Linz, 23.12.2008
E R K E N N T N I S
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau G V, geb. S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding, vom 9.12.2008, Zl. VerkR96-3401-2008, zu Recht:
I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – VStG.
II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten wird der Berufungswerberin für das Berufungsverfahren ein Kostenbeitrag von 10 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) auferlegt.
Rechtsgrundlage:
§ 64 Abs.1 und 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1.1. In der Begründung des Straferkenntnisses führt die Behörde erster Instanz Folgendes aus:
2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung vermeint die Berufungswerberin wegen des schlechten Gesundheitszustandes der damals zum Arzt gebrachten Person das Fahrzeug dort gleichsam aus einer Notlage heraus abgestellt zu haben.
Sie führt weiter das mit der Betreuung einer zu 80% behinderten Person verbundene Schicksal und versucht damit (das von ihr begangene Abstellen im Halte- u. Parkverbot) zu rechtfertigen.
Dieses Berufungsvorbringen geht jedoch an der Sache vorbei, weil ihr hier die nicht erteilte Lenkerauskunft zu Last gelegt wurde.
3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung war hier trotz einer 500 Euro nicht übersteigenden Geldstrafe in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte geboten.
3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Daraus ergibt sich der unbestritten bleibende der Bestrafung zu Grunde liegende Sachverhalt.
4. Die Berufungswerberin wurde mit Schreiben vom 13.8.2008 zur Bekanntgabe aufgefordert wer das von ihr gehaltene Kraftfahrzeug (Kennzeichen ...) vor dem 8.8.2008, um 09:55 Uhr in Schärding, Kirchengasse nächst Zugang Pfarramt in der Feuersicherheitszone, zuletzt verwendet bzw. dort abgestellt hat. Ebenfalls wurde fakultativ gefordert allenfalls jene Person zu benennen die diese Auskunft gegebenenfalls erteilen könne.
Auf die Strafbarkeit der Nichtbefolgung dieser Aufforderung wurde in diesem Schreiben, welches der Berufungswerberin am 18.9.2008 durch persönliche Übernahme zugestellt wurde, hingewiesen. Diese Aufforderung blieb dennoch unbeantwortet.
Bereits im Einspruch gegen die wegen der Auskunftsverweigerung der Berufungswerberin am 5.11.2008 zugestellten Strafverfügung, wurde im Ergebnis die inhaltsgleiche Rechtfertigung vorgetragen wie auch im nunmehrigen Rechtsmittel. Die Berufungswerberin verkennt offenbar noch immer, dass es hier nicht um das Parkdelikt, sondern um die Auskunftsverweigerung geht. Ob die den Gegenstand der Anfrage bildende Übertretung (das Parkdelikt) allenfalls gerechtfertigt oder unverschuldet wäre, kann in diesem Verfahren nicht beurteilt werden. Die Berufungswerberin macht jedenfalls keine Gründe geltend, welche auch nur in Ansätzen auf ein fehlendes Verschulden der Auskunftsverweigerung hindeuten könnten.
5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:
5.1. Die Behörde erster Instanz weist zutreffend darauf hin, dass die Behörde Auskünfte darüber verlangen kann, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe‑ oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. Gemäß der dem Gesetz beigefügten sogenannten Verfassungsbestimmung treten gegenüber der Befugnis der Behörde derartige Auskünfte zu verlangen, Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.
5.1.1. Die Gestaltung des letzten Satzes des § 103 Abs.2 KFG 1967 als Verfassungsbestimmung erachtete der Verfassungsgerichtshof im Einklang mit en Baugesetzen des B‑VG stehend und (derzeit) nicht im Widerspruch zu Art. 6 EMRK. Der Verfassungsgerichtshof hebt das in dieser Bestimmung rechtspolitische Anliegen des Gesetzgebers, welchem dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft in dieser Form nachkommen zu können glaubt, besonders hervor, bemerkt jedoch auch kritisch die Problematik der Durchbrechung des Anklageprinzips gem. Art. 90 Abs.2 B‑VG und den durch eine Strafsanktion ausgeübten Zwang zur Ablegung eines Geständnisses (VfSlg. 9950/1984, 10394/1985 VfGH 29.09.1988, Zl. G72/88 u.a.). Nach bisher ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann (vgl. u.a. Erk. vom 29. September 1993, 93/02/0191).
Der Berufungswerberin vermag sich, angesichts des Hinweises bezüglich der Strafbarkeit der Verweigerung der Lenkerbekanntgabe bereits in der Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers, nicht iSd § 6 VStG entschuldigend auf einen diesbezüglichen Rechtsirrtum berufen.
Die Behörde erster Instanz ist daher mit ihrem Schuldspruch im Recht!
6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs‑ und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
6.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, dass die von der Behörde erster Instanz verhängte Strafe in der Höhe von nur 50 Euro trotz der ungünstigen wirtschaftlichen und sozialen Situation der Berufungswerberin als sehr niedrig bemessen zu beurteilen ist. Eine Korrektur dieses Strafausmaßes kann daher nicht in Betracht kommen.
Immerhin reicht der Strafrahmen bis 5.000 Euro. Der Unwertgehalt einer Verweigerung der Lenkerbekanntgabe kann wegen des öffentlichen Interesses, insbesondere dem Interesse der Pflege der Verkehrssicherheit und der sich daraus ableitenden Pflicht zur Ahndung von Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr in einer solcherart herbeigeführten Vereitelung der Strafverfolgung nicht bloß als geringfügig abgetan werden. Daher kann hier unter Bedachtnahme auf fehlende Milderungsgründe eine Überschreitung des Ermessensspielraumes in der Strafzumessung seitens der Behörde erster Instanz nicht erblickt werden.
Der Berufung musste daher ein Erfolg sowohl in der Schuld- als auch in der Straffrage versagt bleiben.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
H i n w e i s:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r