Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100129/9/Fra/Ka

Linz, 09.01.1992

VwSen - 100129/9/Fra/Ka Linz, am 9.Jänner 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des M Sp gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 16. Juni 1991, Zl.St.332/91, wegen Übertretung des Artikel IX Abs.1 Z.1 EGVG nach der am 20. Dezember 1991 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches keine Folge gegeben. Dieser wird bestätigt. Der Berufung wird allerdings hinsichtlich der verhängten Strafe teilweise Folge gegeben. Die verhängte Geldstrafe wird auf 500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 1 Tag herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51, 51e Abs.1 und 19 VStG.

II. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 50 S. Die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion hat mit mündlich verkündetem Straferkenntnis vom 16. Juni 1991, Zl. St. 332/91, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung nach Artikel IX Abs.1 Z.1 EGVG gemäß Artikel IX Abs.1 EGVG eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen verhängt, weil er am 15. Juni 1991 um 17.00 Uhr bis 17.10 Uhr in L, Zufahrt Tanzschule J, Kreuzung Obere bzw. Untere Donaulände nächst dem Haus x durch das Liegen bzw. durch das Herumlungern in alkoholisiertem Zustand auf der Fahrbahn sowie durch das Verschütten von Bier ein Verhalten gesetzt hat, das geeignet war, Ärgernis zu erregen, wodurch die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört wurde. Weiters wurde gemäß § 19a VStG verfügt, ihm die in der Zeit von 15. Juni 1991, 17.10 Uhr bis 16. Juni 1991, 8.10 Uhr erlittene Vorhaft, d.s. 15 Stunden, 209 S auf die verhängte Strafe anzurechnen. Gemäß § 64 VStG wurde der Beschuldigte zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 100 S verpflichtet.

I.2. In der fristgerecht gegen das oben angeführte Straferkenntnis eingebrachten Berufung ersucht der Beschuldigte von einer Strafe abzusehen, wobei er sein Rechtsmittel im wesentlichen wie folgt begründet:

Da es zur angeführten Zeit sehr heiß gewesen sei, sei er für 5 bis 10 Minuten eingenickt. Das witzige an der ganzen Sache sei, daß am angegebenen Ort mehrere Leute jeden Tag sitzen und ebenfalls Bier trinken und das gleich kastenweise, während er nur eine Flasche Bier bei sich hatte. Er wisse, daß die Polizei in L etwas gegen den Namen Sp gehabt bzw. immer noch habe; man könne jedoch ihn mit solchen Mitteln nicht einfach für einen Tag aus dem Verkehr ziehen (gemeint offensichtlich: Inhaftierung nach dem gegenständlichen Vorfall). Er sei ja nicht einmal gelegen, sei nicht frech gewesen, habe keinen Widerstand geleistet und sei auch nicht betrunken gewesen. Zuerst habe er geglaubt, daß sich die Herren Polizisten mit ihm einen Scherz erlauben wollten, sei jedoch bald eines Besseren belehrt worden. Seine fast noch volle Flasche Bier sei von den Polizisten einfach ausgeleert worden; seinen Schmuck, nämlich ein geflochtenes Lederarmband haben sie ihm kaputt geschnitten, ebenso sein zweites Armband aus Stoff. Sehe man den Fall realistisch an, so müsse man von einer Strafe absehen, da er ohnedies in einer Zelle ohne Bett schon "übernachten" durfte.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat am 20. Dezember 1991 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Zu dieser Verhandlung wurde neben den Parteien des Verfahrens auch der anzeigende Polizeibeamte Rev.Insp. R W geladen. Erschienen ist sowohl der Beschuldigte, als auch der Zeuge.

