufen sei, was ihm auch vom ADAC bestätigt worden sei. Ansonsten sei jedenfalls ein entschuldbarer Rechtsirrtum gegeben. Er habe kein fahrlässiges Handeln zu verantworten und auch niemanden geschä­digt. Die Voraussetzungen des § 21 VStG lägen vor.

Die Tatvorwürfe seien nicht hinreichend konkretisiert, weil nicht dargelegt wor­den sei, welche Freigängigkeit der Räder und wieviel Abstand zum Boden zumin­dest gegeben sein müssen und wie diese Messung vorgenommen werde. Auch gehe die Erstinstanz offenbar davon aus, er habe selbst das Fahrzeug gelenkt, weshalb das Straferkenntnis zu beheben sei. Beantragt wird die Aufhebung des Straferkenntnisses, in eventu der Ausspruch einer Ermahnung, in eventu Straf­her­ab­setzung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen münd­lichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw und sein Rechtsvertreter ge­hört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straf­erkenntnisses berücksichtigt, der Meldungsleger zeugenschaftlich einver­nommen und auf dieser Grundlage ein Gutachten eines technischen Amtssach­ver­stän­digen eingeholt wurde.

 

Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens lenkte G.S. den auf den Bw zuge­lassenen Pkw ... am 28. Oktober 2007 gegen 19.32 Uhr auf der L519, der Innbachtalstraße, und wurde bei km 20.3 im Bezirk Grieskirchen einer Len­ker- und Fahrzeugkontrolle unterzogen, bei der dem Ml auffiel, dass das Fahr­zeug sehr tief gelegt war und der Abstand zwischen den Rädern der Vorderachse und dem Rand des Radkastens äußerst niedrig war. Aus diesem Grund wurde der Lenker veranlasst, mit dem linken Hinterrad auf einen im Polizeifahrzeug mitge­führten Keil aufzufahren, um beim Einfedern eine volle Beladung zu simulieren. Dabei stellte sich heraus, dass beim Einschlagen des Lenkrades nach rechts der rechte Vorderreifen an der äußeren Kante des Kotflügels streifte, sodass ein zB beim Kurvenfahren oder Ein­parken erforderlicher größtmöglicher Lenkeinschlag nicht möglich war. Auch betrug der vom Ml mittels Messlatte gemessene Abstand zwischen der Straße und der tiefsten Stelle der Boden­­platte des Pkw nur 7 cm – in Österreich ist eine Mindestbo­den­­freiheit von 11 cm vorgeschrieben. Wegen der an der Karosserie streifen­den Ränder der Vorderreifen nahm der Ml wegen Gefahr im Verzug die Kennzei­chen­tafeln und die Zulassungsbescheinigung gegen entsprechende Bestätigung ab und ließ den Pkw am dortigen Pendlerparkplatz abstellen. Der Ml schilderte bei seiner Zeugeneinvernahme in der mündlichen Verhandlung, beim Rangieren sei die Streifung des Gummis am Rand des Kot­flügels in Form eines Quietsch­geräusches eindeutig hörbar gewesen. Der Lenker habe ihm gesagt, ihm sei bei der Fahrt selber nichts aufgefallen.

 

Der technische Amtssachverständige führte aus, die Prüfung mittels Auffahren auf eine Auffahrts­rampe in Form eines Keiles sei ein übliches und gängiges Ver­fahren zur Fest­stellung eines ausreichenden Lenkein­schlages. Wenn dieser einge­schränkt sei, bestehe die Gefahr, dass das der Reifen beschädigt werde und das Fahrzeug seine Stabilität verliere, dass es bei Einfedervorgängen ins Schleudern komme und Kurven nicht gefahren werden könnten, was eine Gefahr für den Lenker, die Insassen und andere Straßenbenützer darstelle. Zur Mindest­boden­freiheit führte der Sachverständige aus, in Österreich seien jedenfalls 11 cm vorge­schrieben, in Deutschland bestünden Richtwerte bis 9 cm; diesbezüglich gebe es keine Vorschrift, wenn die Reifen einen ausreichenden Einschlag aufwiesen.

Der Bw, ein bayerischer Polizeibeamter, führte aus, er habe den Pkw vom ihm un­sich­er erscheinenden weil unbeleuchteten Pendlerparkplatz noch in der glei­chen Nacht nach Deutschland abschleppen lassen und später ohne technische Änderungen in Deutschland zum TÜV ge­bracht, wo nach Entfernen der vorder­en Räder samt Felgen festgestellt worden sei, dass innen im Radkasten kei­ner­lei Schleifspuren ersichtlich und auch keine porösen Stellen an den Rändern der Reifen zu finden gewesen seien. Es sei aber richtig, dass er bei der technischen Abnahme im März 2007 beim TÜV darauf aufmerk­sam gemacht worden sei, dass er in Österreich Schwierigkeiten haben könnte. Der Pkw sei bis 280 km/h zuge­lassen und er habe ihn seit April 2007 bis zum Verkauf im September 2008 gelenkt, ohne dass es zu Vorfällen gekommen sei. Er habe jederzeit seine Hand zwischen die Reifen und den Radkasten hinein­legen können und glaube daher nicht, dass der Abstand zu gering gewesen sei. Da auch innen keine Schleif­spuren zu finden gewesen seien, habe der Ml offen­bar überzogen gehandelt; später habe er in Velden mit Polizeikollegen gesprochen, die für ihre Strenge bekannt seien, und diese hätten die Situation anders beurteilt als der Ml.     

