Linz, 22.12.2008
E R K E N N T N I S
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn O L U, geb. , B, vertreten durch Rechtsanwalt C S, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 5.11.2008, Zl. VerkR96-3394-2008, wegen Übertretung der StVO 1960 und dem KFG 1967, zu Recht:
I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, dass der Hinweis auf den Abzug der Messtoleranz von 3 % im Spruch zu entfallen hat, sowie anstatt 147 km/h 171 km/h zu setzen sind und der Begriff "Zulassungsschein" durch "Fahrzeugschein" zu setzen ist.
II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 1) 32,-- Euro und 2) 6,-- Euro auferlegt (je 20 % der verhängten Geldstrafen).
Rechtsgrundlagen:
zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – VStG.
zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
Entscheidungsgründe:
1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden"
2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung und führt diese wie folgt aus:
2.1. Mit diesem Vorbringen vermag der Berufungswerber eine Rechtswidrigkeit der Schuldsprüche nicht aufzuzeigen.
3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels strittiger Fakten und vor dem Hintergrund einer trotz diesbezüglichen Hinweises im h. Schreiben an den Rechtsvertreter des Berufungswerbers vom 10.12.2008 unterbliebenen gesonderten Antrages unterbleiben (§ 51e Abs.1 VStG).
4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land. Vor dem Hintergrund der Berufungsausführung wurde der Temperaturverlauf im fraglichen Bereich erhoben und der diesbezügliche Datenauszug dem Berufungswerbervertreter unter Anschluss der Verwendungsbestimmungen des hier verwendeten Lasermessgerätes und des Eichscheines mit der Einladung sich dazu binnen Wochenfrist zu äußern.
Eine solche Äußerung erstattete der Berufungswerber bislang nicht.
5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund der unstrittigen Aktenlage als erwiesen:
Der Berufungswerber lenkte zur o.a. Zeit u. Örtlichkeit den Pkw auf der A8 im Raum Pichl bei Wels in Fahrtrichtung Graz. Dort wurde die Fahrgeschwindigkeit des Berufungswerbers mittels Lasermessung auf eine Entfernung von 380 m im anflutenden Verkehr bei Strkm 22.550 mit 171 km/h gemessen. Dabei wurde der sogenannte Verkehrsfehler (gerundeter Abzug von 3% - gemessene Fahrgeschwindigkeit 177 km/h) bereits berücksichtigt.
Nach der Anhaltung am Parkplatz Nr. 17 bei Strkm 16.850 erklärte der Berufungswerber laut Anzeige "er sei nur 140 km/h gefahren und das Messgerät sehe aus wie aus dem ersten Weltkrieg. Er werde diese Sache seinem Anwalt übergeben."
Dort wurde auch festgestellt, dass vom Berufungswerber der Fahrzeugschein nicht mitgeführt wurde.
5.1. Die Feststellung der Fahrgeschwindigkeit erfolgte durch Messung mittels eichamtlich zugelassener Lasermessung. Das verwendete Lasermessgerät ist laut Eichschein dem Gesetz entsprechend bis 31.12.2009 geeicht. Die Messung ist innerhalb der Verwendungsbestimmungen liegenden Grenzen umfassend dokumentiert.
Die Messung erfolgte aus einer Entfernung von 380 m und somit ebenfalls innerhalb des zulässigen Messbereiches.
Laut den Messaufzeichnungen des Landes Oberösterreich lag zur fraglichen Zeit in Wels die Lufttemperatur knapp über + 5 Grad Celsius. Gemäß den dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers ebenfalls übermittelten Verwendungsbestimmungen des Bundesamtes für Eich- u. Vermessungswesen, liegt der Einsatzbereich des Lasermessgerätes der Bauart Comtel LTI 20.20 TS/KM-E, Fertigungsnummer 7331, zwischen – 10 und + 30 Grad Celsius. Wie dem im Akt erliegenden Messprotokoll ebenfalls zu entnehmen ist, wurden vor Messbeginn die erforderlichen Tests durchgeführt.
Zum ergänzenden erhobenen und dem Berufungswerber übermittelten Beweisergebnis äußerte sich der Berufungswerbervertreter nicht mehr.
Aus der Sicht der Berufungsbehörde vermag daher an der Korrektheit der Messung des hierfür geschulten Straßenaufsichtsorgans RevInsp. S kein objektiver Anhaltspunkt eines Zweifels erblickt werden. Auch seine zeugenschaftliche Aussage vor der Behörde erster Instanz erweist sich mit seinen Anzeigeangaben als stimmig.
Dem an sich als reine Zweckbehauptung und Erkundungsbeweis zu qualifizierenden Einwand der nicht festgestellten Umgebungstemperatur wurde im Rahmen des Berufungsverfahrens Rechnung getragen. Alleine dies belegt bei lebensnaher Beurteilung, dass es dem Berufungswerber an Substanz für sachbezogenes Vorbringen ermangelt.
Sein Berufungsvorbringen zeigt jedenfalls keinen Anhaltspunkt für eine Fehl- oder Falschmessung auf. Insbesondere entbehrte die Verantwortung des Berufungswerbers im Zuge der Anhaltung jeglicher Sachlichkeit und spricht bereits diese für sich.