I.3.1. Aufgrund des Ergebnisses der Verhandlung wird der dem Beschuldigten zur Last gelegte Tatbestand als erwiesen angenommen. Der Beschuldigte bestreitet, daß inkriminierte Verhalten gesetzt zu haben; dem steht jedoch die Aussage des Zeugen Revierinspektors W gegenüber. Der Zeuge hat seine Wahrnehmungen emotionslos geschildert und in sich widerspruchsfrei dargelegt. Die Aussage des Zeugen deckt sich inhaltlich mit der bereits im Akt befindlichen, am 8. Juli 1991 vor der Bundespolizeidirektion Linz getätigten, Aussage. Der unabhängige Verwaltungssenat schenkt dem Meldungsleger mehr Glauben, als den Angaben des Beschuldigten, da dieser aufgrund seiner verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht unterliegt und bei deren Verletzung mit straf- und dienstrechtlichen Sanktionen zu rechnen hat; hingegen trifft den Berufungswerber in seiner Eigenschaft als Beschuldigten keine derartige Pflicht bzw. Sanktion. Der Berufungswerber hat überdies ein persönliches Interesse, straflos zu bleiben und wird daher eher geneigt sein, zu seinen Gunsten sprechende Angaben zu machen.

I.3.2. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß das inkriminierte Verhalten zweifellos den Tatbestand des Art.IX Abs.1 Z.1 EGVG erfüllt, wonach eine Verwaltungsübertretung begeht, wer durch ein Verhalten, das Ärgernis zu erregen geeignet ist, die Ordnung an öffentlichen Orten stört. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muß das relevante Verhalten objektiv geeignet sein, Ärgernis zu erregen. Dabei hat die Wertung nicht nach dem Empfinden der durch das Verhalten besonders betroffenen Person zu geschehen, sondern unter der Vorstellung, wie unbefangene Menschen auf ein solches Verhalten reagieren können, wenn eine Handlung bei anderen die lebhafte Empfindung des Unerlaubten und Schändlichen hervorzurufen geeignet ist. Weiters muß durch das Verhalten, welches geeignet war, Ärgernis zu erregen, auch die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört worden sein. Hiezu ist es nicht erforderlich, daß das Verhalten zu Aufsehen, Zusammenlaufen von Menschen u.a. führt, es muß vielmehr nur unmittelbar oder mittelbar zur Folge haben, daß ein Zustand geschaffen wird, der geordneten Verhältnissen an einem öffentlichen Ort widerspricht. Zur Herbeiführung eines derartigen Zustandes genügt es, daß etwa mehrere Personen an dem Verhalten Ärgernis genommen haben (vgl. VwGH vom 12.12.1983, 82/10/0004 u.a.).

Daß durch das Herumlungern im alkoholisierten Zustand auf der Fahrbahn sowie durch das Verschütten von Bier ein Verhalten gesetzt wurde, daß die oben genannten Wirkungen hervorzurufen geeignet ist, liegt auf der Hand und bedarf keiner näheren Erörterung. Das Verhalten wurde an einem öffentlichen Ort gesetzt und wurde auch von mehreren Personen wahrgenommen.

Zweifellos hat der Beschuldigte den ihm zur Last gelegten Tatbestand verwirklicht, weshalb der Schuldspruch zu bestätigen war.

I.4. Allerdings war die Höhe der verhängten Strafe aus folgenden Gründen zu reduzieren: Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die im § 19 VStG genannten Kriterien. Neben dem Unrechtsgehalt der Tat sind im ordentlichen Ermittlungsverfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Weiters sind unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses findet sich lediglich eine formularhafte Begründung zur Strafbemessung. Danach sind unter anderem die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten berücksichtigt worden. Dem Akt sind jedoch keine Anhaltspunkte zu entnehmen, welche Verhältnisse die Erstbehörde der Strafbemessung zugrundegelegt hat. Aufgrund der Angaben des Beschuldigten bei der Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist davon auszugehen, daß dieser derzeit kein Einkommen bezieht, (er ist Untersuchungshäftling) vermögenslos sowie für niemanden sorgepflichtig ist. Erschwerende Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Mildernde Umstände konnten allerdings aufgrund einschlägiger Vorstrafen auch nicht berücksichtigt werden. Unter Berücksichtigung des Unrechts- und Schuldgehaltes der Tat war daher die Strafe aufgrund der tristen sozialen und persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten entsprechend zu reduzieren.

Zu II.

Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r 6

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