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates besteht kein Zweifel am Wahrheitsgehalt der Schilderungen des Ml, der laut den Ausführungen des Sach­verständigen ein all­gemein für solche Überprüfungen übliches Verfahren ange­wandt hat. Auch aus dem in dieser Situation aufgenommenen und von Ml vorge­legten Foto war, obwohl es bei Dunkel­heit und künstlicher Beleuch­tung aufge­nommen worden war, für den Sachverständigen eine mögliche Streifung zwi­schen dem Rand des Reifens und dem äußersten Rand des Kotflügels bei nicht ausschließlich geradem Fahrbahnverlauf bzw bei bestimmten Fahr­manö­vern nachvollziehbar. 

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 103 Abs. 1 Z1 KFG 1967 hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung – unbe­scha­det allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen – den Vorschrif­ten dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassen­en Verordnungen entspricht.

Gemäß § 4 Abs.2 KFG 1967 müssen Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Len­ker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschä­di­gungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Be­schmutz­ungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen.

 

Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens ist der Bw als Zulassungsbesitzer auch für technische Änderungen am Pkw insofern verantwortlich, als dadurch bei der Teilnahme am Straßenverkehr bei sachgemäßem Betrieb keine Gefahr für den Lenker, Fahrzeuginsassen und andere Verkehrsteilnehmer entstehen darf. Wenn daher bei einem in Deutschland zugelassenen und TÜV-geprüften Kraft­fahr­zeug die in Deutschland geltenden kraftfahrrechtlichen Vorschriften und Zulassungsbestimmungen hinsichtlich Bodenfreiheit eingehalten werden, kann dem Bw als Zulassungsbesitzer daraus kein Nachteil erwachsen. Auf dieser Grundlage war im Punkt 2) des Straferkenntnisses gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG mit der Verfahrenseinstellung vorzugehen.

Im Punkt 1) liegt die Situation insofern anders, als bei der Prüfung durch dem Ml festgestellt wurde, dass bei bestimmten Konstellationen, insbesondere bei voller Beladung des Pkw hinten und Einfedern vorne in der Diagonale – simu­liert durch das Auffahren auf einen Keil links hinten bei der Amtshandlung am 28. Oktober 2007 – beim Einschlagen jeweils der vordere Reifen am jeweiligen äußersten Kotflügelrand streifte, was nach den schlüssigen Ausführungen des Amtssach­verständigen je nach eingehaltener Geschwindigkeit auch zum Verlieren der Sta­bi­li­tät des Fahrzeuges führen kann. Auch wenn der Bw sich auf gefahrloses Fahren auf Autobahnen, "Rennstrecken" uä beruft, vermag er damit die Schlüss­ig­keit der Aussagen des Sachverständigen nicht in Zweifel zu ziehen.     

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat geht daher davon aus, dass hinsichtlich Mindest­bodenfreiheit das Verfahren wegen Strafausschließungsgründen iSd § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen war.

Hinsichtlich des ungenügenden Lenkeinschlages war davon auszugehen, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand mit der Maßgabe, dass zum einen die Straßenbezeichnung L519 ausreicht und die Wortfolge hinsichtlich Zumutbar­keit – der Bw ist Zulassungsbesitzer, war aber nicht Lenker – erfüllt und sein Verhal­ten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis 5.000 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe vorsieht. Geringfügiges Verschulden iSd § 21 VStG liegt nicht vor; § 20 VStG kommt mangels Strafuntergrenze nicht zur Anwen­dung.

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die Unbescholtenheit wurde mildernd berücksichtigt, strafer­schwe­rende Umstände waren nicht gegeben. Die finanziellen Verhältnisse des Bw wurden, von diesem unwidersprochen, geschätzt und waren auch dem Rechts­mittel­verfahren zugrundezulegen. Ansätze für eine Strafherabsetzung waren da­her nicht zu finden. Die verhängte Strafe liegt unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG im untersten Bereich des ge­setz­lichen Straf­rahmens und hält general- und spezialpräventiven Überlegungen stand.  Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Mindestbodenfreiheit 11 cm gilt in Österreich, nicht in Deutschland -> Einstellung, Streifen der Räder beim Einparken am Rand des Kotflügels -> Bestätigung

 

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