6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. erwogen:
Die zur Last gelegten Verhalten wurden von der Erstbehörde in zutreffender Weise subsumiert und auch die Ausführungen zur Strafbemessung entsprechend umfassend begründet, sodass, um Wiederholungen zu vermeiden, grundsätzlich auf deren rechtliche Ausführungen verwiesen werden kann.
Einem im Ergebnis auf einen bloßen Erkundungsbeweis hinauslaufenden Beweisantrag muss nicht gefolgt werden (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S 339, E 6a zu § 46 AVG zitierte Rechtsprechung des VwGH). Dies würde auch für die im Rahmen der Berufung nicht mehr dezidiert beantrage Beiziehung eines Sachverständigen gelten. Die Frage der Zielerfassung ist immer im Rahmen der Beweiswürdigung zu beurteilen. Mit einer pauschalen Bestreitung eines solchen Tatvorwurfes – die immer nur für den Einzelfall zu tätigende Beweiswürdigung – vermag jedenfalls ein behördlich anerkanntes Messverfahren nicht generell in Frage gestellt werden.
Grundsätzlich lässt sich kein derartiger Messvorgang mit einem anderen gleichsetzen. Es ist immer auf den Einzelfall abzustellen und zu beurteilen, ob ein vorliegendes Messergebnis eine taugliche Grundlage für einen Tatbeweis bildet.
Auch der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner als gesichert anzusehenden Rechtsprechung davon aus, dass ein Laserverkehrsgeschwindigkeitsmesser der Bauart LTI 20.20 TS/KM-E grundsätzlich ein taugliches Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit ist und dass einem mit der Geschwindigkeitsmessung betrauten Beamten auf Grund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzumuten ist (vgl. Erk. v. 8.9.1998, 98/03/0144 ua).
Der Hinweis auf den Abzug der Verkehrsfehlergrenze war mangels Tatbestandselement aus dem Spruch zu eliminieren. Es handelt sich hier offenkundig um ein auf der Beweisebene zu beurteilendes Faktum. Ebenso war der Spruch im Hinblick auf den in Deutschland üblichen Begriff des "Fahrzeugscheines" ebenso richtig zu stellen, wie auch die offenbar auf einen Schreibfehler beruhende Zitierung von 147 anstatt 171 km/h.
6.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs‑ und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
6.1.1. Konkret ist hier zur Strafzumessung auszuführen, dass mit dieser Geschwindigkeitsüberschreitung in Verbindung mit der dort an einem Wochentag herrschenden Verkehrsdichte ein hohes abstraktes Gefährdungspotenzial abgleitet werden kann. Um ein Fahrzeug unter der Annahme einer in der Praxis höchstmöglichen Bremsverzögerung von 8 m/sek2 von der hier (ohne Verkehrsfehler) anzunehmenden Ausgangsgeschwindigkeit von 177 km/h zum Stillstand zu bringen, wird bereits eine Wegstrecke von über 205 m in Anspruch genommen. Jener Punkt, an dem ein Pkw unter identen Werten aus 130 km/h zum Stillstand gelangt ([121,21 m] bei einer Sekunde Reaktionszeit, 0,2 Sekunden Bremsschwellzeit), wird mit der hier zur Last liegenden Ausgangsgeschwindigkeit noch mit über 132 km/h durchfahren (Berechnung mit Anlayzer Pro 32, Version 6.0).
Aus diesem Beispiel lässt sich nachvollziehen, inwieweit bereits eine an sich kleine Fehleinschätzung durch einen anderen Verkehrsteilnehmer – wie etwa in Verkennung der hohen Annäherungsgeschwindigkeit durch den Rückspiegel noch einen Spurwechsel auszuführen – ein Unfallereignis bereits unabwendbar sich ziehen kann und damit eine Gefahrenpotenzierung einhergeht (vgl. § 3 StVO).
Selbst wenn der Berufungswerber dzt. über kein eigenes Einkommen verfügen sollte und trotz des strafmildernden Umstandes seiner bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, scheint unter Berücksichtigung des hohen Gefährdungspotenzials, aber auch der Tatschuld, insbesondere mit Blick auf generalpräventive Überlegungen die hier verhängte Geldstrafe angemessen. Auf den Strafrahmen bis 2.180 Euro ist gesondert hinzuweisen.
Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf der Autobahn im Ausmaß von 50 km/h hat etwa der Verwaltungsgerichtshof schon im Jahr 1991 eine Geldstrafe in der Höhe von 4.000 ATS (nunmehr ca. 291 Euro), selbst wenn mit einer solchen Überschreitung konkret keine nachteiligen Folgen verbunden gewesen sind, als durchaus angemessen erachtet (VwGH 13.2.1991, 91/03/0014).
Auch in der verhängten Geldstrafe wegen des nicht mitgeführten Fahrzeugscheins kann in der Strafzumessung ein Ermessensfehler nicht erblickt werden.
Der Berufung war daher jeder Erfolg zu versagen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r